Protocol of the Session on December 13, 2017

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Zweitens gilt bei kassatorischen Bürgerbegehren, also bei Bürgerbegehren, die sich gegen einen Ratsbeschluss richten, derzeit eine Frist von drei Monaten, innerhalb derer die Unterschriften eingereicht werden müssen. Dort haben wir das nächste Problem, erneut eine Hürde. Hierbei haben wir LINKEN uns ein Beispiel am Freistaat Bayern genommen. Dieser ist ja nun nicht gerade bekannt dafür, dass es dort eine kommunistische Regierung gäbe, und dort gibt es genau diese Frist nicht. Dort kann man einfach sammeln, ohne gehindert zu werden. Deshalb sagen wir: Lassen Sie es uns wie im Freistaat Bayern machen, damit es zumindest in diesem Punkt deutlich demokratischer als mit der Regelung im Freistaat Sachsen zugeht!

Ich möchte noch auf ein anderes Thema eingehen, mit dem sich Kollege Hartmann auseinandergesetzt hat: die Fraktionsfinanzierung. Dazu sage ich ganz klar: Es geht vorwiegend um Minderheitenschutz. Wir wollen nicht, dass eine Mehrheit kraft ihrer Wassersuppe entscheiden kann, dass eine Fraktion quasi mit nichts ausgestattet wird – und das kann sie im Augenblick. Wir haben Beispiele, bei denen die Oppositionsfraktionen in den Landkreisen im Ergebnis geknechtet werden und kaum handlungsfähig sind, weil die entsprechenden finanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden.

Es ist doch klar, was dann passiert: In den Kreistagen sitzen viele Bürgermeister. Diese haben doch überhaupt kein Interesse daran, dass es starke Fraktionen gibt, die ihnen entgegentreten und entsprechend ausgestattet sind. Das ist doch der wahre Hintergrund. Das Problem haben wir weniger in den großen Städten. Dort haben wir andere Mehrheiten. Sie sind politisch bewusster und schaffen Möglichkeiten, um die Fraktionen auszustatten und demokratisch teilzuhaben.

(Ines Springer, CDU: Politisches Bewusstsein? Also bitte!)

Ich möchte noch auf einen dritten Punkt eingehen. Lieber Kollege Hartmann, ich schätze Sie sonst sehr, aber da

haben Sie mich etwas enttäuscht, muss ich ganz offen sagen.

(Zuruf des Staatsministers Markus Ulbig)

Zu Beginn Ihrer Rede haben Sie versucht, sich über unseren Vorschlag zur Regelung in § 24 zu den Bürgerbegehren zum Thema Entscheidungsvorschlag ein wenig lustig zu machen, und haben erklärt: Was wollen Sie denn mit Ihrem Entscheidungsvorschlag? Da muss man eine Frage stellen.

Dazu will ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben offenbar vor lauter Kommunalrechtsnovellen ein wenig den Überblick verloren. Ursprünglich stand sehr wohl in der Gemeindeordnung, dass es um eine Fragestellung geht. In § 24 war konsequent von einer Fragestellung die Rede. In einer der letzten Gemeindeordnungsnovellierungen war es die Mehrheit dieses Hauses unter Ihrer Führung, die das Thema Fragestellung durch den Terminus Entscheidungsvorschlag ersetzt hat. Darüber kann man diskutieren; ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Das Problem ist: Sie haben es an einer Stelle vergessen. Dafür haben Sie dann zu Recht in der kommunalrechtlichen Fachliteratur Schelte bezogen, unter anderem im Kommentar von Quecke/Schmid.

