Werner Sobetzko

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Großen Anfrage der CDU-Fraktion zu den Auswirkungen der Osterweiterung auf Sachsen-Anhalt werden zwei Ziele verfolgt: zum einen eine Verstärkung des Problembewusstseins in der Öffentlichkeit zu dieser Thematik und zum anderen die Darstellung des gegenwärtigen Standes der Erweiterungsverhandlungen der Europäischen Union mit den Beitrittsländern und die daraus ableitbaren Konsequenzen für Sachsen-Anhalt.
In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es bei diesem Thema viele Defizite. Diese müssen behoben werden. Im Prozess der Osterweiterung muss aber auch durch die Landesregierung der notwendige Rahmen für unser Land konzipiert und durchgesetzt werden. Die Bearbeitung der komplexen Fragen zeigt auf, wie dieser verantwortungsvolle Weg bisher beschritten wurde. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob unsere Lan
desregierung diesen Aufgaben gewachsen ist, meine Damen und Herren.
Immerhin: Zur Osterweiterung der Europäischen Union kann es keine Alternative geben. Lassen wir beispielgebend ein weiteres Land zu Wort kommen, um die verständliche Sehnsucht der ostdeutschen Länder nach Zugehörigkeit zur Europäischen Union auszudrücken. Der ehemalige polnische Außenminister Bartoszewski formulierte es so - ich zitiere -:
„In der Geschichte der Völker dieses Kontinents hat der Begriff ‚Europa‘ eine zivilisatorische Bedeutung angenommen. Er wurde zu einem kollektiven Symbol von fundamentalen Werten und Prinzipien. Europa, das bedeutet vor allem die Freiheit der Person, die Menschenrechte, politische und ökonomische Freiheit. Gleichzeitig ist es die Reflexion über das Schicksal der Menschen und die moralische Ordnung, die den jüdisch-christlichen Traditionen und der unvergänglichen Schönheit der Kultur entspringt.“
Aus dieser Begrifflichkeit leitet Polen - das gilt analog für die anderen osteuropäischen Länder - seine Zugehörigkeit zu den europäischen Werten, zu den europäischen und westlichen Strukturen ab und strebt wie diese eine schnelle Einbindung in die Europäische Union an.
Diesen Anforderungen müssen sich Europa, Deutschland und, hierin eingebunden, speziell Sachsen-Anhalt stellen. Die Große Anfrage bietet uns die Möglichkeit, zusätzlich näher darauf einzugehen.
Bei diesem Vorgang muss aber auch die herausragende Rolle der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der EU und für die EU kurz eingeschätzt werden. Warum? - Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands erreicht ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes der gesamten EU und etwa ein Drittel der zwölf Mitgliedsstaaten der Euro-Zone. Mehr als die Hälfte der deutschen Exporte fließt in die Länder der Europäischen Union. Also werden unser politisches und ökonomisches Gewicht sowie unsere Handlungsweise in Europa kritisch beobachtet.
Welche Rolle spielen wir bei der Ausgestaltung der künftigen europäischen Architektur? - Aus einer Union von 15 Mitgliedern mit 380 Millionen EU-Bürgern soll in den nächsten Jahren eine Union von 27 Mitgliedern mit ca. 480 Millionen Menschen werden. Deutschland rückt wie Sachsen-Anhalt geografisch in die Mitte Europas.
Übrigens war das Handelsvolumen Deutschlands mit den assoziierten Beitrittsländern in Mittel- und Osteuropa mit 92 Milliarden € im Jahr 2000 etwa so groß wie das mit den USA. Wir erkennen, welche Handelschancen sich mit der Integration für Deutschland ergeben.
Trotzdem hat die Osterweiterung der Europäischen Union ständig Hürden zu überwinden. So brachten die Regierungskonferenzen von Berlin und Nizza wegen der schlechten Vorbereitung und Abstimmung nicht die für die europäische Integration notwendigen Erfolge. Der Berliner Gipfel schaffte keinen gleichberechtigten Zugang zu den Fördermöglichkeiten der Europäischen Union für die bisherigen und künftigen Mitglieder. Der Gipfel von Nizza muss mit einer Fülle von Left-overs über den jetzt laufenden Konvent und die kommende Regierungskonferenz, die voraussichtlich in Rom stattfinden wird, nachgebessert werden.
Die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission zur Finanzierung der Erweiterungskosten in der Agrarund in der Strukturpolitik zeigen, dass die Europäische
Union eventuell unterschiedliche Förderniveaus für die EU-15 und die Beitrittsländer hinnehmen will. Diese Entwicklung ist fatal und führt zu einer Zwei-Klassen-EU. Das muss verhindert werden.
Warum kommt es aber laufend zu diesen Problemen? Ein wesentlicher Grund liegt meiner Meinung nach darin, dass Deutschland mit seiner Europapolitik nicht mehr glaubwürdig ist. Dafür gibt es viele Anzeichen und Belege. Beispielsweise sagte der frühere französische Außenminister Francois Poncet im Februar 2002 - ich zitiere -, „dass man nicht mehr klar sieht, wo Deutschland hin will in Europa.“
Einige gravierende Beispiele sprechen leider ebenfalls dafür. Ich möchte sie nennen, meine Damen und Herren:
Erstens. Die früher übliche und gepflegte Zusammenarbeit mit Frankreich ist nicht mehr gegeben.
Zweitens. In der Zeit des laufenden Konvents unter Leitung des Franzosen Valéry Giscard d’Estaing wurden in einem Brief Vorstellungen des Bundeskanzlers Schröder und des britischen Premierministers Blair zur Reformierung des Europäischen Rates an den spanischen Ratsvorsitzenden Aznar geschickt. Das ist eine Aufgabe des Konvents, oder?
Drittens. Die rote Karte der Europäischen Union wird als so genannter blauer Brief von uns abgelehnt. Das ist europäischer Darwinismus. Darf denn die mangelhafte Einhaltung des Stabilitätspaktes durch ein Land nur dann thematisiert werden, wenn Deutschland daran nicht beteiligt ist? Wie soll daraus eine Stabilitätspolitik für die Europäische Union abgeleitet werden? - Das ist nicht machbar.
Viertens. Bundeskanzler Schröder versprach im vergangenen Sommer vorlaut den Tschechen Priorität beim Beitritt zur Europäischen Union. Nachdem der Ministerpräsident der Tschechischen Republik Zeman mit seinen rassistischen Äußerungen in Israel voll gegen die Kopenhagener Kriterien verstoßen hatte, hörte man nichts Bewertendes von unserem Bundeskanzler. Anders war es hingegen, als sich in Österreich eine Regierung bildete, an der die SPÖ nicht mehr beteiligt war. Das sollte zur vollen Ausgrenzung dieses EU-Landes führen, wenn man Schröders Vorstellungen gefolgt wäre.
Fünftens. Der deutsche Außenminister Fischer brachte eigene Vorstellungen zur Entwicklung der Europäischen Union in die Öffentlichkeit, die er anschließend als seine privaten auswies.
Diese Aufzählung könnte so fortgesetzt werden, meine Damen und Herren. Sie sehen, es gibt ein buntes Treiben in und mit der Europäischen Union. Wo ist die ordnende Hand, wie wir sie einst unter Bundeskanzler Kohl und dem französischen Staatspräsidenten Mitterand gewohnt waren?
Wie wird auch unter diesem Aspekt die Europapolitik in Sachsen-Anhalt gestaltet? Wie wird unsere Landesregierung insbesondere im Zusammenhang mit den Integrationsanforderungen zur Osterweiterung dieser Politik gerecht?
Ich möchte damit zu der konkreten Auswertung der Antworten auf unserer Große Anfrage kommen.
Ich stelle fest, dass einige der vorliegenden Anfragen aus aktueller Sicht ausreichend beantwortet werden konnten
und so auch für die notwendige Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden können. Das sind die Anfragen zu sozialen Leistungen, zum Verbraucherschutz, teilweise zum Gesundheitswesen, im Wesentlichen zu innen- und rechtspolitischen Aspekten, zur Zusammenarbeit mit ausgewählten Beitrittsländern, zur touristischen Zusammenarbeit, zum Jugendaustausch sowie zu den Bildungsund innovativen Aspekten der Osterweiterung der Europäischen Union. Das hat mich gefreut.
