Herr Ministerpräsident, im Kontext des Atomausstiegsszenarios der Bundesregierung und der vorliegenden Gesetzentwürfe fallen aus sachsenanhaltischer Sicht zwei Dinge auf: erstens die vorgesehene verschärfte Deckelung der Förderung der Solarenergie, zweitens die Kürzung der Förderung der Onshore-Windanlagen und im Gegensatz dazu die Erhöhung der Förderung der OffshoreWindanlagen.
Durch unser klares Votum aus der Ministerpräsidentenkonferenz heraus und der Annahme dieses Votums durch die Bundesregierung - übrigens waren dort am letzten Freitag sämtliche Kabinettsmitglieder vertreten - ist zwischen dem Kollegen Röttgen und mir als MPK-Vorsitzendem vereinbart worden, dass wir im Parallelverfahren das gesamte Thema der EEG-Novelle synchron laufen lassen.
Wir wollen sowohl im Bundestag als auch in den Ausschüssen des Bundesrates sicherstellen, dass es hierbei keine Auseinanderdividierung und keine Konkurrenzdiskussion, zum Beispiel bei den Windanlagen zwischen Onshore und Offshore, gibt. Wir haben das Ziel, eine Deckelung bzw. eine Veränderung der Deckelung und des Umgangs mit der Solarförderung vorzunehmen.
Die Diskussion, die parallel und unabhängig von dieser aktuellen Diskussion in das Gesamtsystem gestreut wurde, wollen wir derzeit nicht. Wir halten sie in dieser Phase, in der wir auf die Verstärkung der Anteile aus erneuerbaren Energien setzen wollen, für kontraproduktiv.
Wir haben uns darauf verständigt, dass sich die Arbeitsgruppe der CdS’en, die sich parallel tagesaktuell abgleicht, hierzu entsprechend positioniert, mich informiert, und dass wir uns tagesaktuell mit dem Bundesumweltminister abstimmen.
- Wie lautet Ihre Zwischenfrage? Es war eine Begrifflichkeit zu klären. Bitte, Herr Gallert, fragen Sie gleich nach.
Nein, die Runde der CdS’en ist genauso ein fachtechnischer Begriff wie ihn vorhin sicherlich zu Recht der Kollege Scheurell moniert hat.
Die Chefs der Staatskanzleien „sitzen“ als Arbeitsgruppe direkt dem Ministerpräsidenten nachgeschaltet ständig online mit der Bundestagsverwaltung und der Bundesratsverwaltung zusammen. Wir telefonieren regelmäßig und wollen an dieser Stelle das Richtige tun. Das Thema der Diskriminierung Onshore gegenüber Offshore ist vom Tisch.
Frau Dalbert, ferner ist die Problematik der Kaltreserve vom Tisch. Es geht nicht darum, unnötig ein weiteres Kraftwerk aus den sieben plus eins im Standby-Modus zu halten, sondern es geht darum, dass wir - die Bundeskanzlerin hat es auch aufgenommen - an dieser Stelle möglichst ohne Atom
Die Berechnung und die Kapazitätsbewertung erfolgen derzeit. Das heißt, die Bundesnetzagentur rechnet wahrscheinlich noch bis Ende Juli/Anfang August 2011 alle Kapazitäten durch.
Wenn für die nächsten beiden Winter gesichert ist, dass die Kaltreserve aus fossilen Kraftwerken darstellbar ist, dann ist die Bereitstellung aus Kernkraftkapazitäten vom Tisch. Wenn das nicht der Fall ist, wird es an dieser Stelle ein klares Signal von 16 : 0 geben, dass es nicht zu einem kalten Winter kommen darf. Den wollen wir nicht.
Es ist das Entscheidende, dass wir in den nächsten zehn Jahren keine fachlichen Stockfehler machen. Diese Energiewende, dieser Umstieg und dieser Einstieg in die erneuerbaren Energien, die langfristig bis zu 50 % oder darüber hinaus betragen können, wird nur gelingen, wenn die Bevölkerung mitmacht. Das ist das A und O bei dieser ganzen Geschichte.
Herr Ministerpräsident, es gab noch eine Wortmeldung von Herrn Erdmenger. - Herr Erdmenger, wollen Sie dem Ministerpräsidenten eine Frage stellen?
Herr Ministerpräsident, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sie haben jetzt wenig zur Problematik der Braunkohle in Sachsen-Anhalt gesagt. Deswegen möchte ich Sie konkret fragen: Treten Sie weiterhin für die Betreibung des angesprochenen 600-Megawatt-Kraftwerks in Profen in den nächsten Jahren ein, und wenn ja - diese Frage hatte meine Kollegin gestellt -, warum?
Ich denke, einen Teil der Frage habe ich schon beantwortet. Wenn ein Jahr in rot-grünen bzw. in grün-roten Bundesländern 9 000 Stunden umfasst und die Windenergie derzeit bei den real zu erwartenden Speichermöglichkeiten nur 3 000 Stunden jährlich sicherstellt - Sie wissen, bei der Solarenergie sind es 1 000 Stunden -, dann haben Sie keine
Das bestreitet auch mein sehr geschätzter Kollege Kretschmann nicht. Er hat an dieser Stelle inzwischen einen Realismus an den Tag gelegt, bei dem ich sagen muss: Respekt! Wenn man Verantwortung übernimmt, dann holt einen manchmal das Leben ein und dann muss man gemeinsam das Beste daraus machen.
