Ein weiterer Aspekt wurde bereits thematisiert. Wenn man die Gazetten verfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich das Problem der kleinen Grundschulen für die SPD ganz anders darstellt, dass die Kandidaten und Kandidatinnen der SPD ihre Schäfchen ins Trockene bringen, weil sie mit dem Minister dealen. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man die Zeitung liest.
So erzählte Herr Born dem überraschten Kreistag in Mansfeld-Südharz, dass man ruhig den Schulentwicklungsplan beschließen könne, die Grundschule in Wippra würde dann über eine Ausnahmegenehmigung erhalten werden.
Wir alle sind für den Erhalt der Grundschule in Wippra, aber das Vorgehen erstaunt uns dann doch. Angesichts dessen fragt man sich: Wer ist denn der nächste Kandidat der SPD, der mit dem Minister zum Erhalt kleiner Grundschulen dealt? Man schaut Herrn Erben an und fragt sich: Ist im Burgenlandkreis vielleicht auch die eine oder andere Schulrettung in Sicht ist? - Man könnte das fortsetzen.
„‚Ich bin gespannt, an welche genauen Bedingungen die Ausnahmegenehmigung geknüpft ist’, sagt Siegfried Schwarz (CDU), Bürgermeister der Stadt Gerbstedt, zu der die bestandsgefährdete Grundschule Siersleben gehört. ‚Gegebenenfalls gehen wir auf die Barrikaden; denn es kann nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.’“
Diesem Bürgermeister kann ich nur zustimmen. Wir werden uns die Ausnahmegenehmigungen sehr genau ansehen und prüfen, wie sie zustande kommen.
An einem Punkt möchte ich die Debatte etwas weiterführen. Ich glaube, dass uns die Debatte zur Schulentwicklungsplanung in der jetzigen Form in der Tat nicht weiterbringt. Wir brauchen das Moratorium, damit nichts von dem, was wir erhalten wollen, kaputtgemacht wird. Aber ich denke, wir müssen eine ganz andere Debatte führen, bei
der wir damit beginnen sollten, Schule völlig neu zu denken und uns davon zu lösen, uns Schule so vorzustellen, wie wir sie erlebt haben oder wie wir sie bei unseren Kindern und Enkelkindern erleben.
Warum ist das so? - Weil wir seit einigen Jahren in einer völlig neuen politischen Situation leben. Wir leben in einer Situation, in der wir Bildungsstandards haben. Das heißt, wir haben Qualitätsstandards. Wir haben uns darauf geeinigt, was ein Kind in der dritten Klasse können muss. Wir haben auch ein Instrument, um das zu überprüfen, nämlich die Vergleichsarbeiten.
Das heißt, wir können Schulen ganz anders steuern. Wir können sie danach steuern, ob sie das Bildungsergebnis erreichen, das sie erreichen sollen. Das heißt, wir können den Schulen viel mehr Freiraum geben, als wir es heute tun.
Ich möchte in diesem Zusammenhang drei Mittel nennen, die man dabei anwenden kann: erstens die Ausweitung des jahrgangsübergreifenden Unterrichts, zweitens die Einrichtung von Schulverbünden - all das sind Dinge, die in anderen Bundesländern gemacht werden, insbesondere in den ländlichen Räumen - und drittens - das wird in manchen Ländern gemacht - kann man die Schulen zum soziokulturellen Zentrum des Dorfes entwickeln. Dabei werden Einnahmen erzielt, die wiederum in die Bildungsarbeit der Schulen investiert werden können. Es ist vieles möglich und das wird an anderen Stellen auch getan.
- Genau. - Wir sollten über unseren Tellerrand schauen und den Schulen die Freiheit geben, die sie brauchen, um Unterricht zu gestalten. Wir sollten den Kommunen als Schulträgern mehr Entscheidungsspielräume geben; denn die Bildung wird nicht besser, wenn sie von einem Schreibtisch in Magdeburg aus geregelt wird.