Aber darüber hinaus stellte ich bei der Mehrzahl der Antworten eine unzureichende und zum Teil desinteressierte Beantwortung fest, wenn gar nicht auf die Fragestellungen eingegangen wurde oder widersprüchliche Antworten gegeben wurden. Wer die Antworten gelesen hat, wird mir Recht geben.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige symptomatische Beispiele für eine völlig unzureichende Beantwortung der Fragen nennen.
Zu Frage I.2: Welche Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit sind durch die zuständigen Einrichtungen, Vereine, Verbände und Gewerkschaften vorgesehen? - Die unkorrekte Antwort lautet:
„Die Vorbereitung des Landes auf die Osterweiterung bildet einen Schwerpunkt der Aktivitäten, die in enger Kooperation der Landesregierung mit anderen Einrichtungen, Vereinen, Verbänden und Gewerkschaften vorgesehen sind.“
Die Frage nach den Aktivitäten und den Verbänden und Vereinen ist nicht beantwortet worden. Wir hätten uns die Frage sparen können.
Zu Frage I.4: Wie viele der Verhandlungskapitel sind mit welchen Ländern bereits abgeschlossen? - Es wird, meine Damen und Herren, in einer unklaren Antwort auf eine Anlage verwiesen, die jedoch nicht vorliegt.
Zu Frage I.6: Für welche Verhandlungskapitel und Länder wurden Übergangsfristen mit welchem Zeitraum vereinbart? - Die unzutreffende Antwort: Die Landesregierung weist auf eine Internetadresse hin. Leider sind dort - ich habe es überprüft - keine Übergangsfristen aufgeführt. Das bedeutet: Antwort verfehlt.
In Frage I.10 geht es um die Konsequenzen, zum Beispiel in Bezug auf das irische Nein zum Nizza-Vertrag. In der unverständlichen Antwort wird auf das Nizza-Protokoll eingegangen, die Frage jedoch nicht beantwortet.
Zu Frage II.2: Welche Chancen bietet eine schnelle Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für SachsenAnhalt? - Die unzulängliche Antwort lautet: Bestimmten Branchen kann eine qualifizierte Zuwanderung dienen usw. Als Beispiel fallen der Landesregierung lediglich die Mediziner ein. Man könnte sich eine derartige Beantwortung schenken.
Zu Frage III.9: Welche Auswirkungen hätte der Wegfall der Strukturfondshöchstförderung für Sachsen-Anhalt? Die unzureichende Antwort lautet: Die politischen Signale deuten darauf hin, dass in Sachsen-Anhalt auch in den Jahren 2007 bis 2013 eine Strukturfondsförderung möglich sein wird. - Der Wegfall dieser Förderung hängt wie ein Damoklesschwert über Sachsen-Anhalt. Wir beruhigen uns aber mit Signalen und gehen nicht auf die Problemlage ein. Das ist meiner Meinung nach unverantwortlich.
Das sind nur einige Beispiele. Die Reihe lässt sich fortführen. Ich kann meine Aussagen jederzeit belegen. Wer noch Zweifel an diesen Aussagen hat, den möchte ich auf einige der gravierenden Wiedersprüche aufmerksam machen, die in den Antworten deutlich werden. Ich verstehe einfach nicht, dass man so leichtfertig mit derartigen Fragen umgeht.
Beispielsweise bei Frage I.5: Welche Verhandlungskapitel weisen auf eine hohe Problemlage in SachsenAnhalt hin? - Die lapidare Antwort: Eine besondere Betroffenheit des Landes Sachsen-Anhalt liegt, abgesehen von den Problemen, die sich für Deutschland bzw. für die Länder insgesamt stellen, nicht vor.
Meine Damen und Herren! In Bezug auf alle Schwerpunkte lassen sich problematische Aspekte herausstellen - das will ich uns aber ersparen -, siehe Freizügigkeit usw.
In der Antwort auf Frage 7 auf Seite 19 erfahren wir: Bezüglich der Strukturfondsförderung gibt es eine abgestimmte Position der neuen Bundesländer. Die Landesregierung verweist - ausweichend - darauf, dass sie in Abstimmung mit der Bundesregierung auf der Regionalkonferenz der Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder im Frühjahr 2002 berichten will.
Das Frühjahr ist schon da. Der Bericht liegt natürlich nicht vor; er wurde uns erst einmal erspart.
In den Arbeitsschwerpunkten der Europapolitik des Landes Sachsen-Anhalt vom Mai 2001 kann man das anders lesen. Darin steht auf Seite 7: „Deshalb werde die Entwicklung durch eine abgestimmte Position der ostdeutschen Länder unterstützt.“ - Entweder haben Sie hierbei Ihre Zielstellung verändert oder die Ihnen vorliegenden Papiere sind nicht ausgetauscht worden.
Zu Frage III.12: Welche Kosten sind durch die Osterweiterung in Sachsen-Anhalt direkt bzw. indirekt zu erwarten? - Die unverständliche Antwort: Die Osterweiterung der EU ist nicht mit unmittelbaren Kosten für Sachsen-Anhalt verbunden. - Da frage ich mich, was etwa ein eventueller Wegfall der Strukturhilfsförderung zur Folge hat. Der führt zu einem erhöhten Kostenanfall; das ist doch logisch.
Zu Frage IV.1: Welche Veränderungen in der Innen- und Rechtspolitik erwartet die Landesregierung mit Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt? - Antwort: Es sind keine unmittelbaren Veränderungen der Innenpolitik mit Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt zu erwarten.
Allerdings weist die Landesregierung in den Antworten auf die Fragen IV.6 bis IV.10 auf die Fülle der Kriminalitätsprobleme hin. Dieser Gefahr könne durch eine entsprechende verstärkte Zusammenarbeit begegnet werden, schreibt die Landesregierung.
Meine Damen und Herren! Analoge Aussagen lassen sich zu den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Arbeitsmarkt festhalten. Ich musste diese Beispiele anführen, damit Sie mitbekommen, wie mit derartigen Großen Anfragen umgegangen wird.
Meine Damen und Herren! Die Antworten machen also folgende Bewertung notwendig:
Erstens. Die Beantwortung der Fragen ist über weite Strecken oberflächlich, unvollständig und zum Teil widersprüchlich. Auf eine Reihe von Fragen wurde überhaupt nicht eingegangen.
Zweitens. Entweder erfolgte die Beantwortung zu vielen der Anfragen bewusst so oder in Unkenntnis. Für mich wird erkennbar, dass es keine Koordination in der Landesregierung gibt.
Drittens. Ebenso deutet alles darauf hin, dass es keine kontinuierliche, beharrliche Europapolitik gibt. Sie findet vorwiegend zu bestimmten Anlässen oder in Sonntagsreden statt.
Viertens. Strukturbestimmende Vorhaben der Europäischen Kommission werden so zum Teil verspätet wahrgenommen. Ein Versuch ihrer Eindämmung bei negativen Auswirkungen für unser Land erfolgt verspätet bzw. in Hauruck-Aktionen. Ausnahmen unter dem Einfluss von Verbänden, wie zum Beispiel des VCI, bestätigen diese Verfahrensweise.
Fünftens. Welche Zuordnung die Europapolitik hat, zeigt sich auch darin, dass Berichte oder Mitteilungen zur Europapolitik in den Ausschüssen nur von einem Mitarbeiter der Staatskanzlei gegeben werden. Die Staatssekretäre Ballhausen oder Jonas stellen sich kaum der Problematik und Thematik.
Meine Damen und Herren! Europa und die Europapolitik - damit komme ich zum Schluss - müssen in den Herzen und Köpfen unserer Menschen verankert sein. Dazu bedarf es allerdings anderer Voraussetzungen. Diese Landesregierung mit ihrem Ministerpräsidenten jedenfalls ist dazu nicht in der Lage. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe noch einige kurze Aussagen zu treffen. Die Aussage der PDS, zwei Drittel der Fragen beträfen den gleichen Sachverhalt, zeigt, dass Sie die Fragen wieder einmal nicht konzentriert durchgelesen haben. Dort sind die Anmerkungen, die sich auf die PDS-Anfrage beziehen, angeführt. Das sind sechs umfangreichere Fragen, mehr nicht. Lesen Sie es nach, dann werden Sie es feststellen. Angesichts von 110 Fragen ist das eine Kleinigkeit.
