Michael Zeidler
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dadurch, dass die CDU im letzten Jahr der Legislaturperiode ihre Große Anfrage zur Kulturpolitik der Landesregierung auf den Weg brachte, ergibt sich für uns die Möglichkeit, Rückschau zu halten auf das, was geleistet und erreicht wurde, was sich verändert hat und was neu bewertet werden muss.
Kulturentwicklung ist ein dynamischer Prozess zwischen allen Beteiligten und fordert Initiativen, Ideen und natürlich Haushaltsmittel. Aber, meine Damen und Herren, das Geld macht noch keine gute Kulturpolitik. Es kommt auf die Ausgestaltung an.
Lassen Sie mich bitte bei der Kulturfinanzierung durch das Land Sachsen-Anhalt beginnen, bevor ich auf einige andere Komplexe der Großen Anfrage näher eingehe.
Trotz der Bemühungen zur Konsolidierung des Gesamthaushaltes konnte der Kulturhaushalt weitgehend an der 1%-Marge gehalten werden. Der finanzielle Spielraum des Landes zur Ausgestaltung der Kulturpolitik ist damit zwar nicht unermesslich hoch, aber ich denke - das zeigt auch die Große Anfrage -, dass viel geleistet worden ist.
Die Landesregierung unternahm große Anstrengungen, um beim Bund und bei der EU zusätzliche Fördermittel für den Ausbau der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts einzuwerben.
Im so genannten Leuchtturmprogramm förderte der Bund im Jahr 2001 die Stiftung Luther-Gedenkstätten mit 1,5 Millionen DM, die Franckeschen Stiftungen mit 1,6 Millionen DM, das Bauhaus Dessau mit 3,6 Millionen DM, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit 2,5 Millionen DM.
Weitere Vorhaben wurden über das Programm „Kultur in den neuen Ländern“ gefördert. Das betrifft zum Beispiel folgende Vorhaben: Sanierung und Neugestaltung der Lutherhalle Wittenberg mit 5,2 Millionen DM, Ausbau und Sanierung der Kulturinsel Halle mit 2,7 Millionen DM, Baumaßnahmen am Köthener Schloss mit 1 Million DM.
Durch intensive Bemühungen der Landesregierung ist es gelungen, dass erstmals auch der Kulturbereich in Sachsen-Anhalt an dem europäischen Fonds EFRE partizipiert. In der laufenden Programmförderperiode, die sich über den Zeitraum von 2000 bis 2006 erstreckt, werden folgende Vorhaben über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mitfinanziert: das Kulturinvestitionsprogramm, das kurz KIP genannt wird, und das Programm „EDV in Bibliotheken“.
Über das Kulturinvestitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 30,6 Millionen € werden vor allem Maßnahmen gefördert, die der wirtschaftlichen Infrastruktur im Kulturbereich und dem Kulturtourismus dienen. Für die Finanzierung werden aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung insgesamt 15,3 Millionen € bereitgestellt. Das betrifft Projekte wie zum Beispiel das Schloss Hundisburg mit 500 000 DM, Schloss Droyßig mit 264 000 DM und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit 800 000 DM.
Im Rahmen des Vorhabens „EDV in Bibliotheken“ wurden und werden mit EU-Mitteln die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur verbessert und Projekte gefördert, die der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Beschäftigten dienen.
Zweitens. Kulturelle Bildung. Ein Problem besteht zweifellos in der kulturell-ästhetischen Bildung an den Schulen - meine Vorredner haben das bereits angedeutet und in dem Fachlehrermangel in den Fächern Kunsterziehung und Musik. Natürlich ist diese Situation nicht zufrieden stellend. Mit diesen Problemen haben aber übrigens alle Bundesländer zu kämpfen.
Die Möglichkeit, qualifizierte Fachlehrer einzustellen, wird in Sachsen-Anhalt in vollem Umfang genutzt. Aber die Zahl derer, die das Studium des Lehramtes der Fächer Kunsterziehung und Musik aufnehmen, ist viel zu gering.
Daher ist es zu begrüßen, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles Erdenkliche tut, um eine Verbesserung der fachgerechten Unterrichtsversorgung und der schulischen kulturästhetischen Bildung zu erreichen, angefangen bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die im Dienst befindlichen Lehrer über das Programm „Bildende Künstlerinnen und Künstler in Schulen“, im Jahr 2000 geschaffen, bis hin zur Einrichtung des Wahlpflichtkurses „Kultur und Künste“. Im Bereich der Förderung und Intensivierung außerschulischer kultureller Bildung ist besonders das Programm „Schule und Verein“ hervorzuheben.
