Protocol of the Session on October 18, 2012

Herr Schröder, auch ich habe eine kurze Nachfrage. Sie haben gesagt, dass die CDU im Bund ein Konzept beschlossen habe, wie man Lohnuntergrenzen nach Ihrer Definition in Tarifverhandlungen möglichst gut verhandeln kann. Nun mag es unter Umständen einem gewissen Staatsparteiverständnis der CDU entsprechen, dass sie glaubt, dass damit schon etwas in die Wege geleitet sei, aber das ist natürlich erst dann der Fall, wenn der Beschluss einer Partei tatsächlich in die parlamentarische Praxis überführt wird.

Deswegen frage ich: Wann ist denn mit einer Initiative der Landtagsfraktion der CDU dahin gehend zu rechnen, dass sie den eigenen Parteitagsbeschluss umsetzt?

(Oh! bei der CDU)

Wann werden wir von Ihnen Konzepte auf den Tisch gelegt bekommen, wie wir Lohnuntergrenzen über Tarifverhandlungen tatsächlich realisieren?

(Frau Budde, SPD: Jetzt, im Plenum!)

Also ich verstehe die Frage eher als rhetorische Frage, weil es etwas unüblich wäre, sich selbst

permanent aufzufordern, das umzusetzen, was man selbst will.

(Frau Budde, SPD: Richtig! - Zurufe von der LINKEN)

Aber man muss es tun - ich nehme Sie ernst -, und der ernste Hintergrund dieser Frage ist nicht, Erklärungen abzugeben, dass man das, was man selbst möchte, auch machen will. Es wird zu unterstellen sein, dass man das auch will. Der Unterschied ist: Wann wird es in Berlin gemacht? - Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich wünschte mir, dass man an dieser Stelle in Berlin weiter wäre, als das jetzt mit dem dortigen Koalitionspartner der Fall ist. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich.

(Zuruf von der LINKEN: Dann haben wir ja noch Zeit!)

Als Nächster spricht der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert.

Erste grundsätzliche Bemerkung, Herr Schröder: Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheiten nehmen. Wir waren relativ früh dort, bei den Leuten von S Direkt, schon als es angefangen hat. Ich bin relativ häufig darüber informiert worden, wie die Dinge dort liefen. Ich habe auch die Beschäftigten und die Streikenden dort getroffen. Wissen Sie, ich habe mir das erklären und erzählen lassen, wie es in dem Betrieb dort ablief und mit welchen Rahmenbedingungen die Leute dort zu tun haben.

Nun können Sie leugnen, dass das so wäre. Nein, ich war und ich bin persönlich betroffen. Deswegen kann ich nicht akzeptieren, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und sagen: Ihnen geht es nur um die politische Ausschlachterei; die Leute interessieren Sie nicht. - Woher nehmen Sie diese Weisheit? Das ist eine Unterstellung, die ich mit aller Deutlichkeit zurückweise.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Schrö- der, CDU: Aus Ihrer Rede!)

Punkt 2: Wenn es denn so ist, dass wir über unterschiedliche Positionen oder unterschiedliche Wege reden, dann ist dieses Parlament sehr wohl der richtige Ort und dann ist diese Debatte sehr wohl der richtige Augenblick, um über diese unterschiedlichen Dinge zu reden.

Deswegen sage ich Ihnen auch ganz klar, Frau Budde: Sie können Ihre Position mit der Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner erklären, aber eines ist zu viel verlangt: Sie können von uns nicht Rücksicht dafür einfordern, dass Sie diese Rücksicht nehmen müssen. Das wird hier nicht der Fall sein und beim nächsten Tagesordnungspunkt auch nicht.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Deswegen werden wir unsere Position zu diesem Punkt ganz klar und eindeutig formulieren, und das haben wir hier getan, obwohl wir in unserer eigenen Position schon Kompromisse eingegangen sind, und ich glaube, das ist dazu auch notwendig.