Ich sage das auch aus einem anderen Grund. Immerhin wurde von der Landesregierung beantragt, die Frist für die Beantwortung der Großen Anfrage zu verlängern. Warum wohl? Weil die Fragestellung ganz andere Komplexe betraf. Das ist doch ganz logisch. - So viel zu diesen primitiven Einlassungen, wie ich sie einmal bezeichnen will.
Im Übrigen habe ich einige der Antworten sehr kritisch registriert - dieses Recht habe ich -, weil nicht nur ich, sondern auch eine ganze Reihe von Leuten, die das ausgewertet haben, Mängel festgestellt haben. Nun kann natürlich der Ministerpräsident so emotional, wie er das dann immer macht und dabei Sachlichkeit vermissen lässt, sagen, das sei absoluter Unsinn; es liege an den Fragen. Sie kennen doch bestimmt den Spruch: Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten. Genau das haben wir festgestellt, meine Damen und Herren.
Im Übrigen gibt es eine ganze Reihe von Problemen, die wir heute gar nicht angesprochen haben, die jedoch bei der Lektüre der Antworten auffallen und uns zu denken geben. Damit soll nicht kritisiert werden, es sei falsch geantwortet worden, sondern es sollen Problemlagen aufgezeigt werden. Das betrifft den Außenhandel, das betrifft die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse. All dies müssen wir uns durch den Kopf gehen lassen; wir müssen analysieren, was hier nicht richtig läuft.
Wenn also zu den Ausfuhren gesagt wird, dass sie insbesondere aus Erstprodukten bestünden, also Vorerzeugnisse und keine Enderzeugnisse seien, und deren Menge wesentlich vermindert sei, dann muss uns das zu denken geben. Wir müssen bestrebt sein, auch qualifizierte Erzeugnisse ausführen zu können. Das ist ein bemerkenswerter Aspekt aus der Analyse dieser Antwort.
Meine Damen und Herren! Ich begrüße es, wenn wir insbesondere im Hinblick auf die chemische Industrie Netzwerke anstreben. Noch mehr würde ich es begrüßen, wenn sich dies nicht auf die chemische Industrie beschränkte. Es gibt eine ganze Reihe von Bereichen, in denen Ähnliches gemacht werden muss. Ich bedauere, dass dies nicht in der entsprechenden Form erfolgt.
Ein weiteres Problem besteht in Folgendem: Es wird oftmals erzählt, welchen Notwendigkeiten im Hinblick auf das Zusammenwachsen der Völker Rechnung getragen werden muss und welche Aktivitäten dafür in die Wege zu leiten sind. Wenn es dann darauf ankommt, ernsthaft auch Kleinigkeiten umzusetzen, bei denen eigene Handlungskompetenz besteht - ich denke zum Beispiel an die Problematik mit dem Studienkolleg, an das Sprachenzentrum -, dann versagt man, indem man Aussagen beispielsweise der Martin-Luther-Universität zu ihrer Autonomie in den Vordergrund rückt, statt nachzuweisen, dass man sich hierfür engagiert eingesetzt hat. Das finde ich bedauerlich.
Ich kann es mir nicht verkneifen, noch einmal etwas zu den Zeman-Äußerungen zu sagen. Ich lasse mir nicht unberechtigt von einem Herrn Gärtner etwas nachsagen. Selbstverständlich teilen wir die Einschätzung, dass das Ganze natürlich Auswirkungen hat. Im Hinblick auf den kriegerischen Überfall Hitlerdeutschlands gibt es überhaupt keine Diskussion. Deshalb will ich das in diese Diskussion nicht hineinbringen. Aber es ist einfach nicht zulässig, dass ein tschechischer Ministerpräsident, der Premierminister der Tschechischen Republik, im Ausland diese Art von rassistischen Äußerungen macht. Solche Äußerungen haben in einem vereinten Europa nichts zu suchen. Das ist meine feste Überzeugung.
Wenn Sie jetzt sagen, dass sei allein meine Meinung, halte ich Ihnen entgegen: Aufgrund meines Leserbriefes, den Sie angeführt haben, erhielt ich Anfragen von SPDPolitikern aus Berlin. Denjenigen, die Interesse daran haben, kann ich das belegen. Diese Politiker haben es begrüßt, dass ich diesen Leserbrief geschrieben habe. Er wurde allerdings falsch wiedergegeben. Ich habe darin nicht von einem Todesprogramm, sondern von einem Todespogrom gesprochen.
Im Übrigen möchte ich diejenigen, die das einfach nicht wissen, daran erinnern - Herr Gärtner, Sie scheinen das auch nicht zu wissen, wie ich feststelle -: Es gibt einen Beschluss des Europäischen Parlaments, der sich genau zu den Benes-Dekreten geäußert hat. Dieser Be
schluss findet sich - für Sie zum Mitschreiben - im Mitteilungsblatt SL Nr. 4/1999, S. 120 bis 122. Dort steht:
„Das Europäische Parlament fordert die tschechische Regierung im Geiste gleich lautender versöhnlicher Erklärungen von Staatspräsident Havel auf, fortbestehende Gesetze und Dekrete aus den Jahren 1945 und 1946 aufzuheben, soweit sie sich auf die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen.“
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Frage- und Antwortkomplex zur künftigen Europäischen Entwicklung mit den vorliegenden Anfragen ist
von der Problematik her sehr wichtig und bedeutsam, da sich gegenwärtig entscheidende Entwicklungen in diesem europäischen Integrationsprozess vollziehen.
Der Ministerpräsident hat auf fünf Komplexe hingewiesen. Ich kann ihm nur zustimmen. Das sind ja die entscheidenden Komplexe. Allerdings habe ich mich etwas gewundert, dass er auf die Problematik des Punktes 7 vorgriff; denn das wäre eine Sache der Einbringer gewesen. Aber Sie werden damit schon klarkommen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte dann zu den Antworten kommen und in der Kürze der Zeit einige Anmerkungen machen. Die Zusammenfassung der Kooperationsleistungen, der Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung sowie zur bisherigen Einführung und Umsetzung der europäischen Programme erscheint mir sehr begrüßenswert. Ausreichend gemäß der Fragestellung erscheinen mir auch die Antworten zur sozialen Absicherung und zum Verbraucherschutz. Zu vielen Problemen ist nicht Stellung genommen worden, weil diese Probleme auch nicht als Fragestellung vorlagen.
Meine Damen und Herren! Aber bereits an dieser Stelle fällt mir zum Beispiel eine nebulöse bzw. unverbindliche Beantwortung auf. Das möchte ich einfach an ein oder zwei Beispielen darstellen.
Zum Beispiel die Frage 8.7: Was unternimmt die Landesregierung für die kleinen und mittleren Unternehmen? - Meine Damen und Herren! Daraufhin wurde ausgeführt: Die Landesregierung unternimmt vielfältige Anstrengungen, insbesondere durch folgende Maßnahmen: Bündelung der außenwirtschaftlichen Förderinstrumentarien, gezielte Einbeziehung von Unternehmen, Nutzung bereits bestehender Kontakte.
Oder es werden Statistiken aufgeführt, die keinen Vergleichsmaßstab haben und damit, meine ich, eigentlich wertlos sind.
Ich möchte aber nun auf einige Schwerpunkte eingehen. In Frage 12 wird zum Beispiel hinsichtlich der Bündelung der Europafragen in einem Ressort nachgefragt. Unter Hinweis auf die Aufteilung der Geschäftsbereiche auf die einzelnen Ministerien, was dem Artikel 68 Abs. 2 der Landesverfassung entspricht, wird in der Beantwortung eine stringente Bündelung abgelehnt.
Hierzu ist anzumerken, dass die meisten Bundesländer Herr Gärtner wies auch schon darauf hin -, so auch die neuen Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg, ein Ministerium für Bundes- und Europafragen haben und auch parlamentarisch durch entsprechende Ausschüsse vertreten sind. Auch in diesem Bereich, meine Damen und Herren, dümpeln wir vor uns hin und setzen kein sichtbares Zeichen für eine gestaltbare Europapolitik in unserem Land.
