Protocol of the Session on September 15, 2000

Ich habe nur eines gesagt: Einstellung des Fernverkehrs und Kompensieren durch Nahverkehrsangebote, die dann von den Ländern und nicht mehr von der Bahn bezahlt werden, das kommt nicht infrage. Da war ich ganz deutlich.

Aber ich habe auch gesagt: Für die Menschen, für uns alle ist nicht in erster Linie entscheidend, ob das Produkt, in dem wir sitzen, ICE, IC, EC, Interregio oder etwa Regionalexpress heißt. Wir wollen gut sitzen, wir wollen schnell fahren, wir wollen höflich und nett bedient werden und wir wollen leicht an unsere Fahrkarten kommen und diese dürfen nicht zu teuer sein. Wie das Produkt heißt, ist egal.

Deshalb habe ich der Bahn AG vorgeschlagen, über Mischfinanzierungen zu reden. Die Standpunkte gehen noch auseinander, das sage ich sehr deutlich. Wir müssen sehen, dass wir uns einigen können. Ich hoffe, die nächste Verkehrsministerkonferenz in Frankfurt wird die Haltung aller Länder deutlich machen. Inzwischen finden getrennte Gespräche statt. Ich hoffe, dass wir auch zu einem Ergebnis kommen werden.

Ich wäre dankbar, wenn der Landtag, Herr Kollege Sachse, möglicherweise schon im Vorfeld dieser Konferenz, die erst Ende September stattfinden wird, aber zumindest recht bald danach eine Haltung hätte, die die Landesregierung unterstützen würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Bahn wird uns immer beschäftigen, weil wir davon betroffen sind. Ich wünschte mir, dass wir alle uns noch viel mehr davon betroffen fühlten, dass wir selber auch

weniger Auto und mehr Bahn fahren würden. - Herz- lichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Dr. Süß, PDS)

Vielen Dank. - Am Schluss der Debatte hat der Einbringer noch einmal das Wort. Herr Kollege Sachse, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein kurzes Wort noch aus der Sicht der SPD-Fraktion. Der Antrag beinhaltet zwei Aspekte mit einer Gemeinsamkeit, nämlich der Sorge um die Angebotsverschlechterung im vorhandenen Schienenpersonennahverkehr. Wir haben bewusst die Neubaustrecken außen vor gelassen, die im weitesten Sinne dem Fernverkehr zugeordnet werden. Für den Nahverkehr ist das Land gefragt. Hierfür hat das Land Verantwortung, hier sind wir gefragt.

Die Debatte hat ergeben, dass der Betreff des Antrages eigentlich „Absicherung von Perspektiven“ hätte lauten müssen. Denn nur wer den vorhandenen Verkehr mit dem Bestandsnetz sichert, kann auch die Zukunft absichern. Das ist der Grundansatz gewesen.

In meiner Einführung habe ich den Standpunkt der SPDFraktion zum Ausdruck gebracht. Aus den Redebeiträgen haben sich keine wesentlichen Dinge ergeben, auf die wir jetzt entgegnen müssten.

Herr Kasten, den Bereich DB Cargo habe ich in meinen Informationen unter Fernverkehr/Güterverkehr mit erfasst und habe im Zusammenhang mit der Quersubventionierung Bedenken dahin gehend angemeldet, dass der Nahverkehr für diese Dinge bluten muss. Es sind nur Verdächtigungen, die sich aus dem Bericht ergeben.

Wie die aktuelle Situation sich für unser Land darstellt, werden wir im Ausschuss sicherlich hören. Wir haben erkannt: Die Landesregierung hat an diesem Problem schon mitgearbeitet und hat konkrete Vorstellungen. Wir können gespannt sein auf die Diskussion im Ausschuss. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Dr. Süß, PDS, und von Minister Herrn Dr. Heyer)

Vielen Dank. - Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Sie, Herr Kollege Sachse, hatten eine Überweisung in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr beantragt. Wenn Sie sich Ihren Antrag anschauen, heißt es darin: Die Landesregierung wird aufgefordert, im Ausschuss zu berichten. Das heißt, dass wir über den Antrag abstimmen müssen.

(Herr Sachse, SPD: Richtig! Ich bedanke mich!)

Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist dem Antrag einstimmig - ohne Gegenstimme und ohne Stimmenthaltung - zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 21 damit abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, eine Abstimmung zum Verfahren. Ich habe zwischendurch aus allen Fraktionen die Bereitschaft signalisiert bekommen, auf die Mittags

pause zu verzichten, zumal ein größerer Teil Kollegen offensichtlich schon Mittagessen gegangen ist. Wir würden also, wie das im Bundestag auch üblich ist, durchtagen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte weiter auf und bitte die einzelnen Fraktionen sicherzustellen, dass wir zu jeder Zeit beschlussfähig sind und nicht alle gleichzeitig essen gehen. - Danke.

(Frau Lindemann, SPD: Richtig!)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung

Neuregelung für die Durchführung von Waren-, Kram- und Trödelmärkten an Sonn- und Feiertagen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/3457

Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3603 neu

Der Antrag wird vom Abgeordneten Herrn Zeidler eingebracht. Bitte, Herr Zeidler.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit fast zehn Jahren finden vielerorts regelmäßig Waren-, Kram- und Trödelmärkte statt. Sie werden von der Bevölkerung gut angenommen und bedeuten für viele Bürger ein wichtiges Stück Lebenskultur. Dass die Quadratur des Kreises bei der Abwägung zwischen den Interessen der Händler dieser Märkte und den Bestimmungen des Sonn- und Feiertagsgesetzes gelingen muss, davon bin ich fest überzeugt und ich möchte auch Sie davon überzeugen.

Warum ist dieses Thema so brisant geworden? Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat in seiner Entscheidung vom Sommer 1998 die Gewerbeämter angewiesen, Anträge auf Markfestsetzungen an Sonn- und Feiertagen erst nach strenger Prüfung freizugeben. Da ihre Durchführung gegen § 3 Abs. 2 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt verstößt, können sie an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht abgehalten werden.

Inzwischen ist die Diskussion über die Waren-, Kram- und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen in Bewegung gekommen. Erinnern darf ich in diesem Zusammenhang an Anhörungen des Arbeitskreises Wirtschaft der SPD-Landtagsfraktion und an die Anhörung des Arbeitskreises Wirtschaft der CDU im Sommer. Im Übrigen habe ich mich, auch um mich mit der Thematik besser vertraut zu machen, mit vielen Händlern, mit Betreibern, mit Organisatoren unterhalten und habe auch die Märkte besucht.

Erinnern darf ich Sie daran, dass es schon jetzt eine Fülle von Regelungen gibt, die ein geordnetes Abhalten dieser Märkte garantieren. Zum Beispiel wird gefordert, dass Märkte nicht in Läden stattfinden dürfen, und es wird eine Mindestzahl von Anbietern gefordert. Dazu finden Kontrollen vonseiten der örtlichen Behörden statt. Routinemäßige Antrags- und Genehmigungsverfahren mit Zuverlässigkeitsprüfungen und Anhörungen sind hierfür die Voraussetzung. Kein Markt darf ohne die so genannte Marktfestsetzung nach den §§ 68 und 69 der Gewerbeordnung abgehalten werden.

Fazit ist: Trödelmärkte sind durch Behörden, Gesetze, Urteile und Kommentierungen streng reglementierbar und kontrollierbar. Die Problematik wird wirklich nur noch auf den Sonn- und Feiertagsschutz reduziert. Übrigens

sind bislang keine Beschwerden wegen einer Störung der Sonn- und Feiertagsruhe bekannt geworden. Das Gegenteil ist der Fall. Für den Erhalt dieser Märkte an Sonn- und Feiertagen wurden im Sommer dieses Jahres Tausende von Unterschriften gesammelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich an zwei Beispielen schildern, warum das Thema vielerorts so wichtig geworden ist. Oberbürgermeister Willi Polte hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in Magdeburg von der jetzigen restriktiven Regelung rund 100 Märkte pro Jahr betroffen sind. Darunter sind unter anderem die beliebten Fischmärkte der Weißen Flotte, aber auch zum Beispiel Spezialmärkte, Hochzeitsmessen und Münzbörsen. Letztlich ist auch die Genehmigungsfähigkeit der Tourisma und der Hagema an Sonn- und Feiertagen zweifelhaft geworden.

Beispiel zwei betrifft die kleine Gemeinde Petersberg bei Halle. Dort hatte der jüngste Trödelmarkt mit über 120 Händlern ca. 20 000 Besucher. Die Gemeinde rechnet mit 120 000 DM an Einnahmeausfällen pro Jahr, sollten diese traditionellen Märkte nicht, wie geplant, an Sonn- und Feiertagen stattfinden können. Unmittelbar davon betroffen wäre auch die Finanzierung des Tierparks und des Felsenbades dieser Gemeinde.

