sondern sie taugt über ihre willkürliche Definition einer normalen gemäßigten gesellschaftlichen Mitte und extremen bis extremistischen Rändern lediglich als politisches Diffamierungsinstrument. Sie spielen auf dieser Klaviatur eine Wahlkampfpolka. Das ist unredlich.
Die Extremismustheorie schließt in undemokratischer Weise Menschen und Organisationen aus dem demokratischen Diskurs aus. Sie sollen als Extremisten gebrandmarkt und damit unhörbar gemacht werden. Eine notwendige inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Positionen unterbleibt.
Diese Auseinsetzung ist aber notwendig, weil gerade das, was von solchen Sektierern zum Teil gesagt wird, nicht akzeptiert werden kann. Wir müssen uns inhaltlich damit auseinandersetzen. Gewalt hingegen wäre eine sinnvollere Beschreibungslinie und damit auch ein Unterscheidungsmerkmal.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, nutzen die Extremismustheorie und schaden damit der Demokratie. Statt sich mit den Positionen einer AKL auseinanderzusetzen und gegebenenfalls im demokratischen Widerstreit deren kapitalismuskritische Thesen zu widerlegen, zeichnen Sie diese als extremistisch. Das wirkt unsouverän.
Warum strahlt Ihr Demokratiemodell eigentlich nur hell, wenn Sie es gegen extremistische Dunkelfelder stellen? Das müssen Sie uns einmal erklären.
Mir fallen heute genügend Gründe dafür ein, Demokratie und Menschenrechte aus sich selbst heraus leuchten zu lassen. Ihr Ansatz der Gleichsetzung zwischen rechts und links im Extremismusmodell ist geradezu gefährlich und widerwärtig.
Sie wollen damit eine Art von Empörungs- und Ächtungstransfer von der rechten auf die linke Gewalt auslösen. die in den vergangenen Jahren gewachsene breite zivilgesellschaftliche Verurteilung von rechter Gewalt auch gegen linke Gewalt mobilisieren. Wären beide Gewalttaten gleich, gebe es dafür gegebenenfalls sogar Begründungen. Sie sind es aber nicht.
Sowohl in der Deliktstruktur als auch in der Struktur der Tatverdächtigen lassen sich - was in der kriminologischen und soziologischen Forschung übrigens unumstritten ist - große Unterschiede feststellen. Diese betreffen auch die Tatschwere, sodass eine moralische Gleichsetzung von linken und rechten Delikten nicht gerechtfertigt erscheint.
Angesichts von mindestens 180 Todesopfern rechter Gewalt und tausenden Verletzten durch rassistische, antisemitische, homophobe, behinderten- oder obdachlosenfeindliche Angriffe in den vergangenen 24 Jahren spottet diese Gleichsetzung jeder Beschreibung. Sie ist, meine Damen und Herren, infam.
jahrelange Mord- und Terrorserie des NSU, dass Sie rassistische Pogrome in den 90er-Jahren und andauernde Straßengewalt gegen Andersaussehende, Andersliebende und Andersdenkende gleichsetzen mit Farbschmierereien an Ihrer Parteizentrale und einer Bedrohung.
Der CDU gehört manches ins Stammbuch geschrieben, auch, dass sie Grund- und Freiheitsrechte zu wenig achtet. Es geht aber gar nicht, ihr diese Dinge mit Farbe an die Wand zu malen. - Herzlichen Dank.
Ich gehe davon aus, dass die beiden Wortmeldungen den Wunsch bekunden, als Fraktionsvorsitzende oder als Fraktionsvorsitzender zu reden. - Gut, dann hat zunächst Abgeordnete Frau Budde und anschließend Abgeordneter Herr Schröder das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Debatte ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich habe mich aus einem anderen Grund gemeldet. Wenn zwei vom demokratischen Sozialismus reden, obwohl beide nicht das Urheberrecht dafür haben, dann finde ich die Debatte immer besonders schön.
Darum will ich als Sozialdemokratin und als Fraktionsvorsitzende wenigstens zu dem Punkt noch einmal etwas sagen. Ich will für diejenigen, die es vor dem Jahr 1989 nicht richtig gelesen oder sich nach dem Jahr 1989 nicht mehr damit beschäftigt haben, ein bisschen Aufklärung betreiben.
