Protocol of the Session on June 27, 2018

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Urban von der AfD-Fraktion. Jetzt könnte vonseiten der GRÜNEN erneut gesprochen werden. – Kein Redebedarf in der zweiten Runde. Damit eröffnen wir die dritte Runde; Herr Kollege Hartmann hat das schon angekündigt. Er spricht erneut für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Urban, lösen Sie sich doch ein bisschen von Ihrem Redemanuskript und hören Sie zu. Wir haben deutlich gemacht – deswegen „verstecken“ wir uns nicht hinter einer europäischen Lösung –, dass wir die europäische Lösung für die erforderliche, notwendige und zu erreichende halten.

Zugleich gilt – das habe ich mittlerweile in zwei Redebeiträgen gesagt –: Solange das nicht erreichbar ist, brauchen wir, und das ist der Diskurs, entsprechende Sicherungsmaßnahmen an deutschen Außengrenzen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist es, was hier gerade auch im Diskurs zwischen anderen Positionen und Parteien passiert.

Im Übrigen, Herr Stange, noch einmal zum Thema Gerechtigkeit, Dublin III.

(Sebastian Wippel, AfD: Was habt ihr 2015 gemacht?)

Dublin III hat im gesamteuropäischen Kontext zweifelsohne Anpassungsbedarf, das ist nicht neu. Aber es ist das geltende Recht. Im Übrigen glaube ich nicht, dass an dieser Stelle Deutschland der Adressat der Gerechtigkeitsdiskussion ist. Wir tragen, das habe ich schon deutlich gemacht, die Hauptlast. Wir haben seit 2014 1,4 Millionen Menschen bei uns aufgenommen. Wir haben die entsprechende Unterstützung gewährt. Wir sind

ein reiches Land und leisten insoweit auch eine Mitfinanzierung innerhalb der Europäischen Union.

Die Verteilungsmechanismen sind durchaus diskussionswürdig. Aber so zu tun, als würde die Bundesrepublik Deutschland an dieser Stelle aus Eigeninteresse agieren, halte ich für falsch. Deutschland hat sich in der Vergangenheit zu seiner Verantwortung in Europa bekannt und bekennt sich dazu. Aber Solidarität ist keine Einbahnstraße, sie ist das Ergebnis der Diskussion von 28 Mitgliedsstaaten. Solidarität bedeutet miteinander und im Zweifel auch füreinander.

Ein Punkt sei mir noch gestattet: Menschenrechte und Menschenwürde bedeuten keinen Rechtsanspruch auf Einreise nach Europa oder nach Deutschland. Insoweit halte ich diesen Kontext für sehr weit gefasst und gewagt. Menschenwürde und Menschenrechte sind unabdingbar und einzuhalten. Aber die Interpretationen, welche Ansprüche daraus erwachsen sollen, sind an dieser Stelle schon recht weitgehend und treffen sich nicht mit unserer Auffassung.

Noch einmal ganz klar: Die Zurückweisung an der Grenze wird nicht alle unsere Probleme lösen und wird auch nicht schlagartig eine verbesserte Sicherheitslage im Land schaffen. Dennoch ist es zwingend notwendig, dass wir zu geordneten Verfahren zurückkehren und diese auch umsetzen. Bestehende europäische Vereinbarungen wie die Dublin-III-Verordnung müssen wir zur Anwendung bringen und die unerlaubte Weiterreise von Asylsuchenden in Europa eindämmen. Wir brauchen einfach Solidarität in der Verteilung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.

Deutschland, der deutsche Staat muss handlungsfähig bleiben und darf sich nicht vom Goodwill seiner europäischen Nachbarn oder gar der Türkei abhängig machen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deutschland sollte – das ist die Überzeugung meiner Partei respektive meiner Fraktion hier in Sachsen – so lange eine restriktive Grenzpolitik betreiben, bis eine europäische Lösung gefunden ist.

Eine europäische Lösung bleibt das Ziel, denn ohne eine gemeinsame europäische Flüchtlings- und Asylpolitik werden wir an diesem Thema scheitern. Schon jetzt zeigen sich erhebliche Zentrifugalkräfte innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft, wenn es um dieses Thema geht. Die Gefahr, dass sich die EU-Staaten darüber noch weiter auseinanderdividieren, ist sehr hoch.

Damit bin ich am Ende meiner Rede und der Debatte „Sicherheit im Innern braucht Sicherheit in Europa“. Ohne tragfähige europäische Lösung ist eine Lösung in der Asylfrage nicht zu erreichen. Bis diese jedoch erreicht ist, sind die Sächsische Staatsregierung und auch die Bundesregierung in der Verantwortung, für die Sicherheit in Deutschland zu sorgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Enrico Stange, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Kollege Hartmann sprach für die CDU-Fraktion. Jetzt wird eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Stange vorgetragen.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Kollege Hartmann, lassen Sie mich zum Thema Menschenrechte eines sagen: Ich halte es für nicht vereinbar mit den Menschenrechten, Menschen, die sich allein durch einen vielleicht unrechtmäßigen Grenzübertritt strafbar oder einer Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht haben – –

(Sebastian Fischer, CDU: Das ist Rechtsbruch!)

Das wird normalerweise aber nicht mit Haftstrafe bestraft, lassen Sie sich das sagen. Mit meiner Vorstellung von Menschenrechten ist es unvereinbar, solche Menschen in Ankerzentren hinter Zäune zu stecken oder in Internierungslager oder wie immer Sie das nennen wollen. Das ist nach meiner Auffassung nicht mit den Menschenrechten vereinbar.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Zweitens. Dublin III.

