Protocol of the Session on June 5, 2015

Weiterhin wird entgegen dem Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom

3. Juni 2014 - Aktenzeichen 4 L 162/13 -, welches keine Revision zuließ, oder zumindest unter Nutzung eigener Interpretation wiederum der Griff in bestehende Gebietsänderungsverträge, wenn auch abgemildert, angeordnet:

Die Hebesätze der Grundsteuer A und B sind um mindestens 50 % über den gewichteten Durchschnittshebesatz - Grundlage dafür ist die Gemeindegrößenklasse des Jahres 2013 - anzuheben und der Gewerbesteuerhebesatz ist um mindestens 25 % über den gewichteten Durchschnittshebesatz zu heben.

Hierzu hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichtes Magdeburg einer Klage der Stadt Hecklingen - -

(Unruhe)

Einen kleinen Moment, bitte, Herr Kollege Grünert. - Ich verstehe, dass das für den einen oder anderen nicht so das ganz heiße Thema ist. Aber es wäre nicht schlecht, den Lärmpegel ein klein wenig abschwellen zu lassen. Wir sollten dem Kollegen Grünert zuhören. - Bitte schön, Herr Grünert.

Der Klage der Stadt Hecklingen gegen den Salzlandkreis wurde vom Verwaltungsgericht Magdeburg stattgegeben, dass die Hebesatz-Anordnung so nicht hinzunehmen ist. Mich verwunderte nicht nur, sondern bestärkte mich auch in meiner Auf

fassung, dass selbst die Richter den Kopf geschüttelt haben, wie man auf der Grundlage eines Runderlasses in verfassungsrechtlich geschützte Bereiche eingreifen kann. - Das kann man nachlesen. Sie können sich die diesbezügliche Presseerklärung dazu herunterladen.

Bei leitungsgebunden Einrichtungen der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung sowie Abfallentsorgung ist ein Kostendeckungsgrad von 100 % zu gewährleisten. Hierbei werden im Prinzip sowohl das Kommunalverfassungsgesetz als auch die Regelungen der §§ 5 und 6 des Kommunalabgabengesetzes ausgehebelt.

Zur Erhebung kostendeckender Gebühren im Bestattungswesen. Es ist bereits jetzt sichtbar, dass die Kommunen insbesondere für sozial Schwache die Bestattungskosten übernehmen. Das heißt, wenn ich auf der einen Seite erhöhe, erhöhe ich gleichzeitig den Anteil, den die Kommune bereitstellen muss, um insbesondere sozial Schwachen an der Stelle zu helfen.

Zum Zwang zur kostendeckenden Erhebung von Verwaltungsgebühren. So steht es nach wie vor drin. Ich erinnere an zwei Beispiele: Die Stadt Egeln hat Bescheide über 90 Cent per Einschreiben mit Rückantwort und der WWAZ Wolmirstedt Bescheide über 25 Cent ebenfalls per Einschreiben mit Rückantwort verschickt. Hierbei stehen Aufwand und Ergebnis total im Widerspruch.

Des Weiteren müssen die antragstellenden Kommunen ihre Kreativität zur Definition neuer Einnahmequellen verstärken. Mit diesen konkreten Vorgaben wird aus unserer Sicht in das kommunale Selbstverwaltungsrecht unzulässig eingegriffen und die Finanz- und Satzungshoheit erheblich eingeschränkt.

Weitere Kritikpunkte, die inhaltlich nicht beraten bzw. korrigiert wurden: Der Ausgleichsstock ist nicht ausreichend bemessen, um der zu erwartenden Zahl von Anträgen auf Bedarfszuweisungen und Liquiditätshilfen gerecht zu werden.

Beim Finanzausgleichsgesetz 2015/2016 wurden die ursprünglich für das Jahr 2015 vorgesehenen 40 Millionen € auf 30 Millionen € und für das Jahr 2016 von 50 Millionen € auf 40 Millionen € reduziert.

Das Finanzausgleichsgesetz 2013/2014 weist allein aufgrund der Mehrbelastung für Asylbewerber nach § 17 FAG einen nennenswerten Umfang von 40 Millionen € für 2013 und von 47 Millionen € für 2014 aus.