Es spricht also sehr vieles dafür, diese Märkte an Sonn- und Feiertagen zu erhalten. Bekanntlich werden an diesen Tagen 40 bis 50 % der Umsätze getätigt. Mit der jetzigen restriktiven Regelung ist der Bestand der Märkte ernsthaft gefährdet. Ich möchte erwähnen, dass sie oftmals im Zusammenhang mit Börsen und Messen stattfinden.

Jeder von Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, weiß, dass Waren-, Kram- und Trödelmärkte natürlich auch tourismusfördernd sind. Wer von Ihnen hat nicht schon einmal bei einem solchen Marktbesuch die Gelegenheit genutzt, die Sehenswürdigkeiten der Region kennen zu lernen? Letztendlich hat auch die einheimische Gastronomie einen Nutzen von den Marktbesuchern.

Waren-, Kram- und Trödelmärkte gehörten vielerorts - vor den jetzigen Regelungen - zum sonntäglichen Stadt- und Marktbummel dazu. Für viele Besucher ist es wichtig, dass sie hier einheimische Waren oder altbekannte Dinge wiederfinden und erwerben können. Das Kramen bereitet Vergnügen, manches Schnäppchen steigert die Wochenendfreude, für Kind und Kegel findet sich bestimmt irgendeine Kleinigkeit. Es geht aber nicht nur darum.

Für meine Fraktion ist wichtig, dass katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen bei den Händlern zu erwarten sind, wenn nicht schnell eine akzeptable Lösung für die geschilderten Probleme gefunden wird.

Es geht um Existenzbedrohungen und Arbeitsplatzverluste bei Organisatoren, Veranstaltern und Kleingewerbetreibenden. Es geht um Einnahmeverluste bei Vermietern von Plätzen und Hallen, um Gebührenausfälle bei Genehmigungsbehörden und letztlich auch bei den Kommunen.

Wir brauchen die Trödelmärkte in Sachsen-Anhalt gerade auch an Sonn- und Feiertagen. Ein Abwandern dieser Veranstaltungen in andere Bundesländer können wir uns wirtschaftlich, finanziell und arbeitsmarktpolitisch auch nicht leisten.

Wie könnte eine Neuregelung aussehen? Es erscheint mir sinnvoll, mit einer Ergänzung des Sonn- und Feier

tagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt eine klare Regelung zu schaffen.

Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an die Änderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Juni 1994, durch die das Betreiben von Waschanlagen an Sonn- und Feiertagen - mit Ausnahme kirchlicher Feiertage - erlaubt wurde.

Ergänzend zum § 3 Abs. 2 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt könnte man unter Nr. 5 die Durchführung der Waren-, Kram-, und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen regeln. Eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung nach § 7 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt für die betroffenen Märkte wäre auch denkbar. Das wäre eine kurzfristige Lösung, auch im Sinne des so genannten Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes SachsenAnhalt.

Damit könnte eine dringend notwendige Belebung der Innenstädte an Wochenenden erreicht und der Tourismus weiter belebt werden. Denn dort, wo Kreativität und Eigeninitiative gefragt sind, dürfen gesetzliche Regelungen nicht stören oder gar verhindern.

Lassen Sie mich noch eines zum Schluss sagen. Wenn die Veranstaltung der Märkte an Sonn- und Feiertagen weiterhin unterbunden bzw. stark eingeschränkt wird, bricht der Händler- und Kundenstamm weg. Die Händler etablieren sich dann in den benachbarten Bundesländern.

Andere Bundesländer werden uns oft als Vorbild dargestellt. Zum Beispiel werden die Sonn- und Feiertagsgesetze von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz hoch gelobt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns deshalb auch in Sachsen-Anhalt gemeinsam und vor allem zügig eine einvernehmliche Lösung finden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Zeidler. - Im Ältestenrat wurde zu diesem Thema eine Fünfminutendebatte vereinbart. Bevor die Debatte beginnt, hat Herr Minister Dr. Püchel für die Landesregierung um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ursprünglich wollte der Wirtschaftsminister zu dem Thema sprechen, aber er ist zurzeit in einer Beratung mit amerikanischen Investoren und bat mich, ihn zu vertreten, was ich gern übernommen habe, da ich bereits - wie einige andere in diesem Hause auch - einige Erfahrungen in Bezug auf das Sonn- und Feiertagsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt gesammelt habe. Ich erinnere an den 6. Januar. Außerdem wird das Sonn- und Feiertagsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt von meinem Hause betreut.