Jetzt sage ich noch einmal, warum das ausdrücklich auch in diesem Bereich notwendig ist: Sie sagen, Frau Budde, wir wollen endlich wenigstens dieses Zeichen aussenden, dass es nicht sein kann, dass in öffentlichen Unternehmen eine Situation entsteht, dass die Leute Aufstocker sind und nachher zum Amt gehen müssen. - Ja, völlig richtig. Nur, bei S Direkt, wo das definitiv so ist, wird selbst das bestritten. Sie haben doch die gleichen Briefe von dem Geschäftsführer bekommen. Der sagt: Natürlich passiert das bei uns nicht.

(Frau Budde, SPD: Du meinst, das ändert der Landtagsbeschluss?)

Wir haben zehn Leute, die haben besondere soziale Rahmenbedingungen. Deswegen ist es in diesen Fällen so. - Das wird doch alles geleugnet. Deshalb ist das, was wir wollen, eine klare Parteinahme für die Streikenden in dieser Auseinandersetzung, und dieser Position weicht der Alternativantrag aus.

(Frau Budde, SPD: Der Beschluss ändert das?)

Das ist der Unterschied an dieser Stelle.

Jetzt sagen Sie, Frau Budde: Na ja, wir hätten doch damit auch nicht mehr geholfen. - Dazu sage ich: Das finde ich eine völlig andere Situation. Wenn wir uns inhaltlich zu den Forderungen derjenigen, die streiken, positionieren, ist das etwas anderes, als wenn wir allgemeine Grundsätze aufschreiben. Aber beides sind Solidaritätsadressen. Das stimmt. Das haben wir auch bewusst so gemacht.

Natürlich ist es so, dass wir hier kein Gesetz beschlossen haben. Aber dann komme ich zumindest nach dieser Ausführung tatsächlich noch einmal zu dem Punkt, auf den ich schon in Reaktion auf den Änderungsantrag der GRÜNEN hingewiesen habe. Ja, wir hatten überlegt, „Mindestlohngesetz“ hineinzuschreiben. Aber wir wussten doch genau, dass die Aufforderung an die Landesregierung, ein Mindestlohngesetz vorzulegen, im Grunde genommen wirklich nur Wasser in die Wüste schütten ist.

Das wird doch nicht passieren. Das erleben Sie bei der Debatte zur Thüringer Mindestlohninitiative. Es ist doch nicht so, Herr Schröder, dass dieser Weg, den Sie hier beschrieben haben, unstrittig war. Der Weg, den Sie hier beschrieben haben, ist der der Thüringer Mindestlohninitiative. Dann hätten Sie doch unserem Antrag zustimmen können. Das haben Sie nicht gemacht. Da wurde gemäkelt, das ginge nicht, da müsse man aufpassen. Selbst der Weg, den Sie beschrieben haben, ist das letzte

Mal in der Landtagssitzung nicht beschlossen worden. Da müsse man weiterentwickeln. Man müsse einmal sehen, wie sich das in den Ausschüssen entwickle. Selbst das ist von Ihnen nicht mitgetragen worden.

Deswegen sagen wir ganz deutlich: Ja, ich glaube, als politische Positionierung werden wir dieses Mindestlohngesetz hier brauchen.

Aber, liebe GRÜNE, liebe Kollegen in der Opposition: So wie die Debatte das letzte Mal lief, so wie sie jetzt gleich beim Vergabegesetz laufen wird, sage ich: Es wird unsere Aufgabe sein, das zu tun. Die Koalition und die Landesregierung werden nicht der Motor der Bewegung sein, sondern wir werden diese Debatte führen müssen.

Und wir müssen sie in der Gesellschaft führen. Wir müssen sie in der Gesellschaft führen, bevor wir hier damit hineingehen. Denn sonst wird die Koalition diese Dinge wieder abbügeln und ablehnen - SPD und CDU mit jeweils unterschiedlichen Begründungen. Nein, wir brauchen eine gesellschaftliche Bewegung hin zu diesem gesetzlichen Mindestlohn mit Bündnispartnern auch draußen, außerhalb dieses Landtags.

