Deshalb kann auch nicht von einer Einschränkung der Pressefreiheit gesprochen werden, da den Pressevertretern diesbezüglich keine Informationen vorenthalten werden. Die Presse muss sich die Informationen wie in der Vergangenheit und wie es in den anderen Bundesländern ebenfalls gehandhabt wird, einfach nur selbst beschaffen.
Sollte über diesen Gesetzentwurf am heutigen Tag abgestimmt werden, so handelt es sich unseres Erachtens nicht nur um einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff, sondern damit wäre unserer Meinung nach auch der Missbrauchsgefahr Tür und Tor geöffnet. Denn durch das Verschicken dieser personenbezogenen Daten durch die Gerichte können ganze personenspezifische Datenbanken, die sich im Laufe der Jahre weiter füllen lassen, erzeugt und innerhalb von Sekunden abgerufen, weitergeleitet und missbräuchlich verwendet werden, und das nicht nur von großen Medienunternehmen oder Tageszeitungen, sondern auch von Bloggern, Fotojournalisten, Studenten der Journalistik und sogar Schülern einer Journalistenschule und all den anderen Personen, die regelmäßig und
dauerhaft journalistisch tätig sind und über einen Presseausweis verfügen. Das können wir doch wirklich nicht wollen.
Der Bayerische Datenschutzbeauftragte hat in der Anhörung sinngemäß dargestellt, dass der Journalist mit diesen Listen Informationen über das Aktenzeichen, die Namen der betroffenen Verfahrensbeteiligten und eine Beschreibung des Verfahrensgegenstandes abgreifen kann. Daraus kann er eine ganze Menge an Informationen in einer Art Register zusammenziehen, mit externen Daten füttern und verwenden. Diese Vorgehensweise beschränkt nach seinen Ansichten die Freiheit des Normalbürgers erheblich. Des Weiteren äußerte er, dass das Bundesverfassungsgericht immer wieder darauf hingewiesen habe.
Frau Suhr, Gerichtsreporterin der „Dresdner Morgenpost“, der ich natürlich keine Missbrauchsgedanken unterstellen möchte, hat in der Anhörung an einem Beispiel klargemacht, dass das Sammeln von Daten bisher recht mühsam ist, es aber mit der neuen Gesetzesnovelle leichter wäre, die Daten zu sammeln und zu verknüpfen. Dies wäre für Personen, die über einen Presseausweis verfügen und auf einen Missbrauch abzielen, ein gefundenes Fressen, zumal die Regeln des Presserechts gemäß der Begründung dieses Gesetzentwurfs nicht kontrolliert und durchgesetzt werden können.
Ich fasse zusammen: Es geht uns um den offensichtlichen Grundrechtseingriff und den Missbrauch, welcher bei Verabschiedung dieses Gesetzes durch den erleichterten Zugang zu personenbezogenen Daten erwachsen könnte, und nicht um die Beeinträchtigung der freien Pressearbeit. Wir bewerten das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Bürgers deutlich höher als das Ansinnen der Presse auf Arbeitserleichterung. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf anlehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Behandlung dieses Gesetzentwurfs ist wieder einmal ein unrühmliches bzw. klassisches Beispiel dafür, wie die Fraktionen von CDU und SPD in diesem Parlament arbeiten. Die Staatsregierung legt dem Landtag einen Gesetzentwurf vor und führt mit dem § 13 a einen neuen Paragrafen ins Justizgesetz ein. Das ist sicher gut gemeint, aber wie so oft: Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht.
Die Rolle qualifizierter Berichterstattung ist in unserer Demokratie unerlässlich und nicht zu unterschätzen. Die Medien bei ihrer Arbeit zu unterstützen ist grundsätzlich begrüßenswert. Auf den ersten Blick scheint die Versendung der Terminslisten durchaus unproblematisch, denn schließlich hängen die Listen jetzt schon in den Gerichten für alle zugänglich aus. In der Praxis ist es so, dass die Terminslisten heute schon an die einschlägigen Gerichts
reporterinnen und -reporter versandt werden. Aber mit dem Gesetzentwurf soll dem Ganzen nun Tür und Tor geöffnet werden. Deswegen hat auch der Sächsische Datenschutzbeauftragte, nachdem er den Gesetzentwurf ausgehändigt bekommen hatte, ganz klar seine Bedenken geäußert, denn durch die Versendung der Terminslisten werden Unmengen an Daten an einen fast unüberschaubaren Empfängerkreis verbreitet. Und die Betroffenen stehen in der Regel nicht freiwillig auf diesen Listen.
