Protocol of the Session on January 30, 2019

Ich will über diese Einleitung auch die Dynamik erklären, die in den Wäldern steckt. Hinzu kommt auch immer ein wirtschaftlicher Nutzen, den der Waldeigentümer einer Generation aus dem Wald ziehen muss, um mit seinem Wald wirtschaftlich durch die Zeiten zu kommen. Wir hatten im Dezember schon den Ansatz einer solchen Debatte gewählt. Ich war mit Volkmar Winkler sehr konstruktiv bei der Sache, und wir waren mehr als erstaunt, wie die Opposition mit diesem Thema umgegangen ist. Sie wollte keine Sachdiskussion, sondern man hatte das Gefühl, dass aufgrund der vielen Millionen Euro, die jetzt im Haushaltsplan vorhanden sind, das Thema abgefrühstückt sei und man sich inhaltlich nicht mehr damit beschäftigen müsste.

Das hat uns geärgert. Wir sehen schon die Notwendigkeit, an diesem kritischen Punkt für den sächsischen Wald weiterhin tätig zu sein; deshalb dieser Antrag am Jahresanfang 2019.

Was ist denn inzwischen wieder passiert? 200 000 Festmeter Schneebruch sind in den letzten Wochen im Erzgebirge zusätzlich aufgelaufen. Auch das sind Schadholzmengen, die geborgen und verarbeitet werden müssen – das Thema lässt uns überhaupt nicht los.

Deswegen auch dieser Antrag „Stärkung der sächsischen Forstwirtschaft in Zeiten von Sturm und Borkenkäfer“. Wir wollen von der Staatsregierung wissen: Wie ist der aktuelle Stand der Schäden, des Schadholzes, des Schadholzanfalls? Womit ist 2019 zu rechnen? Wie wird der Privat- und Körperschaftswald unterstützt? Welche Aufgaben haben die Krisenstäbe, die inzwischen nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf den Landkreisebenen eingerichtet sind? Wie wird der Holzmarkt entlastet? Welche konkreten Maßnahmen sind schon angelaufen? Welchen Beitrag leisten dabei forstliche Zusammenschlüsse und Dienstleister?

Das sind die Punkte, die wir von der Staatsregierung wissen wollen, und das läuft auf offener Bühne ab. Wir wollen wissen, wie es den sächsischen Wäldern geht, was dort passiert. Wir wollen natürlich auch zur Diskussion miteinander anregen.

Zweitens wollen wir mit diesem Antrag sicherstellen, dass Folgendes passiert: dass diese Krisenstäbe eine Unterstützung in dem Unternehmereinsatz vor Ort sind, dass der Harvester nicht an den Kleinwaldbesitzern vorbeifährt, sondern dass sie mit angesprochen werden. Auch ich bekam in den letzten Tagen einen Brief vom Sachsenforst, in dem die Waldbesitzer noch einmal ausdrücklich aufgefordert wurden, in ihren Wäldern nach Schadbäumen zu schauen. Das ist aktiver Forstschutz. Herzlichen Dank, dass das sowohl beim Sachsenforst als auch beim Staatsforst in Verbindung mit den Landkreisen klappt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Volkmar Winkler, SPD)

Nächste Frage: Wie werden die privaten und körperschaftlichen Wälder weiterhin unterstützt? Da soll das Geld vor allem ins Land. Wir denken vor allem an Pauschalen, die ausgereicht werden, um die Angelegenheiten zu vereinfachen. Letztendlich geht es um forstliche Zusammenschlüsse, die unterstützt werden sollen. Auch neue forstliche Zusammenschlüsse sollen gebildet werden, wenn es sich in den Regionen ergibt. Beim Waldschutzmeldewesen soll entsprechend den Erfahrungen, die

man jetzt im Miteinander macht, noch einmal überprüft werden, wie man es verbessern kann.

Das sind Themen, die uns bewegen und die wir hier mit Ihnen diskutieren wollen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank, Herr von Breitenbuch. Es folgt Herr Winkler von der SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist von Kollegen von Breitenbuch schon gesagt worden, dass wir im Dezember-Plenum vergangenen Jahres über die katastrophalen Auswirkungen der Stürme Herwart, Friederike und des ungewöhnlich trockenen und heißes Jahres 2018 im Rahmen einer Aktuellen Debatte gesprochen haben. Dabei wurde die dramatische Situation im sächsischen Staats-, Privat- und Körperschaftswald mehr als deutlich. Das Ausmaß der Schäden ist immens. Zahlen zur Schadenshöhe zu nennen macht keinen Sinn, weil sie täglich steigen.

