Wittenberg zu informieren, über die hier diskutiert wird, der wird stark beeindruckt sein über das, was dort im Bereich Forschung geleistet wird.
Am Institut für Hochschulforschung beispielsweise werden seit vielen Jahren verschiedenste Forschungsprojekte zur Hochschulbildung und Studienreform - worüber wir heute Morgen diskutiert haben -, zu Gleichstellungsfragen an den Hochschulen - auch darüber wurde heute Morgen diskutiert - oder zur Evaluation von Hochschulförderprogrammen durchgeführt.
Die gute Reputation des HoF sorgt dafür, dass auch das BMBF gern Projekte an dasselbe vergibt. Die eingeworbenen Drittmittel übersteigen nach Aussagen des Geschäftsführers die 70%-Marke.
Auch die Stiftung Leucorea - darauf hat die Frau Ministerin hingewiesen - leistet einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag in der Wissenschaftslandschaft Sachsen-Anhalt, auch für das Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Übrigens, Herr Lange: Im Zuge dieses Reformationsjubiläums in der Lutherdekade haben die Landesregierung und auch der Landtag ein sehr starkes Bekenntnis zur kulturellen Entwicklung der Stadt Wittenberg abgegeben - nur um dem Vorwurf entgegenzutreten, wir würden uns vor Bekenntnissen scheuen.
Ich möchte an dieser Stelle insbesondere auf das Institut für deutsche Sprache und Kultur eingehen, das ebenfalls in der Leucorea angesiedelt ist. Der besondere Fokus dieses Instituts liegt auf der Vermittlung von Fachwissen in Deutsch als Fremdsprache.
Wenn wir uns darüber freuen, dass Sachsen-Anhalt immer mehr ausländische Studierende anzieht und ihnen einen Studienplatz bietet, dann müssen wir auch jene Strukturen unterstützen, die diese Attraktivität bewirken. Dieses Institut gehört sicherlich dazu.
Aus dem Gesagten lässt sich schließen, dass wohl niemand an der Bedeutung und Reputation der genannten Einrichtungen zweifelt oder diese infrage stellt. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen soll ein Bekenntnis zu diesen Einrichtungen abgegeben werden, auch wenn wir es nicht vorn hingeschrieben haben.
Ein solches Bekenntnis darf aber kein Selbstzweck und nicht nur Makulatur sein. Es darf die Einrichtungen auch nicht von notwendigen Veränderungsprozessen ausnehmen. Wir wollen die wissenschaftlichen Einrichtungen in Wittenberg vielmehr qualitativ weiterentwickeln und dazu auffordern, neue Entwicklungsperspektiven aufzutun.
In einer Zeit von knapper werdenden Mitteln ist jede Förderung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und ist immer wieder nach neuen Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven zu suchen. Des
halb ist auch für die Leucorea, das Institut für Hochschulforschung und das Wissenschaftszentrum Wittenberg nach neuen wissenschaftlichen Perspektiven zu fragen.
Ich möchte anregen, gerade der Stiftung Leucorea die Möglichkeit zu geben, sich in ihren Angeboten für andere Hochschulen im Land zu öffnen. Mögliche rechtliche Hindernisse dabei müssen geprüft und ausgeräumt werden.
Die weitere Entwicklung der wissenschaftlichen Einrichtungen in Wittenberg braucht neue Impulse, um sie auch in Zukunft auf sichere und tragfähige Füße zu stellen. Diese Erkenntnis, Herr Lange, trägt weiter, als ein reines Bekenntnis zu der jetzigen Struktur. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Frau Dr. Pähle. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Professor Dr. Dalbert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, der Antrag der LINKEN kommt zur rechten Zeit. Das wird auch daran deutlich, dass uns ein Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen vorliegt, der sich in der Substanz überhaupt nicht von dem Antrag der LINKEN unterscheidet.
Wir haben ganz offensichtlich ein Beratungsproblem in Wittenberg. Es ist an der Zeit zu überprüfen, ob die Struktur, die wir dort vorfinden, die Struktur ist, die tatsächlich angemessen ist.
Ich sehe nicht die Gefahr, Herr Lange, dass irgendetwas abgewickelt wird, allein schon weil wir die Leucorea in Wittenberg haben. Ich glaube, die Leucorea liegt uns allen am Herzen. Dazu gehört auch das historische Gebäude der Universität. Um Abwickeln geht es also nicht, sondern um Weiterentwickeln. Das ist der Kern der beiden Anträge.
