Protocol of the Session on January 31, 2018

(Beifall bei den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention. Soll reagiert werden? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir jetzt zum Schlusswort. Das Schluss

wort haben die einbringenden Fraktionen. Es wird gehalten von Herrn Kollegen Schiemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es richtig, dass der Staatsminister des Innern auch auf diesen Grundsatz hingewiesen hat. Wie werden wir Europa zukunftsfähig machen?

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bürger in Europa ein Europa akzeptieren werden, das ein Europa der Regionen ist, wo der Mensch eine Rolle spielt und wo in einer Stadt, die sehr weit weg ist, nicht nur über die Köpfe hinweg entschieden wird. Über das Demokratieprinzip könnten wir uns lange streiten, aber das ist jetzt nicht das Thema.

(Gelächter bei den LINKEN)

Ich komme zum Katastrophenschutz. Wir haben festgestellt – das haben wir im Ausschuss auch diskutiert –, dass die Regelung, die die Europäische Kommission vorgelegt hat, nicht im Rahmen des Artikels 196 geblieben ist, sondern dass damit aus unserer Sicht eine Verletzung in der Frage der Subsidiarität, also der Mitsprache der Regionen, vorliegt. Wir sehen es nicht ein und deshalb melden wir uns zu Wort.

Wir haben das im Europaausschuss sehr ausgiebig vordiskutiert. Ich glaube, dass die Diskussion, die wir jetzt im Hohen Haus haben, zumindest dazu beiträgt, dass jede Fraktion die Gelegenheit hatte, ihre eigene Position einzubringen. Wir stehen dazu, dass dies die Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Sachsen, der deutschen Länder, aber auch des Nationalstaates betrifft. Wir können nicht akzeptieren, dass europäische Entscheidungen in unsere Verwaltungsentscheidungen hineinregieren. Das können wir nicht akzeptieren. Deshalb sind wir froh, dass wir zu dieser Subsidiaritätsfrage eine Position erarbeitet haben.

Wir können nicht akzeptieren, dass mit den Berichtspflichten eine zusätzliche Bürokratie auf die deutschen Länder, aber auch auf die Landkreise zukommt. Das werden wir nicht akzeptieren. Das ist eine Sache. Jeder Nationalstaat muss seinen Beitrag zum Katastrophenschutz selbst leisten. Man kann nicht alles nur wegdelegieren, wenn man selbst nicht in der Lage ist, seine Vorsorge zu treffen. Ich denke, dass der Richter und Staatsmann aus Griechenland, den ich zitiert habe, sehr deutlich darauf hingewiesen hat: Vorsorge ist das eine und Bewältigung des Schadens ist das andere.

Ich denke – und deshalb bin ich sehr froh, dass wir die Diskussion geführt haben –, wir brauchen Strukturen im Katastrophenschutz, die das Ehrenamt noch möglich machen, die die Landkreise mehr oder weniger als diejenigen, die das zu organisieren haben, im Mittelpunkt sehen und den Landesgesetzgeber, der seine Aufgaben zu erfüllen hat.

Wir fordern die Staatsregierung auf, sich auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene weiter dafür einzusetzen. Herr

Staatsminister, Sie haben dazu ein ganz klares Signal gesetzt. Im Ausschuss sind wir sehr hinreichend vom Innenministerium informiert worden. Dafür vielen Dank.

Herr Landtagspräsident, wir bitten Sie herzlich, mit dieser Diskussion, mit diesem Antrag um Übermittlung an die Europäische Kommission. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie diese Entscheidung treffen könnten.

Vielen herzlichen Dank. Ich würde mich über Ihre Unterstützung sehr freuen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/12140 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Die Gegenstimmen? – Danke. Einige Gegenstimmen. Die Stimmenthaltungen? – Viele Stimmenthaltungen. Damit ist die Drucksache 6/12140 beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Ein-Jahres-Haushalt 2019 statt Doppelhaushalt 2019/2020 –

Budgethoheit des 7. Sächsischen Landtags achten und wahren!

Drucksache 6/11997, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge lautet: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht. Die einbringende Fraktion ergreift jetzt das Wort. Das Wort erteile ich jetzt Herrn Kollegen Gebhardt für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Piwarz, da Sie jetzt dort sitzen, geht es mir besser.

(Staatsminister Christian Piwarz sitzt in den Reihen der Abgeordneten. – Heiterkeit bei den LINKEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eingangs eine grundsätzliche Bemerkung mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen. Alle wissen, dass im kommenden Jahr Landtagswahlen stattfinden. Es ist nicht akzeptabel, dass die Regierung beabsichtigt, einen Haushalt zu beschließen, der weit über diese Legislaturperiode hinausreicht.