Hinsichtlich der Erweiterung der Europäischen Union wird in den Fragen 7 und 40 der Beitrittszeitraum erfragt. Die Landesregierung schließt sich der Auffassung an, dass die ersten Mitglieder bereits Ende dieses Jahres aufgenommen werden und damit an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 teilnehmen können. Wir meinen, dass der Post-Nizza-Prozess mit der folgenden Regierungskonferenz dafür weitere Voraussetzungen schaffen muss. Es darf aber zu keinen Verzögerungen kommen. Da stimmen wir natürlich zu.
Zu Frage 1: Folgen der Erweiterung der Europäischen Union. Die Landesregierung verweist auf vorliegende
Studien im Hinblick auf gegebenenfalls zu erwartende Migrationsbewegungen durch Umstrukturierungsprozesse in bestimmten Wirtschaftssektoren der Beitrittsländer, die mit der Freisetzung eines großen Arbeitskräftepotenzials verbunden sind, sowie darauf, dass Wanderungsbewegungen auf ein erträgliches Maß eingeschränkt werden müssten.
In der Beantwortung der Frage 5 verneint die Landesregierung: Grundsätzlich können die Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit noch nicht beurteilt werden. Die Landesregierung setzt sich daher für siebenjährige Übergangsregelungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit und für sektorbezogene Regelungen hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit ein. - Das zur Antwort.
Die Beitrittsländer - das wissen wir; ich habe an derartigen Diskussionen teilgenommen - fassen dies natürlich sehr kritisch auf und empfinden das auch als eine Zumutung. Die Frage ist also: Welche Flexibilität können wir an dieser Stelle schaffen?
Damit muss man sich aber auseinander setzen und sich nicht nur irgendwelchen Vorstellungen, die es gibt, anschließen. Auch die CDU-Fraktion ist grundsätzlich für diese Übergangslösung, aber an dieser Stelle sollte eben die entsprechende politische Führungsqualität bewiesen werden.
Auch die grundsätzliche Aussage in der Antwort auf Frage 1 auf Seite 4, dass unter haushaltspolitischen Aspekten zu den Folgen der Erweiterung keine Aussage gemacht werden kann, spricht leider eine beredte Sprache. Lesen Sie in den Dokumenten aus Sachsen nach. Darin finden Sie ganz andere Aussagen.
Zu Frage 2, Bildungsangebot im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union. In der Beantwortung durch die Landesregierung wird auf viele Studiengänge und Fortbildungsprogramme bei den Universitäten und Hochschulen eingegangen, die aber zur Erweiterung keinen Bezug haben. Andererseits muss gerade an dieser Stelle auf Defizite hingewiesen werden, die bisher nur mühevoll und hoffentlich nicht nur vorübergehend behoben werden konnten. Das betrifft zum Beispiel die Sicherung der universitären Studienkollegarbeit und die Finanzierung zum Beispiel des europäischen Fernstudienzentrums. Auch das ist ein offenes Problem.
Meine Damen und Herren! Mit der Frage 27 wird die Bedeutung von Europol erfragt. Es kann nur verwundern, dass dem Fragesteller zur inneren Sicherheit nicht mehr einfällt. Aber auch die Landesregierung antwortet offenbar angepasst an dieses, ich sage einmal, von der Fragestellung her geringe Niveau - ich zitiere -: „Die bisherige Bedeutung von Europol für die Kriminalitätsbekämpfung in Sachsen-Anhalt wie auch in anderen Ländern wird zurückhaltend beurteilt.“
Meine Damen und Herren! Das könnte ich so fortsetzen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss. Es fehlt in der Beantwortung zur Problemlage oft an Substanz und Aussageverbindlichkeit. Dies zeugt ohne Zweifel von einem Mangel an eindeutiger Zuständigkeit
oder an ausgewogener Bereitschaft zur Sache. Das ist in jedem Fall ein Vorwurf, ein Politikum ersten Ranges, meine Damen und Herren. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten noch zurückgebliebenen Damen und Herren!
- Ich würde es begrüßen, wenn zu dem Thema Europa mehr Abgeordnete anwesend wären.
- Entschuldigen Sie, ich habe mich falsch ausgedrückt. Ich meine natürlich das. Das ist ganz klar.
Die Erklärung des Europäischen Rates von Laeken - der Ministerpräsident ist bereits ausführlich darauf eingegangen - hat die Europäer hoffnungsvoll gestimmt. Es sieht ganz danach aus, als ob der europäische Reformprozess nach dem offensichtlichen Debakel von Nizza wieder fortgesetzt werden kann. Nicht zuletzt das Euro
päische Parlament und hier insbesondere die EVP-Fraktion hat einen entscheidenden Anteil hierzu beigetragen. Das wäre in der Form nicht nötig gewesen, hätte man das Dreivierteljahr Vorbereitung in Nizza richtig genutzt. Aber nichts dergleichen geschah.
Meine Damen und Herren! Die Hektik in Nizza ließ die hohen Erwartungen wie Seifenblasen zerplatzen. Nun wurde in Laeken - das ist bereits mitgeteilt worden - die Einsetzung eines Konvents beschlossen. Er wird sich mehrheitlich aus Vertretern des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente zusammensetzen. Deutschland hat darin zwei Vertreter.
Mit Valéry Giscard d‘Estaing steht dem Konvent ein unabhängiger und Erfolg versprechender Präsident vor. Die Vizepräsidenten Dehaene und Amato sind ausgewiesene Europäer. Da kann man also sagen: Es läuft gut an. Der Konvent beginnt seine einjährige Arbeit im März dieses Jahres und wird die nächste Regierungskonferenz ausgiebig und transparent für die Öffentlichkeit vorbereiten. Das wurde gesagt.
Alles, was sich daraus ableiten lässt, ist, dass die nächste Regierungskonferenz dann - so hoffen wir; das ist die Zielstellung - im Jahr 2003 in Rom stattfinden kann. Das wäre - denkt man dabei an die Römischen Verträge - ein beachtenswertes Zeichen. Es ist aber auch wichtig, diese Konferenz vor dem Jahr 2004 durchzuführen, damit sie nicht durch die im Jahr 2004 stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament belastet wird. Sie können sich vorstellen, was das bedeuten kann.
Der eine der beiden wichtigen Punkte, die durch den Konvent erreicht werden sollen, ist die Beseitigung der institutionellen und organisatorischen Ungereimtheiten, die nach Nizza entstanden sind, und der Ausbau der Handlungsfähigkeit, um den Erweiterungsprozess der EU unter Mitwirkung der Beitrittskandidaten voranzubringen. Dazu zählen die Aufgabenverteilung, die Vereinfachung der Instrumente sowie das Umsetzen der notwendigen Transparenz und Effizienz.
Zweitens soll auf der Grundlage der Charta der Grundrechte der Europäischen Union der Weg für eine europäische Verfassung geebnet werden.
Ich begrüße es, wenn die Landesregierung den Ausschuss für Recht und Verfassung oder gegebenenfalls den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten über den Fortgang der Beratungen des Konvents informiert.
Lassen Sie mich abschließend noch auf Folgendes aufmerksam machen: Die Ergebnisse von Laeken sind nur erreicht worden, weil intensiv darum gerungen wurde und weil insbesondere durch das Europäische Parlament und die EVP-Fraktion Zeichen gesetzt worden sind. Das sollte man dankbar zur Kenntnis nehmen, insbesondere auch angesichts des ablehnenden Votums Irlands bzw. der Vorbehalte von Belgien und Italien. Hier ist es schon nützlich, wenn die Landesregierung Signale durch den Bundesrat eingibt. So gesehen macht auch unsere parlamentarische Arbeit Sinn.
Die CDU-Fraktion fühlt sich durch die Beschlüsse von Laeken wieder einmal bestätigt. Wir haben sehr zeitig für die Einsetzung eines Konvents gestimmt. Wir haben für die Vorverlegung der Regierungskonferenz vor das Jahr 2004 gestimmt und dürfen annehmen, dass es dazu kommt.
