Protocol of the Session on March 13, 2019

Am 1. März 2019 ist die Rundverfügung in Kraft getreten. Sie dient der Strafverfolgungspraxis, nicht der Urteile des Richters und der Strafzumessung.

(Beifall des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU, und bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Die sächsische Strafverfolgungspraxis durch die Staatsanwaltschaft wird dadurch verschärft. Die Straftaten sollen also konsequent verfolgt werden, selbst wenn es sich um Bagatelldelikte handelt. Zukünftig soll – und das ist wichtig – das Strafverfahren im Bereich der Kleinkriminalität vor Gericht, also vor dem Richter, verhandelt werden. Das ist richtig und wichtig.

Bisher war es leider immer wieder üblich, dass die Staatsanwaltschaft vorher nach §§ 153 a, b, c, d, e und 154 eingestellt hat, wegen fehlendem öffentlichen Interesses etc. Auch darin haben Sie recht. Das wollen wir aber nicht.

Was wollen Sie mit dem Antrag? Wenn ich mir den Wortlaut „Gehabe des Generalstaatsanwaltes – Law and Order“ ansehe, dann wollen Sie letztendlich wieder einmal die Kriminellen schützen, und die Opfer, um die es geht, lassen Sie im Regen stehen.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch von den LINKEN)

Nein, Herr Bartl, das ist ein völlig falscher Ansatz. Ich sage Ihnen ehrlich: Erster Diebstahl, erste Körperverletzung, erstes Graffitimalen, das erste Mal dem anderen eine reinbumsen – im Straßenjargon –, das wird doch eh eingestellt, das ist doch frei. Nein! Das soll es nicht mehr. Das ist der Grund. Wir wollen es konsequent verfolgen. Es soll von der Staatsanwaltschaft konsequent nicht immer wieder eingestellt werden.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Das sind wir nämlich den Geschädigten und auch den Opfern schuldig.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Die Wortwahl der LINKEN zeigt eines: entweder Populismus – keine Ahnung –, Klientelpolitik – kann es auch sein – oder Unkenntnis. Nein, Herr Bartl, Unkenntnis sage ich Ihnen nicht nach. Sie sind fit. Als Strafverteidiger sind Sie gut. Deshalb verstehe ich nicht, warum der Generalstaatsanwalt das nicht machen darf. Es ist die Aufgabe und sogar die Pflicht der Generalstaatsanwaltschaft.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Kollege Mackenroth hat gesagt: „Justiz ist Ländersache“. Der Generalstaatsanwalt ist ein Landesgeneralstaatsanwalt

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

und er hat die Pflicht, dies zu tun. Eine solche Rundverfügung, eine solche Richtlinie zu geben ist eben kein Gehabe, wie Sie das darstellen.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Diese Richtlinie, diese Richtschnur für die Staatsanwaltschaften soll dem Rechtsfrieden dienen, Herr Bartl. Sie soll der Rechtsstaatlichkeit dienen und das tut sie auch. Sie ist nämlich ein Heilmittel und eben kein Gift. Was aber Gift ist, ist Ihr Debattenthema. Damit vergiften Sie nämlich genau das Ansehen dieser Rundverfügung.

Und das sage ich Ihnen noch einmal: So geht man übrigens nicht mit Herrn Staatsanwalt Strobl um, so geht man eigentlich überhaupt nicht mit der Staatsanwaltschaft um. Das ist Gift.

(Beifall bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Ganz schlechtes Thema! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Oh!)

Ich komme noch einmal auf das beschleunigte Verfahren zurück. Das war nicht die aktuelle, sondern es war die letzte Rundverfügung gewesen. Ich denke, das war eine gute Sache. Sie hat sehr guten Anklang gefunden, bei der Staatsanwaltschaft und auch bei den Gerichten. Die schnelleren Verfahren schrecken nämlich ab. Das zeigen

auch die Erfahrungen unserer Nachbarn. Das zeigen auch die Erfahrungen in Polen und in Tschechien.

Und, liebe LINKE, fragen Sie mal in Thüringen nach bei den Genossinnen und Genossen. Das funktioniert. Sie sind dort nämlich auch sehr positiv überrascht und machen das genauso. Sie haben positive Erfahrungen damit gemacht. Denn durch das schnelle und konsequente Handeln – das ist wichtig – ist die kriminelle Karriere eines Kleinkriminellen mal ganz schnell gestoppt, und das ist sinnvoll. Die Täter müssen lernen, und sie müssen auch verstehen, dass sich die sächsische Justiz nicht einfach auf der Nase herumtanzen lässt.

(Beifall bei der CDU)

Dieses ewige „Ich laviere mich durch, da eingestellt, da hab ich was gemacht und letztendlich taucht es nirgendwo auf, und jeder sagt, ich habe eine reine Weste“ geht so nicht. Dabei ist er schwarz gefahren, dabei hat er jemanden mal verwumst, dann hat er mal dort irgendwas geklaut. Das geht so nicht!

Aus diesem Grund danke ich dem Generalstaatsanwalt für die Umsetzung ebendieser Grundverfügung. Es ist das richtige Zeichen und vor allem der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Kollege Modschiedler sprach für die CDU-Fraktion. Jetzt spricht für die SPDFraktion unser Kollege Baumann-Hasske.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Justiz, Strafverfolgung, Strafvollzug sind Kernkompetenzen unseres Landes. Deswegen ist es gut und richtig, es in diesem Landtag auch immer wieder zum Thema zu machen.

