Meine Damen und Herren! Diese Kleinteiligkeit bei den Grundschulen im Land wird vor Ort sehr geliebt - das nehme ich wahr und das nehmen wir auch sehr ernst -, aber sie führt natürlich auch zu Problemen, die man nicht wegdiskutieren kann.
Die Zahl der Lehrerstunden an Grundschulen orientiert sich richtigerweise an der Zahl der Schüler. Dies bedeutet, dass an kleineren Grundschulen logischerweise weniger Lehrkräfte arbeiten als an größeren Grundschulen. An Grundschulen mit 40 Schülerinnen und Schülern arbeiten dann eben lediglich vier Lehrkräfte, mit denen gerade einmal die Pflichtstundentafel abgebildet werden kann. Zusätzliche Angebote zur Förderung, Arbeitsgemeinschaften oder fakultative Angebote sind kaum möglich bzw. auf ein Minimum beschränkt. Die so entstandenen reduzierten Grundschulangebote unterscheiden sich deutlich von denen größer Grundschulen.
Ich möchte auf ein weiteres Problem hinweisen, das in diesem Zusammenhang auftritt, nämlich auf die Unterrichtsversorgung im Krankheits- oder Vertretungsfall. Diese Kleinst- und Kleinschulen verfügen nicht über die erforderlichen Personalkapazitäten, um den Vertretungsfall abzusichern. Die Folge wäre dann Unterrichtsausfall. Das ist auch etwas, das niemand will.
Die Landesregierung hat sich ein Personalentwicklungskonzept gegeben. Im Rahmen der interministeriellen Arbeitsgruppe Lehrkräftebedarf haben wir uns darauf verständigt, die Schüler-Lehrer-Relation an den allgemeinbildenden Schulen anzupassen und in Richtung Bundesdurchschnitt zu entwickeln.
Für ein Flächenland wie Sachsen-Anhalt, das seinen Haushalt zu großen Teilen mit Zuwendungen Dritter bestreitet, ist das ein durchaus richtiges Unterfangen. Die Zielmarke für das Jahr 2019 ist eine Schüler-Lehrer-Relation von 13,5 : 1. Wir haben uns im letzten Schuljahr schon in diese Richtung bewegt. Derzeit haben wir eine Schüler-LehrerRelation von fast 12 : 1.
sagen: Das wollen wir nicht. Wenn man aber als Regierung sagt, dass das angesichts der finanziellen Möglichkeiten eine wichtige und richtige Entwicklung ist - benachbarte Länder haben uns vorgemacht, dass es möglich ist -, dann hat das natürlich auch Konsequenzen auf Prozesse wie die Schulentwicklungsplanung.
Vor diesem Hintergrund muss man sich die Frage stellen: Können wir uns dann ein so kleinteiliges Grundschulnetz, das deutlich kleinteiliger ist als das unserer Nachbarn, leisten?
Ja, auch die Weiterentwicklung des gemeinsamen Unterrichts hat Auswirkungen auf das Netz der Förderschulen - das will ich nicht verschweigen -, insbesondere der LB-Schulen. Aber auch hierbei wollen wir mit Augenmaß vorgehen. Die Schulentwicklungsplanungsverordnung eröffnet die Möglichkeit, bei sinkenden Schülerzahlen Förderschulen mit mehreren Förderschwerpunkten zu bilden.
Gerade durch die Bündelung von Förderschwerpunkten soll im ländlichen Raum auch künftig ein entsprechendes Netz an Förderschulen vorgehalten werden. Ich denke, es ist wichtig, dass man das hier deutlich benennt.
Zudem ermöglicht die Verordnung auch Einzelfalllösungen, zum Beispiel bei unzumutbaren Schulwegzeiten. Daneben sind auf der Grundlage des Schulgesetzes und der Verordnung über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf Organisationsmodelle entwickelt worden, die den Schul- und Planungsträgern sehr weitgehende Gestaltungsoptionen zur Sicherung eines flächendeckenden sonderpädagogischen Angebots ermöglichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gestaltungsbedarf im Schulnetz ist zweifellos vorhanden und ihm wird in der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung durch eine regionale Differenzierung Rechnung getragen. Erstmalig wird grundlegend unterschieden zwischen dünnbesiedelt, normal besiedelt und Oberzentren.
