Protocol of the Session on January 31, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr gern nehme ich aus Sicht der Staatsregierung Stellung zum vorgelegten Bericht der Enquete-Kommission. Auch ich möchte zunächst die Gelegenheit nutzen und mich bedanken, bedanken bei dem Vorsitzenden, bedanken bei den Mitgliedern der Enquete-Kommission und bei den

vielen Experten, die dazu beigetragen haben, dass ein sehr guter Bericht vorliegt.

Er zeigt, welches großes Engagement, wie viel Zeit, wie viel Energie enthalten sind. Er zeigt Handlungsempfehlungen auf, die auch für die Staatsregierung, für unseren Freistaat Sachsen ein sehr wertvoller Beitrag sind. Der Bericht legt aber auch in eindrucksvoller Weise dar, was wir gemeinsam im Freistaat Sachsen alles im Bereich Pflege erreicht haben. Ich denke dabei nicht nur in erster Linie an die Pflegelandschaften, an Einrichtungen, die sich durchaus sehen lassen können.

Ich glaube, dass man das in diesem Rahmen durchaus ansprechen darf: Es ist noch nicht allzu lange her, da sah unsere Pflegelandschaft im Freistaat Sachsen noch ganz anders aus. Es gab Pflegeheime mit Zimmern mit sechs bis acht Betten. Von den Sanitäranlagen möchte ich gar nicht sprechen.

Wenn wir heute unsere Pflegelandschaft ansehen, dann ist vor Inkrafttreten der Pflegeversicherung sehr viel investiert worden. Ja, wir haben eine Pflegelandschaft, die sich wirklich sehen lassen kann. Ich denke, auch das gehört im Rahmen eines Berichtes dazu. Wir haben vor allen Dingen eine Pflegelandschaft, die wir gemeinsam aufgebaut haben; denn Pflege kann wirklich nur gemeinsam gesichert werden. Daher an dieser Stelle ein Dank den Damen und Herren Abgeordneten, die sich ausdrücklich dafür aussprechen, dass die Empfehlungen, die in dem Bericht enthalten sind, auch an die jeweiligen Adressaten gerichtet sind. Das ist zum einen die Staatsregierung, das sind wir, das ist aber auch die Bundesregierung, das sind die Pflegekassen, das sind die Kommunen und auch die Leistungserbringer.

Wir müssen uns alle gemeinsam grundsätzlich die Frage stellen, wie wir die Kosten für die stationäre Pflege künftig aufbringen können. Wir wissen, dass zum 1. Januar dieses Jahres die Beiträge zur Pflegeversicherung gestiegen sind, wir wissen gleichzeitig aber auch, dass das nicht reichen wird. Wir müssen uns Gedanken über weitere Formen der Finanzierung machen. Von den Vorrednern sind einige Gedanken bereits ausgesprochen worden, wie die im Bericht enthaltene Art von einem Pflegewohngeld oder auch weitere Investitionen in die Pflegeheime, in Ersatzinvestitionen, in Neuinvestitionen, die überlegt werden müssen, ob sie nicht wieder zur Verfügung gestellt werden sollten.

Auf der anderen Seite ist es aber auch höchste Zeit, denn wir sprechen von Wertschätzung in der Pflege, die für mich sehr eng auch mit der Bezahlung in der Pflege zu tun hat. So ist es mehr als richtig, dass die Pflegekräfte eine deutlich höhere Bezahlung bekommen, als es bisher der Fall war, und dass die Pflegesätze in den Einrichtungen neu verhandelt werden konnten.

Der Bericht enthält über 340 Handlungsempfehlungen, die jetzt zu bewerten und auch nach Dringlichkeiten ein Stück zu priorisieren sind. Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass Sie auch in dem Bericht zu dem Ergebnis gekommen sind, dass der Weg, den wir im Freistaat

Sachsen eingeschlagen haben, zum Beispiel mit der vernetzten Pflegeberatung, mit den Pflegekoordinatoren, der richtige Weg war. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unseren regionalen Pflegedialogen, die wir seit September in den Landkreisen und kreisfreien Städten gestartet haben und durchführen, auf dem richtigen Weg sind.