Drittens. Bibliotheken. Öffentliche Bibliotheken sind eine wesentliche Voraussetzung, allen Bürgern den Zugang zum Wissen zu ermöglichen. Das Land Sachsen-Anhalt verfügt einschließlich der Zweigstellen über etwa 502 haupt- oder nebenamtlich geleitete Bibliotheken und nimmt im Vergleich der Bundesländer mit 5 276 Einwohnern pro Bibliothek den zweiten Platz ein. Der mediale Bestand konnte in den letzten Jahren weitestgehend vervollständigt werden.
Der Verband deutscher Bibliothekare forderte, dass die Internetinfrastruktur verbessert und in diese investiert werden muss. Die Landesregierung trägt dem Rechnung. Ich verweise auf das von EU und Land geförderte Bibliotheksrecherche- und -informationssystem BRISE.
Viertens. Musik. „Musikland Sachsen-Anhalt“ ist eine Bezeichnung, die der Realität entspricht und die für unser Land, die Hochburg mitteldeutscher Barockmusik, wirbt. Jedes Jahr findet eine Vielzahl regionaler und überregionaler Festspiele statt. Die Bach-Festtage in Köthen, die Telemann-Festtage in Magdeburg, die KurtWeill-Festtage in Dessau und die Händel-Festspiele in Halle sind nicht nur internationale Höhepunkte des Musiklebens, sondern auch wichtige weiche Standortfaktoren für unsere Wirtschaft.
Die Musiklandschaft unseres Landes lebt jedoch nicht nur von der so genannten Hochkultur. Genauso wichtig und zu würdigen ist die Arbeit der zahlreichen Vereine und Verbände der Laienmusik. Mit der Errichtung der Landesmusikakademie in Michaelstein wird auch der Bedeutung der Laienmusik Rechnung getragen.
Fünftens. Theater. Das Land Sachsen-Anhalt verfügt im Vergleich zu anderen Bundesländern über eine nahezu einzigartige Vielfalt an Theatern. Über 70 Millionen DM das sind nahezu 30 % des Kulturhaushaltes des Landes - wurden und werden pro Jahr den Theatern auf der Grundlage der Theaterverträge zur Verfügung gestellt.
Das Instrument der mehrjährigen vertraglichen Absicherung hat sich bewährt. Das geht auch immer wieder aus Gesprächen hervor, die wir mit den Intendanten der Theater führen. Die Theaterverträge zeigen die gemeinsam wahrgenommene Verantwortung von Trägern und Land für die Entwicklung der Theaterlandschaft des Landes.
Sechstens. Denkmalpflege und Denkmalschutz. Das Land Sachsen-Anhalt gehört mit seinen etwa 80 000 Baudenkmalen und etwa 100 000 archäologischen Denkmalen zu den denkmalreichsten neuen Bundesländern. Die Bedeutung dieses kulturellen Erbes für das Land Sachsen-Anhalt ist sicherlich unumstritten. Die Erhaltung und Pflege dieser Kulturdenkmäler fördert Arbeitsplätze vor allem im handwerklichen Bereich, erhöht die Attraktivität der Städte und fördert damit auch den Tourismus.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass diese bedeutenden Zeugen der Geschichte nicht unwiederbringlich zerstört werden. Deshalb ist Denkmalschutz wichtig und deshalb haben wir in Sachsen-Anhalt eines der besten Denkmalschutzgesetze. Ich denke, das soll auch so bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der zu Ende gehenden Legislaturperiode wurde vieles erreicht und das Land Sachsen-Anhalt ist zweifellos schöner geworden. Es gibt aber auch noch viel zu tun, wofür wir Optimismus, Kreativität, Fantasie und neue Ideen benötigen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt gehört zu den denkmalreichsten Bundesländern und verfügt über einen reichhaltigen Schatz an Kunstwerken aller Epochen. Aus dieser Verantwortung heraus hat sich der Arbeitskreis Kultur und Medien unserer Fraktion in mehreren Beratungen sehr ausführlich mit dieser Problematik beschäftigt und bereits im Dezember 2000 eine Anhörung durchgeführt.
Restauriert werden zum Beispiel Gemälde, Grafiken, Bücher, Schmuck, Musikinstrumente, Stuck, Gebäude und Plastiken. Ich denke dabei auch an unseren Georg Friedrich Händel in Halle, der alle paar Jahre vom Sockel geholt wird, um ihm das Gewand zu flicken. Restauriert wird von Hochschulabsolventen mit dem Titel „Restaurator/Restauratorin“ oder von Künstlern, Handwerkern, Fachschulabsolventen sowie von Fachleuten, die in Museen und Landesdenkmalämtern ausgebildet wurden.
Beim „oder“ liegt bereits einer der Knackpunkte des PDS-Entwurfs. Speziell Handwerker, wie Goldschmiede, Stuckateure, Uhrmacher und Buchbinder, führen Restaurierungsarbeiten nur gelegentlich, aber mit großer Fachkenntnis aus. Sie können ihren Lebensunterhalt damit allerdings kaum verdienen.
