Protocol of the Session on November 11, 2011

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/545

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Lange.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bild des zarten Pflänzchens ist heute und gestern schon mehrfach bemüht worden. Das trifft nun auf den Standort Wittenberg an dieser Stelle nicht zu; denn Wittenberg hat sich als ein Standort für Bildung und Wissenschaft etabliert. Von daher denken wir, dass wir als Landtag alles daransetzen sollten, dass das so bleibt und dass sich Wittenberg als ein solcher Standort weiterentwickeln wird.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Die Leucorea steht in der Tradition der Wittenberger Universität. Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn man davon spricht, dass die Leucorea durchaus nationale und internationale Ausstrahlung hat und nicht nur in der Region wirkt.

Auch das Hochschulforschungsinstitut, das einzige ostdeutsche Institut, das sich mit Hochschulforschung beschäftigt, ist ein Vorzeigeprojekt. Zwar gibt es dort einen Landeszuschuss, seit es dieses Hochschulforschungsinstitut gibt. Wenn man sich jedoch anguckt, was das Hochschulforschungsinstitut mit diesem Geld macht, dann sieht man, dass es ein Vielfaches dessen, was es als Landeszuschuss bekommt, an Drittmitteln einwirbt und somit tatsächlich Geld generiert, das hier ins Land strömt und das Forschung am Standort Wittenberg möglich macht, eine Sache, die man nicht infrage stellen sollte.

Ich gebe zu - weil wir das auch in unserem Antrag erwähnen -: Das Wissenschaftszentrum Wittenberg war nicht unbedingt ein Lieblingskind der LINKEN, sondern eher des damaligen Kultusministers. Wir waren eher diejenigen, die das sehr kritisch begleitet haben, ob man diese Abteilung, die vorher im Ministerium gewesen war, derartig ausgliedern sollte.

(Herr Borgwardt, CDU: So?)

- Ja, das kann man so sagen. – Von daher sehen wir natürlich gerade an dieser Stelle Handlungsbedarf, wenn es sich tatsächlich bewahrheiten sollte, dass die sogenannte Exzellenzinitiative, die das Land einmal mit 20 Millionen € gespeist hat, auslaufen sollte. Denn es war die Hauptaufgabe des Wissenschaftszentrums, diese Mittel in den Hochschulen zu verteilen; deswegen waren die Hochschulen daran beteiligt. Von daher stellen wir uns nicht dagegen, dass es Veränderungen in der Wissenschaftslandschaft in Wittenberg geben sollte; das habe ich gerade ausgeführt.

Aber vielleicht ergänzend: Es gibt in Wittenberg auch das Institut für deutsche Sprache und Kultur und das Institut für globale Ethik. Beide Institute sorgen für ein internationales Flair, das Wittenberg an dieser Stelle durchaus umgibt.

Es gibt also große Potenziale. Wir wollen diese Potenziale heben und auch weiterentwickeln. Wir sehen Handlungsbedarf; das habe ich dargestellt. Auch die Möglichkeit, Synergien zu erzeugen, sollte man ins Auge fassen. Deswegen fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auf, den Blick von außen zu wagen, um fundiert handeln zu können; das will unser Antrag erreichen.

Und wir möchten erreichen, dass es ein anderes Vorgehen gibt als das, was jetzt geplant wurde. Die Landesregierung hat im Haushaltsplanentwurf nach dem Motto gehandelt: Erst kürzen, dann messen. – Somit sollen die von mir gerade beschriebenen Einrichtungen, die Landesgeld bekommen, innerhalb von zwei Jahren 40 % des Landesgeldes verlieren. Damit stellt man die Existenz dieser Einrichtungen massiv infrage.

Dann nenne ich das Beispiel des Hochschulforschungsinstituts. Ich habe schon gesagt: Das sind

40 % von einer relativ geringen Summe, von nicht einmal 500 000 €. Wenn man sich den Nutzen anguckt, der mit diesem Geld generiert wird, stellt man fest, dass das eine schlechte Idee ist, wenn man gleichzeitig ein relativ schlecht evaluiertes Institut für Wirtschaftsforschung in Halle mit einigen Millionen Euro mehr aufpäppelt. Das ist nicht nachvollziehbar.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich möchte die beiden Institute auf keinen Fall gegeneinander ausspielen; das sollte man bei Forschungsinstituten nicht tun. Aber warum das einzige ostdeutsche Wirtschaftsinstitut mehrere Millionen Euro mehr bekommt und gleichzeitig die Existenz des einzigen ostdeutschen Hochschulforschungsinstituts infrage gestellt wird, kann ich nicht verstehen. Da fehlt mir die Logik.

