- Sie wollen ja alles rausschmeißen. Ich möchte einmal sehen, was Sie sagen würden, wenn Ihnen ein Herr Zurwehme über den Weg gelaufen wäre. Dann würden Sie ganz anders reden.
Dabei sollte man bedenken, dass auch den Ärzten bei bestimmten Diagnosen die Hände gebunden sind und auch sie nicht weiterhelfen können. Ebenso verhält es sich mit den Ärzten und Psychiatern der Maßregelvollzugseinrichtungen gegenüber gerichtlich eingewiesenen Straftäterinnen und Straftätern, welche nicht therapierbar sind oder sich nicht therapieren lassen wollen.
Richtiger wäre es, die nicht therapiefähigen Straftäter, die nicht therapiert werden können oder wollen, wegzuschließen, und zwar für alle Zeiten. Bezeichnend für solche Straftäter stehen die Namen Zurwehme und Schmökel. - Das sage ich einmal an Sie, Frau Krause, gewandt.
Insbesondere der Fall Schmökel hat auf eindringliche Weise deutlich gemacht, dass es höchste Zeit ist, bundesweit vorgeschriebene Sicherheitsstandards im Maßregelvollzug und bei der Entscheidung über Lockerungsmaßnahmen einzuführen. Letztlich muss bei allen Entscheidungen über Resozialisierungsmaßnahmen der Schutz der Bevölkerung vor Verbrechen an erster Stelle stehen. Bei dem geringsten Zweifel muss für die Sicherheit der Bevölkerung und gegen den Straftäter entschieden werden. Ich nannte bereits zwei Fälle, in denen der Maßregelvollzug versagt hat.
Berichten eines auflagenstarken Tagesblattes in Deutschland zufolge wird jeder fünfte Sexualstraftäter rückfällig und letztlich als psychisch krank eingestuft, um dann möglicherweise im Strafvollzug seine Zeit abzusitzen.
Wenn wir die Angaben zu der Frage, wie viele Insassen sich in Anstalten befinden, mit den Angaben zu Frage 8, wie viel Personal dem gegenübersteht, vergleichen, so kommen wir zu dem Schluss, dass 288 Einsitzenden 314 Pflegekräfte und technisches Personal gegenüberstehen. Eine Norm dafür, wie viele es sein müssten, wird sicherlich niemand erstellen können.
Wir fordern die Landesregierung auf, Einfluss darauf zu nehmen, dass, wie bereits angekündigt, bei den Vollzugslockerungen dieser Anstalten höhere Maßstäbe angesetzt werden. Nicht therapierbare Insassen der betreffenden Anstalten in Sachsen-Anhalt sollten nicht mehr behandelt werden, sondern lediglich im herkömmlichen Strafvollzug verwahrt werden bzw. keinen Zugang zur Öffentlichkeit mehr haben.
Bei allen vorherrschenden Humanitätsgedanken stehen aber die finanziell aufwendigen Vorhaltungen in den Maßregelvollzugsanstalten oftmals nicht in einem rationalen Verhältnis zu dem zu erwartenden Resultat. Insbesondere unsere Bürger müssen vom Staat bzw. von der Landesregierung Sachsen-Anhalts erwarten können, dass diese alles unternehmen wird, um die Interessen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Maßregelvollzug lässt den Landtag nicht los; denn nichts ist endgültig geregelt, was nicht vernünftig geregelt ist.
Schon bei der Bezeichnung des Tagesordnungspunktes stolpert man über den Wertetausch, der einer Sozialromantik entspringt, an der die gesamte Sache krankt: Besserung als primärer Begriff, Sicherung wird zur Zweitangelegenheit degradiert. Dies rächt sich von Zeit zu Zeit in grausamer Weise.
In der Vorbemerkung der Landesregierung zeigt sich diese beinahe beleidigt; denn das Land hat angeblich erhebliche Anstrengungen unternommen, um dem Maßregelvollzug eine feste Basis zu geben. Konkret heißt das: Der Maßregelvollzug wurde privatisiert, das Land zieht sich aus der Verantwortung für die Sicherungsverwahrung zurück.