Und es wird eine zeitliche Schrittfolge vorgesehen. Das heißt, man geht nicht gleich Riesenschritte, sondern man nimmt zunächst die Ausnahmeregelung zurück und sagt, das, was eigentlich bisher schon Grundlage ist, nämlich die Mindestgröße von 60 Schülern, soll jetzt tatsächlich durchgehalten werden. Dann erst, mit deutlichem Vorlauf, soll im Schuljahr 2017/2018 der nächste Schritt in der Schulentwicklungsplanung erfolgen. Ich glaube, dass das ein sehr moderates und abgestuftes Vorgehen ist, das man in der Tat nachvollziehen kann.
Darüber hinaus gibt es dann auch Ausnahmemöglichkeiten und Übergangserleichterungen. Wenn zum Beispiel die räumlichen Voraussetzungen zur Absicherung des Unterrichts an einem Schul
Außerdem können Ausnahmen von der erforderlichen schulischen Mindestgröße zugelassen werden, wenn innerhalb der durch die Rechtsprechung als zumutbar angesehenen Schulwegzeiten keine andere Schule - es wurde insbesondere auf die Grundschulen abgestellt - erreicht werden kann. All das ist möglich. Wenn dies durch Anträge untersetzt wird, dann werden diese Anträge bei uns auch ordentlich geprüft.
Des Weiteren verweise ich darauf, dass Schulen, die auf der Grundlage der mittelfristigen Prognose die ab 2017 erforderliche Mindestschülerzahl nur kurzfristig unterschreiten, bis dahin genehmigt werden können, um den Schul- und Planungsträgern die Möglichkeit der Fortschreibung des Schulentwicklungsplans zu erhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, dass wir die aufgeführten Punkte bei der Genehmigung der von den Planungsträgern vorzulegenden Schulentwicklungspläne berücksichtigen werden. Es ist deswegen keineswegs ausgeschlossen, dass wir nach der Umsetzung der Schulentwicklungsplanung im Jahr 2017 einzelne Schulen haben werden, in denen in dünnbesiedelten Gebieten weniger als 60 Kinder und in dichtbesiedelten Gebieten weniger als 80 Kinder lernen. Diese haben wir dann aber nicht zufällig, sondern dort, wo wir sie brauchen, um ein langfristig bestandssicheres Schulnetz als Basis der öffentlichen Daseinsvorsorge abzusichern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich sagen, dass dem Landesschulamt alle Schulentwicklungspläne der Landkreise und kreisfreien Städte im Entwurf vorliegen. In den nächsten Wochen stehen die Beschlussfassungen in den Kreistagen und Stadträten an.
In dieser Phase sollten wir den Trägern signalisieren, dass das vereinbarte Verfahren Bestand hat und dass auch die Fristen Gültigkeit haben. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens werden wir uns die einzelnen konkreten Orte anschauen und mit Augenmaß vorgehen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, möchten Sie eine - - Nein, Sie müssen ja. Dann so: Frau Dr. Paschke möchte Ihnen eine Frage stellen.
Ich möchte eine Bemerkung machen und eine Frage stellen. Die Bemerkung betrifft Ihre Aussage, dass das alles sehr moderat sei. Ich sage: In dem am dünnsten besiedelten Raum, der Altmark, bedeutet dies, dass wir mehr als jede dritte Schule schließen müssen. Das halte ich nicht für moderat.
Nun meine Frage. Uns wurde von einem Beigeordneten der Kreisverwaltung mitgeteilt, dass das Landesschulamt gesagt habe, dass Anträge von Eltern auf Schulwechsel, also von einer Schule in eine andere zu wechseln, in Zukunft wesentlich stringenter behandelt würden. Nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen einleuchtet, dass es gar nicht anders geht, sollen solche Anträge noch genehmigt werden.
Haben Sie Kenntnis davon, dass man diese Regelung im Zuge der neu einsetzenden Schulentwicklungsplanung verändert bzw. verschärft hat?
Zum Ersten. Was moderat ist, ist in der Tat eine Frage der Einschätzung. Ich kann nur sagen: Im Jerichower Land haben wir kaum Grundschulen, die geschlossen werden müssen. Diesbezüglich hat man über die Jahre hinweg kontinuierlich die Schulentwicklungsplanung im Blick gehabt. Das Jerichower Land ist nun nicht eben eine Region, die durch ihre dichte Besiedlung von sich reden macht. Es fließt auch noch die Elbe hindurch usw.
Es gibt Landkreise, die sehr intensiv drangeblieben sind, und es gibt Regionen, in denen das nicht in dem Maße gelungen ist. Das als Hinweis darauf, wie unterschiedlich das im Land gehandhabt wurde.