Das Land gibt die Lehrerstunden vor und prüft die Qualität und die Einhaltung der Bildungsstandards mithilfe von Vergleichsarbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass der Staat nur das regeln sollte, was wirklich notwendig ist. Die Kommunen können vor Ort viel besser darüber entscheiden, wie sie ihr Schulnetz mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gestalten müssen, damit sie die Bildungsziele erreichen.
Wenn wir das machen, dann können wir unser Land zukunftsfest und lebenswert gestalten. Denn ich finde, unser Land hat mehr verdient als Wahlkampfgetöse und Politikgeklüngel.
Frau Kollegin, vielen Dank. Es gibt drei Kollegen, die Sie etwas fragen möchten. - Als Erster ist Herr Kollege Tögel an der Reihe, dann Herr Kollege Hövelmann und danach Herr Gallert.
Frau Dalbert, angesichts Ihrer letzten Formulierung zum Wahlkampfgetöse komme ich auf meine letzte Frage zurück. Sie haben vorhin sehr verallgemeinernd gesagt, dass sich die Kollegen der SPD und der CDU vor Ort damit profilierten, dass sie nicht zu dem stünden, was hier vereinbart worden sei.
Bitte gestehen Sie uns auch zu, dass die große Mehrheit der Kollegen beider Koalitionsfraktionen vor Ort zu dem steht, was hier vereinbart wurde. Ich fühle mich - ich kandidiere für den Kreistag in Stendal und bin Mitglied des Kreistages in Stendal - etwas ungerecht behandelt, wenn Sie pauschal sagen, wir alle machten uns angeblich vom Acker. Wir stehen dazu; das kann ich zumindest für den Kollegen Güssau und für mich in Anspruch nehmen.
Doch. Die Frage war, ob Sie anerkennen, dass das nicht so ist. Diese Frage würde ich gern von Ihnen beantwortet haben. Oder halten Sie an Ihrer Aussage fest, dass sich alle Kollegen vom Acker machen?
Ich habe gesagt, die Kollegen und Kolleginnen - - Es gibt überall solche und solche - in Ihrer Fraktion und in anderen Fraktionen auch.
mit der Qualität dessen zu tun habe, was in der Schule gelehrt werde. Ich bin wie Sie der festen Überzeugung, dass die Qualität der Lehrerinnen und Lehrer und des entsprechenden Umfeldes das tatsächlich Entscheidende ist.
Wenn in einer Schule, die aufgrund der geringen Schülerzahl mit lediglich drei oder vier Lehrkräften besetzt ist, eine Lehrkraft gesundheitsbedingt für einen längeren Zeitraum ausfällt - glauben Sie ernsthaft, dass das keine Auswirkungen auf die Qualität der Bildung hat, die den Kindern in dieser Schule dann zuteil wird?
Danke für diese Frage, Herr Hövelmann. Sie haben von drei oder vier Lehrern gesprochen. Ich stimme mit der Landesregierung darin überein, dass man eine Grundschule mit 115 Lehrerstunden - das entspricht 4,3 Lehrern und Lehrerinnen - betreiben kann. Die Antwort auf Ihre Frage lautet also: mit vier Lehrern ja. Darin stimme ich der Landesregierung zu; das ist möglich. Mit drei Lehrern wird es in der Tat eng.
Deswegen habe ich in meiner Einlassung gesagt: Wir müssen Schule völlig neu denken. Wenn Sie kleine Schulen haben, dann machen Sie Schulverbünde. Sie können dann ganz anders agieren. Oder Sie haben Schulen, die sich entschieden haben - das gibt es zum Beispiel in MecklenburgVorpommern -, mit größeren Klassen und mit Teilungsunterricht zu arbeiten. Wir müssen uns wirklich davon lösen, dass wir Schule so denken, wie wir sie kennengelernt haben. Wir sollten nicht Probleme an die Wand projizieren, die gar nicht eintreten werden.