Gemäß § 2 Abs. 5 des Gesetzentwurfs soll die Bezeichnung „Restaurator im Handwerk“ nach § 42 der Handwerksordnung nicht tangiert werden. Unklar ist jedoch,
welche Restaurierungsarbeiten Handwerker noch durchführen dürfen, wenn sie die Zugangsbedingungen, - ich zitiere - mindestens eine siebenjährige einschlägige Tätigkeit und zwei befürwortende Gutachten durch eine Fachkommission nachzuweisen, nicht erfüllen und somit nicht in die Restauratorenliste aufgenommen werden.
Ähnliches gilt auch für von Museen und vergleichbaren Institutionen Ausgebildete. Das Landeskunstmuseum Halle beschäftigt zwei Diplomrestauratoren, denen aufgrund der Vielfalt der restauratorischen Aufgaben zwangsläufig Grenzen gesetzt sind und die somit auf Spezialisten, zum Beispiel aus dem Handwerk, zurückgreifen müssen. Warum soll man also den Titel „Restaurator“ als Berufsbezeichnung schützen, wenn es nicht um die Privilegierung einer bestimmten Berufsgruppe geht?
Die Bedeutung der Hochschulausbildung zum Restaurator wird nicht im Geringsten angezweifelt. Sie deckt aber das weite Feld der Restaurierungen, um mit Fontane zu sprechen, nur zu einem ganz kleinem Teil ab. Selbst akademisch ausgebildete Kunstmaler erfüllen nicht die Zugangsvoraussetzungen und würden zwangsläufig von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen.
Unser Arbeitskreis diskutierte in der Anhörung auch folgende Punkte: Schäden an Kulturgütern, die von nicht qualifizierten Personen restauriert wurden, Gewährleistung des Verbraucherschutzes auch für öffentliche Auftraggeber, effizienter Einsatz der finanziellen Mittel bei Restaurierungen, Vermeidung von Nachrestaurierungen durch exakte Schadensanalysen.
Restaurierungsfehler treten mit und ohne geschützte Berufsbezeichnung „Restauratorin/Restaurator“ auf, wobei diese Beurteilung zum Teil sehr subjektiv ist. So wurde die Restaurierung der Sixtinischen Kapelle im Vatikan einerseits begeistert zur Kenntnis genommen, andererseits als Blankputzen bezeichnet. Oftmals liegt es im Ermessen des Betrachters, ob von Restaurierung, von Konservierung, Erhaltung oder einfach von Pfusch gesprochen wird.
Fachgremien der Kultusministerkonferenz - der Minister hat bereits darauf hingewiesen - verweisen darauf, dass eklatante Fehler von nicht akademisch ausgebildeten Restauratoren bisher kaum bekannt geworden sind. Der vorliegende Gesetzentwurf garantiert auch keinen Verbraucherschutz für öffentliche Auftraggeber und keinen effizienteren Einsatz finanzieller Mittel. Im Gegenteil, er führt zu einer Überregulierung, die mit erhöhten Kosten verbunden ist.
Aus welchen Universalgenies soll sich gemäß § 8 des Gesetzentwurfs die Fachkommission zusammensetzen, die die Restauratoren beruft bzw. festlegt, wer in die Restauratorenliste aufgenommen wird? Im öffentlichen Bereich gibt es bereits jetzt strenge Kriterien bei der Auftragsvergabe. Privatpersonen können ohnehin nicht gezwungen werden, auf gelistete Restauratoren zurückzugreifen.
Der Bund-Länder-Ausschuss „Freie Berufe“ hat rechtliche Bedenken dahin gehend geäußert, dass dieses Gesetz zu einer Behinderung des freien Marktzugangs führen und das Recht auf Berufswahlfreiheit und Berufsausübungsfreiheit einschränken würde; siehe auch Artikel 12 des Grundgesetzes.
Um das Für und Wider gründlich zu beraten und abzuwägen, beantragen wir eine Überweisung in den
Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten zur Mitberatung und in den Ausschuss für Kultur und Medien zur federführenden Beratung. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ärzte, Architekten, Buchrevisoren, Dentisten, Dolmetscher, Designer - ich könnte diese Aufzählung noch beliebig weiter fortführen -, all diese heterogenen Gruppen sind Selbständige, die freiberuflich tätig sein können. Sie können sich vorstellen, wie unterschiedlich die Probleme und Interessen dieser Gruppen sind.
Als eine wichtige Säule des Mittelstandes sind die freien Berufe in Sachsen-Anhalt in neun Kammern und elf Verbänden - Herr Gürth, ich habe vom Landesverband erfahren, es sind elf und nicht zwölf Verbände - organisiert. Spitzenverband ist der Landesverband der freien Berufe Sachsen-Anhalt.
Während am 3. Oktober 1990 in den neuen Bundesländern nur 16 000 Selbständige gezählt wurden, waren es zu Beginn des Jahres 2000 bereits rund 84 000.