DIE LINKE bleibt bei ihrer Forderung, dass im Dezember lediglich ein Ein-Jahres-Haushalt verabschiedet werden sollte. Bereits mein Vorgänger, Dr. André Hahn, begründete mit diesen Worten am 10. September 2008 in der Auseinandersetzung mit dem Doppelhaushaltsentwurf 2009/2010 unsere Position zu dem Thema, das uns heute zur Abstimmung vorliegt. Der Präsident hat soeben den Antragstitel vorgelesen.

Dass der Antrag nach wie vor notwendig und aktuell ist, ergibt sich schon daraus, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, vor zehn Jahren nicht auf uns gehört und bei diesem Thema noch nichts dazugelernt haben. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf; ich sprach heute früh schon einmal dazu.

Den Kommentatoren der Sächsischen Verfassung, zu denen ja auch der geschätzte Kollege Baumann-Hasske von der SPD-Fraktion gehört, war klar, dass ein Doppelhaushalt eine Ausnahme sein kann und gerade beim

Übergang in eine neue Legislaturperiode das Budgetrecht des künftigen Parlaments nur mit einem Ein-JahresHaushalt umfassend gewahrt bleibt.

Das Budgetrecht ist das älteste und wichtigste Recht des Parlaments. Manche sprechen auch von Königsrecht, und entsprechend ist auch der Haushalts- und Finanzausschuss als Königsausschuss deklariert. Das gilt mehr denn je vor allen Dingen hier im Freistaat Sachsen, seitdem wir einen Ministerpräsidenten hatten, der „König Kurt“ tituliert worden ist. Da der Staatskanzlei die Krone aufgesetzt worden ist, glauben einige in der CDU, die Königsrechte bei der Aufstellung des Haushalts lägen bei der Staatsregierung. Das ist jedoch nicht nur aus staats- und demokratietheoretischen Gründen tatsächlich ein Irrtum. Es zeigt auch, dass viele Mitglieder der CDU-Fraktion tatsächlich die politische Bildungsarbeit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung noch mehr in Anspruch nehmen sollten.

Es ist für uns Abgeordnete oft schwer genug, das Treiben des Regierungsapparates in all seinen Verästelungen immer rechtzeitig nachvollziehen und kontrollieren zu können. Wir als linke Opposition mühen uns dabei nach Kräften, gerade auch mit dem Instrument der Kleinen Anfrage – was angesichts der massiven Verweigerungspraxis bei der Beantwortung der Regierung ganz offensichtlich oft nicht gefällt.

Die einzige Gelegenheit des Parlaments, die Regierung wirklich und wirkungsvoll an die Kandare zu nehmen, ist und bleibt daher die Aufstellung eines Landeshaushalts. Dieser ist ja dann in die Zahlen gegossene Richtschnur des Regierungshandelns, die eigentlich das Parlament, der Landtag als Ganzes, vorgeben muss. Nicht nur, dass die CDU mit jedem Doppelhaushalt wieder und wieder eine inzwischen unübersichtlich gewordene Vielzahl von sogenannten Haushaltsermächtigungen ins Haushaltsgesetz geschrieben und damit das Budgetrecht des Parlaments faktisch bereits an das Finanzministerium abgege

ben hat – nein, der Landtag wird auch noch darüber hinaus im Haushaltsvollzug durch die Staatsregierung mit Unterstützung der stets willfährigen Regierungsfraktionen fortwährend haushaltsrechtlich missbraucht und ausgehöhlt.

So kritisierte bereits im Jahre 2010 der Landesrechnungshof in einer Beratenden Äußerung – Zitat: „Die Staatsregierung lässt sich vom Parlament mittels umfangreicher Vermerke im Staatshaushalt das Umgehen gültiger Haushaltsvorschriften legitimieren.“ Im Kern der Kritik des Rechnungshofes stand und steht also die Sorge um die Erosion des Budgetrechts des Landtags, dargestellt an Beispielen in dem Bericht: die von der Staatsregierung angestrebte Flexibilisierung wie die Ausbringung von Deckungsvermerken, die Kompetenz der Bildung von Rücklagen, umfangreiche Personalbewirtschaftungsmöglichkeiten usw.

Festzustellen bleibt: Die CDU-Fraktion hat auf diese Weise kraft ihrer Mehrheit allein oder in wechselnden Koalitionen das Parlament schleichend entmachtet. An diesem nicht nur vom Rechnungshof kritisierten intransparenten Haushaltsverfahren hält die Sächsische Staatsregierung ungeachtet dessen bis heute unverändert fest. Ich möchte das an zwei Beispielen verdeutlichen.

Erstens. Jeder weiß, dass ein Jahr einmal zu Ende geht. Mit einigen Abstrichen gilt das natürlich auch für ein Haushaltsjahr. Die Haushaltsexperten wissen, dass ich davon spreche, dass die Bildung von Haushaltsresten eine Lebensdauer bis März des Folgejahres haben kann.