Wir haben im Kern drei ganz unterschiedliche Institutionen dort. Wir werden uns in Ruhe anschauen müssen, wie es weitergehen soll. Wir haben das HoF, das recht erfolgreich arbeitet - das haben wir schon gehört - und mit der Anschubfinanzierung einen guten Weg beschritten und einen guten Stand bei der Einwerbung von Drittmittel erreicht hat.
Wir haben das Wissenschaftszentrum, das im Kern Beratungsaufgaben wahrnehmen soll. Wir müssen uns überlegen, ob wir das noch brauchen, welche Aufgaben es sein sollen und wie es strukturiert sein soll. Ich sehe also viele offene Fragen.
Wenn ich ehrlich bin, bin ich nicht so sicher - in dieser Hinsicht fand ich die Konnotationen in der bisherigen Debatte nicht nachvollziehbar -, ob der Stiftungszweck der Leucorea, der in den Stiftungsvertrag geschrieben wurde, tatsächlich noch der beste und zeitgemäße ist oder ob wir nicht wirklich darüber nachdenken müssen, welche Aufgaben die Leucorea für unser Land wahrnehmen und mit welchen Aufgaben sie sich national und international gut aufstellen kann.
Der Antrag kommt insgesamt zur rechten Zeit. Wir müssen gemeinsam über die aufgeworfenen Fragen beraten.
Wir haben zwei unterschiedliche Anträge vorliegen. Insofern muss ich auf die Unterschiede in den beiden Anträge eingehen. Ich würde mich persönlich nicht so sehr auf den Bekenntnisaspekt fokussieren, sondern sehe zwei andere Unterschiede, die mir am Herzen liegen.
Zum einen bezieht sich der Antrag der Fraktion DIE LINKE dezidiert darauf, auch die Akteure in der Region einzubeziehen. Ich finde, es ist guter Politikstil, dass man die Menschen und Akteure vor Ort mit einbezieht, wenn man über Dinge berät. Das kann ich nur begrüßen.
Zum anderen geht es um einen Punkt, den ich als noch schwergewichtiger empfinde. Frau Ministerin, sonst sind Sie auch immer Anhängerin der externen Evaluation oder, wie wir unter Wissenschaftlerinnen sagen, des Peer-Reviewing-Verfahrens. An dieser Stelle finde ich in dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen, dass die Landesregierung die Leistungsentwicklung evaluieren soll.
Das stellt mich nicht zufrieden. Es gehört zu guter Wissenschaft dazu, dass man Peer-Reviewing macht. So verstehe ich den Antrag der Linksfraktion, einen Prozess zu initiieren, der die Leistungsentwicklung in den Blick nimmt. Aus diesen beiden Gründen würde ich eher zu dem Antrag der Linksfraktion neigen, wenngleich sich beide Anträge in der Substanz natürlich sehr ähneln. - Herzlichen Dank.
Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Scheurell. - Entschuldigung. Frau Professor Dr. Dalbert, es gab noch eine Nachfrage, die ich nicht im Hinterkopf hatte.
Frau Dalbert, das mit der Abwicklung war eher rhetorisch gemeint. Stimmen Sie mit mir darin überein, dass es für die Einrichtungen sehr schwer wird, ihren Aufgaben noch so zu entsprechen, wie sie es derzeit tun, wenn die Haushaltsansätze wie geplant abgesenkt werden?
Je geringer der Haushaltsansatz ist, desto schwieriger ist es für die Institute, ihren Aufgaben nachzukommen. Insofern ist es dafür, dass das Thema auf die Tagesordnung kommt, jetzt eigentlich zwei Jahre zu spät.
Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel Richtiges ist heute schon verkündet worden. Ich erspare es mir jetzt, geschichtliche Abläufe zu erwähnen. Die Frau Ministerin ist darauf eingegangen und die Redner der unterschiedlichen Fraktionen auch. Ich erlaube mir, einen kurzen Auszug aus dem Memorandum zum Zusammenhang zwischen der Finanzierung der Stiftung Leucorea und der Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017 im Land Sachsen-Anhalt vorzulesen. Darin heißt es:
„Die Stiftung Leucorea bildet die Plattform für alle wissenschaftlichen Aktivitäten der Martin-Luther-Universität im mitteldeutschen Universitätsverbund in Wittenberg in Bezug auf die Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017.“
Diese zentrale Funktion der Stiftung ist durch die aktuellen Kürzungsvorschläge der Landesregierung infrage gestellt.