Laut Doppelhaushalt 2015/2016 werden ab dem Jahr 2016 jährlich für das vorgesehene Entschuldungsprogramm Stark IV vorab 10 Millionen € gebunden sein, das heißt, von dieser Ausgleichsmasse sind noch einmal 10 Millionen € abzuziehen.

Meine Damen und Herren! Jede Konsolidierung in der laufenden Verwaltung führt zu zeitlichem Verzug und zu einer tendenziellen Verringerung des Finanzausgleichs. Daher bleibt die Forderung, keine nachgelagerte Anrechnung der Konsolidierungserfolge beim FAG zu vollziehen, bestehen.

Artikel 88 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bestimmt ausdrücklich, dass bei besonderen Zuweisungen des Landes an leistungsschwache Kommunen oder bei der Bereitstellung sonstiger Fördermittel das Selbstverwaltungsrecht zu wahren ist.

Der Runderlass sieht jedoch insgesamt eine drastische Verschärfung der Voraussetzungen für die Ausreichung von Liquiditätshilfen und Bedarfszuweisungen vor. Zudem werden - anders als in dem bisherigen Erlass vom 3. Mai 2011 - die genannten Maßnahmen zur Einnahmenverbesserung bzw. zur Ausgabenreduzierung als kumuliert zu betrachtende, zwingende Voraussetzung formuliert.

Bei der Feststellung des Personals für Bauhöfe von 1 VbE pro 1 000 Einwohner werden der örtliche Bezug und die konkreten Aufgabenbestände ausgeblendet. Auch an der Stelle wiederum ein unzulässiger Eingriff in die Satzungs-, Organisations-, Personal- und Finanzhoheit der Kommunen.

Im Zusammenhang mit dem Schuldendienst hält der Erlass fest, dass die Kommunen darauf achten sollen, die aktuellen Kreditverbindlichkeiten bedienen zu können. - Die meisten Städte und Gemeinden dürften kaum in der Lage sein, diese aus den laufenden Einnahmen zu realisieren. Hierfür muss es den Kommunen möglich sein, deutliche Finanzierungsüberschüsse im Bereich der laufenden Verwaltungstätigkeit zu realisieren, was jedoch nicht der Realität entspricht.

Dies ist neben den FAG-Kürzungen in den letzten Jahren vor allem auf den erhöhten Liquiditätsbedarf im Finanzhaushalt aufgrund des mit Stark II verbundenen erhöhten Schuldendienstes zurückzuführen.

Soweit sich Umlageverpflichtungen daraus ergeben, dass eine Kostendeckung bei der umlageberechtigten Einrichtung aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht erzielbar ist, führt die Aufforderung zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Umlagezahlungen ins Leere. Dieser Zusammenhang ist bei der Beurteilung ebenso zwingend zu berücksichtigen wie die Tatsache, dass die entsprechenden Beschlüsse nicht von einer einzelnen Kommune, sondern durch Mehrheitsbeschluss des zuständigen Gremiums herbeigeführt werden.

Der Entwurf des Erlasses sieht im Bereich der freiwilligen Leistungen vor, dass der Anteil der freiwilligen Leistungen 2 v. H. der Auszahlungen - bisher Einzahlungen - aus laufender Verwaltungstätigkeit des betroffenen Haushaltsjahres nicht übersteigen

darf. Diese Regelung ist eindeutig verfassungswidrig und mit aller Entschiedenheit abzulehnen.

Damit ist die Frage nach dem Umfang der Pflichtigkeit von Aufgaben verbunden. Diese kann nicht anhand einer jahresbezogenen Prozentzahl beurteilt werden. Das Gleiche gilt für Vorgaben seitens des Landesentwicklungsplanes, der das Vorhalten von bestimmten Aufgaben für das gesamte Jahr verlangt.