Des Weiteren ein Wort zur Braunkohle. Sie kennen das Energiekonzept der Landesregierung. Dieses geht von einem breiten Energiemix mit möglichst schnellem Ausbau der erneuerbaren Energie aus. Dabei spielt die Braunkohle für das Land SachsenAnhalt als zugriffsfähige Energieerzeugungsart eine sehr wesentliche Rolle, weil wir uns ungern - anders als es der Kollege Seehofer beabsichtigt - allein von russischem Erdgas - ich sage in Klammern: bei der Verbrennung entsteht auch CO2 - abhängig machen wollen.
Da wir sowieso an einer CO2-emittierenden Energieerzeugungsart nicht vorbeikommen, ist das kostenmäßig kalkulierbare Szenario der Braunkohle für uns eine Option.
Wir haben keine Staatswirtschaft mehr. Die Mibrag ist privatisiert. Der tschechische Eigentümer plant schon seit mehreren Jahren, ein Kraftwerk zu bauen, um drei alte DDR-Kraftwerke mit 23 % Wirkungsgrad zu substituieren. Das stellt bei der Auflösung - ich sage es noch einmal - schon in sich einen klimapolitischen Akt bei fast einer Verdoppelung des Wirkungsgrades dar. Deswegen sind wir gut beraten, diese vernünftige Aktivität auch weiterhin zu unterstützen.
Ich bin mit der Kollegin Kraft aus Nordrhein-Westfalen vollkommen einer Meinung, dass wir uns als Braunkohleländer hinstellen und sagen sollten: Es ist gut, dass wir das, was wir an Grundlast im fossilen Bereich für die Jahre bis 2050 unabweisbar benötigen, in wesentlichen Teilen durch Braunkohle darstellen, und trotzdem unsere klimapolitischen Ziele erreichen.
Diese klimapolitischen Ziele werden durch ein erhebliches Investitionsprogramm und ein steuerliches Anreizprogramm im Bereich der Wärmedämmung und der Energieeffizienz erreicht. Dabei wird bis hin zu der Firma Schwenk in Bernburg sehr viel an positiven Impulsen für unsere Volkswirtschaft ableitbar sein.
An dieser Stelle kann ich Ihnen sagen: Wir werden die Klimaziele erreichen. Wir werden trotzdem einen breiten Energiemix aufbauen. Wir werden uns nicht allein von russischem und anderem Erdgas abhängig machen. Wir werden eine Komponente
Braunkohle in Deutschland haben, die unsere Energieversorgung unterstützt. Wir werden trotzdem die Arbeitsplätze, die Sie sich genauso wünschen, erhalten.
Das sieht zwar aus wie eine eierlegende Wollmilchsau. Ich kann Ihnen jedoch sagen: Dieses Thema ist inzwischen durch. Dieses Thema werden wir schaffen. Dieses Thema wird auch für andere Länder auf diesem Globus exemplarisch sein.
Es wird die große Herausforderung sein, dass die starke Volkswirtschaft Deutschland dieses bewältigt. Das ist aber kein Selbstlauf. Nur wenn wir eng zusammenarbeiten, wird uns das gelingen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe überlegt, ob ich meine Rede so wie mein Kollege Frank-Walter Steinmeier im Bundestag beginnen muss, und zwar mit: Frau Kanzlerin - oder in diesem Fall mit Herr Ministerpräsident -, Ihre Rede hat mir die Schuhe ausgezogen. - Aber ich habe meine Schuhe an gelassen.
Es gibt zwar keinen Widerspruch, aber in ein paar Punkten würde ich doch noch gern etwas ergänzen. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Rede im letzten Jahr, als es um den Ausstieg vom Ausstieg ging, nicht Sie als Wirtschaftsminister gehalten haben, sondern der „Bienenminister“ Herr Aeikens dies getan hat. Daher hatten Sie heute eine bessere Startposition.
Zum Thema selbst. Der Terminus des Historischen mag vielleicht - ab und zu ist es bei den anderen Reden auch durchgekommen - ein wenig abgenutzt sein, aber ich glaube, dass das bei diesem Thema trotzdem das einzig Richtige ist.
Ich glaube, dass wir in der Tat einen historischen Moment erleben. Wir erleben auch einen parteiübergreifenden Konsens zum Atomausstieg, das heißt für uns alle, die nachhaltige Befriedung eines der politischen Hauptkampffelder - sowohl der Bonner als auch der Berliner Republik. Man muss auch sagen, das ist ein Stück Erfüllung des Gründungsmythos der GRÜNEN, und zwar nur der GRÜNEN und nicht des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Meine Damen und Herren von der CDU - die FDP ist ja nicht mehr vertreten -, dazu gehört auch, dass es nahezu über Nacht mit Fukushima die Implosion einer konservativen Grundgewissheit und die Abschaffung eines gewissen Markenkerns
der CDU/CSU gegeben hat. Sicherlich wird auch das teilweise in den Geschichtsbüchern stehen. Dass es so ist, wird die einen schmerzen und die anderen freuen.
Sie werden sicherlich verstehen, dass es mich freut, dass dies das Ergebnis ist; denn es war eine rot-grüne, sozialdemokratisch geführte Bundesregierung, die die Energiewende in diesem Land eingeläutet hat.
Deshalb bin ich ein wenig stolz sagen zu können, dass die Sozialdemokratie auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden hat.