Was aber geschah bei der Verabschiedung des letzten Doppelhaushalts im Dezember 2016 zunächst in einer Ausschusswoche im Haushalts- und Finanzausschuss und schließlich mit dem Plenarbeschluss zum Haushaltsbegleitgesetz 2017/2018? Da wurde dem Parlament vom Finanzministerium ein Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht etwa die Regelungen für die zu beratende anstehende Haushaltsperiode 2017/2018 beinhaltete – nein, das Parlament beschloss, einfach einmal 330 Millionen Euro in einen Fonds zu stecken, den sogenannten Zukunftssicherungsfonds, und zwar zulasten des zu Ende gehenden Jahres 2016. Das Gesetz wurde am 28. Dezember 2016 veröffentlicht – einen Tag später konnte das Finanzministerium die Buchung vornehmen –, und dies alles nur, um einen Nachtragshaushalt zu verhindern. So sieht die sächsische Haushaltstransparenz à la CDU aus.

Ein zweites Beispiel: Personal. Dem Doppelhaushalt 2017/2018 kann nicht entnommen werden, wie viel Personal vom Freistaat beschäftigt wird. Wie komme ich darauf? Der § 6 des Haushaltsgesetzes öffnet nämlich Tür und Tor für alle möglichen Personalbewirtschaftungsmaßnahmen. Die Wirkung: Der Haushaltsgesetzgeber, also der Landtag, verliert die Übersicht und die Kontrolle über die wichtigsten Teile seines Budgetrechts.

Man muss sich dazu nur das Schreiben des Sächsischen Rechnungshofes in seiner Äußerung zum Haus

halt 2017/2018 anschauen – Zitat: „Die dem Parlament vorgelegten Haushaltsentwürfe bieten aus unserer Sicht

nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, bewusste Entscheidungen im Sinne einer Programmfunktion des Staatshaushaltsplanes zu treffen. Die haushaltsrechtliche Entscheidungsbefugnis wird zunehmend auf die Exekutive verlagert. Die im Staatshaushalt eingesetzten Instrumente bewirken vielfach eine Flexibilisierung im Haushaltsvollzug. Andererseits wird durch die starke Kleinteiligkeit des Staatshaushaltes eine nicht gegebene Transparenz vorgespielt.“

Der Erlass eines Doppelhaushaltes suggeriert also auf den ersten Blick Einsparung von Aufwand. Sieht man genauer hin, so ist dieses Verfahren nichts weiter als eine Entmündigung aller gewählten Abgeordneten. Die Regierung kann ungehindert agieren, denn die Landtagsabgeordneten können dann nur aller zwei Jahre in einen Diskurs über die politischen Schwerpunkte und deren Finanzierung eintreten. Obwohl die Staatsregierung immens großen Spielraum im Haushalt hat und hatte, hat sie keine rechtzeitigen Antworten auf die wirklich drängenden Probleme gefunden – siehe Polizei, Schule, Lehrerinnen und Lehrer, kommunale Infrastruktur, öffentlicher Dienst im Allgemeinen, Justiz im Konkreten –; ich sprach ja heute früh darüber und Sie lauschten mir aufmerksam.

Wir sehen also daran: Für Zukunftsentscheidungen ist das von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Parlament zuständig, und das muss regelmäßig in einen öffentlichen Diskurs über die zu entscheidenden Fragestellungen treten: Was ist zu klären, was erhält Priorität, und was davon wird mit welchem Geld finanziert?

Gegen Ein-Jahres-Haushalte wird gelegentlich ins Feld geführt, das schaffe Unsicherheit über die langfristige Gewährung von Fördermitteln. Den Gegenbeweis trat ja das neue Verfahren beim Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ an, zu dem die SPD-Fraktion vor wenigen Tagen stolz verkündete, dass der Förderbescheid jetzt über drei Jahre gelte. Also selbst bei einem Doppelhaushalt ist diese Überschreitung möglich.

Ich komme zum Schluss und damit zum Ausgangspunkt zurück. Im konkreten Fall sprechen wir nicht nur über den bevorstehenden Plan zum Ein-Jahres-Haushalt; denn die EU-Förderperiode läuft 2019 aus, ebenso der Solidarpakt und der bisherige Länderfinanzausgleich. Dadurch wird eine grundlegende Neuanpassung des sächsischen Finanzausgleichs mit den Gemeinden und Landkreisen notwendig werden. Die Entscheidung darüber wird die Sache des 7. Sächsischen Landtags sein, da dieser neue Landtag von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gewählt werden wird, um die dann anstehenden Probleme zu lösen. Daher kann und darf dem künftigen 7. Landtag eben nicht mit einem noch in diesem Jahr zu beschließenden Doppelhaushalt der Zugriff auf seine Staatskasse, sein Konto verwehrt werden.

Kurzum: Im Namen der Demokratie und der finanzpolitischen Vernunft rufe ich Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, nun für die CDU-Fraktion Herr Abg. Michel; bitte, Sie haben das Wort.