Der Landesverband Sachsen-Anhalt geht davon aus, dass es Ende des Jahres 2000 etwa 23 000 Freiberufler geben wird, die in den so genannten verkammerten Berufen, das heißt Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Notare, Apotheker, und in den so genannten nicht verkammerten Berufen, das heißt den freien Berufen wie Designer, Umweltberater, Psychologen, IT-Trainer, Musiker, tätig sein werden.
Wie aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, können - Herr Gürth, da muss ich Sie ansprechen - präzise Zahlen für die Selbständigen in den freien Berufen nur für die verkammerten Berufe angegeben werden. Das heißt, für die nicht verkammerten Berufe - das werden Sie beim Landesverband auch erfahren haben - gibt es keine präzisen Zahlen. Wegen der Bedeutung der freien Berufe ist es aber erforderlich, dass aufgrund des zu verabschiedenden Bundesgesetzes zur Einführung einer Dienstleistungsstatistik genauere Daten abgegriffen werden können. Die Landesregierung sollte also darauf Einfluss nehmen, dass das Gesetz auf Bundesebene verabschiedet wird.
In Sachsen-Anhalt bewegt sich die Zunahme der Neugründungen Selbständiger in den freien Berufen pro Jahr etwa bei 3,5 % im Gegensatz zu 2,5 % in den alten Bundesländern. Das ist eine ganz positive Tendenz. Das sollten wir auch erwähnen und nicht das Thema schlechtreden.
Die in der Antwort der Landesregierung ausgewiesenen Daten zeigen, dass das Land Sachsen-Anhalt und die Landesregierung auf dem richtigen Weg sind, wobei natürlich konjunkturelle Entwicklungen und Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich einen großen Einfluss haben.
Die freien Berufe in Sachsen-Anhalt sind ein wesentlicher Träger des Wandels von der Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft. Als ein wichtiger Bestandteil des Mittelstandes sind sie aber auch ein wesentliches und unerlässliches Element der Selbständigkeit, für Innovation und wirtschaftliches Wachstum in Sachsen-Anhalt.
Die freien Berufe - lassen Sie mich aus der Vielzahl die Ärzte, Zahnärzte, Architekten und Steuerberater herausgreifen - sind zum Teil auch mittelständische Unternehmer. Neben der Leistungserbringung in eigener Person und der entsprechenden persönlichen Verantwortung finden versicherungspflichtige Arbeitnehmer von der Sekretärin, dem Ingenieur bis zum Gebäudereiniger Beschäftigung bei den Selbständigen in den freien Berufen. Dabei profitiert dieser Teilarbeitsmarkt von der Wachstumsdynamik gegenüber stagnierenden oder gar rückläufigen Entwicklungen in den anderen Wirtschaftsbereichen.
Seitens des Landesverbandes der freien Berufe wird die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer im Jahr 2000 in Sachsen-Anhalt mit über 95 000 angegeben.
Meine Damen und Herren! Eine vollständige Übersicht über die von den verkammerten und nicht verkammerten freien Berufen zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze steht wegen des unvollständigen statistischen Materials nicht zur Verfügung. Der Landesverband Sachsen-Anhalt geht aber davon aus, dass die Tendenz steigend ist.
Wie wird der Weg der freien Berufe Sachsen-Anhalts in das dritte Jahrtausend sein? Welche Entwicklungen sind zu erwarten?
Erstens. Langfristige Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung und des Strukturwandels der Wirtschaft erwarten ein weiteres Wachstum des Dienstleistungsbereichs, wobei die höchsten Zuwachsraten unter allen Erwerbstätigen bei den wirtschaftsnahen freiberuflichen Dienstleistungen erwartet werden.
Zweitens. Der Druck des Nachwuchses und der Konkurrenz wird partiell zumindest kurzfristig zunehmen.
Drittens. Die Bedeutung als Arbeitgeber und in der Berufsausbildung wird weiter wachsen.
Viertens. Die Internationalisierung und die Globalisierung nehmen zu. Als Beispiel seien an dieser Stelle Patentanwälte genannt, bei denen eine ausschließlich nationale Berufsausübung insbesondere im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht mehr denkbar ist.
Fünftens. Es wird veränderte Berufsbilder im Ergebnis neuer Technologien, der weiteren Entwicklung der Informationstechnik und der Globalisierung geben.
Wie ist die wirtschaftliche Lage der freien Berufe in Sachsen-Anhalt und was soll zu ihrer Förderung getan werden? Um sie zu charakterisieren, sind berufsübergreifende Darstellungen aufgrund der Vielfalt nicht geeignet.
Die wirtschaftliche Lage und die Beschreibung der Situation führen letztlich zu einer differenzierten Betrachtung und Darstellung des Dienstleistungsmarktes speziell in Bezug auf die wirtschaftliche Lage, die nachfolgend an einigen Beispielen konkretisiert werden soll.