Verwundert erfährt man als Krönung des Ganzen, dass der Maßregelvollzug aktiver Opferschutz sei. Damit ist amtlich klargestellt: Die öffentliche Meinung liegt falsch, die Regierung liegt richtig. - So einfach wird es nicht gehen.
Die einzige erkennbare Anstrengung bestand in der Bereitstellung finanzieller Mittel für die Errichtung von Neubauten in Uchtspringe und Bernburg. Das allein berechtigt nicht zu der Aussage, alles für die Sicherheit der Allgemeinheit getan zu haben.
Zur Antwort auf die Frage 2 der Großen Anfrage: Laut der Antwort der Landesregierung befinden sich in Uchtspringe derzeit 16 Personen im offenen Maßregelvollzug. In der Antwort auf die Frage 5 zur Anzahl der Plätze ist aber für Uchtspringe die Zahl von acht Plätzen im offenen Vollzug angegeben. Ausgehend von diesen Zahlen scheint es sich um eine Überbelegung der vorhandenen Plätze zu handeln oder man kalkuliert 50 % von vornherein als flüchtig ein. Oder anders ausgedrückt: Sind bei einer derartigen Überbelegung noch die erforderlichen Sicherheitsstandards gewährleistet?
Zur Antwort auf die Frage 7: Es wird also keine Statistik über eine erneute Straffälligkeit von entlassenen Personen geführt. Das ist die geläufige Antwort bei unbequemen Sachverhalten, die auch bei unseren Anfragen dominiert.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Erhebung einer einfachen Strichliste einen zu großen Aufwand bedeutet. Wieder wird Gefahrenpotenzial abgetan. Ist eine Person nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug erneut straffällig geworden, braucht es keine Spielchen, wie denn das zu definieren wäre: vielleicht ein Rückfall, vielleicht eine Neuerkrankung, vielleicht irgendetwas. Erneute Straffälligkeit bedeutet, die gesamte Therapie ist komplett fehlgeschlagen.
Die nächste Ausrede heißt Datenschutz bei Heranziehung von Gerichtsakten so genannter psychisch kranker Straftäter. Genießt dieser Personenkreis erweiterte Immunität?
Zu den Antworten auf die Fragen 8 und 9: Die Beantwortung dieser beiden Fragen zeigt sehr deutlich, wie verantwortlich die Landesregierung bzw. die Salus gGmbH mit diesem Thema umgeht. Die vorgegebenen Standards zur Personalbereitstellung bleiben weit unter der Norm - so wie es befürchtet wurde. Von 353 zu besetzenden Stellen sind nur 314 mit Fachkräften ausgewiesen. Es bleibt eine Sicherheitslücke von 39 noch zu besetzenden Stellen. Der durch das Personal zu erbringende Mehraufwand geht nicht nur zulasten der Sicherheit, sondern führt zur sicheren Überlastung der vorhandenen Kräfte. Und diese entscheiden dann über Lockerungsstufen, die Arbeitsentlastung versprechen.
Zur Antwort auf die Frage 11: Das Fort- und Weiterbildungsangebot für das Personal ist mit Sicherheit sehr vielseitig. Es wäre aber interessant gewesen zu erfahren, wie das bestehende Angebot genutzt wird. Das steht nicht direkt in der Frage; doch ein Ergebnis kann man bekannt geben, wenigstens dann, wenn es gut ist.
Zur Antwort auf die Frage 12: Wie gut, dass man den Maßregelvollzug privatisiert hat. Das Problem ist wegdelegiert und soll nun von der Salus gGmbH gelöst werden. Das vorhandene Personal fährt weiter auf Verschleiß, die Sicherung der Insassen ist reine Glücksache.
