Entwurf eines Gesetzes über die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen im Land Sachsen-Anhalt
Da der Minister für Wissenschaft und Wirtschaft entschuldigt ist, wird Herr Minister Dr. Aeikens den Gesetzentwurf einbringen. Mal sehen, ob auch einige qualifizierte Landwirte dabei sind. Bitte schön, Herr Minister.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt heute der Entwurf eines Gesetzes zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen, bezogen auf landesrechtlich geregelte Berufe, vor.
Zur Vorgeschichte. Im Herbst 2008 haben sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin in Dresden darauf verständigt, die Verwertbarkeit von Berufsqualifikationen, die außerhalb Deutschlands erworben wurden, zu verbessern.
Durch diesen Teil der Qualifizierungsinitiative für Deutschland sollen Migrantinnen und Migranten dabei unterstützt werden, ihre im Ausland erworbenen Kenntnisse und Berufserfahrungen auf dem ersten Arbeitsmarkt einzubringen. So soll die deutsche Wirtschaft unterstützt werden, dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen.
Am 29. Juni 2011 beschloss daraufhin der Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen. Es trat am 1. April 2012 in Kraft.
Etwa 30 000 Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen wurden seither bundesweit gestellt und die Mehrheit wurde positiv entschieden. Die genaue Statistik für das Jahr 2012 wird voraussichtlich im Herbst vorliegen.
Allerdings ist die gesetzgeberische Zuständigkeit im Berufsrecht geteilt. Sowohl der Bund als auch die Länder regeln Berufsausbildung und Berufszugänge. Deshalb müssen auf die bundesrechtlichen Regelungen nunmehr auch entsprechende Landesgesetze folgen, wenn in Deutschland eine einheitliche Rechtslage auf diesem Gebiet herrschen soll.
Verschiedene Länder haben bereits diese Anerkennungsgesetze verabschiedet. In Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen beraten die Landtage derzeit ebenfalls über ihre Anerkennungs
gesetze. Ziel ist es, die Anerkennungsgesetzgebung im Jahr 2013 in allen Bundesländern abzuschließen.
Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf soll ein Rechtsanspruch darauf geschaffen werden, dass eine im Ausland erworbene Berufsqualifikation auf ihre Vergleichbarkeit mit einem deutschen, in Sachsen-Anhalt landesrechtlich geregelten Referenzberuf geprüft wird. Der Anspruch soll unabhängig vom Herkunftsland der Berufsqualifikation, von der Staatsbürgerschaft der Antragstellenden sowie deren Aufenthaltsstatus in Deutschland bestehen. Grundsätzlich soll auf die deutsche Staatsbürgerschaft als Voraussetzung für die Berufsausübung verzichtet werden. Wer die Absicht hat, in Sachsen-Anhalt tätig zu werden, kann den Anerkennungsantrag sogar aus dem Ausland stellen.
Der Gesetzentwurf regelt in Artikel 1 das Verfahren, die vorzulegenden Unterlagen und die Kriterien für die Gleichwertigkeitsprüfung. In den Artikeln 2 bis 14 werden einzelne Berufsgesetze entsprechend angepasst und gegebenenfalls weitere notwendige Aktualisierungen vorgenommen.
Um wirklich zu einer einheitlichen Gesetzgebung und möglichst auch einem einheitlichen Verwaltungsvollzug zu kommen, folgt unser Gesetzentwurf dem Mustergesetzentwurf der Länder, der zur Wahrung der Einheitlichkeit dem Bundesrecht folgt.
Mit diesen Regelungen möchten wir ein deutliches Signal senden, dass Migrantinnen und Migranten in unserem Land willkommen sind, dass wir ihre Qualifikation schätzen und anerkennen wollen. Ihnen sollen so Perspektiven eröffnet werden, am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Gleichzeitig werden damit kleinen und mittleren Unternehmen Möglichkeiten eröffnet, die beruflichen und interkulturellen Kompetenzen ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu nutzen und sie qualifikationsgerecht zu beschäftigen. Es ist, glaube ich, ein deutliches Signal, das mit diesem Gesetzentwurf gegenüber unserer Wirtschaft und insbesondere gegenüber ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum Tragen kommt. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten nunmehr in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Professorin Dr. Dalbert.
Gesetz gewartet. Seit acht Monaten wird es uns angekündigt. Jetzt bekommen wir ein hochnotwendiges Gesetz, das aber nur die Minimalvariante des Möglichen darstellt. Das finde ich enttäuschend.
Worum geht es? - Wir haben es gehört: Es geht darum, die Berufe, die auf Landesebene anerkennungspflichtig sind, für Ausländer und Ausländerinnen anzuerkennen. Das ist, denke ich, aus zwei Gründen wichtig.
Zum einen sagen wir, dass es auch zu den Grundrechten eines Menschen gehört, dass seine schulischen oder beruflichen Qualifikationen in der aufnehmenden Kultur anerkannt werden.
Zum anderen ist es auch so - wir haben heute hier schon mehrfach in unterschiedlichen Zusammenhängen von dem sogenannten Fachkräftemangel gesprochen -, dass wir hier tatsächlich einen Schatz haben, den es zu bergen gilt.