Bei den Ärzten ist die wirtschaftliche Lage sehr uneinheitlich, da sich sowohl die Umsätze als auch die Kostenstrukturen in den einzelnen Fachbereichen erheblich unterscheiden. Die Konsolidierung der Niederlassungen wird durch teilweise sinkende Erträge und nunmehr verstärkt zu leistende Kapitaldienste erschwert. Da in der Gründerzeit zumeist keine Rücklagen gebildet werden konnten und die Gründer zudem oft im fortgeschrittenen Alter waren, kann es zu Liquiditätsproblemen kommen.
Im Bereich der Apotheken sind Veränderungen der Anbieterstrukturen erkennbar. Der Anteil der größeren Apotheken an der Gesamtheit nimmt ab. Trotz der Zurückhaltung der Ärzte bei der Verordnung von Arzneimitteln und eingeschränkter Gewinnerwartungen sind weitere Gründungen mit wirtschaftlich tragfähiger Lage möglich.
Notare können sich nicht frei niederlassen. Sie werden vom Justizministerium nach den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Rechtspflege bestellt. Die wirtschaftliche Lage ist durchweg gut.
Die wirtschaftliche Lage der Steuerberater kann auch als stabil und gut bezeichnet werden. In diesem Beruf sind zukünftige Niederlassungen in besonderem Maße in der Abhängigkeit von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu sehen. Gleichwohl gibt es weiterhin ausreichend Möglichkeiten der erfolgreichen Niederlassung.
Große Zuwachsraten wird es in den nächsten Jahren in der IT-Branche geben. Der Bedarf an qualifizierten IT-Beratern und IT-Trainern kann bereits jetzt kaum gedeckt werden. Bedenklich stimmen allerdings die Studienanfängerzahlen speziell im Ingenieurwesen. Ich denke, hier ist auch die Wirtschaft gefragt. Dafür muss mehr geworben werden.
In der bildenden Kunst haben sich mit der Wende gravierende Änderungen ergeben. Konnten die Künstler vor der Wende mit Aufträgen verschiedener Auftraggeber rechnen, mussten sie sich nach der Wende auf dem Kunstmarkt orientieren und arrangieren. Zwischenzeitlich ist auch in Sachsen-Anhalt eine Galerielandschaft entstanden. Es finden viele Verkaufsausstellungen statt, und es gibt neue Käuferschichten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Förderprogramme „Investitionszuschuss im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur regionalen Wirtschaftsförderung“, „Innovations- und Technologiecoaching“, die Gründungsinitiative „Ego“, „Go Time“, die Gründungsinitiative des Landes Sachsen-Anhalt mit der Telekom AG, die Beratung der Existenzgründungen durch die Initiative „Alt hilft Jung“, Bürgschaften der Bürgschaftsbank Sachsen-Anhalt mbH bieten den freien Berufen gute Entwicklungsmöglichkeiten und sind ein gutes Sprungbrett für diejenigen, die den Weg in die Selbständigkeit beschreiten wollen.
Leider sind diese Programme oftmals noch nicht bekannt, wie mir Künstler, Rechtsanwälte und Architekten bestätigten. In den Gesprächen mit dem Landesverband der freien Berufe Sachsen-Anhalt wurde mir immer wieder gesagt, dass die Einbindung und die Konsultation des Landesverbandes, der derzeit neun Kammern und elf Landesfachverbände betreut, im Vorfeld von Ent
scheidungen, die diese Berufsgruppe betreffen bzw. tangieren, eminent wichtig sind.
Ich komme zum letzten Satz, danke. - Herr Minister Gabriel, die in der Rede angekündigte Kooperationsvereinbarung mit dem Landesverband der freien Berufe geht genau in diese Richtung und zeigt, dass die Landesregierung auf dem richtigen Weg ist. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit fast zehn Jahren finden vielerorts regelmäßig Waren-, Kram- und Trödelmärkte statt. Sie werden von der Bevölkerung gut angenommen und bedeuten für viele Bürger ein wichtiges Stück Lebenskultur. Dass die Quadratur des Kreises bei der Abwägung zwischen den Interessen der Händler dieser Märkte und den Bestimmungen des Sonn- und Feiertagsgesetzes gelingen muss, davon bin ich fest überzeugt und ich möchte auch Sie davon überzeugen.
Warum ist dieses Thema so brisant geworden? Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat in seiner Entscheidung vom Sommer 1998 die Gewerbeämter angewiesen, Anträge auf Markfestsetzungen an Sonn- und Feiertagen erst nach strenger Prüfung freizugeben. Da ihre Durchführung gegen § 3 Abs. 2 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt verstößt, können sie an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht abgehalten werden.