Deswegen werden wir diese organisieren müssen. Dann werden wir mit diesem Gesetzentwurf tatsächlich auch hier wieder auftauchen. Denn der würde wirklich massiv und in der Sache helfen. - Danke.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Frau Fraktionsvorsitzende Dalbert wünscht das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt viele Ausführungen gehört. Die will ich nicht wiederholen. Aber in einem sind wir uns doch einig: Das, was wir jetzt in der Abstimmung machen, ist eine Solidaritätsadresse an die Streikenden bei S Direkt.

Solidaritätsadressen haben immer einen spezifischen Charakter, und zwar dergestalt, dass man zum einen klar sagt, auf welcher Seite man steht - das tun alle hier im Hohen Hause, das habe ich gehört -, und zum anderen, dass man sehr klar eine Wertposition bezieht und sehr klar sagt, wofür man steht. Deswegen ist für uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eine Solidaritätsadresse an die Streikenden bei S Direkt in Halle keine Solidaritätsadresse, wenn man sich nicht klar zu einer Lohnuntergrenze von 8,50 € bekennt. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Dann treten wir nunmehr in das Abstimmungsverfahren ein. Ich darf es kurz erklären: Wir haben den Ursprungsantrag, über den ich abstimmen lasse, nachdem ich zunächst über den Änderungsantrag habe abstimmen lassen. Findet der Änderungsantrag keine Mehrheit, stimmen wir über den Ursprungsantrag ab. Findet der Ursprungsantrag keine Mehrheit, stimmen wir über den Alternativantrag ab. Das ist die Reihenfolge.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag in der Drs. 6/1524 abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Antragsteller, die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit hat der Änderungsantrag nicht die erforderliche Mehrheit bekommen.

Ich lasse nunmehr über den Ursprungsantrag zu diesem Tagesordnungspunkt abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. - Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit hat der Ursprungsantrag keine Mehrheit gefunden.

Ich lasse nunmehr über den Alternativantrag in der Drs. 6/1519 abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. - Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit hat der Alternativantrag eine Mehrheit gefunden und der Tagesordnungspunkt 2 ist erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Beratung

Erosionsschutzkonzept Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1500

Für die Einbringer nimmt Herr Abgeordneter Barth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe - Zahlreiche Abgeordnete verlassen den Plenarsaal)

- Ich merke schon, dass dieser Antrag vielleicht doch nicht so interessant ist wie die vorherigen Dinge, die hier passiert sind. Aber vielleicht trägt dieser Antrag mit dazu bei, die Gemüter zu beruhi

gen und sich auf das Vergabegesetz vorzubereiten, über das sicherlich auch noch einmal heiß diskutiert werden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Böden sind über Millionen von Jahren maßgeblich durch Erosion in Form von Gesteinsverwitterung entstanden. Die Besiedlung durch Pflanzen und die über Jahrtausende andauernde Humusbildung der Urwälder haben den Böden ihre Fruchtbarkeit gegeben. Mit der Sesshaftwerdung der Menschheit und insbesondere mit der Entstehung des Ackerbaues und der Nutzung von Holz als Baumaterial hat der Mensch in diesen Prozess eingegriffen.

Wie sensibel die Böden auf menschliche Eingriffe reagieren können, haben schon die Griechen in der Antike erfahren müssen. So hat der Raubbau in den Urwäldern in Griechenland ganze Küstenregionen in karge Landschaften verwandelt. Der Prozess der Bodenneubildung und die Wiederbesiedlung durch Wälder ist extrem langwierig, sodass sich an dem kargen Landschaftsbild auch in diesem Jahrtausend wahrscheinlich nur wenig ändern wird. - Das war ein kurzer Exkurs in die Geschichte.