Das war Kollege Alexander Krauß für die CDU-Fraktion. Ihm folgt jetzt Frau Kollegin Raether-Lordieck für die SPD.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Homo, trans, inter, queer, was ist das, besser, wer ist was? Nein, es handelt sich hier sicherlich nicht um ein erheiterndes Gesellschaftsspielchen, das sich getrost persiflieren lässt. Diese Vorsilben beschreiben Menschen in ihrer ganz konkreten Lebenssituation, die sich in unserer Gesellschaft teils massiver Diskriminierung ausgesetzt sehen. Sind auf Bundesebene 80 % der Bevölkerung für die gerade beschlossene Ehe für alle, beschreibt der SachsenMonitor für unser Bundesland, dass 32 % der Sächsinnen und Sachsen eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts für unnatürlich halten. Den viel beschworenen sächsischen Weg brauchen wir an dieser Stelle sicherlich nicht.
Steigt man tiefer in die Studie ein, heißt es konkretisierend: höhere Bildung – geringere homophobe Einstellung. Ältere Menschen sind in stärkerem Maße homophob eingestellt als jüngere. Dass jedoch in der jüngsten Befragtengruppe, der der Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, Homophobie wieder signifikant ansteigt, müssen wir als Warnsignal verstehen. Hier handelt es sich um eine Bevölkerungsgruppe, Frau Ministerin Kurth, die gerade unser sächsisches Schulsystem durchlaufen hat. Wir müssen also dringend daran arbeiten, Sachsen als ein weltoffenes und tolerantes Land zu gestalten.
Genau hier setzt der Aktionsplan an. Vor einer Woche konnten wir – Frau Buddeberg hat darauf hingewiesen – die feierliche Unterzeichnung miterleben. Lassen Sie hier auch mich Frau Staatsministerin Köpping dazu beglückwünschen und ihr meinen Dank aussprechen. In dieser Sache weiß ich meine gesamte Fraktion hinter mir.
Im Koalitionsvertrag vereinbart und festgeschrieben, wurde dieser Plan ausgehend von einer ganzen Reihe von Workshops unter breiter Beteiligung von Expertinnen und Experten aus Verbänden, Initiativen und interessierten bzw. betroffenen Einzelpersonen entwickelt. Mit diesem Aktionsplan hat die Sächsische Staatsregierung sich unmissverständlich positioniert, Förderstrukturen gestärkt, Ziele definiert und damit eine wichtige und richtige Wegmarke gesetzt.
Landesverwaltung durchführen sowie Führungskräfte und Beschäftigte für ein Diversity Management unter Berücksichtigung von LSBTTIQ-Themen sensibilisieren und qualifizieren. Die Kultusministerin plant, pädagogische Fachkräfte in Schulen und Kitas zum Thema sexuelle Orientierung und Antidiskriminierung zu qualifizieren. Das Justizministerium will eine Sensibilisierung von Polizei und Justiz erreichen.
Laut einem offenen Brief der TIAM und RosaLinde e. V. werden als Voraussetzungen für eine Namensänderung transsexuelle Menschen in Sachsen heute immer noch aufgefordert, mehr gutachterliche Stellungnahmen vorzulegen als gesetzlich vorgeschrieben. Zitat: „Am Amtsgericht Leipzig wird aktuell die Praxis verfolgt, von Anbeginn des Verfahrens drei statt zwei Gutachten zu beauftragen. … Zumeist belaufen sich die Kosten für ein Gutachten zwischen 400 und 800 Euro. Die vom Amtsgericht Leipzig beauftragte dritte Gutachterin erhebt jedoch Kosten für ihre Begutachtung in Höhe von 2 000 Euro.“
Wir sehen, eine Sensibilisierung für die Belange von LSBTTIQ tut dringend not. Jedoch lässt sich Akzeptanz nicht von oben herab verordnen. Sie muss im Alltag ankommen, und hier sind neben der Sächsischen Staatsregierung wir alle gemeinsam gefordert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krauß, es ist schon mehr als lächerlich, wenn Sie sagen, dass Sie sich einen Landesaktionsplan für Familien gewünscht hätten. Sie sind doch seit über 20 Jahren in der Regierung. Wieso haben Sie ihn denn nicht durchgesetzt?
Das war jetzt wohl ein ganz klares Eigentor für die CDU, und der Wähler draußen wird sich dann wohl auch seinen Teil denken.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Köpping, ich würde gern einmal wissen wollen, ob es etwas mit fehlender
Akzeptanz zu tun hat, wenn bei der Vorstellung des Landesaktionsplans null Vertreter der CDU, also Ihres Regierungspartners, zugegen sind. Ich denke, das ist so. Vermutlich ist es so, dass die Kollegen von der CDU Ihren Aktionsplan für unnötig halten.
Warum wird dieser Aktionsplan heute nur auf Initiative der Linksfraktion im Plenum diskutiert? Wieso bringen CDU und SPD dieses Thema nicht auf die Tagesordnung? – Herr Krauß, wahrscheinlich deshalb, damit Sie sich bei Ihren Wählern und Ihren Mitgliedern hierfür nicht rechtfertigen wollen. Aber sei es drum!
Die CDU hat diesen linken Aktionsplan mit vorangetrieben und sich damit von einer bestimmenden SPD die letzten Verteidigungsmauern konservativer Politik widerstandslos einreißen lassen.