Inzwischen ist die Diskussion über die Waren-, Kram- und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen in Bewegung gekommen. Erinnern darf ich in diesem Zusammenhang an Anhörungen des Arbeitskreises Wirtschaft der SPD-Landtagsfraktion und an die Anhörung des Arbeitskreises Wirtschaft der CDU im Sommer. Im Übrigen habe ich mich, auch um mich mit der Thematik besser vertraut zu machen, mit vielen Händlern, mit Betreibern, mit Organisatoren unterhalten und habe auch die Märkte besucht.
Erinnern darf ich Sie daran, dass es schon jetzt eine Fülle von Regelungen gibt, die ein geordnetes Abhalten dieser Märkte garantieren. Zum Beispiel wird gefordert, dass Märkte nicht in Läden stattfinden dürfen, und es wird eine Mindestzahl von Anbietern gefordert. Dazu finden Kontrollen vonseiten der örtlichen Behörden statt. Routinemäßige Antrags- und Genehmigungsverfahren mit Zuverlässigkeitsprüfungen und Anhörungen sind hierfür die Voraussetzung. Kein Markt darf ohne die so genannte Marktfestsetzung nach den §§ 68 und 69 der Gewerbeordnung abgehalten werden.
Fazit ist: Trödelmärkte sind durch Behörden, Gesetze, Urteile und Kommentierungen streng reglementierbar und kontrollierbar. Die Problematik wird wirklich nur noch auf den Sonn- und Feiertagsschutz reduziert. Übrigens
sind bislang keine Beschwerden wegen einer Störung der Sonn- und Feiertagsruhe bekannt geworden. Das Gegenteil ist der Fall. Für den Erhalt dieser Märkte an Sonn- und Feiertagen wurden im Sommer dieses Jahres Tausende von Unterschriften gesammelt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich an zwei Beispielen schildern, warum das Thema vielerorts so wichtig geworden ist. Oberbürgermeister Willi Polte hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in Magdeburg von der jetzigen restriktiven Regelung rund 100 Märkte pro Jahr betroffen sind. Darunter sind unter anderem die beliebten Fischmärkte der Weißen Flotte, aber auch zum Beispiel Spezialmärkte, Hochzeitsmessen und Münzbörsen. Letztlich ist auch die Genehmigungsfähigkeit der Tourisma und der Hagema an Sonn- und Feiertagen zweifelhaft geworden.
Beispiel zwei betrifft die kleine Gemeinde Petersberg bei Halle. Dort hatte der jüngste Trödelmarkt mit über 120 Händlern ca. 20 000 Besucher. Die Gemeinde rechnet mit 120 000 DM an Einnahmeausfällen pro Jahr, sollten diese traditionellen Märkte nicht, wie geplant, an Sonn- und Feiertagen stattfinden können. Unmittelbar davon betroffen wäre auch die Finanzierung des Tierparks und des Felsenbades dieser Gemeinde.
Es spricht also sehr vieles dafür, diese Märkte an Sonn- und Feiertagen zu erhalten. Bekanntlich werden an diesen Tagen 40 bis 50 % der Umsätze getätigt. Mit der jetzigen restriktiven Regelung ist der Bestand der Märkte ernsthaft gefährdet. Ich möchte erwähnen, dass sie oftmals im Zusammenhang mit Börsen und Messen stattfinden.
Jeder von Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, weiß, dass Waren-, Kram- und Trödelmärkte natürlich auch tourismusfördernd sind. Wer von Ihnen hat nicht schon einmal bei einem solchen Marktbesuch die Gelegenheit genutzt, die Sehenswürdigkeiten der Region kennen zu lernen? Letztendlich hat auch die einheimische Gastronomie einen Nutzen von den Marktbesuchern.
Waren-, Kram- und Trödelmärkte gehörten vielerorts - vor den jetzigen Regelungen - zum sonntäglichen Stadt- und Marktbummel dazu. Für viele Besucher ist es wichtig, dass sie hier einheimische Waren oder altbekannte Dinge wiederfinden und erwerben können. Das Kramen bereitet Vergnügen, manches Schnäppchen steigert die Wochenendfreude, für Kind und Kegel findet sich bestimmt irgendeine Kleinigkeit. Es geht aber nicht nur darum.
Für meine Fraktion ist wichtig, dass katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen bei den Händlern zu erwarten sind, wenn nicht schnell eine akzeptable Lösung für die geschilderten Probleme gefunden wird.
Es geht um Existenzbedrohungen und Arbeitsplatzverluste bei Organisatoren, Veranstaltern und Kleingewerbetreibenden. Es geht um Einnahmeverluste bei Vermietern von Plätzen und Hallen, um Gebührenausfälle bei Genehmigungsbehörden und letztlich auch bei den Kommunen.
Wir brauchen die Trödelmärkte in Sachsen-Anhalt gerade auch an Sonn- und Feiertagen. Ein Abwandern dieser Veranstaltungen in andere Bundesländer können wir uns wirtschaftlich, finanziell und arbeitsmarktpolitisch auch nicht leisten.