Was wir wollten, war im Grunde, Ihre kleine Lässlichkeit, Ihre gesetzgeberische Schlampigkeit in dieser Form in Ordnung zu bringen und in § 24 eine einheitliche Formulierung zu wählen. Das war unser ganzer Ansatz. Es war keine politische Frage, sondern eine der konsequenten Einhaltung gesetzgeberischer Formulierungen. Das wollte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben, bevor Sie erneut hier vorkommen und versuchen, uns zu belehren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Kollege Schollbach hat für seine Fraktion eine zweite Runde eröffnet. Möchte die CDU erneut das Wort ergreifen? – Eine andere Fraktion in dieser zweiten Runde? – Möchte die einbringende Fraktion eine dritte Runde eröffnen, Herr Kollege Schollbach? – Nein. Damit hat nun die Staatsregierung das Wort. Es ergreift Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich gibt es zwischen Tagesordnungspunkt 4 und 5 und wahrscheinlich auch Tagesordnungspunkt 6 inhaltliche Überschneidungen, und wir sprechen im weitesten Sinne über Kompetenzen auf kommunaler Ebene. Trotz alledem ist es geboten, jeweils zu diesen Tagesordnungspunkten zu sprechen, selbst wenn sich die Sicht auf die Dinge wahrscheinlich weder von Tagesordnungspunkt 4 zu 5 noch zum nächsten ändern wird.

Aus meiner Sicht ist das Thema Kommunale Selbstverwaltung wichtig, um damit die dafür notwendigen Spielräume vor Ort zu erhalten sowie einen Oberbürgermeister und die Verwaltung bei allem, was ein Rat zu entscheiden

und zu beschließen hat, in die Lage zu versetzen, zu regieren und Beschlüsse zu vollziehen. In diesem Kontext sind die vier Punkte, die ich aus der Sicht der Staatsregierung aufgreifen will, zu verstehen.

Zum Thema Quorum ist eine ganze Menge angesprochen worden. Ja, es ist richtig: Im Jahr 2014 ist das Quorum abgesenkt worden, und nun gibt es genau diesen Spielraum für die kommunale Ebene, der hier mehrfach angesprochen worden ist, auf 10 bis 5 %.

Dann beginnen aber die Unterschiede, und aus unserer Sicht können die Kommunen vor Ort sehr wohl eigenständig entscheiden, auf welche Größenordnung und Prozentzahl sie sich verständigen und wie sie das für ihre Kommune einführen und regeln wollen. Ich habe in den vielen Vorträgen, die hier gehalten wurden, nicht einen einzigen vernünftigen gehört, wo in der Praxis Probleme entstanden seien – mit Ausnahme des Kritikpunktes von Herrn Schollbach, der sagte, bei schlechtem Wetter bekomme man viele Leute nicht hinter dem Ofen hervor. Dazu muss ich sagen: Demokratie ist natürlich keine Schönwetterangelegenheit, sondern man muss sich auch einmal bei schlechtem Wetter auf die Straße stellen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Das zweite Thema ist die viel diskutierte Ausschlussfrist für kassatorische Bürgerbegehren. Auch dazu kann man logischerweise anderer Meinung sein, aber ich möchte deutlich machen: Es gibt sehr viele Nachteile, und man muss nicht alles, was in Bayern im Gesetz steht, übernehmen und als richtig erachten. Ich will Ihnen erklären, warum: weil es aus meiner Sicht vernünftig ist, eine Dreimonatsfrist zu haben, wonach endgültig klar ist, ob ein Ratsbeschluss vollzogen werden kann oder nicht. Jemand, der kommunalpolitische Erfahrung hat, kann sich durchaus vorstellen, wenn so etwas nicht geregelt ist, dass es dann beim Vollzug von Beschlüssen des jeweiligen Gremiums Schwierigkeiten gibt und man eher geneigt ist, Beschlüsse nicht so schnell zu vollziehen, weil es ja noch einmal ein Quorum geben könnte, welches diesen Gemeinderatsbeschluss aufhebt.

Drittens – das Thema Informationspflicht der Bürgermeister. Aus zugegebenermaßen alter Erfahrung möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen: Eine verschärfte Informationspflicht ergibt aus meiner Sicht wenig Sinn. Es gibt jetzt schon ein umfassendes Auskunftsrecht, und wer regelmäßig an Gemeinderatssitzungen teilnimmt, weiß: Unsere Bürgermeister antworten auf Nachfragen in der Regel offen und transparent.