Der Begriff „demokratischer Sozialismus“ taucht wirklich schon im Jahr 1920 im Zusammenhang mit der Reformdiskussion in der Sozialdemokratie und als Abgrenzung zum Begriff des MarxismusLeninismus auf. Da wird er zum ersten Mal in dieser Form verwendet. Seit dem Jahr 1959 hat die SPD den Begriff durchgehend im Godesberger Programm, und er bleibt auch darin.
Wir haben im Jahr 2003 eine sehr intensive Diskussion darüber geführt. Die Partei hat sich aus guten Gründen entschlossen, den Begriff im Programm zu behalten.
Ich will auch einmal darüber aufklären, was demokratischer Sozialismus denn heißt. Wenn man sich das anhand der Definition des Politikwissenschaftlers Thomas Meyer anguckt, dann ist das ein egalitäres Gerechtigkeitskonzept und das Bejahen des demokratischen Rechtsstaates. Es geht um die sozialverträgliche Eingrenzung des Privateigentums. Nichts anderes machen wir zum Beispiel in der Daseinsvorsorge überall in der Bundesrepublik.
Es geht auch darum, den Wirtschaftssektor politisch zu regulieren. Da sind wir bei der heute Morgen geführten Debatte über das Betriebsverfassungsgesetz und bei vielen anderen Dingen aus dem Bereich der Umweltpolitik oder aus anderen Politikbereichen, mit denen wir den Wirtschaftssektor natürlich politisch regulieren. Ich kann daran nichts Negatives finden.
Allerdings hat sich die SED den demokratischen Sozialismus nicht zu Eigen gemacht, verehrter Kollege Schröder. In dem Papier über die Vereinigung von KPD und SPD in der damaligen DDR steht nämlich genau das Gegenteil drin. Dort steht zum demokratischen Sozialismus, dass die Erfahrungen des Klassenkampfes bestätigen, dass der demokratische Sozialismus eine illusionäre Gesellschaftsauffassung ist, untauglich, um grundlegende soziale und politische Veränderungen im Interesse der Arbeiterklasse durchzusetzen. Da ist das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben. Ich finde schon, dass ich das hier richtigstellen muss.
Diese Abwertung des Begriffes und auch des Inhaltes des demokratischen Sozialismus ist nämlich von der SED bis in die 70er-Jahre hinein als Propagandatitel des kalten Krieges genutzt worden. Demokratische Sozialisten oder demokratische Kommunisten, wie sie sich genannt haben - erinnert sei an Havemann, Biermann und Bahro -, wurden aus der SED ausgeschlossen, eben weil sie den demokratischen Sozialismus vertreten haben.
Deshalb will ich einmal mit einem Politiker enden, der in dieser Diskussion unverdächtig ist, nämlich mit Wilhelm Liebknecht; das ist noch älter. Er sagte:
„Sozialismus und Demokratie sind zwar nicht dasselbe, aber sie sind nur ein verschiedener Ausdruck desselben Grundgedankens; sie gehören zueinander, ergänzen einander und können nie miteinander im Widerspruch stehen.“
Wenn wir auf die Erfahrungen in der DDR zurückblicken, könnte man sich fragen, ob sich Wilhelm Liebknecht geirrt hat - Nein, er hat sich nicht geirrt.
„Weil wir die Untrennbarkeit der Demokratie und des Sozialismus begriffen haben, nennen wir uns Sozialdemokraten.“
Ich glaube, die Debatte zeigt, dass es richtig war, das Thema hier anzusprechen. Wir liegen damit richtig, dass wir das Thema angesprochen haben, weil es - Frau Birke Bull hat es sehr schön gezeigt - eine Gratwanderung ist.
Es war hier vorn heute zum Beispiel auch eine Gratwanderung für Frau Bull, einerseits Solidarität zu üben mit einer lebendigen, diskursfähigen Partei und mit dem breiten Spektrum innerhalb ihrer Partei und sich andererseits klar von linker Gewalt bzw. von der Ausübung von Gewalt für das Erreichen politischer Interessen zu distanzieren.
Ich bedanke mich bei Frau Bull dafür, dass diese Distanzierung von linker Gewalt hier heute stattgefunden hat.