Wie könnte eine Neuregelung aussehen? Es erscheint mir sinnvoll, mit einer Ergänzung des Sonn- und Feier
tagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt eine klare Regelung zu schaffen.
Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an die Änderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Juni 1994, durch die das Betreiben von Waschanlagen an Sonn- und Feiertagen - mit Ausnahme kirchlicher Feiertage - erlaubt wurde.
Ergänzend zum § 3 Abs. 2 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt könnte man unter Nr. 5 die Durchführung der Waren-, Kram-, und Trödelmärkte an Sonn- und Feiertagen regeln. Eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung nach § 7 des Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt für die betroffenen Märkte wäre auch denkbar. Das wäre eine kurzfristige Lösung, auch im Sinne des so genannten Sonn- und Feiertagsgesetzes des Landes SachsenAnhalt.
Damit könnte eine dringend notwendige Belebung der Innenstädte an Wochenenden erreicht und der Tourismus weiter belebt werden. Denn dort, wo Kreativität und Eigeninitiative gefragt sind, dürfen gesetzliche Regelungen nicht stören oder gar verhindern.
Lassen Sie mich noch eines zum Schluss sagen. Wenn die Veranstaltung der Märkte an Sonn- und Feiertagen weiterhin unterbunden bzw. stark eingeschränkt wird, bricht der Händler- und Kundenstamm weg. Die Händler etablieren sich dann in den benachbarten Bundesländern.
Andere Bundesländer werden uns oft als Vorbild dargestellt. Zum Beispiel werden die Sonn- und Feiertagsgesetze von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz hoch gelobt.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns deshalb auch in Sachsen-Anhalt gemeinsam und vor allem zügig eine einvernehmliche Lösung finden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass zum Thema Neuregelung für die Durchführung der Waren-, Kram- und Trödelmärkte alles Wichtige gesagt wurde. Es ist auch richtig, dass der Warenkorb der Waren-, Kram- und Trödelmärkte reglementiert werden muss. Das habe ich bei Besuchen gemerkt. Es kann nicht sein, dass 80 % Neuwaren angeboten werden. Das sehen auch die Organisatoren der Trödelmärkte so.
Die Organisatoren sehen es auch so, wie der Minister schon ausgeführt hat, dass diese Märkte nicht jede Woche stattfinden können, sondern nur in größerem zeitlichen Abstand durchgeführt werden dürfen.
Die vielen Berichte in den Zeitungen haben gezeigt, dass die Bürger unseres Landes sehr daran interessiert sind - darüber waren wir uns in allen Fraktionen einig -, dass wir eine schnelle Lösung finden.
In diesem Sinne stimmt unsere Fraktion zu, dass der Änderungsantrag in Drs. 3/3603 neu Bestandteil unseres Antrages wird und dass wir über den Gesamtantrag abstimmen.
Herr Becker hat den Einwurf bezüglich der ersten zwei Sätze des Änderungsantrages der PDS-Fraktion gemacht. Frau Kollegin Rogée, ich würde Ihnen einen Vorschlag unterbreiten. In unserem Antrag heißt es im ersten Satz: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in den Ausschüssen für Inneres, für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Ar
beit, Gesundheit und Soziales darzulegen...“ An dieser Stelle würde ich einfügen: „bis zum 31. Dezember 2000 darzulegen“, damit wir das terminieren.
Dann bestünde im Prinzip Einklang zwischen allen Fraktionen, zwischen der CDU-Fraktion, der PDS-Fraktion und unserer Fraktion. Ihnen, Frau Rogée, geht es im Wesentlichen darum, dass die Berichterstattung terminiert werden soll.
- Gut. Darauf kann ich kurz noch etwas unterbreiten.
Ich unterbreite einen Vorschlag dazu.
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in den Ausschüssen für Inneres, für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales bis zum 31. Dezember 2000 Lösungsmöglichkeiten einer Neuregelung... vorzuschlagen.“
- Nicht „Möglichkeiten“, sondern „Lösungsvorschläge zu unterbreiten“.
Bei dieser Formulierung können wir mitgehen. Ich bedanke mich in diesem Sinne für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie um Zustimmung zu unserem nunmehr gemeinsamen Antrag. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kürzlich war in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu lesen, daß sich amerikanische Investoren nach Aussage von Michael Polt, dem Gesandten an der amerikanischen Botschaft in der Bundesrepublik, bei der Standortwahl eines Unternehmens in der Regel drei Fragen vorlegen: Erstens. Kann ich Geld verdienen? Zweitens. Wie sind die Auswahlchancen des Geschäftes? Drittens. Wie geht es mir dort, und welche kulturellen Einrichtungen werden für meine Familie geboten?