Zu allem Übel kommen jetzt noch Schäden durch Schneebruch in den Kammlagen unserer Mittelgebirge hinzu. Die Herausforderungen bei der Bewältigung der entstandenen Schäden sind gewaltig: Sturmholz muss beseitigt, der Borkenkäfer in Schach gehalten und vertrocknete Waldkulturen müssen erneuert werden.

Ich habe in meinen Ausführungen während der genannten Debatte im Dezember den Vorsitzenden des Sächsischen Waldbesitzerverbandes, Andreas Bitter, zitiert. Diese Aussage möchte ich gern noch einmal wiederholen – ich zitiere: „Viele Waldbesitzer drohen an der aktuellen Herausforderung zu verzweifeln.“ Herr Bitter vertritt rund 85 000 Waldbesitzer in Sachsen. Fast die Hälfte des sächsischen Waldes ist in privater Hand. Man stelle sich vor: Die 85 000 Waldbesitzer – sie nennen meist sehr kleine Waldflächen zwischen 1 und 5 Hektar ihr Eigen – können die jetzt notwendigen umfangreichen Waldhygienemaßnahmen nicht allein stemmen. Jeder gefallene Baum, jede als Brutraum taugliche Fichte muss aus dem Forst entfernt werden. Nur so kann eine weitere Ausbreitung des Borkenkäfers verhindert werden. Experten erwarten selbst bei einem durchschnittlichen Witterungsverlauf in diesem Jahr erhebliche Waldschäden. Sollten jedoch das kommende Frühjahr und der Sommer erneut trocken und heiß werden, droht das Sterben ganzer Waldbestände und damit der Verlust elementarer Waldfunktionen.

Um diesen Super-GAU zu verhindern, ist jetzt jeder Waldbesitzer gefordert. Nicht jeder Waldbesitzer weiß, was in dieser Situation zu tun ist, und hat vor allem die Voraussetzungen, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen. Deshalb sind Informationen notwendig. Nicht nur in der Fachzeitschrift „Waldpost“,

sondern auch in Tageszeitungen und anderen Medien wird fast täglich informiert oder direkt durch Anschreiben durch den Sachsenforst zu Informationsveranstaltungen eingeladen. Vordergründig geht es bei diesen Veranstaltungen um das Erkennen von Schadsymptomen und deren Verursachern und um Folgen und Gegenmaßnahmen, die jeder Waldbesitzer bei seinen Bemühungen, den Wald zu erhalten, ergreifen muss.

Die Waldbesitzer erhalten aber auch Informationen über Hilfsangebote und Maßnahmen zur Unterstützung. Der von der Koalition im Doppelhaushalt eingerichtete Hilfefonds ist die finanzielle Basis aller Hilfsangebote.

Es wurden aber auch durch das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Ausnahmeregelungen für den Holztransport zum Beispiel hinsichtlich einer höheren Tonnage erwirkt sowie Holzlagerplätze eingerichtet. Auf Landkreisebene wurden Krisenstäbe eingerichtet und das Borkenkäfer-Monitoring sowie die Beratung und Betreuung der Waldbesitzer intensiviert.

Zur Betreuung gehört auch und gerade in dieser schwierigen Zeit, die privaten Waldbesitzer zur gemeinsamen Herangehensweise zu inspirieren, also Forstgemeinschaften zu bilden. Der Freistaat fördert diese Gemeinschaften als zentrales Instrument, um private Waldbesitzer bei der anspruchsvollen Waldbewirtschaftung zu unterstützen. Es gibt schon eine Reihe guter Beispiele. Zurzeit sind es 22 Forstbetriebsgemeinschaften mit rund 1 650 Mitgliedern und 5 300 Hektar Waldfläche. Das entspricht in etwa einem Fünftel des Privatwaldes – in der Situation, in der wir uns zurzeit befinden, viel zu wenig. Hier besteht noch sehr viel Bedarf an Informationen und an Überzeugungskraft.