Wir haben in Bezug auf die Beschlussempfehlung zu den Ergebnissen der Konferenz in Nizza sinnvolle Korrekturen vorgeschlagen, die einen realistischen Eindruck vermitteln sollen, die allerdings von der PDS und der SPD mehrheitlich abgelehnt wurden. Ich kann nur empfehlen, die Arbeit zur Europapolitik künftig konstruktiver zu gestalten.
Dem Antrag stimmt die CDU-Fraktion zu, wenngleich er einer der vielen Begrüßungsanträge der Einbringerfraktion ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Dieser Tagesordnungspunkt hat nach unserem Ermessen eine hohe Bedeutung für die Ausgestaltung der weiteren Investitionsvorhaben in Sachsen-Anhalt und in den anderen neuen Bundesländern.
Ohne von der öffentlichen Hand gewährte Beihilfen werden wichtige Investitionsvorhaben nicht zu realisieren sein. Wenn man dies aus der Sicht der gegenwärtigen Entwicklung in Sachsen-Anhalt betrachtet, dann wird die Problemlage verständlich: Angaben des Statistischen Landesamtes zufolge sank zum Beispiel im verarbeitenden Gewerbe das Investitionsvolumen im Jahr 2000 auf etwa die Hälfte des Jahres 1995.
Wenn sich die Vorstellungen der Europäischen Kommission zum Regionalbeihilferahmen durchsetzen, dann sind weitere umfängliche Industrieansiedlungen - als Erstinvestitionen - in Sachsen-Anhalt infrage gestellt, dann wird unser Wirtschaftswachstum weiter unterbunden und der Aufholprozess verstärkt auf der Strecke bleiben.
Wir unterstützen daher voll die Intention des Antrages, im Wesentlichen die bisherige Förderpolitik fortzusetzen. Dazu ist allseitig der erforderliche Einfluss auf die Europäische Kommission auszuüben. Wir unterstützen auch uneingeschränkt die Aussagen der 16. Wirtschaftsministerkonferenz der ostdeutschen Länder vom 25./26. Oktober 2001 zum Tagesordnungspunkt 12, wo unter anderem die Auffassung vertreten wurde, dass der vorliegende Entwurf eines neuen multisektoralen Rahmens dem Standortwettbewerb der EU mit anderen Wirtschaftsräumen nicht Rechnung trägt.
Er führt zu einer dramatischen Absenkung der bisher zulässigen Förderhöchstgrenzen und vermindert die GAMittel-Förderung und den Anreiz für die Ansiedlung von Großinvestitionen in den Regionen mit geringem Wohlstandsniveau. Die Attraktivität unserer ZieI-1-Gebiete für Investoren würde erheblich gesenkt werden. Das würde unsere Wirtschaftsentwicklung noch weiter zurückwerfen.
Eine Notwendigkeit zu Reformen der Beihilfenkontrolle wird nicht in Abrede gestellt. Die bisherige Praxis und die bisherigen Erfahrungen machen das sehr deutlich. Denn sie war gekennzeichnet durch
- eine hohe Intransparenz und unzureichende Rechtssicherheit, - eine Ineffizienz in der Regionalförderung und - eine unzureichende Subsidiarität in der Wettbewerbskontrolle.
Der Umgang mit Großprojekten ist problematisch. So wurde 1998 die Grenze auf 50 Millionen € angehoben, aber die damaligen umfangreichen Auflagen der Europäischen Kommission komplizierten das Verfahren derart, dass sie für potenzielle Investoren mit diesem Fördervolumen Förderzusagen problematisch machten. Hinzu kam die mühselige Prüfdauer von ca. einem Jahr.
Ich kann mich nur sehr wundern, meine Damen und Herren von der SPD, dass sich der Landtag unter dem ersten Punkt Ihres Antrages dafür noch bei der Europäischen Kommission anerkennend bedanken soll.
Aber noch problematischer wird es, wenn Investitionsgroßprojekte auf über 100 Millionen € angehoben und die Förderhöchstsätze hierfür gleichzeitig um 75 % gesenkt werden sollen, ebenso bei zeitaufwendiger Notifizierungskontrolle.
Wenn ebenso bei Investvorhaben zwischen 25 und 100 Millionen € die Förderhöchstgrenze um 25 bis 50 % reduziert werden soll, dann stellt sich die Frage: Wer treibt hier bewusst sein böses Spiel mit den neuen Bundesländern? Nach § 87 des EG-Vertrages werden uns berechtigt ausreichende Übergangsrechte eingeräumt. Oder stellt das schon jetzt eine vorbeugende Abwehrreaktion gegen die zu erwartenden finanziellen Konsequenzen der Osterweiterung der EU dar?
Bereits am 29. April 1999 haben wir mit der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses in der Drs. 3/1543 die Landesregierung hinsichtlich des Beihilferechts zum Handeln aufgefordert. Da stellt sich mir schon die Frage, warum wir wieder reagieren müssen, anstatt rechtzeitig und abgestimmt zu agieren.
Ich möchte noch einige Aspekte anführen, die uns verdeutlichen sollen, wie ernst die Lage durch den neuen Entwurf zum Beihilferecht auch und gerade für SachsenAnhalt verändert werden kann. Das sind aus meiner Sicht insbesondere
- der Wegfall der Notifizierung; dafür aber eine deutliche Beihilfenreduzierung, - die Gegenüberstellung von Sektoren mit strukturellen Problemen und normalen Sektoren, - die Verminderung von Großinvestitionen mit analogen Synergieeffekten zur Ansiedlung, - neue, ungerechtfertigte Ausschlusskriterien, mit denen neue Technologien und Innovationen schwerlich überführt werden können.
Ich hoffe, dass die laufende Diskussion über notwendige Alternativvorschläge mit der Europäischen Kommission zu vernünftigen Lösungen führt. Wir empfehlen, den vorliegenden Antrag in den Wirtschafts- und in den Finanzausschuss zu überweisen, damit hier die Landesregierung vorträgt und die Problemlage abstimmt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die laufende Aktuelle Debatte bezieht sich auf Strategiegespräche der chemischen Industrie mit der Landesregierung. Die Gesprächsaufforderung der chemischen Industrie erfolgte außerhalb des Bündnisses für Arbeit, weil die Problemlage dies dringend erforderlich machte.
Der Umstrukturierungsprozess in der chemischen Industrie ist im Wesentlichen abgeschlossen. Von der Ministerin wurde das ebenfalls so vermittelt. Zur weiteren Entwicklung der chemischen Industrie in Sachsen-Anhalt ist aber im globalen Wettbewerb die uneingeschränkte politische Unterstützung notwendig. Dies betrifft insbesondere die Ausgestaltung der weiteren Rahmenbedingungen.
Das ist im Einzelnen hier erwähnt worden, aber ich möchte es noch einmal aus meiner Sicht darstellen, weil ich meine, hieraus kann man eine gewisse Priorität ableiten. Dass betrifft insbesondere die Rohstoffabsicherung, die Verkehrsinfrastruktur, die wissenschaftliche Kooperation, das Sicherheitsmanagement, eine weitere Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, die Altlastenpauschalierung, die Wirtschaftskooperation mit anderen Chemieregionen in Mittel- und Osteuropa und die stringente Interessenvertretung gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Kommission.
Ich verweise nur auf die Debatte zum Weißbuch über die künftige Chemikalienpolitik in der Europäischen Union. Dazu ist viel gesagt worden; aber bleibt das Weißbuch in der Qualität der ersten Fassung erhalten, erfolgt hier also keine Veränderung, dann ist die Weiterentwicklung der chemischen Industrie gefährdet. Ich hoffe, dass der
Weg, der diesbezüglich eingeschlagen wurde, zum Erfolgt führt.
Meine Damen und Herren! Diese Anforderung an einen sinnvollen Dialog entspricht voll unserer Intention und unserer Forderung. Die chemische Industrie ist neben dem Nahrungsmittelgewerbe einer der wenigen Wirtschaftszweige in Sachsen-Anhalt, wo es erkennbar vorangeht. Nach langwierigen und harten Umstrukturierungszeiten in unserem Chemiedreieck Leuna/Schkopau/Bitterfeld und darüber hinaus in Zeitz und Piesteritz konnten in der chemischen Industrie in Sachsen-Anhalt bereits beachtliche Leistungskennziffern erreicht werden. Man könnte sagen, hier entstand eine Insel in einem Meer roter Laternen.
