Entschuldigung, Frau Kersten, die Geschäftsordnung sagt eindeutig: Kurzinterventionen nach Schlussworten sind nicht möglich. – Ich bedanke mich für den Hinweis.
Meine Damen und Herren, Sie haben es vernommen, es gibt den Wunsch nach einer namentlichen Abstimmung. Die Vorbereitungen sind getroffen. Sie kennen das Prozedere.
Jetzt müssen Sie bitte aufmerksam sein. Die Namen werden aufgerufen. Sie geben bitte Ja, Nein oder Stimmenthaltung bekannt. Das wird durch die jeweilige aufrufende Schriftführerin oder den Schriftführer wiederholt. Danach werden die Stimmen ausgezählt. Ist das erfolgt, geben wir das Ergebnis bekannt. Ich frage meine Kollegen Schriftführer: Wer übernimmt die namentliche Aufrufung? – Frau Lang? Bitte, Frau Lang, walten Sie Ihres Amtes.
Ich verlese die Aufrufliste zur namentlichen Abstimmung über die Drucksache 6/15521 in der 85. Sitzung am 14. Dezember 2018. Wir beginnen mit dem Buchstaben H.
Es war ein Running Gag. – Ich bitte die Schriftführer, die Stimmen auszuzählen, damit ich das Ergebnis verkünden kann.
Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung mitteilen. Nicht teilgenommen haben 14 Abgeordnete, mit Nein haben 78 Abgeordnete gestimmt, mit Ja 34 Abgeordnete, keine Enthaltungen.
Ich habe diesem Antrag nicht zugestimmt, habe ihn abgelehnt. Das nicht, weil mir vorgeworfen wurde, ich habe gesagt, Hartz-IV-Empfänger seien zu faul zum Arbeiten. Das habe ich tatsächlich nicht gesagt. Ich habe gesagt, Teilhabe bedeutet nicht nur, dass man von den Früchten der Arbeit anderer lebt, sondern dass man sich auch selbst bemühen kann und muss. Das bedeutet für mich nicht, dass jeder zu faul zum Arbeiten ist, sondern dass es sanktioniert werden kann, wenn man das nicht tut. Das bedeutet das.
Nein. – Warum ich diesen Antrag aber vor allem abgelehnt habe, ist, weil eine Frage, die sich mir beim Lesen Ihres Antrages ergeben hat, nicht beantwortet bzw. besprochen wurde. In Ihrer Begründung steht: Das mit dem Gesetz verbundene Ziel, durch Hartz IV den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen, konnte nicht realisiert werden.
Für mich stellt sich dann die Frage: Glauben Sie, dass mit einer sanktionslosen Grundsicherung dieser Sprung in den ersten Arbeitsmarkt besser geschafft werden kann? Ich bin der Meinung, dass gerade Arbeit ein besonderes Teilhabeinstrument am gesellschaftlichen Leben ist – nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern eben auch aus sozialer Sicht. Diese Frage haben Sie in Ihren Redebeiträgen nicht beantwortet. Deshalb habe ich den Antrag abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Präsident. Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären und denke, dass ich für einen Großteil meiner Fraktion und auch für Heinz Lehmann spreche.
Ich habe den Antrag abgelehnt, weil ich ein grundsätzlich anderes Verständnis habe. Ich denke, dass aktivierende Sozialhilfe mit dem Fokus, Menschen durch Arbeit in die Gesellschaft zu integrieren, ein wichtiger Aspekt ist. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, dass – insbesondere durch das Bildungs- und Teilhabepaket – Kinder und Jugendliche integriert werden und an kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Maßnahmen teilhaben können. Ich bin ferner der Auffassung, dass es wichtig ist, Sanktionsmechanismen zu haben, wenn sich Menschen nicht aktiv an einer Mitwirkung beteiligen. Demzufolge ist dieser Antrag völlig dem entgegengelaufen, wie ich diese Sozialpolitik verstehe. Demzufolge konnte ich nicht zustimmen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären, möglicherweise auch für Teile meiner Fraktion. So ganz genau kann ich das nicht sagen. Wie Sie vielleicht hier im Hause wissen, ist das Thema Hartz IV eines, das die Sozialdemokratie zutiefst gespalten hat und bis heute spaltet. Aber woran sich die wenigsten erinnern, ist: Als Hartz IV damals gemeinsam mit den GRÜNEN eingeführt wurde, war schon allein die Aussicht darauf ein Grund, weshalb Gerhard Schröder zum zweiten Mal Kanzler werden konnte, weil es damals als ein ganz großer Wurf galt. Heute ist es vielmehr ein Grund, weshalb ein Sozialdemokrat kein Kanzler mehr werden kann.