Hinsichtlich der Auflage, dass zur Konsolidierung des Haushalts Investitionen zu vermeiden sind, soweit diese nicht unabweisbar sind, oder die Deckung unter Einhaltung des Konsolidierungsziels gewährleistet ist, gilt Folgendes zu beachten:

Wenn im Haushalt keine zeitlich unabweisbaren Investitionen durchzuführen sind, hat das zur Folge, dass die Investitionspauschale als Einmalzahlung im Finanzhaushalt des Haushaltsjahres gebucht und in einem Sonderposten zugeführt wird. Zeitgleich kann keine Rücklage gebildet haben, insbesondere dann nicht, wenn Liquiditätskredite in Anspruch genommen werden. In den Folgejahren fehlen dazu dann die entsprechenden liquiden Mittel für unabweisbare Investitionen.

Der verlangte Zwangsverkauf von nicht zwingend benötigten Immobilien vermag zwar kurzfristig die Liquiditätslage zu verbessern - falls überhaupt -, verschlechtert aber aller Voraussicht nach die Ergebnislage durch nicht zu verhindernde Buchverluste und verschärft bzw. schafft dadurch Konsolidierungserfordernisse.

Ein Beispiel für die unzulässige Verknüpfung zeigt die Auflassung an die Stadt Oberharz am Brocken, ihren Bestand an Kommunalwald zu veräußern, um damit den Eigenanteil den Projekten des Programms Stark III finanzieren zu können.

Strittig sind weitere Fragen, wie die Art der Zuweisung, die Bestimmung des Zeitraums der Rückzahlung von Liquiditätshilfen im Bereich der Kommunen mit dauerhafter und damit struktureller Unterfinanzierung, da es sich nicht um kurzfristige bzw. einmalige Liquiditätshilfen handelt.

Auf die Angemessenheit der finanziellen Ausstattung des Ausgleichsstockes bin ich bereits eingegangen.

Letztlich - dabei möchte ich es erst einmal bewenden belassen -

(Oh! bei der SPD)

gewährt das Finanzministerium - -

(Zurufe von der SPD)

- Ja, das sind alles Probleme, die wir im Ausschuss hätten diskutieren können.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Niestädt, SPD: Ja!)

Dazu sage ich im zweiten Teil noch etwas.

Letztlich gewährt das Finanzministerium den Gemeinden die Möglichkeit, dass die Kreisumlage für ein Jahr gestundet wird. Auch hierbei bleibt die Landesregierung die Antwort schuldig, woraus dann der Landkreis die fehlenden Einnahmen rekrutieren soll.

Meine Damen und Herren! Dafür, dass die Kommunen auch zukünftig ihren Aufgaben gerecht werden, Entwicklungsperspektiven aufbauen sowie zukünftigen Generationen eine Heimstatt bieten können, trägt das Land Verantwortung. Es muss sich diesen Herausforderungen stellen und hat die Landesregierung in die Pflicht zu nehmen. Dies kann man nicht, indem man notwendige Entscheidungen in der Koalition parteipolitisch geprägt aussitzt.

Im Rahmen unseres Antrages in der Drs. 6/4094 wollen wir daher ernsthafte und klare Aussagen zum weiteren Prozedere der Beratungen und zur zeitlichen Abfolge des durch meine Fraktion eingebrachten Antrages. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grünert. Sie haben Ihre Redezeit nicht ausgeschöpft - allen Gefühlen zum Trotz. Die Kollegen Erben und Hövelmann würden das gern verlängern. Sie wollen Ihnen Fragen stellen. Wollen Sie diese beantworten?

Wenn ich es kann.

Bitte, Herr Kollege Erben.

Dann lasse ich mich jetzt einmal überraschen. Herr Kollege Grünert, ich habe das getan, wozu der Präsident ermahnt hat. Ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört.

Sie haben kundgetan, dass entgegen der Entscheidung des OVG - ich vermute, Sie meinten die Entscheidung des OVG in Sachen der Stadt Güsten im Zusammenhang mit der Erhöhung der Hebesätze aus dem Gebietsänderungsvertrag -

dieser Erlass Kommunen zwinge, ihre Hebesätze zu erhöhen und die Gebietsänderungsverträge zu ignorieren.