Die einzelnen Zahlen wurden vorhin schon erwähnt. Ich möchte deshalb darauf nicht eingehen. Ich habe zwar noch etwas andere Zahlen vorliegen; aber das ist nicht mein Diskussionspunkt. Insgesamt zeichnet sich hier eine sehr positive Entwicklung ab, und das ist in SachsenAnhalt einmalig.
Herr Eckel, warum stimmt die Chemie nur dort? Da kann ein Strategiedialog natürlich das Image der Landesregierung aufpolieren.
Eine Aktuelle Debatte hierzu, durch die Regierungsfraktion beantragt, war unter diesen Bedingungen unausweichlich. Hierzu aber eine eigenartige Episode am Rande: Auf eine Nachfrage an den Einbringer des Antrags auf eine Aktuelle Debatte zum Inhalt des Fortschrittsberichts, auf den sich die Aktuelle Debatte ja bezieht, wurde uns noch am Dienstag mitgeteilt, dass man diesen Bericht gar nicht habe und auch noch nicht kenne.
Da die SPD-Fraktion eine Aktuelle Debatte zu einem Bericht beantragte, den sie noch gar nicht kannte, kann es sich wohl nur um einen Auftrag der Landesregierung handeln, damit sie sich positiv darstellen kann. Jetzt frage ich: Ist denn das notwendig? Hat man das denn so dringend nötig, meine Damen und Herren?
Sie haben gezeigt, dass es viele positive Aspekte gibt, die Sie erwähnen können. Sie haben es doch gar nicht nötig. Trotzdem wird es immer wieder versucht.
Meine Damen und Herren! Der dieser Debatte nachfolgende Antrag weist nochmals auf einige weitere Schwerpunkte hin. Die zweite Entwicklungsetappe des mitteldeutschen Chemiedreiecks muss nunmehr in Angriff genommen werden. Damit wird deutlich: Unsere Chemieregion hat für unser Land eine Zukunft.
Die Weichenstellung in diese Zukunft hat aber auch einen Namen, den ich hier ausdrücklich nochmals nennen möchte, da er, wenn Sie sich die Unterlagen zum Dialog einmal ansehen, nicht mit einem Wort erwähnt wird, nämlich den Namen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl.
Ich sage es noch einmal: Ohne ihn könnte ein derartiger Dialog gar nicht geführt werden. Helmut Kohl hat sich gegen die Widerstände der Chemiekonzerne in den alten Bundesländern durchgesetzt. Er hat sich für die notwendigen Subventionsmilliarden zugunsten unserer chemischen Industrie stark gemacht.
Erlauben Sie mir noch, einen Satz zu zitieren, der ganz typisch ist. Er sagte immerhin 1990 in Schkopau:
„Ich werde alles tun, dass dieses Chemiedreieck erhalten bleibt und eine Zukunft hat. Im Deutschland von heute und morgen muss die chemische Industrie ihren wichtigen Platz haben. Ohne Chemie werden wir keine moderne Industrienation bleiben.“
Für den damaligen Bundeskanzler war ein Kernstück der Restrukturierung die Leuna-Raffinerie. Lassen wir den Versuch einer lächerlichen Kriminalisierung. Er hilft keinem, uns nicht und unserem Land erst recht nicht.
Wie bedeutungsvoll diese Zielstellung war, wird gerade jetzt erkennbar, wo zur erhöhten Rohstoffversorgung ein weiterer Cracker und eine Pipeline erforderlich werden.
Meine Damen und Herren! Der Weg zum heutigen Leistungsniveau war dornig und mühevoll. Der - ich sage es noch einmal in diesem Zusammenhang - so genannte „Furz in der Weltgeschichte“, wie unser Chemiestandort einst von einem Wirtschaftsminister der rot-grünen Minderheitsregierung recht forsch bezeichnet wurde, hat sich also jetzt bereits sehr gut entwickelt.
Der bereits 1996/97 von der damaligen Umweltministerin Heidecke unternommene krampfhafte Versuch eines chemiepolitischen Dialogs gab unserer chemischen Industrie wenig Zielführendes. Erinnert sei an die Diskussion um die Zukunft der Chlorchemie. Das ist in den chemischen Unternehmen des Landes Sachsen-Anhalt noch in Erinnerung geblieben.
Deswegen ist es gut, wenn heute ein Signal aus dem Landtag kommt, das lautet: Wir sind stolz auf unsere chemische Industrie und der gesamte Landtag wird deren weitere Entwicklung unterstützen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund der Globalisierung und des schnellen technologischen und wirtschaftlich-strukturellen Wandels haben sich für den Arbeitsmarkt völlig neue Anforderungen ergeben. Auf diese Anforderungen haben sich die Unternehmen einzustellen, wenn sie dem enormen Wettbewerbsdruck standhalten wollen. Sie benötigen Mitarbeiter, die über Fachkompetenz verfügen und ohne Sprach- und Kulturbarrieren tätig werden können. Nur so kann die Europäische Union als gemeinsamer Wirtschafts- und auch Bildungsraum verstanden werden. Durch die Währungsunion wird diese Integration wesentlich verstärkt.
Bildung und Ausbildung werden zwar eindeutig durch nationale bzw. regionale Kompetenz gewährleistet, in den Artikeln 149 und 150 des EG-Vertrages sind aber hierzu die entsprechenden ergänzenden Maßnahmen verankert.
Meine Damen und Herren! Die notwendigen überregionalen Austauschbeziehungen entwickelten sich verstärkt insbesondere in den letzten drei Jahren. Konferenzen und Beschlüsse der Europäischen Kommission und des Europarates trugen hierzu entsprechend bei. Bezogen auf die berufliche Aus- und Weiterbildung war dies eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die ich hier nicht erwähnen möchte. Es ist aber interessant, was alles stattgefunden hat.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass noch unter deutscher Präsidentschaft die neuen Bildungsprogramme wie „Sokrates II“, „Tempus III“ und „Leonardo da Vinci II“ eingeführt wurden. Gerade das Programm „Leonardo II“ bietet aufgrund seiner Leitthemen ausgezeichnete Chancen für einen überregionalen Austausch in der beruflichen Bildung. Das ist verstärkt möglich, weil der europäische Trend in der Bildungspolitik folgende Orientierung hat - darauf möchte ich verweisen; denn es ist sehr interessant, was sich herausgebildet hat -:
erstens eine stärkere internationale Öffnung der nationalen Berufsbildungsgänge,
zweitens eine verstärkte Einbeziehung von Phasen beruflichen Austausches in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
drittens die Schaffung von Ausbildungstransparenz als Voraussetzung für mehr Mobilität und
viertens eine verstärkte Internationalisierung von Berufsinformation und Berufsberatung.
Als auslösende und vermittelnde Einrichtung ist hierbei insbesondere die Carl-Duisberg-Gesellschaft wirksam geworden. Immerhin erfuhren durch sie - die Zahlen möchte ich Ihnen einmal vor Augen führen - im Jahr 2000 ca. 17 000 Teilnehmer eine internationale Fortbildung, davon nahmen ca. 9 000 deutsche Jugendliche an europäischen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teil.
Wie sieht es hierzu in Sachsen-Anhalt aus? - Dazu liegt uns unter anderem ein Bericht der Landesregierung in der Drs. 3/4630 vom 8. Juni 2001 mit dem Titel „Arbeitsschwerpunkte der Europapolitik des Landes SachsenAnhalt für das Jahr 2001“ vor. Schauen Sie darin auf Seite 14, wo das Programm „Leonardo da Vinci II“ als
Berufsausbildungsprogramm der Europäischen Union für die verstärkte Förderung der Erwachsenenbildung und der beruflichen Weiterbildung ausgewiesen wird.
Ich habe das überprüft. In diesem Bereich bewegt sich in den Europaschulen in freier Trägerschaft bereits etwas. In unseren Landeshaushalt sind für die Jahre 2000 und 2001 keine Komplementärmittel eingestellt worden. Hierfür könnten immerhin bis zu 75 % EU-Fördermittel eingebunden werden. Warum diese Unbeweglichkeit? Ankündigungen allein helfen nicht weiter.