Der vierte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Thema Mindestfraktionsstärke. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle möchte ich etwas Ehrlichkeit einfordern. Nun kann man sich hinstellen und sagen: Wir wollen die Möglichkeit der Absenkung. Aber zur Ehrlichkeit gehört – wir haben diese Zeit noch gar nicht allzu lange –, dass

man auf kommunaler Ebene diskutiert und versucht hat, die Möglichkeiten zu nutzen, um möglichst weit nach oben zu kommen, um eine Fraktion zu bilden. Vor diesem Hintergrund halte ich das, was wir derzeit in unserem Kommunalrecht geregelt haben, für vernünftig: dass die Kommunen sehr wohl in der Lage sind, über ihre Hauptsatzungen diesbezüglich sinnvolle Regelungen zu treffen, und daher ist eine darüber hinausgehende Veränderung, wie sie im Entwurf vorgeschlagen wird, aus meiner Sicht nicht notwendig.

Deshalb möchte ich zum Schluss kommen und deutlich machen, dass wir mit dem Kommunalgesetz, das gerade beschlossen wurde, eher dafür gesorgt haben, dass die Kommunen gefördert werden. Mit diesem Gesetzentwurf soll es nach meinem Verständnis eher eine Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung geben. Deswegen halten wir es tatsächlich nicht zum Schein, sondern aus Prinzip mit der kommunalen Selbstverwaltung. Aus diesem Grund empfiehlt die Staatsregierung, den vorgelegten Gesetzentwurf abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Ulbig.

Meine Damen und Herren! Da der Ausschuss Ablehnung empfohlen hat, ist die Grundlage für die Abstimmung der Gesetzentwurf. Entsprechend § 46 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über diesen Gesetzentwurf artikelweise abzustimmen. Wenn es jetzt keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der Mitwirkungsmöglichkeiten der ehrenamtlichen Gemeinde- und Kreisräte sowie zur Erleichterung der Verfahren zur Beteiligung von Einwoh

nerinnen und Einwohnern an den lokalen Entscheidungen im Freistaat Sachsen, vorliegend in Drucksache 6/10385.

Wir stimmen ab über diesen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich stelle zuerst die Überschrift zur Abstimmung. Wer ihr seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist die Überschrift abgelehnt.

Ich rufe auf Artikel 1 – Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung. Wer Artikel 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Artikel 1 ist damit abgelehnt.

Ich rufe auf Artikel 2 – Änderung der Sächsischen Landkreisordnung. Wer Artikel 2 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Artikel 2 ist damit abgelehnt.

Ich rufe auf Artikel 3 – Inkrafttreten. Wer Artikel 3 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige wenige Stimmenthaltungen. Damit ist Artikel 3 abgelehnt.

Nachdem sämtliche Teile des Gesetzentwurfs abgelehnt wurden, findet über diesen Entwurf gemäß § 47 der Geschäftsordnung eine Schlussabstimmung nur auf Antrag des Einbringers statt. Ich frage daher die Fraktion DIE LINKE, ob eine Schlussabstimmung gewünscht ist.

(André Schollbach, DIE LINKE: Nein!)

Das ist nicht der Fall. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Zweite Beratung des Entwurfs

Viertes Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes

Drucksache 6/5137, Gesetzentwurf der Fraktion AfD

Drucksache 6/11425, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Barth das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – ein kurzer Titel: Viertes Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes –

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

will meine Fraktion das Verfahren bei der sächsischen Kommunalwahl verbessern und vor allem – hören Sie genau zu! – gerechter gestalten.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Änderungsbedarf sieht nämlich insbesondere meine Fraktion bei dem Verfahren zur Abgabe von Unterstützerunterschriften bei der Wahl zur Kommunalwahl.

Herr Piwarz, damit musste sich Ihre CDU-Landtagsfraktion als staatstragende Regierungspartei in den letzten 27 Jahren noch nie beschäftigen.