Wir sollten anders herangehen. Deswegen werden wir den Antrag stellen, für diesen Doppelhaushalt die Finanzierung beizubehalten, und erst nach der Begutachtung, nachdem wir uns mit Konzepten auseinandergesetzt haben, beschließen, wie die Neustrukturierung der Wissenschaftslandschaft in Wittenberg aussehen soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Koalition, Ihren Änderungsantrag kann ich nur bedingt nachvollziehen. Ich sehe zwei wesentliche Unterschiede zu unserem Antrag: Ich kann nicht erklären – ich verstehe es auch nicht -, warum Sie das Bekenntnis zu Wittenberg als Standort für Kultur und Wissenschaft nicht beschließen wollen. Warum soll der Landtag dieses Bekenntnis für Wittenberg nicht abgeben?

Ich habe Herrn Scheurell und Frau Reinecke in der Zeitung anders verstanden: dass das eine tolle Sache ist, dass das wichtig ist und weiter voran! Aber leider nehmen Sie dieses Bekenntnis mit Ihrem Änderungsantrag heraus. Das wundert mich. Das finde ich etwas schade. Deswegen werden wir diesem Änderungsantrag nicht zustimmen.

Ich weiß nicht, warum Sie den Blick von außen scheuen. Warum soll sich nur das Ministerium mit den Strukturen auseinandersetzen? Warum wagen wir nicht den Blick von außen? Das machen wir doch bei so vielen Dingen auch. Gerade in der Wissenschaftslandschaft macht das doch Sinn.

Deswegen möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Lassen Sie uns dort eine gute Handlungsperspektive eröffnen. Ich gehe davon aus, dass auch Sie das Vorgehen nach dem Motto „Erst kürzen, dann messen“ ablehnen. Anders kann ich Ihren Antrag nicht verstehen. Deswegen bitte ich Sie, lassen Sie uns darüber reden, wie wir es in den Haushaltsverhandlungen hinbekommen, dass nicht wegen einer relativ kleinen Summe die Existenz dieser Einrichtungen infrage gestellt wird.

Die Änderungen - das habe ich gesagt - lehnen wir ab. Sollte Ihr Änderungsantrag eine Mehrheit finden, werden wir uns bei dem geänderten Antrag entsprechend enthalten. Ich denke, es ist trotzdem auf einem richtigen Weg. Es ist wichtig, dass wir uns als Landtag mit der Wissenschaftslandschaft in Wittenberg auseinandersetzen. Aber das Bekenntnis zu Wittenberg, Herr Scheurell, hätte ich mir doch gewünscht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es gibt eine Nachfrage, Herr Lange, von Frau Professor Dr. Dalbert. - Bitte schön

Herr Lange, ich habe eine Nachfrage. Für mich schließt „Entwicklung“ beide Richtungen ein: Es kann sich etwas zum Guten entwickeln, aufwachsen und immer besser werden und es kann sich etwas auch zum Schlechten entwickeln und eben nicht aufwachsen.

Es kann auch gleich bleiben.

Ich will zu der Evaluation nachfragen, weil Sie darauf Bezug genommen haben, dass mit dem Änderungsantrag der erste Punkt Ihres Antrages gestrichen werden soll und weil im Änderungsantrag auch das Stichwort „Synergien“ genannt wird. Würden Sie ausschließen, dass bei der Evaluation, die Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, auch nach Synergien gesucht werden soll?

Nein. Ich habe schon in meinem Redebeitrag gesagt, dass wir immer ein Interesse daran haben müssen, die Synergieeffekte zu heben. Wir müssen aber erst einmal gucken, ob es ein solches Potenzial überhaupt gibt. Wenn man sich anschaut, welchen Zweck diese Einrichtungen mit ihrer Arbeit verfolgen, dann ist das Potenzial durchaus unterschiedlich ausgeprägt.

Zum Beispiel müsste man bei der Stiftung Leucorea die Satzung ändern, wenn die Stiftung Leucorea mit anderen Hochschulen zusammenarbeiten soll, wie es die Koalitionsfraktionen vorschlagen. Die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen ist eine Idee, die man durchaus ins Auge fassen kann. Das steht völlig außer Frage. Man muss aber auch wissen, was man tun muss, um das zu erreichen. Deswegen ist eine Evaluation mit einem kritischen Blick von außen durchaus gerechtfertigt.

Uns geht es nicht darum, dass alles so bleiben muss, wie es ist. Deswegen steht in unserem Antrag auch das Wort „weiterentwickeln“. Es geht

aber darum, die Einrichtungen weiterzuentwickeln und nicht abzuwickeln.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie wir natürlich alle wissen, ist die Universität Wittenberg im Jahr 1814 während der napoleonischen Besatzung geschlossen worden. Nach dem Wiener Kongress im Jahr 1817 wurde sie in Halle als Vereinigte Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg wiedereröffnet. Der preußische Staat erhoffte sich von der Zusammenlegung Synergien - selbst wenn es damals noch nicht so hieß -, die es auf mehreren Wissenschaftsgebieten auch gegeben hat.