Meine Damen und Herren! Ich will nicht in Zweifel ziehen, dass sich eine Reihe von Austauschmaßnahmen für Schüler und Jugendliche auch in unserem Land gut bewährt hat bzw. vorgesehen ist. Ich denke dabei an die Jugendwerke und Schulpartnerschaften, den Schüleraustausch mit den USA und den MOEStaaten, das „Sokrates“-Programm, das „Sesam“-Programm und andere Programme.
Wie bereits ausgeführt, ist das EU-Programm „Leonardo II“ als Austauschprogramm für die berufliche Erstausbildung besonders geeignet. Es vermittelt Maßnahmen für grenzüberschreitende Austauschprojekte, Mobilitäts-, Pilot- bzw. Modellprojekte in der Berufsausbildung, die Förderung beruflicher Sprachkompetenz, transnationale Netze für Fachwissen, Begutachtung von Vergleichsmaterialien sowie, meine Damen und Herren, gemeinsame Maßnahmen. Antragsberechtigt sind unter anderem kleine und mittlere Unternehmen oder Bildungseinrichtungen.
Die Projektlaufdauer ist unterschiedlich. Die nächsten Projekte werden im Januar 2002 für die Jahre 2003 und 2004 ausgeschrieben. Der transnationale Austausch ist bei einer Auswahl von 31 Ländern möglich.
Die berufliche Ausbildung auch in Sachsen-Anhalt wird nach wie vor von der dualen Ausbildung geprägt. In Sachsen-Anhalt haben im Jahr 2000 immerhin 21 500 Jugendliche mit dieser Ausbildung begonnen. Sie hat eine gute Qualität und eine hohe Akzeptanz, wenngleich auch bei ihr ein angepasster Reformbedarf vorliegt. Analog gibt es die duale Ausbildung in Österreich und Dänemark. Andere Länder verfügen über unterschiedliche Module zur dualen Ausbildung.
In Sachsen-Anhalt haben wir die Erfahrungen mit dieser dualen Verbundausbildung ausreichend ausgeschöpft. Diese Verbundausbildung bietet sich geradezu als überregionales Verbundmodell an, wobei, wie gesagt, das „Leonardo II“-Programm hierfür vom Angebot her sehr gut geeignet ist.
Wir haben in unserem Antrag einige der hierfür notwendigen Voraussetzungen genannt. Vor einer notwendigen Anhörung in den Ausschüssen für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Bildung und Wissenschaft sollte eine Bestandsanalyse zu tangierenden Projekten erfolgen, wobei die Berufsfelder dem europäischen Bedarf entsprechen müssen, wie zum Beispiel kaufmännische Bereiche, IT-Bereiche und anderes. Es ist notwendig, dass hier transnationale Koordinierungsaufgaben wahrgenommen werden.
Entscheidend ist allerdings die Anerkennung der Bildungsabschlüsse. Das Bundesinstitut für Berufsbildung, das die „Leonardo“-Anträge bewertet, hat für dieses Vorhaben positives Interesse bekundet. Gehen wir es an und prüfen wir in den Ausschüssen die Umsetzungschancen.
Meine Damen und Herren! Zum Änderungsantrag der SPD kann ich nur sagen:
Erstens. Ich bin selbstverständlich damit einverstanden, dass an dem Anhörungsverfahren die Gewerkschaften beteiligt werden. Dies wäre ohnehin geschehen.
Zweitens. Wir sind auch damit einverstanden, den Punkt 3 zu streichen.
Wir können also beide Anträge in die Ausschüsse überweisen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die entsprechende Umsetzung zu bewerkstelligen. - Vielen Dank.
Ich schlage vor, dem Wirtschaftsausschuss die Federführung zu übertragen und den Antrag auch in den Bildungsausschuss zu überweisen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte eigentlich nur noch zwei Worte sagen. Wir haben den Bundesrat nur deshalb mit angeführt, weil eine überregionale Verbundausbildung geschaffen werden soll, die länderübergreifend dann auch in den europäischen Raum eindringen soll. Der Vorschlag, den ich eingebracht habe, ist vom Bundesinstitut für Berufsbildung gekommen. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir das zunächst zurückstellen, weil das unser gemeinsames Vorhaben nicht gefährdet.
Es handelt sich im Übrigen um eine duale Berufsausbildung. Deshalb waren wir der Meinung, dass das in den Wirtschaftsausschuss gehört.
Wenn auf zuständige Einrichtungen hingewiesen und dann „insbesondere“ geschrieben wird, dann heißt das, dass wir die Gewerkschaften einfach noch nicht mit erwähnt haben. Dass sie mit dabei sein können, ist doch überhaupt kein Problem. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass zu diesem Thema von der Landesregierung wenigstens eine Person mit Standhaftigkeit vertreten ist. Vielen Dank, Herr Harms.
Ich meine, der vorliegende Antrag der PDS-Fraktion fordert letztlich eine Stellungnahme der Landesregierung zum aktuellen Stand bei der beruflichen Erstausbildung in Sachsen-Anhalt heraus.
Ich möchte dazu auf eine aktuelle Regionalkonferenz der Regierungschefs der ostdeutschen Länder hinweisen. Am 28. März dieses Jahres wurde in dem dazu erarbeiteten Ergebnisprotokoll festgehalten, dass die ostdeutschen Länder nicht in ausreichendem Maße über Fachkräfte verfügen und Ausgebildete abwandern -; das haben wir heute schon mehrfach gehört. Darüber hinaus wurde in dem Protokoll festgehalten, dass weiterhin eine angespannte Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt vorherrscht und dass alle Anstrengungen zu unternehmen sind, um eine ausreichende Anzahl an Ausbildungsstellen anbieten zu können.
Ministerpräsident Herr Höppner hat das mitformuliert. Wir wissen, dass das insbesondere auch für unser Land gilt. In dieser Hinsicht müssen wir verstärkt wirksam werden.
Aufgrund dieser uns bekannten Tatsache hat sich der Landtag mehrfach mit dem Problem der beruflichen Erstausbildung beschäftigt und die Landesregierung in eine Reihe von Handlungszwängen gebracht, zuletzt das muss gesagt werden - in der 39. Sitzung aufgrund eines umfangreichen Beschlusses vom 4. Mai 2000, der nach Anträgen der SPD- und der CDU-Fraktion gefasst worden ist.
Der Entschließungsantrag basiert letztlich auf dem LutzGrünert-Gutachten von Juni 1999. Dieses stützt sich auf Ergebnisse aus den Jahren 1998 und 1999, also auf einen Zeitraum vor etwa drei Jahren. Deshalb begrüße ich, dass jetzt eine entsprechende Ergänzung in Auftrag gegeben wurde.
Da das Ergebnis auch in die Beschlusslage des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit einging, meine ich, dass eine Situationsbeschreibung außerordentlich aufschlussreich ist.
Wir stimmen dem vorliegenden Antrag der PDS-Fraktion daher zu, allerdings, meine Damen und Herren, unter Berücksichtigung der zum oben genannten Landtagsbeschluss bereits erfolgten Berichterstattung vom 25. Juli 2000.
Das Eigenartige hierbei ist, meine ich, dass diese Berichterstattung dem Antragsteller offenbar entgangen ist. Diese Berichterstattung der Landesregierung liegt vor, sie ist aber im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft und im Wirtschaftsausschuss nicht behandelt, sondern nur zur Kenntnis genommen worden. Das hat mich sehr verwundert, als ich das Ganze jetzt überprüft habe. Ausschließlich im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist das besprochen worden, allerdings ohne die notwendigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Das heißt, das Gutachten hätte schon entsprechend bewertet werden können. Diese Chance ist nicht genutzt worden. Das bedauere ich aus dieser Situation heraus sehr.
Meine Damen und Herren! Ich möchte daher aus meiner Sicht noch einige Hinweise geben.