Zur Antwort auf die Frage 13: Die Vorlage von Zeugnissen oder entsprechenden Nachweisen sagt wenig über die Eignung von Therapeuten aus. Was also sind die pauschal benannten entsprechenden Nachweise? Eine Bereitschaft zur Fortbildung ist nichts Greifbares; hier muss es Pflichten geben.
Zu den Antworten auf die Fragen 18 und 19: Lockerungen obliegen in der Letztentscheidung dem Chefarzt, der damit die Verantwortung trägt. Fehlentscheidungen ohne drohende Konsequenzen, das ist Leichtfertigkeit.
Meine Damen und Herren! Zustand und Ausübung des Maßregelvollzugs sind auf Akzeptanz in der Öffentlichkeit angewiesen. Die Akzeptanz kann nicht befohlen werden, sie muss erworben werden. Vermeidbare Morde und Straftaten sind eine schlechte Basis dafür. Die Öffentlichkeit fragt laut nach Wirksamkeit und Sinn des Maßregelvollzugs. Nehmen Sie das bitte wahr.
Muss und soll jeder psychisch kranke Straftäter um jeden Preis therapiert werden? Wie hoch sind die wahren Kosten? Wie ist der Opferschutz nach der Entlassung eines Patienten aus dem Maßregelvollzug überhaupt organisiert? - Ich denke, gar nicht, oder? Werden die Opfer informiert und auf ein eventuelles Aufeinandertreffen entsprechend vorbereitet? - Mehr Fragen als Antworten. - Vielen Dank, Ihre FDVP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fachpolitiker der SPD, vorrangig des Sozialbereiches, aber auch unsere Rechtsexperten haben sich ausgiebig mit der Großen Anfrage zum Maßregelvollzug in SachsenAnhalt beschäftigt. Zum einen unter dem Aspekt, dass man auf diesen auch für die Öffentlichkeit sehr brisanten
und immer wieder durch bundesweit spektakuläre Gefangenenausbrüche gekennzeichneten Strafvollzugsbereich politisches Augenmerk richten sollte. Zum anderen aber auch, um knapp eineinhalb Jahre nach dem seinerzeit heftigst umstrittenen Rechtsformwechsel des Maßregelvollzugs in Sachsen-Anhalt Entwicklungstendenzen oder schon konkrete Ergebnisse in Bezug vor allem auf Sicherheitsfragen und hinsichtlich der Bewertung medizinisch-therapeutischer wie auch sozialpädagogischer Behandlungsstrategien unter dem neuen Träger zu erörtern.
Insofern könnte der Redebeitrag, so er sich an den gestellten Fragen und den gegebenen Antworten orientiert, kurz und bündig sein. Unser Fazit wäre ein kurzes, aber ehrliches Dankeschön an die CDU-Fraktion und an Frau Stange, die der Landesregierung und speziell dem Sozialministerium mit der Großen Anfrage die Gelegenheit gegeben haben, einen sich in den wesentlichen Belangen günstig entwickelnden Maßregelvollzug in Sachsen-Anhalt darstellen zu können.
Das gilt also allen Unkenrufen von vor zwei Jahren zum Trotz ganz offensichtlich auch unter der Salus-Trägerschaft. Von der Investitionstätigkeit an beiden Standorten, in Uchtspringe und in Bernburg, her und den damit geschaffenen Voraussetzungen in puncto Sicherheit, aber auch in der Frage zweckmäßig zu gestaltender Therapiemöglichkeiten bis hin zu sich zumindest zeigenden Verbesserungen hinsichtlich der seit dem Jahr 1990 allgegenwärtigen Personalprobleme kann man im Bericht des Sozialministeriums keine gravierenden Mängel bei der Führung dieser Einrichtung sehen, die durch die Landesregierung als 100-prozentigen Träger der Salus gGmbH oder durch Letztere selbst zu verantworten wären.
