Protocol of the Session on March 28, 2014

Die unrealistischen Menschenbilder linker und rechter Extremisten, ihre lebensfernen Utopien von der Gleichheit oder irgendeiner Ungleichheit der Menschen werden immer wieder zu Umerziehungslagern, Gulags und Konzentrationslagern führen, um die Menschen so zu machen, wie sie vielleicht sein sollten, oder um die ganz falschen zu vernichten.

Sehr gut ist das am Umgang der Extremisten untereinander zu erkennen. Wie zerpflückt sich gegenwärtig die extreme Rechte in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt? Wie geht man dort miteinander um? - Das ist alles nachlesbar.

Sperren Sie einen Anarchisten, einen Trotzkisten und eine Stalinisten in ein Zimmer.

(Zuruf von Herrn Born, SPD)

Alles andere überlasse ich Ihrer Fantasie.

Welchen Lehren sollte man daraus ziehen? - Gemeinsam gegen den Faschismus zu sein, reicht eben nicht. Man sollte auch gemeinsam für Meinungspluralität, für ein Mehrparteiensystem und - das betone ich besonders - für das Recht auf Opposition sein.

(Zustimmung bei der SPD und von Frau Bull, DIE LINKE)

Mehr an das rechte Spektrum gewandt, sage ich: Es ist zu wenig, nur für Ordnung zu sein, sondern man muss auch für demokratische Mehrheitsentscheidungen, das staatliche Gewaltmonopol und insbesondere die körperliche Unversehrtheit aller Menschen eintreten.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die Debatte mit - das ist sehr schwierig - und auch gegen die Extremisten darf, wie gesagt, nicht eindimensional geführt werden. Sie ist unter rechtlichen, soziologischen und politischen Gesichtspunkten zu führen.

Geordnete wirtschaftliche und soziale Verhältnisse sind der Nährboden für die Demokratie; auch das lehrt die Weimarer Republik. Es schließt sich der Kreis zu unserer ersten aktuellen Debatte heute zu den Betriebsratswahlen.

Die Würde des Menschen zu respektieren, die Würde des Menschen nicht anzutasten, heißt auch, die Verfassung zu schützen - unter anderem auch mit einem gegebenenfalls zu qualifizierenden Verfassungsschutz.

„Mehr Demokratie wagen!“, wie es Willy Brandt gesagt hat, bedeutet auch, die Demokratie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen ihre Feinde zu verteidigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Miesterfeldt. - Als nächster Redner spricht in der Aktuellen Debatte der Abgeordnete Herr Striegel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewalt kann und darf kein Mittel politischer Auseinandersetzungen sein.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Angriffe auf Wahlkreisbüros und dort laufende Veranstaltungen, Sachbeschädigungen an Gebäuden demokratischer Parteien, Drohungen mit Straftaten können und dürfen nicht zur politischen Auseinandersetzung genutzt werden. Solche Sach

beschädigungen sind zurückzuweisen. Ich spreche allen von diesen Taten Betroffenen, und damit Vertreterinnen und Vertretern aller vier im Haus sitzenden Fraktionen, meine Solidarität aus.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Ich kann persönlich, und zwar nicht erst, seitdem auch mein Büro Opfer eines Angriffs von Neonazis geworden ist, nachvollziehen, dass Angriffe auf Orte demokratischer Betätigung auch und besonders als persönliche Bedrohung empfunden werden. Mir ist klar, dass nicht nur Angriffe, sondern bereits Sachbeschädigungen und Drohungen diesen Effekt auslösen können. Besonders für die dort arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind solche Ereignisse eine Belastung.

All diese Taten unterschiedlicher Intensität und Art sind deshalb zurückzuweisen. Gewalt kann und darf - ich wiederhole das - kein Mittel politischer und demokratischer Auseinandersetzungen sein.

Aber geht es mit der von Ihnen beantragten Debatte zum Thema Linksextremismus um diese Art von Gewalt? Ist das Ihr Thema? - Ich meine, nein. Sie, Herr Schröder, nutzen diese Aktuelle Debatte zu etwas anderem. Hinter der vorangestellten vorgeblichen Sorge Ihrer Fraktion um die Demokratie steht der Wunsch, andere Fraktionen im Landtag als Schmuddelkinder auf dem Marktplatz der Demokratie zu brandmarken.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sie wollen DIE LINKE hier vorführen und unterstellen ihr eine Nähe zu denen, die als mögliche Täter der Sachbeschädigung an Ihrer Geschäftsstelle infrage kommen. Sie wollen gleichzeitig der SPD und uns GRÜNEN klarmachen: Spielt nicht mit den Schmuddelkindern; singt nicht ihre Lieder; lasst Euch nicht auf Zusammenarbeit ein.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Vorwürfe gegen DIE LINKE sind infam.

(Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Die impliziten Warnungen an SPD und GRÜNE sind getragen von Schwäche und Ausdruck der Angst, dass sich neue Mehrheiten in diesem Hause zukünftig auch jenseits der CDU ergeben könnten.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Borg- wardt, CDU: Woher wissen Sie das!)