Wir haben es schon gehört: Die Macher des Gesetzentwurfs haben versucht, dem Datenschutz nachzukommen. Darin steht, dass die Journalistinnen und Journalisten angehalten sind, nach 14 Tagen diese Terminslisten auf ihren Rechnern zu löschen. Wer, bitte schön, soll denn das kontrollieren? Das konnte weder in der Anhörung plausibel erläutert werden noch in der Diskussion, die wir danach im Ausschuss geführt haben.
Weil wir unseren Datenschutzbeauftragten ernst nehmen, haben wir eine Anhörung beantragt. Dabei sind viererlei Aspekte zutage getreten, nämlich erstens, dass Herr Prof. Petri grundsätzlich infrage gestellt hat, dass wir diesen § 13 a brauchen, weil das Sächsische Pressegesetz und der Rundfunkstaatsvertrag bereits umfassende Auskunfts- und Informationsansprüche für die Medien bereithalten. Zweitens haben wir in Sachsen die Situation, dass die Gerichte höchst unterschiedlich mit dem Veröffentlichen der Terminslisten umgehen. Es bedarf einer einheitlichen Regelung. Hierzu hätte aber ein Blick über den Tellerrand Sachsens genügt, weil andere Bundesländer das mit einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift geregelt haben.
Auf den Datenschutz bin ich schon eingegangen. Das ist der dritte Punkt. Die Datenschutzregelungen in den Sätzen 3 und 4 des § 13 a sind vor allem von den juristischen Sachverständigen als verfassungsrechtlich höchst bedenklich eingestuft worden. Sie haben uns schlicht die Streichung empfohlen. Was sie uns auch empfohlen haben – das ist quasi der vierte Punkt –, ist, auf eine Anonymisierung der Listen hinzuwirken, weil die deutschen Gerichte ihre Entscheidung auch anonymisiert veröffentlichen. Über das Aktenzeichen ließen sich auf den nicht anonymisierten Terminslisten ohne Weiteres die dazugehörigen Namen der Beteiligten herausfinden. Das geht schlicht und einfach nicht.
Deshalb hat einer der Sachverständigen einen konkreten Vorschlag gemacht, wie man diesen Paragrafen, wenn man das überhaupt verabschieden wollte, formulieren müsste, um dieser Probleme Herr zu werden. Die Koalitionsfraktionen hätten also diesen Vorschlag übernehmen und in einen Änderungsantrag gießen können.
Ja, Sie haben einen Änderungsantrag vorgelegt. Aber der kommt diesem Problem nicht bei. Sie haben eine ganz neue Materie aufgemacht, nämlich die Gebührenfreiheit für die Eintragung gemeinnütziger Vereine ins Vereinsregister. Das finden wir richtig und gut. Aber das eigentliche Problem, das hätte behoben werden müssen, sind Sie nicht angegangen.
Damit komme ich noch einmal grundsätzlich auf die Sachverständigenanhörungen insgesamt zu sprechen. Ich muss doch wirklich davon ausgehen – und ich glaube, das ist auch kein Geheimnis –, dass wir hier in diesem Hohen Hause nicht alle alles wissen können. Genau deshalb sind die Sachverständigenanhörungen ein unverzichtbarer Bestandteil in den Gesetzgebungsverfahren, weil sie uns als Abgeordneten helfen sollen, qualifiziert Entscheidungen zu treffen. Genau das ist auch unsere Aufgabe: qualifiziert zu entscheiden. Wenn aber dann die Einschätzungen der Sachverständigen, der Expertinnen und Experten, so übergangen werden, wie das jetzt passiert ist, zeugt das von einem zweifelhaften Parlamentsverständnis, wenn die Legislative Vorlagen der Exekutive trotz erheblicher Bedenken aller Sachverständigen durchwinkt. Genau das wird heute hier passieren. Das machen wir als GRÜNE nicht mit und lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Ihnen zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf klingt auf den ersten Blick etwas technisch, in der Sache aber trifft er zwei für die Öffentlichkeit und damit politisch bedeutsame Regeln. Das wurde schon angesprochen. Es geht auf der einen Seite um die Klarstellung, dass die Gerichte die Listen an Journalisten herausgeben dürfen, auf denen bevorstehende öffentliche mündliche Verhandlungen verzeichnet sind. Das sind genau dieselben Listen, die letztlich auch in den Gerichten öffentlich aushängen und für jedermann einsehbar sind.