Vor diesem Hintergrund können wir zwei Dinge festhalten: Erstens. Die Suche nach Synergien für staatliche Einrichtungen ist so alt wie die staatlichen Einrichtungen selbst. Zweitens. Der Rückgriff auf alte Strukturen, die Anknüpfung an historischen Linien scheint uns Menschen wichtig zu sein.

So wie im Jahr 1817 die Preußen entschied sich im Jahr 1990 das junge Land Sachsen-Anhalt, an die universitären Strukturen auch Wittenbergs anzuknüpfen. Damit sollte fachliche Arbeit sichergestellt werden, aber natürlich auch ein Stück Identitätsstiftung stattfinden. In diesem Kontext entstanden die Stiftung Leucorea, das Institut HoF als eingetragener Verein und An-Institut der Uni HalleWittenberg, das Wissenschaftszentrum Wittenberg als Verein,

(Herr Lange, DIE LINKE: Das war viel spä- ter!)

das Institut für Sprache und Kultur und das Wittenberg-Zentrum für globale Ethik.

Selbstverständlich kann man angesichts dieser vielgestaltigen kleinen Einrichtungen in Wittenberg fragen, ob sie nicht durch eine stärkere Zusammenarbeit an Profil gewinnen könnten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Leucorea, die ursprünglich aus mehreren kleinen, unabhängig voneinander arbeitenden Zentren bestand. Inzwischen wurde diese Zersplitterung überwunden. Heute arbeitet die Leucorea projektbezogen in enger Abstimmung mit der Universität und mit dem Land.

Für die Zeit bis zum Jahr 2017 steht die Arbeit der Leucorea ganz im Zeichen des Reformationsjubiläums. Die Leucorea bietet sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Schwerpunktsetzung geradezu an, um die wissenschaftliche Begleitung des Reformationsjubiläums sicherzustellen.

Es ist allerdings noch offen, in welchem Umfang das tatsächlich geschehen kann, da die Arbeiten ein Volumen haben, das die Leucorea allein nicht stemmen kann. Es gibt aber ein sogenanntes Lutherbudget in Höhe von insgesamt 75 Millionen €. Wir stehen mit dem Kultusministerium im Gespräch, dass daraus auch wissenschaftliche Projekte am Standort Wittenberg unterstützt werden sollen. Wir gehen davon aus, dass das auch im Sinne des Landtags ist.

Auf dem Weg ist auch eine engere Kooperation zwischen dem WZW und HoF. Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt zu prüfen, zu evaluieren, ob sich das wissenschaftliche Profil beider Einrichtungen in geeigneter Weise weiter- und durchaus auch aufeinander zu entwickeln lässt. Dieser Wille kommt auch in dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD noch einmal zum Ausdruck.

Wir werden auch die Leucorea in diese Überlegungen einbinden, werden dabei allerdings nur in begrenztem Maße auf kommunalpolitische Interessen Rücksicht nehmen können, die in Ihrem Antrag durchschimmern. Unsere Aufgabe ist es, vor allem das wissenschaftliche Potenzial der Einrichtung zu stärken. Wir nehmen aber natürlich wahr und freuen uns darüber, dass die Einrichtungen vor Ort offenbar hohes Ansehen genießen und wirklich als Teil der Wittenberger Identität begriffen werden.

Die wesentlichen Ziele des Landtags der ersten Wahlperiode und der ersten Landesregierung, die ich eingangs dargestellt habe, konnten realisiert werden. Es wurde fachlich an die universitären Strukturen angeknüpft und die Einrichtungen konnten zur Identitätsstiftung beitragen. Wir werden die Qualität und die Effizienz auch künftig gemeinsam mit allen Akteuren weiterentwickeln. Ich hoffe und ich freue mich darauf, dass die Einrichtungen dabei auch künftig auf die Unterstützung des Landtags bauen können.

Übrigens, Herr Lange: Wenn uns der Landtag dabei helfen könnte, die Mittel in Höhe von 20 Millionen € für die Forschungsschwerpunktförderung des Landes dauerhaft abzusichern,

(Herr Lange, DIE LINKE: Ich bin dabei!)

dann wären wir dafür sehr dankbar. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Pähle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Wer sich die Zeit nimmt oder nehmen kann, um sich über die wissenschaftlichen Einrichtungen in

Wittenberg zu informieren, über die hier diskutiert wird, der wird stark beeindruckt sein über das, was dort im Bereich Forschung geleistet wird.