Law and Order – Recht und Ordnung –, gegen die Begriffe ist erst einmal nichts einzuwenden. Sie werden aber regelmäßig – so auch hier – in einem Kontext gebraucht, der nahelegt, der Staat müsse besonders hart mit Straftätern umgehen, bzw. es wird unterstellt, dass derjenige, der sich auf Law and Order beruft, das so will.

Auch wir als Sozialdemokraten stehen für Recht und Ordnung, sind aber nicht für Härte und Verschärfungen, sondern für konsequente Anwendung der Gesetze.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Carsten Hütter, AfD – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Der Vorwurf von Law and Order – wir hörten es – speist sich daraus, dass der Generalstaatsanwalt des Freistaates öffentlich erkennen lassen hat, dass er in Zukunft verstärkt Kriminalität, auch Kleinkriminalität, bekämpfen will. Mit Verlaub, meine Damen und Herren – losgelöst von allen Debatten –: Erst einmal ist es sein Job. Er muss dafür sorgen, dass in Sachsen konsequent Straftaten verfolgt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Er will Kleinkriminalität ins Visier nehmen, weil viele Menschen nicht verstehen, warum Ladendiebstähle und Schwarzfahren nicht bestraft werden. Diese Verfahren sollten in Zukunft nicht mehr so leicht eingestellt werden. Er will eine Null-Toleranz-Politik in Sachsen unterstützen. Das würde allerdings voraussetzen, dass in der sächsischen Justiz zu viel Toleranz gegenüber Straftätern besteht, und das, ehrlich gesagt, vermag ich bisher nicht zu erkennen.

(Beifall des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Das klingt eher nach politischen Aussagen denn als eine kriminalpolitische Maßgabe.

Die Opposition wendet ein, es gäbe weitaus wichtigere Straftaten, die Strafverfolger sollten sich auf wichtigere Themen und nicht auf Kleinkriminalität konzentrieren müssen.

Ich halte beides für etwas zu kurz gesprungen. Man kann ja das eine tun, ohne das andere zu lassen. Man kann aus Sicht meiner Fraktion durchaus diskutieren, ob es sinnvoll ist, bestimmte Formen der Kleinkriminalität weiterhin überhaupt als Straftaten zu belassen, und ob der Gesetzgeber zum Beispiel das Schwarzfahren künftig nicht besser als Ordnungswidrigkeit verfolgen lässt.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Auch die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit in solchen Fällen kann durchaus sehr unangenehm sein, wie jeder weiß, der schon einmal wegen zu schnellen Fahrens vor Gericht musste. In anderen Ländern gibt es auch dort Verschärfungsverlangen, da soll zu schnelles Fahren zum Vergehen hochgestuft werden – es soll Gefängnis drauf stehen und Ähnliches. Ob das zu dem führt, was man damit beabsichtigt, ist fraglich.

Wir sind eher der Auffassung, man kann darüber reden, ob zum Beispiel Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit verfolgt wird, ob man also nicht möglicherweise die Dinge so anfasst, wie sie in der Gesellschaft und in der Akzeptanz der Gesellschaft gesehen werden. Gerade beim Schwarzfahren fühlt sich niemand bedroht; der Nachbar wird sich vom Schwarzfahren kaum beängstigen lassen. „Bedroht“ werden die Verkehrsbetriebe.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wir können überlegen, ob wir bestimmte Bereiche entkriminalisieren, aber – und das möchte ich betonen – wir müssen uns darüber im Klaren sein: Solange Tatbestände unter Strafe stehen, sollten wir sie konsequenterweise als Straftaten verfolgen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Wir sollten zusehen, dass wir in unseren Handlungen und Vorgehensweisen konsequent sind, und solange wir Ladendiebstähle als Straftaten haben, müssen wir auch Straftaten verfolgen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, selbstverständlich.

Bitte, Kollege Bartl.

Vielen Dank, Herr Präsident, vielen Dank, Herr Kollege. Herr Kollege, sind Sie der Auffassung, dass die bisher in der geltenden Rundverfügung, die jetzt aufgehoben worden ist, vorgegebenen Prämissen für die Strafverfolgung/Strafeinleitung durch die Staatsanwaltschaft nicht eine konsequente Bestrafung vorsahen, die mit den entsprechenden Vorgaben in den anderen Bundesländern übereinstimmten? War das eine inkonsequente Strafverfolgung?

Man kann darüber diskutieren, ob es in allen Fällen immer konsequent gehandhabt wurde. Ich kann verstehen, wenn man aus politischer Sicht sagt, wir wollen bestimmte Bereiche tatsächlich durch Verfahren ahnden. Wir sollten nicht vergessen, dass ein Teil der Präventivwirkung auch von Verfahren ausgeht, und wenn ich bestimmte Verfahren von vornherein einstelle, dann findet das Verfahren im Grunde nicht statt. Das heißt, die Präventivwirkung des Strafverfahrens wird dabei verfehlt. Man kann darüber nachdenken, ob man das anders handhaben will, und das scheint mir hier geschehen zu sein.

Darf ich eine Nachfrage stellen, Herr Präsident?

Gestatten Sie eine Nachfrage, Herr Kollege? – Bitte.