Ein Grundeinkommen in Form einer negativen Einkommensteuer würde die richtigen Anreize schaffen, unsere Bürokratie entschlacken und Kosten reduzieren, die von unserer Gesellschaft kaum noch getragen werden können – und das, ohne die soziale Komponente zu vernachlässigen.
Es bedarf einer Lösung, die als Ergebnis präsentiert, dass jeder, der arbeitet – egal, wie viele Stunden pro Woche oder Monat –, mehr in der Tasche hat als derjenige, der nicht arbeitet. Wir werden den vorliegenden Antrag ablehnen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Klepsch. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag wird die Staatsregierung aufgefordert, eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einzubringen, die begehrt, das unter anderem mit der Grundsicherung für Arbeitssuchende geregelte Hartz-IV-System durch eine sanktionsfreie Grundsicherung zu ersetzen. Der Inhalt dieses Antrags der Fraktion DIE LINKE entspricht im Wesentlichen dem eines Antrags, der bereits 2016 hier eingebracht wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch zwei Jahre später kann mich dieser Antrag nicht überzeugen.
Nach Artikel 1 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes ist der Staat verpflichtet, hilfebedürftige Menschen zu unterstützen, die nicht durch eigene Anstrengungen und aus eigener Kraft in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Mit dem Arbeitslosengeld II als steuerfinanzierte staatliche bedarfsorientierte Fürsorgeleistung kommt der Staat dieser grundgesetzlichen Verpflichtung nach. Er schafft die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein im Sinne der Gewährleistung eines Existenzminimums.
Zentrales Ziel des SGB II und der Leistungen nach diesem Sozialgesetzbuch ist es, die Leistungsberechtigten durch Fördermaßnahmen zu befähigen, ein Leben unabhängig von der Grundsicherung zu führen. Man bezeichnet dies als aktivierenden Sozialstaat, und auch Sanktionen sind Bestandteil des Grundsatzes des aktivierenden Sozialstaats. Wenn es für den Einzelnen – wie mit Ihrem Antrag im Grunde genommen intendiert – keine Pflicht mehr gibt, an der Überwindung von Arbeitslosigkeit im Rahmen eigener Möglichkeiten mitzuwirken, ist dieses Prinzip des aktivierenden Sozialstaats, das Prinzip der Solidarität, nicht mehr gegeben.
Ich bitte Sie, bei Ihren Gedankenspielen, wie hoch denn steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen sein sollten, auch den Aspekt des sogenannten Lohnabstandsgebots mit einfließen zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung steht dazu, dass sich Arbeit lohnen muss. Wer arbeitet, soll mehr haben als jemand, der nicht arbeitet.
Auch der Petitionsausschuss des Bundestags, der sich mit einer Petition zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens befasst hat, stellte fest, dass dieser Forderung nicht entsprochen werden könne. Unter anderem führte der Petitionsausschuss aus, dass die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens zu einer völligen Umstrukturierung des Steuer- und Transfersystems sowie der Sozialversicherungen führen würde.
Weiter wies er darauf hin, dass ein hohes soziales Niveau von Sozialleistungen auch erwirtschaftet werden müsse.
Er gab zu bedenken, dass bei einem bedingungslosen Grundeinkommen viele andere Sozialleistungen nicht mehr erforderlich wären.
Das würde sogar dazu führen, dass Menschen mit speziellen Bedürfnissen, beispielsweise Menschen mit Behinderungen, schlechtergestellt würden, als es aktuell der Fall ist.
Ich bin der Überzeugung, dass wir hier in Deutschland aktuell ein hochentwickeltes Sozialsystem, einen hochentwickelten Sozialstaat haben. Es ist möglich, von der Geburt bis ins hohe Alter vielfältige Leistungen in Anspruch zu nehmen, wenn es entsprechenden Bedarf gibt. Das ist für jeden eine Sicherheit. Damit gibt es eine auf die meisten Lebenslagen abgestimmte, ganz konkrete Unterstützung.
Staatliche Fürsorgeleistungen sind nachrangig. Sie sind das letzte Mittel, wenn alle anderen, vorrangigen Leistungen – das schließt das Erwerbseinkommen ein – nicht ausreichen, um den notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen.
Natürlich kann und muss man diese Regelungen immer wieder auf ihre Tauglichkeit hin überprüfen. Aber der vorgelegte Vorschlag, der Antrag der Fraktion DIE LINKE, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht aus meiner Sicht in die falsche Richtung.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort der Fraktion DIE LINKE. Es wird gehalten von Frau Abg. Schaper. Bitte, Frau Schaper.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der sächsischen CDU war diese Haltung und auch die realitätsferne Argumentation zu erwarten.
Sie unterstellen hier, dass wir eine Sozialdebatte führen und dass es schäbig sei, über Hartz IV zu sprechen.
Gestern erschien der aktuelle Armutsbericht der Parität. Es als „schäbig“ zu bezeichnen, wenn man sich heute ganz aktuell damit befasst – – Sie weichen einfach aus. Wir sprechen hier ganz konkret über Hartz IV und nicht über den Sozialstaat im Allgemeinen. Hartz IV ist die Ausbuchtung, die Spitze des Eisbergs dieses Neoliberalismus. Darüber haben wir geredet. Anstatt sachlich darüber zu diskutieren, was soziale Verantwortung heißt, unterstellen Sie weiter.
Sie reden hier von Lohnabstand. Haben Sie überhaupt nicht mitbekommen, über wie viele Aufstocker wir reden? Diese Menschen gehen arbeiten und müssen trotzdem zum Amt. Das sind die Realitäten, über die wir hier reden.
Wenn die AfD und Frau Kersten unterstellen, dass die Leute nicht arbeiten gehen wollen, abstrahieren Sie überhaupt nicht, dass es zum Beispiel auch gesundheitliche Auswirkungen oder familiäre Notfälle geben kann, warum man nicht arbeiten geht.
Sie lassen das völlig außen vor. Wir reden hier auch darüber, dass sich Menschen mit kaltem Wasser die Hände waschen sollen,
oder es wird vorgezählt, wie viele Vollbäder sie nehmen dürfen. Sie haben eine Fraktionsvorsitzende, die zwei Diäten nach Hause fährt. Sie werden wahrscheinlich nie erfahren, wie das ist.
Dass man über so etwas hier nicht sachlich debattieren kann und unterstellt bekommt, dass man irgendwelchen Wahlkampf oder sonst etwas macht, ist unterirdisch.
„Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.“
Meine Damen und Herren! Sie haben es vernommen, es ist namentliche Abstimmung beantragt. – Ich gebe Ihnen noch etwas Zeit.
Meine Damen und Herren! Es geht in der Aussprache weiter. Zunächst gibt es eine Wortmeldung von Frau Kersten. Ich nehme an, es handelt sich um eine Kurzintervention.