Es ist meiner Ansicht nach so, dass es ein guter Prozess ist, dass die Sozialdemokratie jetzt über Versäumnisse diskutiert, auch über das Thema Sanktionen. Ich stimme Henning Homann mit seinem Wortbeitrag sehr zu. Was mir allerdings gefehlt hat – –
Könnte ich bitte – – Herr Stange, ich würde mich gern erklären. Ich glaube, es wäre fair, wenn Sie jetzt zuhören.
Meine Damen und Herren, könnten Sie bitte so höflich sein – die Zeit halten wir jetzt an –, die Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten wirklich erklären zu lassen. Vielen Dank.
Es ist einfach wahnsinnig schwer, sich dabei zu konzentrieren. – Was ich sagen wollte: Der ganze Prozess der Diskussion ist in der SPD jetzt erst in Gang gekommen. Deshalb ist es nicht möglich, dass hier ein Redner für die SPD eine einheitliche Meinung für alle abgibt.
Aber was Henning Homann getan hat, war: Er hat als einziger Redner tatsächlich das Thema Sanktionen aufgenommen, was das Thema Ihrer Debatte war. Das fand ich genau richtig. Das ist auch das, worüber wir meines Erachtens diskutieren müssen, welche Sanktionen sinnvoll sind und welche abgeschafft werden müssen. Das wäre mein Wunsch.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich am heutigen Tage hier über Sanktionen abstimmen darf, sondern darüber, ob ich ein guter oder ein schlechter Mensch bin, und darüber, ob ich einem Hartz-IV-Kind ein gutes oder ein schlechtes Weihnachtsfest wünsche, oder ob ich ein guter oder ein schlechter Christ bin. Diese Art der Debattenführung finde ich ziemlich daneben. Es gefällt mir nicht, dass wir in diesem Hause so miteinander umgehen.
Was mir auch nicht gefällt, ist, dass wir alle, die jetzt dagegengestimmt haben, so dargestellt werden, als hätten wir kein Herz, als würden wir keine Menschen kennen, die von Hartz IV betroffen sind. Wir sind alle nicht als Abgeordnete auf die Welt gekommen. Wir haben alle einen Lebensgang hinter uns. Wir kennen Menschen in unserer Verwandtschaft, in unserem Freundeskreis, die auf Hartz IV angewiesen sind. Das hat uns alle zu einem unterschiedlichen Schluss geführt.
Ich bitte darum: In einer Debatte in der heutigen Zeit, in der es ständig um das schlechte Ansehen von Politik und Politikern geht – das betrifft uns alle hier im Raum – sollten wir aufhören, uns ständig gegenseitig Weltfremdheit vorzuwerfen; denn das beschädigt uns alle.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Schaper hat den Lukas zitiert: „Gebet, so wird euch gegeben.“ Ich glaube, das ist, gerade wenn wir über Hartz IV reden, ein denkbar schlechter Vergleich. In der Gesellschaft, in der Lukas diese Worte gewählt hat, gab es überhaupt kein Sozialhilfesystem. Damals brauchte es für bedürftige Menschen tatsächlich noch der ehrlichen privaten Mitmenschlichkeit – im Unterschied zu heute, wo wir uns zeitweise doch ganz schön darauf verlassen, dass der Staat alles richtet.
Ich habe heute nicht mit Nein gestimmt weil ich nicht denke, dass Hartz IV abgeschafft gehört. Hartz IV war von Anfang an falsch, weil es von Anfang an eben nicht differenziert hat, aus welchem Grund Menschen ohne Arbeit, ohne Einkommen waren, wie lange sie zuvor
schon gearbeitet haben, in welchen Verhältnissen sie sich persönlich befinden und weil massiv mit Sanktionen gearbeitet wurde, vor allen Dingen zu einer Zeit, in der nicht einmal ausreichend Jobs angeboten werden konnten. Das war von Anfang an ein völlig falsches Instrument.
Ich finde es gut, dass die Debatte stattfindet. Auch die AfD wird sich sicherlich auf dem nächsten Sozialparteitag ganz klar gegen Hartz IV positionieren. Aber was heute gefehlt hat, ist: Was wollen Sie dagegensetzen? Ein Schlaraffenland mit einem bedingungslosen Grundeinkommen kann es definitiv nicht sein. Wir müssen differenzieren. Wir müssen schauen, wem wir helfen müssen, welche Vorleistungen erbracht sind und wen wir mit Reizen – sage ich einmal – zurück in den Arbeitsmarkt bringen müssen und bei welchen Menschen, die körperlich und geistig in der Lage sind zu arbeiten, aber nicht arbeiten wollen, wir tatsächlich weiter mit Sanktionen arbeiten müssen.