Zum Zweiten. Zu Ihrer Frage zu dem, was im Landesschulamt zu einem Beigeordneten gesagt worden sein soll. - Das ist ein wenig wie „Stille Post“. Ich kann nur sagen: Es gibt im Augenblick einen heftigen Kampf zwischen den Schulträgern um die Kinder; man streitet sich darüber, wer wohin gehört. Wir müssen sicherlich schauen, dass wir durch die Genehmigung entsprechender Anträge nicht Schulstandorte gefährden. Aber ansonsten gibt es - jedenfalls aus meiner Kenntnis - keine Ansagen oder Verschärfungen oder Vorgaben, hierbei besonders rigide zu handeln.
Ich glaube eher, dass man in den Regionen im Augenblick - jedenfalls bekomme ich das in den vielen Gesprächen mit - sehr darauf achtet, dass sozusagen die eigenen Kinder in die eigene Schu
le gehen. Man geht sehr behutsam vor, wenn entsprechende Anträge gestellt werden. Aber noch einmal: Es gibt keine Vorgaben dazu.
Herr Minister, Sie sprachen von den moderaten Verfahrensweisen im Landesschulamt. Meine Frage diesbezüglich lautet: Trifft das auch hundertprozentig auf Schulen zu, die - Sie sprachen es an - die Mindestschülerzahl kurzfristig unterschreiten und dann einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen? Erhalten sie diese dann auch?
Das ist derzeit wirklich problematisch. Diese Schulen benötigen für zwei, drei Jahre eine Ausnahmegenehmigung, weil danach die Mindestschülerzahl wieder erreicht wird. Meine Erfahrungen sind die, dass hierbei das Landesschulamt nicht so handelt, wie Sie es eben beschrieben haben.
Erstens habe ich über den Planungszeitraum 2017/2018 gesprochen und zweitens schauen wir natürlich immer auf die Gesamtschülerzahl der Schule. Wir schauen uns auch die Prognose an. Wenn es tatsächlich so ist, dass die Mindestschülerzahl in einem Schuljahr mal um ein oder zwei Schüler unterschritten wird, danach jedoch verlässlich und dauerhaft gesichert ist, dann wird man für einen solchen Fall sicherlich eine Lösung finden.
Jetzt muss ich doch einmal nachfragen, und zwar zu Ihren Prognosen. Ich habe aus Ihrem Redebeitrag herausgehört, dass irgendwann - ob das so kommt, weiß niemand - die Geburtenzahl sinkt und dass man dann nicht mehr langfristig und verlässlich eine Schulentwicklungsplanung machen kann.
Aber wenn die Kinder geboren werden, dann gehen sie doch nicht gleich in die Schule, sondern es vergehen zunächst sechs Jahre. Das ist aus meiner Sicht also eher eine Art vorauseilender Gehorsam. Ich kann nicht erkennen, dass man mit solchen Prognosen tatsächlich eine Schulentwicklungsplanung machen kann.
Es gibt aber vielleicht einen Zusammenhang zwischen der Geburtenrate und der Attraktivität und Familienfreundlichkeit eines Landes. Ich sehe hierbei eher die Gefahr, dass bei der Argumentation mit den Prognosen Folgendes eintritt: Die Prognose sagt zwar etwas vorher, aber die politi
sche Motivation, etwas umzusetzen, stützt sich auf genau diese Prognose, anstatt - anders herum - aufgrund der Prognose etwas gegen die prognostizierte Entwicklung zu tun.
Sehr geehrter Herr Wagner, die Kinder, um die es hierbei geht, sind alle schon geboren. Deswegen müssen wir nicht zu sehr in die Glaskugel schauen.
- Für die Schulentwicklungsplanungen 2014/2015 und 2017/2018 gehen wir davon aus, dass die Kinder schon geboren sind.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Aber, Herr Minis- ter, Sie reagieren ja auf die sinkenden Schü- lerzahlen nach 2020, und diese Kinder kön- nen noch nicht geboren sein!)
Bei dem Blick nach ganz weit vorn orientieren wir uns in der Tat an der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose, zu der ich Ihnen die Geburtenzahlen für das Jahr 2015 genannt habe. Diese Zahl steigt nicht, sondern sie sinkt leider.
Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt treten wir in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Als Erster spricht für die CDU-Fraktion Herr Güssau.