Ich will im Detail nicht auf die vielen weiteren nicht unwesentlichen Fragen und Probleme in den Antworten bzw. auf die gesamte Tätigkeit in unseren Maßregelvollzugseinrichtungen im Zusammenspiel mit den Vollstreckungsbehörden eingehen.
Die Aussagen zum Beispiel zur Weiterbildung des Personals, auch mit Supervision, mit Hospitation in den anderen Einrichtungen usw., zur internen und externen Qualitätskontrolle, zur Zusammenarbeit mit der forensischen Wissenschaft usw. sind aus meiner Sicht schon imponierend, wohl auch, dass in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren die ganz großen, spektakulären Ausbrüche ausgeblieben sind, die bekanntlich meist im Zusammenhang mit Freigängen passieren. Diese sind bekanntermaßen ebenso Bestandteil des Therapie-, Besserungs- bzw. Resozialisierungskonzeptes und somit ebenso unerlässlich wie auch nie ohne Restrisiko für die heile Welt außerhalb der Anstaltsmauern.
Erfreut hat mich als Mediziner und auch als Mitglied des Psychiatrieausschusses des Landes die abermalige Feststellung - nämlich gleich im ersten Satz der Antwort der Landesregierung -, dass es eine wichtige Anforderung an Staat und Gesellschaft sei, die Gesichtspunkte von Therapie und Sicherheit bei der Behandlung von psychisch kranken Straftätern in Übereinstimmung zu bringen. Auch die Aussage, dass ein in dieser Art gestalteter Maßregelvollzug, mit eben einer wichtigen Schwerpunktsetzung im medizinisch-therapeutischen und im pädagogischen Behandlungsbereich, aktiver Opferschutz sei, sollten in diesem Hohen Hause endlich durchgängig Akzeptanz finden.
Ich finde, in Uchtspringe und in Bernburg wird eine gute Arbeit gemacht, auch wenn dieses einzugestehen Frau
Ich will auf Details Ihrer abermaligen Angriffe auf die Landesregierung, Frau Stange, aus Zeitgründen nicht eingehen.
Die sind mittlerweile uralt, die haben wir über viele Monate von Ihnen gehört und die werden durch ständiges Wiederholen auch nicht wirklich wahr.
Natürlich wird es ohne Probleme in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs nicht abgehen können, aber diese sind doch nicht systemischer Art und eben auch nicht trägerbedingt oder spezifisch für Sachsen-Anhalt.
Gerade das von Ihnen vehement angeführte Personalproblem - ich komme noch einmal darauf zurück - hat doch unbestreitbar die objektive Ursache, dass sich für diesen schlichtweg nicht attraktiven Tätigkeitsbereich bundesweit insbesondere zu wenig Fachärzte und auch Therapeuten trotz nachweislich ständig laufender Ausschreibungen im Land finden lassen. Die Sozialministerin hat dazu bereits hinreichend Stellung genommen.
Ich rate Ihnen, liebe Frau Stange, tun Sie es sich nicht an, mit Ihren Angriffen gleichzeitig auch die wirklich schwere und würdigenswerte Arbeit der Hunderten von Fachleuten in Uchtspringe und Bernburg, vom Arzt über den Therapeuten bis zum auch einmal kräftig zupackenden Pfleger, in Misskredit zu bringen.
Sicher, meine Damen und Herren, wir reden beim Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln zur Besserung und Sicherung, also beim Maßregelvollzug, über einen Justiz-, gleichzeitig aber auch über einen Gesundheitsbereich, den wir am liebsten gar nicht hätten, aber in einem demokratischen Rechtsstaat immer brauchen werden, der anlassbedingt immer wieder allerhöchste Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht und darum auch größte Sensibilität der Politik verlangt.
Ich denke, wir sollten auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen, die Landesregierung aber sehr wohl auch weiterhin um Bericht und Rechenschaft bitten. - Ich danke Ihnen.
Danke sehr. - Das Schlusswort in der Aussprache zur Großen Anfrage erhält nunmehr die Abgeordnete Frau Stange. Bitte, Frau Stange.