So, wie Sie es in dem Bericht geschrieben haben, geht es genau darum zu recherchieren, welche Ansätze, welche Lösungen vor Ort gezielt gefunden und auch individuell vor Ort umgesetzt werden müssen – Lösungen, die darauf zielen, dass die Menschen im Freistaat Sachsen auch bei Unterstützungs- und Pflegebedarf so lange wie möglich in ihren eigenen Wänden, in ihrer eigenen Häuslichkeit bleiben können, wenn sie das wollen. Die Empfehlungen im Bericht untermauern es.

Die zentrale Frage ist: Was macht gute Pflege schon heute aus, und wie lässt sie sich weiter verbessern? Es geht darum, konkrete Maßnahmen umzusetzen, Maßnahmen, wie sie im Bericht beschrieben sind, die darauf zielen, die unermüdlichen, engagierten pflegenden Angehörigen, die zahlreichen ehrenamtlichen Engagierten und die professionellen Pflegekräfte bei ihrer täglichen Arbeit weiter zu unterstützen. Hierbei brauchen wir noch mehr Entlastungs- und Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort und in den Kommunen. Dazu bedarf es einer weiteren Stärkung der kommunal angesiedelten Pflegenetze. Sie wissen, wir haben aus diesem Grund im letzten Jahr ein Pflegebudget von 50 000 Euro zur Verfügung gestellt, im Doppelhaushalt 2019/2020 wurde dieses Pflegebudget noch einmal deutlich erhöht.

Unsere gemeinsame Zielstellung muss es sein, alle Beteiligten vor Ort in den Blick zu nehmen und sie miteinander zu vernetzen. Das ist auch aus dem Ergebnis der Pflegedialoge immer wieder herauszuhören. Das sind die Bürgermeister, das sind die Pflegekoordinatoren, das sind sicherlich auch Abgeordnete, es sind Alltagsbegleiter, Wohnungsgenossenschaften und auch die Pflegekassen. Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, die Pflegedialoge und auch die „Woche der pflegenden Angehörigen“ haben es deutlich gemacht, genauso wie Sie es in Ihrem Bericht beschreiben: Wir brauchen Foren vor Ort, wir brauchen runde Tische, wir brauchen den Dialog, der weiter gefördert wird und vor Ort deutlich macht, was die Region wirklich braucht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht stellt aus meiner Sicht eine gute Grundlage dar, indem wir den sächsischen Weg in der Pflege heute gehen und indem wir ihn auch in der Zukunft weitergehen können. Zum Schluss möchte ich noch einmal Danke für das große Engagement sagen sowohl für den Enquete-Bericht als auch denen, die sich Tag für Tag für unsere zu Pflegenden engagieren. An dieser Stelle sei ein sehr großes Dankeschön gesagt.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir hörten Frau Staatsministerin Klepsch für die Staatsregierung.

Meine Damen und Herren! Die Aussprache zum Bericht der Enquete-Kommission ist beendet. Uns liegen aber drei Entschließungsanträge vor, die jetzt in der Reihenfolge ihres Eingangs eingebracht werden und über die wir abstimmen werden. Ich rufe zunächst den in der Drucksache 6/16505 vorliegenden Entschließungsantrag der

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf. Herr Kollege Zschocke, Sie bringen ihn ein.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeit in der Enquete-Kommission – das ist ja in der Aussprache deutlich geworden – war von einer großen Bereitschaft geprägt, die verschiedenen Vorschläge der Fraktionen zu diskutieren und auch aufzunehmen. So freue ich mich, dass Teile des Berichts auch eine grüne Handschrift tragen, aber ein Bericht, der alles aufnimmt, birgt sicherlich auch eine Gefahr, dass er nämlich samt der vielen guten Handlungsempfehlungen der Sachverständigen in den Regalen des Landtages und der Ministerien verstaubt.

Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, im Bericht eine Empfehlung für Sofortmaßnahmen zu verankern. Sie sollen ermöglichen, noch in dieser Wahlperiode den Weg für bessere Bedingungen in der Pflege zu ebnen. Der Vorschlag umfasst zehn Maßnahmen zur Verbesserung in den Bereichen Wohnen, Quartier, Ausbildung, pflegende Angehörige, Wertschätzung und Stärkung der Fachkräfte. Die Maßnahmen sind nicht strittig, strittig ist der Zeitpunkt der Umsetzung. Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels erläutern:

Die Enquete-Kommission ist sich darüber einig, dass es notwendig ist, die Pflegekräfte erneut über die Gründung einer sächsischen Pflegekammer zu befragen – Frau Neukirch hat es ausgeführt – und bei einer Befürwortung durch die Befragung auch eine Pflegekammer auf den Weg zu bringen. Wir GRÜNEN sagen sehr deutlich: Das können wir sofort machen. Warum sollen wir noch weitere Monate verstreichen lassen? Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für diese Befragung, und Sie finden neun weitere konkrete Maßnahmen, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können – im Hinblick auf die Überarbeitung des Sächsischen Betreuungs- und Wohnstättengesetzes, im Hinblick auf eine Handlungsstrategie für Quartiersentwicklung, im Hinblick auf Maßnahmenkataloge zur Stärkung der Prävention für Pflegekräfte, auch für pflegesensible Unternehmenskultur. Wir haben einen Handlungsplan zur Entlastung von pflegenden Angehörigen im Sofortprogramm vorgeschlagen, und das Thema Personal ist auch sehr wichtig. Auch die Präsenzrichtwerte sollen endlich verbindlich in die Landesrahmenverträge aufgenommen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich wichtig, drei Jahre nach der Konstituierung der Enquete-Kommission die Empfehlungen vom Papier schnell in die Realität umzusetzen. Es gilt, jetzt schnell große Schritte zu gehen

und einer der größten Herausforderungen dieser Zeit entschlossen zu begegnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Entschließungsantrag ist eingebracht. Als Nächster ergreift für die CDUFraktion Kollege Schreiber das Wort.

Nur als Beitrag zum Entschließungsantrag. Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Zschocke! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass wir heute drei Entschließungsanträge auf dem Tisch haben. Das untermauert und zeigt noch einmal die Wichtigkeit des Themas und dass wir alle erkannt haben, dass sich aus diesem Enquetebericht Handlungsmaßnahmen ableiten, wozu sicherlich auch einige zählen, die demnächst schnell eingeleitet werden müssen und teilweise aber auch schon eingeleitet sind.

Wir hatten in der Enquete-Kommission die Diskussion über Handlungsempfehlungen, die man voranstellt und mit denen es jetzt losgehen soll. Ich denke, wenn man den Antrag der GRÜNEN und den der Koalition, der von der Kollegin Lang noch eingebracht wird, einmal nebeneinander legt, dann zeigt sich deutlich, dass wir nah beieinander liegen. Deshalb stellen wir auch unseren Antrag zur Abstimmung und würden auf den der GRÜNEN verzichten. Ich sage in einer zweiten Runde noch etwas zum Antrag der LINKEN.

Das war die erste Wortmeldung. – Frau Kollegin Schaper als Nächste, bitte.

Wir finden den Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

schlüssig. Er beinhaltet die zehn Punkte, die sofort umgesetzt werden könnten. Wir, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, haben einen ähnlichen, gemeinsamen Antrag. Insofern werden wir selbstverständlich diesem Antrag zustimmen, weil er auf jeden Fall einen Schritt dorthin geht, dass der EnqueteBericht, der so mühsam erstellt wurde, nicht in der Schublade landet.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Grimm, bitte.