Sachsenforst – das sei deutlich erwähnt – berät grundsätzlich kostenfrei nicht nur die Gemeinschaften, sondern alle privaten Waldbesitzer zu allen Fragen der Waldbewirtschaftung. Revierförster in den Forstbezirken und Schutzgebietsverwaltungen von Sachsenforst helfen und stellen Kontakte zu anderen Waldbesitzern, zu forstwirtschaftlichen Dienstleistern und zu anderen Behörden her.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die angespannte Situation in Sachsens Wäldern und die Wirkung der verschiedenen Hilfemaßnahmen müssen wir im Auge behalten, um gegebenenfalls schnell reagieren zu können. Aus diesem Grund fordern wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auf, bis spätestens 30.04.2019 umfangreich unter anderem über das Ausmaß der Schäden im sächsischen Wald, über die Ergebnisse bei der Beräumung des Schadholzes, über die Situation im Privat- und Körperschaftswald und über die Bildung von Zusammenschlüssen sowie Maßnahmen zur Entlastung des Holzmarktes zu berichten.

Auch über die Arbeit der Krisenstäbe soll berichtet werden. Bis dahin – das wurde schon erwähnt – sollen alle Unterstützungsmöglichkeiten umfangreich ausgeschöpft werden. Ich denke, das sind wir unserem Wald schuldig, und ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung.

Danke sehr.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Kollege Winkler sprach für die SPD-Fraktion. Jetzt ergreift für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Pinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen eine andere Struktur in der Forstwirtschaft, als sie derzeit von der CDU erarbeitet wurde und wird. Wir brauchen vom Staatsforst unterstützte Forstbetriebsgemeinschaften, die den kleinen und Kleinstprivatwald organisieren, und weniger große Privatwaldbesitzungen, die sich mit dem Staatsbetrieb um die Vorherrschaft kabbeln und in einigen Wald besitzenden CDU-Abgeordneten Partner finden.

Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen sind für alle Waldbesitzer gleich: Der Holzpreis hat sich halbiert, die Holzaufarbeitungskosten haben sich um 50 % erhöht. Die vom Waldbesitzerverband vorgeschlagenen Maßnahmen wie Unterstützung bei Holzlagerung und Holztransport sind richtig, können aber nach wie vor den leistungsfähigen Waldbesitzern zugute kommen. Das strukturelle Problem sitzt jedoch tiefer. In Sachsen wurde es jahrzehntelang verschlafen, Forstbetriebsgemeinschaften zu

organisieren. Grund dafür sind die falschen Förderbedingungen, die nun nicht plötzlich einfach umgekehrt werden können. Der Blick nach Brandenburg oder Thüringen zeigt, dass es auch anders geht.

Zum Antrag: Wir wissen, dass sich die Koalition immer gern das berichten lässt, was sie eh schon weiß. Interessant wird es bei den Maßnahmen wie Aufbau von Holzlagerkapazitäten, Unterstützung bei der Schadholzberäumung, Reduzierung des Grünholzeinschlags bei Sachsenforst, Unterstützung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse oder auch Neugründung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse und Waldschutzmeldewesen. Alles schön, aber wahrscheinlich zu spät.

Es tritt beispielsweise das Problem auf, dass Waldbesitzer, die ihre Flächen beräumen müssen, keine Unternehmer finden, die diese Arbeiten ausführen. Das liegt beispielsweise daran, dass Sachsenforst den Grünholzeinschlag zu spät beendet hat und damit Forstunternehmer lange gebunden hat, die anderswo fehlen.

Nun hat der Grünholzeinschlag in drei Forstbezirken wohl schon wieder begonnen, weil es die Sägewerke so gefordert haben. Gleichzeitig bleibt draußen das Schadholz liegen. Was also soll „Reduzierung des Grünholzeinschlags“ heißen, Herr von Breitenbuch, und sollen nach Ihrer Meinung die großen Privatwaldbesitzer nun auch kein Grünholz mehr einschlagen dürfen?

Ein anderes Problem: Der kleine und kleinste Privatwald ist nicht in forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen organisiert. Einzelne Waldbesitzer können kaum sinnvoll die Unternehmerleistungen zur Schadholzaufbereitung organisieren. Das liegt aber daran, dass es entweder keine

Forstbetriebsgemeinschaften gibt oder dass das Leistungsangebot der bestehenden Forstbetriebsgemeinschaften primär auf die Belange größerer und regelmäßig wirtschaftender Forstbetriebe zugeschnitten ist und Kleinstprivatwaldbesitzer damit außen vor bleiben.

