Protocol of the Session on January 26, 2001

Nun ist seit November schon eine Menge Zeit vergangen. Ich weiß nicht, wann die Leitlinie dann vorliegen soll. Nach Ihrer Mitteilung liegt sie also noch nicht vor.

Was die zu erwartende Berichterstattung der Landesregierung angeht, interessiert uns, inwieweit die Leitlinien den integrativen Ansatz des operationellen Programms zur Realisierung der EU-Strukturfonds und der Landesinitiativen tatsächlich erfüllen helfen; denn die Landesinitiativen überschneiden sich zum Teil, zum Beispiel im Bereich Forschung und Entwicklung.

Auf meine Frage nach der Aufteilung der vorgesehenen Finanzmittel aus den EU-Strukturfonds und der nationalen Kofinanzierung in Höhe von insgesamt 2,5 Milliarden DM für den Zeitraum bis 2006 auf die fünf Landesinitiativen heißt es in der Antwort - ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren -:

„Grundsätzlich ist von einer Gleichverteilung zwischen den Landesinitiativen auszugehen. Im Rahmen der Landesinitiativen werden die EU-Strukturfondsmittel projektbezogen eingesetzt. Die tatsächliche Verteilung zwischen den fünf Initiativen richtet sich nach der regionalen wirtschaftlichen Bedeutung.“

Jetzt stellt sich die Frage: Wer bewertet oder bestimmt diese regionale Bedeutung?

(Zustimmung von Herrn Becker, CDU, und von Herrn Schomburg, CDU)

Dies ist nur eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt. Nach unserer Kenntnis übersteigt der Finanzbedarf allein für die Regio-Anträge das Gesamt- volumen. Wer also trifft die Auswahl?

Die Leitlinie „Regio“ regelt die Antragsannahme wie folgt - ich darf an dieser Stelle noch einmal auf die Ihnen bekannte Leitlinie „Regio“ zurückkommen; dort heißt es -:

„Nach der Prüfung förmlicher Kriterien und der prinzipiellen Förderfähigkeit der Einzelprojekte durch das Ministerium für Wirtschaft und Technologie sowie durch die interministerielle Arbeitsgruppe werden die Anträge und die Projektvorschläge einem Ausschuss, dem die Staatssekretäre... angehören, zur Bestätigung vorgelegt. Die Regionen erhalten die Möglichkeit, ihre Anträge dort zu präsentieren.“

Es heißt dann weiter:

„Die bestätigten Anträge und ausgewählten Projekte und Projektbündel werden den Fachressorts zur Kenntnis gegeben. Die Förderung der Projekte erfolgt danach über die in den jeweiligen Richtlinien verzeichneten Fachressorts und zuständigen Landesinstitutionen.“

Hier sind also die Verfahren dargestellt. Aus unserer Sicht ergeben sich dabei natürlich Riesenprobleme. Die Nachfrage übersteigt das finanzielle Angebot offensichtlich bei weitem.

Die Projektförderung über die Fachressorts ist unter Beachtung eines postulierten integrativen Ansatzes der

Landesinitiativen einerseits und notwendiger Entscheidungen in den Fachressorts andererseits als problematisch einzuschätzen; denn die Fachressorts sollen jetzt integrativ über alle Dinge urteilen.

Dort sehen wir Probleme. Wir halten das nicht für katastrophal, aber für problematisch. Darüber muss geredet werden. Wir gehen davon aus, dass die Berichterstattung der Landesregierung entsprechend dem Antrag der SPD-Fraktion auch darauf Antwort geben wird.

Ein Letztes. Ich hatte die Landesregierung in meiner Kleinen Anfrage gefragt, ob ihrer Einschätzung nach die Akteure auf kommunaler Ebene ausreichend informiert sind oder ob durch die Förderprogrammvielfalt vielleicht eine weitere Verkomplizierung eintritt. Die Antwortet lautet:

„Ja. Die Akteure auf kommunaler Ebene sind ausreichend informiert. Die Befürchtung einer Verkomplizierung ist unbegründet.“

Ich hoffe im Interesse des gesamten Landes sehr, dass das so ist.

(Beifall bei der PDS und bei der CDU)

Herr Dr. Süß, Herr Dr. Sobetzko möchte Ihnen eine Frage stellen. Sind Sie bereit zu antworten?

Herr Dr. Süß, sind Sie mit uns der Meinung, dass man die Prioritäten für die Gemeinschaftsinitiativen auch in der entsprechenden Region setzen muss? So gibt es zum Beispiel bei der Initiative „Lokale“ mehr als 150 Anträge, von denen 50 bestätigt worden sind; die Regionen wundern sich, welche bestätigt worden sind. Das heißt, dass es möglich sein muss, andere Akzente in der Region zu setzen, dass es also so laufen muss, wie Sie es eben angedeutet haben und wie wir es sicherlich vorschlagen müssen.

Ich will es einmal so formulieren: Ich teile das, was ich von Ihrer Frage verstanden habe.

(Heiterkeit bei der PDS - Herr Dr. Sobetzko, CDU: Soll ich es wiederholen?)

- Nein, es wird nicht besser.

(Heiterkeit bei der PDS und bei der SPD)

Ich meine, dass uns die Berichterstattung Gelegenheit geben wird, darüber zu reden. Das ist besser, als wenn wir jetzt solche einzelnen Dinge klären.

Danke. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Weich für die Fraktion der FDVP. Bitte, Herr Weich.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die EU hat in diesem Jahr einen Haushalt von 182 Milliarden DM. Deutschland als Zahlmeister der EU ist bei dieser Summe mit 47 Milliarden DM dabei. Für die neue Periode der

Strukturfondsförderung im Zeitraum von 2000 bis 2006 stehen über den gesamten Zeitraum 6,5 Milliarden DM dem Land zur Verfügung.