Erstens. Die Landesregierung bezieht sich in der Bildungsarbeit in Bezug auf Ausbildung vorwiegend auf das Lutz-Grünert-Gutachten. Natürlich gibt es auch viele andere Gutachten. Die darin vorgegebenen Leitsätze werden aber, meine ich, aus gegenwärtiger Sicht nur unzureichend umgesetzt.
Beispiele: Lutz/Grünert fordern Transparenz und Verstetigung. Hierzu gibt es im Bericht der Landesregierung vom 4. Mai 2000 keine Anmerkungen. Kein Wunder, denn die Fördersätze werden ja von der Landesregierung ständig verringert und sind im Sozialministerium für das Jahr 2001 nur noch hälftig vorgesehen. Förderprojekte werden nivelliert bzw. auf Null gesetzt. Das wissen Sie. Noch nie kam die Förderrichtlinie so spät heraus wie in diesem Jahr.
Die Kammern bemängeln das, und ich werde den Verdacht nicht los, meine Damen und Herren, man wartet ab, damit Ausbildungsverträge ohne Förderung abgeschlossen werden, bzw. man geniert sich, diese stark reduzierten Fördersätze zu zeitig in die Öffentlichkeit zu bringen.
Ein weiteres Beispiel: Das von der Landesregierung favorisierte Modell BBS in Kooperation mit der Wirtschaft soll aus verschiedenen Gründen auf Null zurückgefahren werden. Wo ist der Ersatz für diese nicht vorhandene Verstetigung? Was haben Sie jetzt im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit beschlossen? Ich möchte die Landesregierung auch in diesem Falle ermuntern, nicht so lange zu warten, bis die demografische Korrektur alles von selbst erledigt hat.
Meine Damen und Herren! Jetzt meine weiteren Hinweise. Minister Harms wies mit Recht darauf hin, dass die Ausbildung eine Sache der Wirtschaft ist. Aber Auswanderung und Ausbildung unserer Jugendlichen und Standortqualität sind nun einmal abhängig von der Weiterentwicklung der Wirtschaftskraft in unserem Land. Ich nenne nur noch diese Zahl: Die hohe Insolvenzrate 1 644 Unternehmen im vergangenen Jahr -, die höchste Zahl an Gewerbeabmeldungen und die fehlende Unternehmensrate - in diesem Land 40 000, angenähert an die alten Bundesländer - sind Probleme. Dabei müssen wir allerdings gemeinsam nach Lösungen suchen. Ich empfehle dazu auch die konsequente Auswertung der Studie des IWH.
Als Drittes würde ich sagen, meine Damen und Herren, die aktuellen Beschlüsse der KMK zur Verbesserung der Attraktivität des Lehrerberufs und zur Absicherung der Unterrichtsversorgung sollten in den zuständigen Gremien für unser Land ausgewertet werden. Das betrifft insbesondere die Kompetenz in der Fremdsprachenvermittlung. Ich nenne das Fremdsprachenzertifikat. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht dort, wo wir sein müssten. Inzwischen gibt es in Hamburg eine entsprechende Auswertung. Ich hoffe, das wird von uns vernünftig genutzt.
Viertens. Unsere Ausbildung muss den modernen Anforderungen des geeinten Europas angepasst werden. Das heißt, auch unsere duale Ausbildung - sie betrifft immerhin zwei Drittel unserer Schüler - muss den notwendigen Reformschub vertragen können.
Weitere Bemerkungen will ich mir ersparen.
Zu Beginn des Ausbildungsjahres sollten wir schon überlegen, meine Damen und Herren, ob wir über das
bisherige Lutz-Grünert-Gutachten noch einmal diskutieren. Wir haben es bisher nicht gemacht.
Ich habe gerade gesagt, ich komme zum Schluss. - Ich bedauere es, wenn gesagt wird, dass man erst das nächste Gutachten abwarten wolle. Ich bin dafür, dass wir das vor der Sommerpause in den Ausschüssen andiskutieren und uns im Herbst nochmals parlamentarisch damit beschäftigen. Das wäre mein Vorschlag. Den anderen Vorschlag halte ich nicht für sinnvoll, weil dann bereits das nächste Ausbildungsjahr beginnt. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Stimmen Sie mir darin zu, dass man Folgendes berücksichtigen sollte: Wir haben die Bewertungen zum LutzGrünert-Bericht am 25. Juli vorgelegt bekommen. Dieser Bericht ist nicht ausgewertet worden. Warum soll das brachliegen? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass man noch vor der Sommerpause zu einer Auswertung kommen sollte? Das kann uns bei dieser zwingenden, notwendigen Arbeit weiterhelfen.
Sie sagen, warten wir doch das nächste Gutachten ab, das zurzeit in Arbeit ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns damit gravierende Veränderungen vorgelegt werden. Damit können wir uns im Herbst immer noch beschäftigen. Aber wir sollten nicht die Zeit verstreichen lassen. Da verstehe ich Sie nicht. Sie müssen sich in dieser Beziehung nicht unbedingt der Meinung von Minister Harms anschließen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Ausschussdiskussion haben wir auf besondere Aspekte Wert gelegt; ich möchte sie noch einmal ganz kurz hervorheben.
Erstens. Hinweis auf das unvollständige und ernüchternde Ergebnis der Regierungskonferenz.
Zweitens. Notwendigkeit der zwingenden und ausreichenden Vorbereitung des Post-Nizza-Prozesses; hierzu Einsetzung eines Konvents.
Drittens. Forderung - auch aus der Sicht unserer Landesebene - nach einer rechtzeitigen Einberufung der nachfolgenden Regierungskonferenz, wenn möglich vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament, die im Jahr 2004 stattfinden.
Viertens. Einbeziehung aller offenen und für den europäischen Einigungsprozess notwendigen Themen in diese Regierungskonferenz, wie Verfassungsvertrag mit der entsprechenden Grundrechtecharta, Kompetenzaufteilung auf die Europäische Union und die Regionen, Verbesserung der Transparenz der Entscheidungen der Europäischen Union und eine weitere Entscheidung zur Verbesserung der Wirksamkeit der Organe der Europäischen Union.
Fünftens. Die notwendige Zustimmung zur Regierungskonferenz trotz alledem durch eine baldige Ratifizierung.
Es ist bemerkenswert, dass wir in vielen Punkten einsichtige Zustimmung erhielten. Leider wurde aber ein Votum, die nächste Regierungskonferenz vor dem Jahr 2004 einberufen zu lassen, abgelehnt. Nicht dass wir hier den entscheidenden Einfluss hätten, aber es wäre eine wichtige Signalwirkung.
Immerhin ist der einsetzende Erweiterungsprozess der Europäischen Union von den weiteren Ergebnissen der Regierungskonferenz abhängig. Das Europäische Parlament hinterfragt und prüft ebenso kritisch.
Es kommt darauf an, dass die entsprechenden vorbereitenden Gipfel in Göteborg im Juni 2001 und in Brüssel-Laken im Dezember 2001 mit ihrem Einfluss wirken.
Meine Damen und Herren! Mit zwölf weiteren Staaten und einer halben Milliarde Einwohner insgesamt müssen die Entscheidungsabläufe - das ist eine wichtige Voraussetzung - transparent und vernünftig gestaltbar sein.
Wenn man überprüft, wie lange der Zeitraum von Beginn an über ein entsprechendes Weissbuch, das die Euro
päische Kommission erarbeitet, um sich sachkundig zu machen, bis zur Vorlage eines Gesetzentwurfs dauert, kommt man zu dem Ergebnis, dass das bis zu vier Jahren dauern kann. Wenn der Rat dann nicht nur zwölf, sondern 26 Mitglieder hat und in manchen Fällen einstimmig abgestimmt werden soll - auch in Abstimmung mit dem Parlament und der Kommission, je nachdem, wie die Sachlage ist -, dann muss man sagen, dass das sehr problematisch ist, da auch die entsprechende Stimmengewichtung noch zu berücksichtigen ist, die sehr unterschiedlich gehandhabt werden kann.
Meine Damen und Herren! Angesichts dessen muss ich sagen, dass das mit den Entscheidungen problematisch ist. Dann ist das eine problematische institutionelle Entscheidungshoheit. Transparenz und Zügigkeit bleiben ebenso wie Rechtsklarheit und die entsprechende Rechtssicherheit auf der Strecke.