Noch ein Problem: Selbst wenn das Holz aus dem Wald gebracht und aufgestapelt worden ist, haben die Fuhrunternehmen in der Regel keine Kapazitäten um alles abzufahren, oder haben alle Hände voll zu tun, um das Holz im näheren Umkreis ins Sägewerk zu bringen. Das betrifft insbesondere die Wälder, die nicht in der Nähe von Sägewerken liegen, sondern irgendwo dazwischen. Das ist beispielsweise bei mir in Mittelsachsen der Fall.

Bereits Ende August 2018 hat der sächsische Waldbesitzerverband von einer Jahrhundertkatastrophe im deutschen und insbesondere im sächsischen Wald gesprochen. Zwischenzeitlich gab es offenbar diverse Hinterzimmergespräche mit CDU-Vertretern.

Nun liegt vier Monate und eine unkonkrete Aktuelle Debatte später dieser auch wieder allgemein gehaltene Antrag vor. Wie beim Sondervermögen „Beseitigung Schadensfolgen Extremwetterereignisse – Forst“ werden hinterher mit viel Geld Schäden beseitigt, aber strukturelle Veränderungen kaum angegangen. Wie lange kann das eigentlich noch gut gehen?

Wir als LINKE wünschen Ihnen maximale Erfolge bei der Bewältigung der Borkenkäferkatastrophe, aber Ihre Maßnahmen kommen zu spät und sind nicht ausgereift. Mehr war wahrscheinlich in den Hinterzimmern nicht herauszuholen.

Unsere Fraktion wird sich zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten.

(Beifall bei den LINKEN – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Ach! Ist ja rührend!)

Als Nächstes spricht Frau Kollegin Grimm für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir debattieren heute über den Antrag der Regierungskoalition „Stärkung der sächsischen Forstwirtschaft in Zeiten von Sturm und Borkenkäfer“. Vorab: Ihr Antrag greift viel zu kurz.

Der sächsische Wald ist zerstört, zerstört durch Sturm, Borkenkäfer und zuletzt auch noch durch Schneebruch. Es besteht jetzt dringender Handlungsbedarf.

Wenn Sie, liebe CDU und SPD, in der Vergangenheit eine nachhaltigere Wald- und Forstpolitik gemacht hätten, dann wären die derzeitigen Schäden nicht so groß. Nachhaltigkeit ist ein Mäntelchen, das sich die Landesregierung immer gern, aber immer wieder zu Unrecht anlegt.

Nach dem Durchlesen Ihres Antrags frage ich Sie: Wo bleibt Ihr Nachhaltigkeitskonzept für den Wald? Ich lese davon nichts in Ihrem Antrag. Wieso sehen Sie den sächsischen Wald weiterhin ausschließlich als Wirt

schaftsfaktor und nicht als Erholungsfaktor? Sie regieren wie immer an den Bedürfnissen und Wünschen der Sachsen vorbei;

(Zuruf von der CDU: Ist klar!)

denn Sie lassen die Erholung, die der Wald für Menschen bieten kann, in Ihrem Antrag völlig außer Acht. Dabei haben Mediziner nachgewiesen, dass der Blutdruck im Wald sinkt und zum Beispiel Menschen mit Depressionen im Wald gesunden. Ja, bei Ihrer absurden Politik ist der Wald für manche Sachsen eigentlich die einzige Rettung.

Sie zerstören den Erholungswert des sächsischen Waldes aus Wirtschaftsinteresse, ohne über die Folgen für die Bevölkerung nachzudenken. Ein Beispiel für Ihre Zerstörungswut: Viele Wanderwege sind heute für ältere Menschen überhaupt nicht mehr passierbar. Riesige Forstmaschinen zerstören die Wege. Bäume bleiben viel länger als notwendig kreuz und quer über den Wanderwegen liegen. Davon konnte ich mich selbst überzeugen, als ich zwischen Weihnachten und Silvester im Wald spazieren gehen wollte. Es war nicht möglich, auf den Wegen zu laufen.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Ach! Ich gehe immer im Wald joggen!)