(Zuruf von der CDU)

Die Entstehung von Dublin III unter starkem Druck aus Deutschland, aus Frankreich ist im Grunde egoistisch motiviert gewesen. Man wollte sich genau dieser Menschen entledigen oder sie sich vom Hals halten. Das war die Motivation.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Das ist das Problem!)

Jetzt kommen sie hier an, und jetzt muss man unbedingt Dublin III verändern, weil offenbar der Verteilungsmechanismus auch nicht funktioniert. Das gehört zur Wahrheit.

Drittens. Wenn Sie die europäische Lösung anstreben – Kollege Hartmann, da bin ich ganz bei Ihnen –, dann sollten Sie aber nicht wieder so kurzsichtig sein, die europäische Lösung nur für diese eine Frage zu suchen, sondern, bitte schön, sehen Sie sich die Fluchtursachen an. Da haben wir als Europa viel zu tun, diese Ursachen zu bekämpfen, deren Teil wir sind als Europa. Da haben wir viel zu tun. Europäische Handelspolitik, europäische Wirtschaftspolitik – das sind die Problemfelder, die wir zu lösen haben. Da könnte diese Staatsregierung endlich einmal etwas Sinnvolles leisten.

Die Redezeit für die Kurzintervention ist zu Ende.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war die Kurzintervention von Herrn Kollegen Stange. Darauf reagiert postwendend Kollege Hartmann am Mikrofon 5.

Danke, Herr Präsident! Bei der Frage einer europäischen Verantwortung zur Fluchtursachenbekämpfung bin ich gern mit dabei. Das ist eine Verantwortung, die die gesamte Staatengemeinschaft zu tragen hat, einschließlich derer, die da in New York in einer Verantwortung stehen. Das ist unbenommen. Es wird aber keine einzelne deutsche Lösung zur Frage von Fluchtursachenbekämpfung geben können und geben dürfen. Da sind wir in einem Gesamtabwägungsprozess.

Zum Zweiten, Menschenrechte: Ich will das noch einmal klarstellen. Wir halten uns an die gesetzlichen Regeln. Versuchen Sie bitte nicht, einen anderen Eindruck zu vermitteln. Ich bin in Italien gewesen und habe mir diese Abschiebehafteinrichtung auch angesehen. Das ist nichts, was ich mir in Deutschland vorstellen kann und will. Das ist auch nichts, worüber wir an der Stelle reden. Aber es bleibt dabei, wir brauchen nicht so zu tun, als ob das etwas nebenbei wäre. Wer sich illegal im Bundesgebiet aufhält, ist nach Aufenthaltsgesetz straffällig und kann mit einem Jahr Haftstrafe bestraft werden. Insoweit ist es auch nichts, das man jetzt so nonchalant tut, das ist verständlich. Dass wir dabei Menschenwürde und rechtsstaatliche Verfahren haben, ist unbenommen.

Der letzte Punkt, zu Dublin III. Dublin III ist Beschlusslage. Dublin III sagt, wer für die Aufnahme verantwortlich ist. Und Dublin III setzt dahinter auch die Erwartung eines Verteilungsmechanismus. Ich kann mich nicht erinnern, dass Deutschland, ursächlich vor allen Dingen in der Flüchtlingskrise 2015, bis heute seine Verantwortung im Verteilungsmechanismus nicht getragen hätte.

(Zuruf von den LINKEN)

Insoweit geht es auch um eine Diskussion, wie eine gesamteuropäische Verantwortung aussieht. Sie können sich an der Stelle auch nicht nur die Rosinen herauspicken, um Ihre Argumentation zu bedienen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Uwe Wurlitzer, fraktionslos, und der Staatsregierung)

Das war die Reaktion von Herrn Kollegen Hartmann. Es gibt eine weitere Kurzintervention von Herrn Kollegen Urban.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Kollege Hartmann, Sie sprechen von Zurückweisungen an den Grenzen und übernehmen dabei die populistischen Forderungen von Herrn Seehofer.

(Lachen bei der CDU)

Ich frage Sie noch einmal: Von welchen Grenzen reden Sie eigentlich? Reden Sie vom Erzgebirgswald, wo die Pilzsucher zwischen Deutschland und Tschechien hin- und herwandern, oder sprechen Sie von der polnischen Grenze, über die Traktoren und ganze Rinderherden außer Landes geschafft werden, ohne dass es jemand merkt?

(Zurufe von der CDU und den LINKEN)

Wenn Sie von Zurückweisung an der Grenze sprechen, dann streuen Sie den Menschen Sand in die Augen, weil Ihre Möglichkeiten, an der Grenze zurückzudrängen oder zurückzuweisen, gar nicht vorhanden sind. Dieses Nichtvorhandensein dieser Möglichkeiten ist das Ergebnis einer CDU-Politik. Die Aufhebung der Grenzkontrollen insgesamt war von Anfang an falsch, als es noch gar nicht um die Migration ging, sondern nur um die international vernetzte organisierte Kriminalität.

(Zuruf von der CDU: Die hat es vorher auch gegeben!)

Sie ist heute noch falsch. Auch was Sie als CDU in Sachsen getan haben: Sie haben die Polizei kaputtgespart, obwohl Sie den Grenzschutz weggenommen haben. Das war genauso falsch. Streuen Sie den Menschen keinen Sand in die Augen!

(Zuruf von der CDU: Das ist gar nicht wahr!)

Bauen Sie erst einmal einen Grenzschutz auf, bevor Sie von Zurückweisung reden.

(Beifall bei der AfD)