Die einzelnen Fonds seien zum besseren Verständnis, auch für die Zuhörer, einmal kurz aufgeführt: Europäischer Fonds für Regionalentwicklung mit einem Anteil von 57,1 %, Europäischer Sozialfonds mit einem Anteil von 22,9 %, Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds mit einem Anteil von 22 %.

Durch die Kofinanzierung des Landes stehen für viele Aufgaben insgesamt mehr als 10 Milliarden DM zur Verfügung. Diese Mittel, richtig eingesetzt, können einiges bewirken. So werden die Mittel in fünf Landesinitia-tiven mit den klangvollen Namen „Urban 21“, „Pakte“, „Regio“, „Lokale“ und „List“ eingesetzt. Wichtigstes Ziel ist die Anregung von Wachstum, Beschäftigung und Nachhaltigkeit sowie die Festschreibung der Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen.

Doch Theorie und Praxis sind zweierlei. Ein noch so guter Ansatz hat Umsetzungsprobleme, da hierbei immer die unterschiedlichsten Gremien in horizontaler und vertikaler Art zusammenarbeiten. Lokale Unterschiede können sich bei komplexen Arbeiten sogar verstärken. Wachstum und Beschäftigung und Regionalausgleich sind nicht mit den gleichen Mitteln zu realisieren.

Fördermittel müssen effizienter eingesetzt werden. Aufgrund der bisherigen Praxis wurde überall nur ein bisschen gefördert. Dadurch verpufften die Synergieeffekte.

Die Integration von vielen Projekten in ein Gesamtprojekt sollten nicht vom Vorgang betroffene Institutionen vornehmen. Für regionale und Länder übergreifende Projekte müssen echte Netzwerke zum Einsatz kommen.

Diese Punkte vermisse ich in den Landesinitiativen.

Seit zehn Jahren wird Sachsen-Anhalt von EU, Bund und Ländern massiv unterstützt. Ein Förderprogramm löst das nächste ab. Seit 1994 aber hamstert das Land eine rote Laterne nach der anderen ein. Da sollte der Landesregierung doch allmählich ein Licht aufgehen.

Vorbilder für eine optimale Wirtschaftsentwicklung gib es in Deutschland zur Genüge. Ein Paradebeispiel ist der Freistaat Bayern. Die dortige Regierung hat eine optimale Wirtschafts-, Technologie- und Infrastrukturpolitik betrieben und das Land ist in kurzer Zeit von einem Agrarland zu einem Hochtechnologieland geworden.

Es reicht nicht aus, Arbeitslose mit einem Internetführerschein zu beglücken oder einmal schnell medienwirksam 100 Millionen DM für die Ausbildung im Informatikbereich bereitzustellen. Betrachtet man die Politik des Ministerpräsidenten Höppner, so muss festgestellt werden, dass dieser Ministerpräsident wie ein politischer Geisterfahrer sein Amt ausfüllt.

(Frau Budde, SPD: Ich glaube eher, der Geister- fahrer sind Sie!)

Zu erwarten haben die Menschen in Sachsen-Anhalt von dieser blutrot-roten Landesregierung nichts, höchstens Stillstand und Steuergeldverschwendung. Es ist schon erstaunlich, wie die linksextremen Parteien SPD und PDS unter dem Titel „Stärkung der Demokratie“ sich aus Landesmitteln Wahlkampfgelder in Höhe von 2 Millionen DM verschafft haben.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Herr Dr. Süß, PDS: SPD ist linksextrem!)

Die Aufkleberaktion „Noteingang“ in Sachsen-Anhalt hat das US-Außenministerium bewogen, vor einem Besuch der neuen Bundesländer zu warnen. Dummheit muss bestraft werden. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP - Zustimmung bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Becker.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Als ich den Antrag in die Hand nahm, schossen mir zwei Gedanken durch den Kopf: Will die SPD-Fraktion, Herr Metke, die Regierung bzw. ihre Minister kritisieren, weil es zu lange dauert, bis in Bezug auf die Landesinitiativen überhaupt etwas in Gang kommt - immerhin ist von den sechs Jahren schon ein Jahr verstrichen -, oder möchte die SPD-Fraktion ihre Minister vor der zunehmenden Kritik im Lande, was die Handhabung der Landesinitiativen angeht, in Schutz nehmen?

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dass wohl das Letztere der Fall ist. Fest steht, dass sich jeder im Lande sagt, man könnte die 6,5 Milliarden DM auch besser und anders unter die Menschen bringen. Aber wir wissen, es handelt sich um EU-Recht, und hier die Kritik anzusetzen wäre falsch.

Ich habe mir überlegt, welche Landesinitiative ich nehmen sollte, um am praktischen Beispiel deutlich zu machen, ob die Initiativen funktionieren. Erst habe ich gedacht, dass ich Urban nehmen sollte. Aber dann, Herr Minister, habe ich gedacht, ein Günthersdorf ist ein Waterloo genug gewesen in der gestrigen Diskussion. Deshalb nehme ich lieber den anderen Minister.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Aber leider ist er nicht da. Ich möchte mich deshalb auf Lokale konzentrieren. Die Lokale-Initiative wurde nach Auffassung aller Betroffenen zu pauschal, ohne Einschränkungen, unter großem Zeitdruck und ohne klare Verfahrens- und Umsetzungsvorstellungen verkündet. Dadurch wurde ein Hoffnungshorizont aufgebaut. Vor Ort wurden in den Verwaltungsgemeinschaften höchste Erwartungen geweckt und die Vorstellung erzeugt, dass bis zum Jahr 2006 Projekte der öffentlichen Hand und private Vorhaben überhaupt nur noch förderfähig sind, wenn diese in Lokale aufgelistet werden; also ließ man sich listen.