In Sachsen-Anhalt lebten im Jahr 2009 gut 44 000 Migranten und Migrantinnen. Wenn man den Befragungen in Ostdeutschland Glauben schenken darf, dann sind etwa 20 % dieser Migranten und Migrantinnen sehr gut ausgebildet und haben einen Hochschulabschluss. Das ist genau das, was wir brauchen: Menschen mit einer guten Ausbildung, die hier bei uns die Zukunft mitgestalten.
Wenn wir uns die Nachfrage auf dem Bundesportal anschauen, dann stellen wir fest, dass sich zu einem großen Anteil Menschen aus dem Ausland auf dem Bundesportal kundig machen.
Das heißt, mit einem guten Anerkennungsgesetz können wir auch Zuwanderung attraktiv machen. Wenn die Leute sich erkundigen und feststellen, dass es zum Beispiel für Lehrer, Ingenieure und Beschäftigte aus Gesundheitsberufen, über die wir heute auch schon gesprochen haben, ein gutes Anerkennungsgesetz gibt, dann kann es für sie attraktiv sein, nach Sachsen-Anhalt einzuwandern.
Insofern ist es ein wirklich wichtiges Gesetz. Das vorliegende Gesetz regelt die notwendigen Dinge, aber es setzt keine eigenen Akzente. Es hat, glaube ich, auch ein paar Dinge, die man anders regeln sollte.
Was völlig fehlt und was, glaube ich, wirklich notwendig ist, ist, dass man einen Anspruch auf begleitende Beratung im Gesetz verankert, damit man als Mensch, der seinen Beruf anerkannt haben möchte, tatsächlich einen gesetzlichen Anspruch darauf hat.
Wenn Sie sich die Zahlen auf der Bundesebene anschauen, dann stellen Sie fest, dass von den 220 000 Besuchern, die zwischen April und Oktober das Bundesportal besucht haben, nur 1 424 Anträge gestellt worden sind. Nach den Zahlen,
die mir vorliegen, sind von diesen 1 424 Anträgen nur 171 Anträge völlig anerkannt worden; 98 Anträge hatten eine Teilanerkennung.
Das heißt, dass das Gesetz nicht das erfüllt, was man haben möchte, nämlich dass in der Breite eine berufliche Anerkennung erfolgt. Wir müssen uns anschauen, was wir auf der Landesebene tun können, damit es auf der Landesebene besser läuft.
Ein Beratungsanspruch ist dabei eine entscheidende Komponente, auch die Frage, dass man die vielen Beratungsangebote, die es gibt, bündelt und zusammenfasst, damit der Beratungssuchende nicht auf viele verschiedene Stellen verwiesen wird, sondern einen zentralen Ansprechpartner hat.
Bei der Anerkennung entstehen Gebühren von bis zu 600 €. Dazu sagen wir: Es sollte keine Anerkennung verweigert werden, weil jemand die Gebühr in Höhe von 600 € nicht bezahlen kann.
Insofern fordern wir sozial gestaffelte Gebühren und auch die Möglichkeit, im Bedarfsfall eine Gebührenbefreiung vorzunehmen.
Dann gibt es auch viele - wir haben auf der Bundesebene die Zahlen vorliegen -, bei denen nur ein Teil der beruflichen Ausbildung anerkannt wird und andere Teile nachgemacht werden müssen. Das Nachmachen von Teilen der beruflichen Ausbildung kostet Geld.
Wir würden uns wünschen, dass wir in SachsenAnhalt etwa dem Beispiel von Hamburg folgen und Stipendienangebote machen, damit die Menschen die Nachqualifizierung machen können und für die Gebühren, die dabei anfallen, Stipendien bekommen. Das können sie später abbezahlen, wenn sie in ihrem Beruf anerkannt sind und mit ihrem Beruf gutes Geld verdienen.
Zum einen sind wir der festen Überzeugung, dass wir auf einen Lehrermangel zulaufen. Zum anderen halte ich es in vielen Fächern für hoch wünschenswert, dass wir in unseren Schulen auch Lehrer und Lehrerinnen aus anderen Kulturen haben. Lehrer und Lehrerinnen aus anderen Ländern haben eine Ein-Fach-Ausbildung. Die Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen in zwei Fächern ist ein deutsches Spezifikum.
Wenn wir also wollen, dass wir Lehrer und Lehrerinnen aus anderen Nationen beruflich anerkennen, dann müssen wir auch hierfür eine kreative Lösung finden. Diese kann sich nicht nach dem deutschen Modell richten. Es muss eine akademische Ausbildung als Lehrer oder Lehrerin sein, aber nur in einem Fach. Das kann eine Bereicherung für unsere Schulen sein. Auch diesbezüglich hätte ich mir einen Akzent der Landesregierung gewünscht.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Mormann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist hinlänglich bekannt, dass sich in Deutschland die Deckung des Bedarfs an Fachkräften zunehmend schwieriger gestaltet. Alle Akteure und Entscheider, die mit der wirtschaftlichen Situation und dem deutschen Arbeitsmarkt vertraut sind, sehen darin eine reale Bedrohung für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands.
Auch hier in Sachsen-Anhalt sind wir, vielleicht sogar mehr als in anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland, auf gut ausgebildete Fachkräfte sowie auf kluge und kreative Köpfe angewiesen.