Während Polt für Sachsen-Anhalt die ersten beiden Fragen positiv beantwortete, fiel sein Ja in bezug auf das kulturelle Umfeld, das heißt die weichen Standortfaktoren, deutlich zögernder aus. Auf kulturellem Gebiet und bei dem Vermarkten des Standortes sollte laut Polt das Image Sachsen-Anhalts noch viel mehr unterstrichen werden, und es sollte noch viel mehr dafür getan werden, daß es deutlich wird.
Das Thema ist nicht neu. Die Hinweise auf die Wechselbeziehungen zwischen Kultur, Wirtschaft und Arbeit, dem weichen Standortfaktor Kultur und dem Wachstumssektor Kulturwirtschaft sind zahlreich und befinden sich seit spätestens Anfang der 80er Jahre auf der kulturpolitischen Agenda.
Lassen Sie mich einige Zahlen zur Kulturwirtschaft nennen, um die beeindruckende Bilanz dieses Sektors und die Grundannahmen der Wechselbeziehungen zwischen Kultur und Wirtschaft zu verdeutlichen.
Zunächst einmal gilt die alte kulturökonomische Faustregel, daß jede öffentliche Kulturmark 1,40 DM in die Stadt zurückbringt. Im einzelnen heißt das: Das Kulturpersonal bringt Steuern, der Kulturbesucher Umsatz, das Kulturumfeld Standortvorteile und das Kulturklima Kreativität. Wichtig ist also: Die öffentlich geförderte Kultur zählt zur Kulturwirtschaft, da sie die grundlegenden Vorleistungen und Vorprodukte schafft, die der Kultur
wirtschaft den erwünschten und notwendigen Zuwachs bringen.
Während sich das Kultursponsoring im Verhältnis zu den Ausgaben der öffentlichen Hand noch bescheiden ausnimmt - es stehen etwa 500 Milliarden DM 16 Milliarden DM gegenüber -, kann sich die Leistungsbilanz der Kulturwirtschaft durchaus sehen lassen.
Lassen Sie mich einige Angaben zu Nordrhein-Westfalen machen. In den Jahren 1991/92 verzeichnete die Kulturwirtschaft in Nordrhein-Westfalen einen Umsatz von 46 Milliarden DM. Die Kulturwirtschaft hatte damit einen Anteil von 3,7 % an der gesamten Wirtschaft Nordrhein-Westfalens. Im Jahr 1996 beliefen sich die Umsätze bereits auf knapp 70 Milliarden DM und im Jahr 1999 auf 85 Milliarden DM.
Verdeutlichen wir uns: Ein Land wie Nordrhein-Westfalen, das in der jüngsten Geschichte eher mit dem Bild einer Industrie- denn einer Kulturregion verknüpft wurde, setzt in seinem Strukturwandel verstärkt auf die Entwicklung von kulturellen Akzenten und die Einbindung kulturwirtschaftlicher Prozesse. Die Umwandlung von Industriebrachen in Kulturlandschaften - ich erinnere nur an den Emscher-Park - sei hier exemplarisch ebenso genannt wie die Regionalisierung der Kulturpolitik.
Wenn die Möglichkeiten und Potentiale der Kulturwirtschaft für Sachsen-Anhalt bis dato nicht in dem möglichen und nötigen Umfang ausgeschöpft wurden, dann mag das unter anderem auf die folgenden Gründe zurückzuführen sein:
Erstens. Der beschäftigungswirksame und wertschöpfende Aspekt der Kultur ist bislang nur unzureichend im öffentlichen Bewußtsein verankert. Er ist allerdings im Wachsen begriffen und von der wirtschaftlichen Lage abhängig.
Zweitens. Nach wie vor ist eine ressortübergreifende und querschnittsorientierte Arbeitsweise wenig verbreitet.
Drittens. Die Regionalisierung der Strukturpolitik muß verstärkt vorangetrieben und insbesondere unter kulturellen Gesichtspunkten von den politisch Verantwortlichen ernster genommen werden. Bis dahin muß für die Kultur aber insgesamt als Defizit festgestellt werden, daß kulturrelevante Aspekte nur unzureichend in den regionalen Entwicklungsplänen berücksichtigt und in die regionale Strukturpolitik eingebunden werden. Die möglichen beschäftigungswirksamen Aspekte und Synergien können dadurch nur ungenügend genutzt werden.
Die Erstellung eines Kulturwirtschaftsberichts muß daher zum Katalysator eines für Sachsen-Anhalt wichtigen Sensibilisierungsprozesses werden und zur Kooperation und Vernetzung von Kultur, Wirtschaft und Verwaltung einladen und anregen.
Wir begrüßen daher die Entscheidung der Landesregierung, einen Kulturwirtschaftsbericht für Sachsen-Anhalt erstellen zu lassen, und sehen den Ergebnissen und den folgenden Diskussionen in den Ausschüssen mit Spannung entgegen. Ich bitte um Zustimmung für den Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.