Wir haben ein gutes Instrument, weil sich die Kultusministerkonferenz diesbezüglich weiterentwickelt; wir haben klare Qualitätsstandards. Wir können bei jeder Schule überprüfen: Erbringt sie das, was sie erbringen muss, nämlich unseren Kindern das beizubringen, was sie ihnen beibringen muss? Wenn das nicht der Fall ist, dann muss man gegensteuern.
Ich bin davon überzeugt, dass das geht. Ich war ganz viel im Land unterwegs und habe festgestellt, dass die Situationen vor Ort sehr unterschiedlich sind. Es gibt auch Bürgermeister - das soll nicht verschwiegen werden -, die sagen: Ich bin froh, wenn ich die Schule endlich schließen darf; denn dort ist ein erheblicher Sanierungsstau eingetreten - oder Ähnliches.
Ich habe aber auch erlebt, dass mir die Bürgermeister gesagt haben: Die aufnehmende Schule ist überhaupt nicht in der Lage, die Kinder aufzunehmen, weil sie viel zu klein ist. Wir haben dann überlegt: Was könnte man in einem solchen Fall tun? - Wir sind dann auf folgendes Modell gekommen: Man könnte die Schuleingangsphase - erste
und zweite Klasse - vor Ort belassen und schickt die Kinder erst in die - ich nenne sie einmal so - Hauptgrundschule, wenn sie etwas älter sind. Dann ist auch der Weg nicht mehr so anstrengend und dann hat man vor Ort einen längeren Bildungslauf: Kita- und Schuleingangsphase. In der dritten und vierten Klasse, wenn das Fach Englisch und andere hinzukommen, sind die Kinder dann in einer zentralen Grundschule.
Es ist vieles möglich, das man umsetzen kann, das an anderen Stellen auch schon umgesetzt wird. Mein Petitum ist: Lassen Sie uns doch weiter denken, lassen Sie uns über Qualität und Bildung reden.
Deswegen bin ich auch für das Moratorium - nicht weil ich denke, wir müssten die Schulentwicklungsplanung in dieser Weise fortschreiben - ich halte das wirklich für ein falsches Instrument -, sondern weil ich denke, wir müssen innehalten und darüber nachdenken: Wie können wir Bildung gestalten? Wie können wir mit den begrenzten Mitteln arbeiten?
Ich erkenne an - das war auch Inhalt des von mir in der letzten Woche vorgelegten Entwurfs einer Beschlussempfehlung -, dass die Landesregierung sagt: Wir müssen schrittweise die Lehrerstunden zurückfahren, weil wir einen begrenzten Haushalt haben. Aber lassen Sie uns doch anfangen, Bildung anders zu denken, über Qualität zu reden und darüber, wie wir Qualität vor Ort sichern können. Lassen Sie uns doch den Schulträgern dies ermöglichen.
Frau Dalbert, Sie haben die Vermutung geäußert, dass es demnächst weitere SPD-Landtagsabgeordnete gibt, die ihre persönliche Vereinbarung zur Schulrettung in ihrem Wahlkreis vor Ort möglicherweise verkünden. Ich möchte Ihnen dabei tatsächlich zur Seite stehen; denn das ist alles schon passiert.
Es gab eine große Veranstaltung in Seehausen in der Börde, bei der es um eben dieses Problem ging. Dort hat die Kollegin Schindler gesagt, sie habe kurz zuvor mit dem Kultusminister geredet und er habe ihr zugesichert, dass diese Schule eine Ausnahmegenehmigung erhalten werde. Das war so in der Zeitung zu lesen. Augenzeugen haben mir das ebenfalls berichtet. Ihre Vermutung trifft an dieser Stelle zu.
Frau Fraktionsvorsitzende, können wir zuerst noch Herrn Güssau seine Frage stellen lassen? - Okay. Dann stellt jetzt Herr Güssau seine Frage.
- Die Frage des Herrn Güssau hat sich erledigt. - Dann erhält jetzt Frau Budde das Wort. Nach Frau Budde spricht die angesprochene Frau Schindler.