Journalisten benötigen diese Informationen vorab, um ihre Berichterstattung vorbereiten zu können. Ohne diese Listen wäre eine Gerichtsberichterstattung praktisch nicht möglich. Die derzeitige Praxis ist so, dass man mit großer Mühe versucht, sich diese Informationen zu beschaffen. Einige Gerichte – das wurde schon angesprochen – geben diese Listen bereits schon vorab heraus.
Dass diese Listen für die journalistische Arbeit notwendig sind, hat eine anwesende Pressevertreterin in der Anhörung sehr deutlich und überzeugend geschildert. Diese Berichterstattung geht aber über das ökonomische Interesse der Medien, der Presse hinaus; denn sie ist auch Instrument der Kontrolle der rechtsprechenden Gewalt. Im gewaltengeteilten und demokratischen Staat können weder Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, als legislative, noch die Regierung als exekutive Gewalt diese Kontrolle ausüben.
Erlauben Sie mir deshalb in Erinnerung zu rufen, was in der Sachverständigenanhörung beinahe unterging, nämlich: Die Pressefreiheit ist für die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlechthin konstituierend. Das Grundgesetz und die Verfassung unseres Freistaates
schützen sie von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht. Niemand von uns ist über die Berichterstattung immer nur froh, mancher sogar ausgesprochen selten. Aber öffentlicher Kritik müssen wir uns alle stellen. Sie ist notwendiger Teil des demokratischen Diskurses.
Selbstverständlich sind die Sorgen um den Schutz personenbezogener Daten der Verfahrensbeteiligten ernst zu nehmen. Das tut der Gesetzentwurf. Er beschränkt nämlich die Verwendung der Terminslisten auf die Vorbereitung einer Berichterstattung und erlaubt den Gerichten, auf Missbräuche zu reagieren. Damit bleibt Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das zu tun, was auch Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers ist, nämlich zwischen widerstreitenden Interessen den gerechten Ausgleich zu finden. Der Gesetzentwurf weist dabei einen Weg, der die Pressefreiheit und die Rechte der Verfahrensbeteiligten gleichermaßen schützt und diesen Ausgleich herbeiführen würde.
Die zweite bedeutsame Änderung – das wurde schon angesprochen – ist die Befreiung gemeinnütziger Vereine von den Eintragungsgebühren in Vereinsregistersachen. Das fördert zielgerichtet diese Vereine und damit das Ehrenamt selbst. Durch den im Verfassungs- und Rechtsausschuss beschlossenen Änderungsantrag von CDU und SPD, der eine Gebührenbefreiung vorsieht, wird es künftig möglich sein, die steuerlichen Vergünstigungen mit einer Verbesserung im Gebührenrecht zu flankieren. Steuerliche Vergünstigungen gibt es für diese Vereine bereits. Damit stärken wir letztlich weiterhin gemeinsam das so wichtige bürgerschaftliche Engagement. Deshalb bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, um Ihre Zustimmung.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist „Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Justizgesetzes“.
Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Verfassungs- und Rechtsausschusses. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich würde die Artikel wieder zusammenfassen, wenn es keinen Widerspruch gibt. – Ich sehe keinen. Dann beginne ich jetzt mit der Überschrift, danach folgen Artikel 1 Änderung des Sächsischen Justizgesetzes, Artikel 2 Bekanntmachungserlaubnis, Artikel 3 Inkrafttreten. Wer möchte diesen Artikeln zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, eine Anzahl von Stimmen dagegen. Dennoch ist dem Gesetzentwurf mit Mehrheit zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, damit ist der Tagesordnungspunkt beendet. Oder muss ich noch eine Gesamtabstimmung machen? – Ich höre, hierzu muss ich jetzt eine
Gesamtabstimmung machen. Wer dem soeben eingebrachten Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich noch einmal um das Handzeichen. – Und die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Das Bild sah jetzt schon deutlich anders aus. Es gab eine Reihe von Stimmen dagegen, aber es wurde mehrheitlich zugestimmt.
Wir gehen in die allgemeine Aussprache. Es beginnt die CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun Herrn Abg. Fritzsche das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit gebe ich meine Rede zu Protokoll.