Das aber wäre normal. Diese neuen Mehrheiten sind kein Zeichen von Gefahr für die Demokratie, ganz im Gegenteil, der regelmäßige Machtwechsel ist Zeichen einer lebendigen demokratischen Gesellschaft. Das mag angesichts von inzwischen einem guten Dutzend Jahren CDURegierungsbeteiligung im Land in Ihren Ohren

ungewöhnlich klingen, aber gewöhnen Sie sich besser daran.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ihre laufende Kampagne zum Thema Linksextremismus leidet an fehlendem Gehalt und mangelnder Tiefenschärfe. Ihre Extremismusbrille führt zu eingeschränktem Sehvermögen.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE, von Frau Frederking, GRÜNE, und bei der LINKEN)

Sie betreiben mit Ihrem weiten und letztlich überspannten Bogen, vom Umgang mit Stasi-Unterlagen über Mitgliedschaften von LINKEN-Mitgliedern in Vereinigungen wie der AKL oder der „Roten Hilfe“ bis hin zu einer Sachbeschädigung an Ihrer Parteizentrale und nachfolgender Drohung, eine mit dem Zitat des Sozialwissenschaftlers Michael Kohlstruck zu beschreibende „strategische Moralisierung“ der sachsen-anhaltischen Landespolitik.

Ob Sie mit dieser Politik dem Anliegen einer differenzieren Befassung mit DDR-Geschichte einen Dienst erweisen, bezweifele ich. Der Aufarbeitung persönlicher Verstrickungen, das notwendige Gespräch um Täterschaften und Mitläufertum wird so kaum vorankommen. Die Farbschmierereien an der CDU-Zentrale stehen in keinem tatsächlichen oder ideologischen Zusammenhang mit dem in der DDR begangenen Unrecht.

Auch der Hinweis auf DIE LINKE geht fehl. Ich habe aus keinem Winkel dieser Partei eine - und sei es eine klammheimliche - Freude über die Sachbeschädigung am Eigentum der CDU vernommen. Es gibt auch keine Notwendigkeit für DIE LINKE oder andere Parteien hier im Haus, sich auf Ihre Aufforderung hin von Gewalt gegen Polizisten zu distanzieren. Alle im Haus lehnen seit jeher solche Gewalt ab.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE, bei der LINKEN und von Minister Herrn Bischoff)

Auch die Diffamierung der LINKEN über die AKL verfängt nicht. Als CDU berufen Sie sich selbst permanent darauf, dass in einer Volkspartei die ganze Breite des politischen Spektrums zu finden sein muss. Abgesehen davon, dass die Ablehnung des Kapitalismus als Wirtschaftssystem in keiner Weise gegen die verfassungsgemäße Ordnung verstößt, ist ein programmatischer Einfluss der AKL auf DIE LINKE in Sachsen-Anhalt ganz offenbar nicht nachweisbar. Ich verweise nur auf einen Parteitagsantrag dieser Strömung, der null Stimmen der Delegierten bekam. Sie bauen, meine Damen und Herren, einen Popanz auf.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Schröder, Sie laufen Gefahr, dass bei einem kritischen Blick auf die Reihen Ihrer Parteimitglieder auch der eine oder andere Sektierer ohne Einfluss auf die Parteilinie identifiziert wird. Homophobe Positionen kommen in der CDU vor.

(Herr Leimbach, CDU: Hey!)

Sie haben sich davon distanziert. Sie dulden aber, dass ein Bundestagsabgeordneter als Kuratoriumsvertreter einen wegen seiner kruden Seminarangebote aus dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ausgeschlossenen Verein verteidigt.

Sie akzeptieren, dass im Plenum deutsch-national ausgerichtete neu-rechte Zeitungen in den Reihen Ihrer Fraktion gelesen werden. Vielleicht sollte die CDU mit Blick auf die eigene Bandbreite, die ich deswegen noch nicht als extremistisch brandmarken würde, als Volkspartei an dieser Stelle etwas mehr Entspannung an den Tag legen.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE, und bei der LINKEN)

Ihre Kampagne zum Thema Linksextremismus bestätigt in beeindruckender Weise die seit Jahren geübte Kritik an der sogenannten Extremismustheorie, ihrer fehlenden Wissenschaftlichkeit und ihrem ausschließlich politischen Gehalt. In den Sozialwissenschaften trifft das Konstrukt Extremismus - ich glaube, auch Herr Stahlknecht hat darauf verwiesen - inzwischen auf breiten Widerspruch.

Von einem Theoriegebäude will ich angesichts der Unterkomplexität des Hufeisenmodells der Herren Jesse oder Backes kaum noch sprechen. Die sogenannte Extremismustheorie ist ein Relikt des kalten Krieges.

(Zustimmung von Herrn Höhn, DIE LINKE)

Diese Theorie war und ist nicht in der Lage, die Bedrohung der Demokratie sinnvoll zu beschreiben,

(Zustimmung bei der LINKEN)