Ja, das ist sie. Es ist natürlich auch der Fall, dass die Landesverfassung vorgibt, dass die Regierung uns einen Haushalt vorschlägt. Wir dürfen das gar nicht selbst. Wir sind dann diejenigen, die diese Vorschläge akzeptieren oder nicht. Sie dürfen mir glauben: Als Wittenberger werde ich einen solchen Vorschlag nicht akzeptieren. Das ist nicht machbar.
Denn wir alle wollen, dass das Reformationsjubiläum nicht zu einem Jahrmarktstreffen und einer im Baubudenstadium stehenden Veranstaltung verkommt. Die Reformation, die unsere nationale Identität wie kaum ein anderer Punkt in der deutschen Geschichte bestimmt hat und gerade aus Wittenberg und aus Mitteldeutschland stammt - - Natürlich können jetzt die Magdeburger sagen: Otto und … Lassen wir einmal all die Vergleiche weg.
- Gut, gut. - Ich will damit aber eines sagen: Jeder, der hier im Raum sitzt, ob er es wahrhaben will oder nicht, ob er konfessionell gebunden ist oder nicht, ist von dieser Reformation in seiner Lebens
entwicklung mit beeinflusst worden. Es ist die Bildung, es ist die Sprache, es ist das Rechtsverständnis. Dem folgend wäre es eine Schande, wenn wir an dieser Stelle den Rotstift ansetzten.
Wir werden noch oft über Landesjubiläen, Landesausstellungen und Veranstaltungen von Landesbedeutung, auch von nationaler Bedeutung und von internationalem Wirken sprechen. Dieses Reformationsjubiläum, meine Damen und Herren, stellt für uns die Chance dar, uns in der Welt zu unserer nationalen Identität zu bekennen und die Außenwirkung noch einmal zu unterstreichen. Dazu ist die wissenschaftliche Arbeit dringend erforderlich, auch in Wittenberg.
Sehr geehrte Frau Professorin Wolff, ich finde es gut, dass die Vorgänger der früheren Legislaturperioden auf der Regierungsseite und auf der Parlamentsseite diese Stiftung des öffentlichen Rechts an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit dem Sitz in Wittenberg zum 1. April 1994 gegründet und fortgeführt haben. Ich sehe die Chance auch für die Martin-Luther-Universität HalleWittenberg, gemeinsam mit dieser Stiftung öffentlichen Rechts des Landes die universitäre Arbeit in Halle und den Standort in Wittenberg zu entwickeln.
Ich sehe hierbei keine Konkurrenz. Ich sehe es, dass die große Schwester, die da in Halle fortlebt, sich eben nicht nur auf die Traditionen, zum Beispiel auf die geschichtlichen Traditionen von der Gründung 1502 durch Friedrich den Weisen, sondern auch auf die Arbeit in der Stiftung Leucorea bezieht.
Also, wir können gern darüber sprechen, welche Ausstrahlung das HoF hat und was dort eingespielt wird. Wenn da derart viel eingespielt würde, sehr geehrter Herr Lange, wären sie zum Beispiel in der Lage, Miete an die Stiftung Leucorea zu zahlen. Das nur einmal am Rande. Dass die wissenschaftliche Arbeit von mir in keiner Weise gering geschätzt wird, das dürfen Sie mir glauben.
Mein Appell also: Wenn wir das Reformationsjubiläum 2017 als Land Sachsen-Anhalt gemeinsam würdig begehen wollen, dürfen wir es nicht zu einem Jahrmarktbudenzinnober verkommen lassen, wie die meisten Feste landauf, landab es bereits sind. Da steht für mich die wissenschaftliche Arbeit an vorderer Stelle.
Sehr geehrte Frau Ministerin, diese Kürzungsvorschläge - denn weiter ist es ja noch nichts, es gibt keine Beschlüsse, es gibt keine Aufkündigung von Finanzierungsvereinbarungen - werden mit mir nicht zu verwirklichen sein und ich werde in meiner Fraktion werben, damit das nicht durchkommt. Da haben Sie jetzt wirklich einen Punkt angeschnitten, an dem der Leidensdruck sehr stark ist, sehr geschätzte Frau Ministerin. Wir sind uns sonst im Leben oft sehr sympathisch und sind zuvorkommend.
Das können Sie einem Wittenberger und unserem Land nicht antun. Unserer kulturellen Tradition entsprechend, ist das der falsche Weg.