Danke. – Wir finden es gut, dass alle Fraktionen der Meinung sind, es muss sofort gehandelt werden. Deshalb danke für die vielen Entschließungsanträge. Bei dem GRÜNEN-Antrag können wir allerdings in dem Punkt 9 nicht mitgehen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Warum nicht?)

Deshalb werden wir uns bei diesem Antrag enthalten.

Es gibt keinen weiteren Redebedarf. Ich stelle den Entschließungsantrag,

Drucksache 6/16505, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Eine ganze Anzahl von Stimmenthaltungen. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Ich rufe auf den zweiten Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 6/16506, und bitte um Einbringung. Bitte, Frau Schaper.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht der Enquete-Kommission macht deutlich, dass es in Sachsen bereits zehn nach zwölf und schon lange nicht mehr fünf vor zwölf ist. Deshalb möchten wir Sie heute bitten, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Unter Punkt I unseres Antrages möchten wir ausdrücklich den mit enormem persönlichem Einsatz tätigen Beschäftigten in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen der stationären und ambulanten Pflege sowie den pflegenden Angehörigen unseren größten Respekt und Dank für ihr unermüdliches Engagement in diesem Lebensbereich aussprechen, der das gesellschaftliche Zusammenleben mehr und mehr bestimmt. Dabei soll es nicht bleiben.

Damit die Arbeit der Mitglieder, der ständigen Gäste, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Sachverständigen in der Enquete-Kommission nicht in der Schublade verschwindet, fordern wir die Staatsregierung auf, unverzüglich damit zu beginnen, die Handlungsempfehlungen umzusetzen. Uns fehlen Fachkräfte in Sachsen und die, die wir haben, arbeiten schon jetzt am Rande ihrer Belastungsfähigkeit und sogar darüber hinaus. Deshalb können und dürfen wir nicht länger warten.

Um künftig rechtzeitig den Pflegebedarf, Deckungsdefizite und die Fachkräftesituation darzustellen und daraus Handlungsoptionen abzuleiten, wollen wir in Sachsen eine regional differenzierte Landesbedarfsplanung etablieren. Zusätzlich braucht es für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen wohnortnahe und leicht zugängliche Informationsmöglichkeiten über Angebote, Unterstützungs- und Betreuungsmöglichkeiten in der Pflege.

Besonders wichtig ist uns, dass auf der Bundesebene darauf hingewirkt wird, die gesetzliche Pflegeversicherung zu einer solidarischen Pflegevollversicherung umzugestalten. In diesem Punkt hoffe ich auf die Zustimmung aus den Reihen der SPD, die zuletzt im Oktober 2018 Überlegungen in diese Richtung angestellt hat. In diese Versicherung sollen alle Bürgerinnen und Bürger gemäß der Höhe ihres Einkommens aus allen Quellen einzahlen. So lässt sich die finanzielle Basis schaffen, dass künftig alle mit der Pflegebedürftigkeit eines Menschen im Zusammenhang stehenden Leistungen aus der Pflegekasse finanziert werden können. Pflege bedarf der Solidarität der gesamten Gesellschaft.

Mit einer solchen Vollversicherung ließen sich auch die von uns geforderten höheren Löhne, die mindestens 3 000 Euro brutto für Pflegefachkräfte betragen sollen,

finanzieren, ohne die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zusätzlich zu belasten.

Ich könnte noch viele weitere Forderungen aufführen. Dafür reicht leider meine Redezeit nicht aus. Ich denke aber, dass der Bericht der Enquete-Kommission deutlich macht, dass wir in Sachsen dringend handeln müssen.

Die Redezeit.

Das sind wir der Pflege und den zu Pflegenden schuldig. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag und auch, dass Sie zu Ihrem Wort stehen und fraktionsübergreifend unseren Forderungen zustimmen.

Die Redezeit ist beendet.

Sie können auch sehr gern punktweise Abstimmung beantragen.