Genau diese Abkehr der CDU vom Konservativen hat am vergangenen Sonntag dazu geführt, dass wir als AfD unseren Freistaat Sachsen nach über 20 Jahren CDUHerrschaft zurück in konservative Hände geholt haben.
Werte CDU, damit müssen Sie sich abfinden, zumal Ihre Parteivorsitzende weiterhin glaubt, alles richtig gemacht zu haben.
Nein. – An dieser Stelle zitiere ich gern sinngemäß: Ich kann nicht erkennen, was jetzt anders gemacht werden sollte.
Kommen wir nun zurück zum Landesaktionsplan! Fakt ist, dass in Deutschland und damit auch in Sachsen niemand wegen seines Geschlechts und seiner sexuellen Orientierung diskriminiert oder benachteiligt werden darf. Dies sind Werte, die es natürlich zu verteidigen gilt. Jeder
Aber dafür gibt es doch schon eine Vielzahl an Gesetzen. Hierbei verweise ich unter anderem auf Artikel 3 des Grundgesetzes und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Zudem ist der Freistaat Sachsen in diesem Jahr der „Koalition gegen Diskriminierung“ beigetreten und möchte nun, wie dem Aktionsplan zu entnehmen ist, auch der „Charta der Vielfalt“ beitreten.
Ich frage Sie allen Ernstes: Ja, was denn noch? Wo soll das denn noch hinführen? In die totale Verwirrung? – Ich sage es Ihnen klar und deutlich: Es sind keine weiteren Gesetze und Regulierungen notwendig. Wir haben hierfür schon die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen.
Zudem treiben Sie mit Ihrem Aktionsplan unter dem Deckmantel der Toleranz und Akzeptanz die Frühsexualisierung in Kitas und Schulen weiter voran. Wie sich das auswirkt, können wir beispielsweise in Rheinland-Pfalz sehen, wo mit dem sogenannten Kita-Koffer unsere Kinder belästigt werden. Sie sollen mit Puppen Geschlechtsverkehr nachstellen und sich dazu in eine Kuschelecke begeben. Werte Abgeordnete, das ist ein schwerer Eingriff in die Entwicklung unserer Kinder, der umgehend gestoppt werden muss!
Kurzum: Diesen Aktionsplan braucht es nicht. Wir sollten uns lieber mit drängenden Problemen beschäftigen. Hier seien beispielsweise innere Sicherheit, Kinderarmut, Altersarmut, Bildung, Infrastruktur und die ungeregelte Zuwanderung benannt. Mit solch einem Programm schaden Sie nicht nur unseren Kindern, sondern auch sich selbst.
Wir hörten gerade Herrn Wendt. Er sprach für die AfD-Fraktion. Jetzt spricht für die GRÜNEN Frau Meier.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Menschenbild von Herrn Wendt und der AfD ist gerade wieder offenbar geworden. Sie wollen Menschen in Kategorien stopfen, weil es einfach ist, Menschen in Kategorien zu stopfen. Aber Menschen leiden, wenn sie in Kategorien gestopft werden, weil Kategorien ausschließen. Wir als Gesellschaft sollten es nicht wollen, dass Menschen ausgeschlossen werden. Alle gehören zu dieser Gesellschaft dazu, seien sie hetero-, seien sie homo-, seien sie trans- oder intersexuell.
Ich möchte es an drei Beispielen illustrieren: Stellen Sie sich vor, Ihre Enkelin wohnt im Erzgebirge. Sie ist 17 Jahre alt, lesbisch und wird von ihren Mitschülern auf dem Schulhof beschimpft. Stellen Sie sich vor, ein Kind wird geboren, und die Ärztinnen und Ärzte können das Geschlecht nicht eindeutig festellen. Stellen Sie sich vor, Ihr Kollege Wippel, der Polizist ist, hat einen Kollegen,
Ich möchte, dass Eltern in Sachsen unterstützt werden, wenn sie ein Kind bekommen, das nicht eindeutig einem Geschlecht zuordenbar ist. Ich möchte, dass der Polizist einen Ansprechpartner bei der Polizei hat. Ich möchte, dass „schwul“ kein Schimpfwort auf sächsischen Schulhöfen ist. Genau dafür gibt es diesen Aktionsplan für die Vielfalt von Lebensweisen. Seit Jahren ist er gefordert worden. Unsere Fraktion hat dies in der vergangenen Legislaturperiode, im Jahr 2011 bereits, getan.
Die Erarbeitung hat lange gedauert. Zwischendurch habe ich schon gedacht, er sei verschollen. Jetzt ist er da, er ist verabschiedet. Das ist – wir haben es heute schon gehört – auf jeden Fall ein Verdienst von Frau Köpping.
Aber dieser Aktionsplan kommt zu spät. Er ist zu halbherzig und zu wenig konsequent. Vom ersten Entwurf bis zur Verabschiedung durch das Kabinett hat es über ein Jahr gedauert. Trotzdem finden sich in diesem Aktionsplan neun Maßnahmen, die lediglich Prüfaufträge sind. Aber dieser Aktionsplan zur Vielfalt ist doch keine Fortsetzung Ihres Koalitionsvertrags, der auf Prüfaufträgen aufbaut, sondern es geht hier um konkrete Maßnahmen. Ich verstehe nicht, warum die Ministerien es innerhalb eines Jahres nicht geschafft haben, aus konkreten Prüfaufträgen Maßnahmen zu entwickeln.
Wenn man genau hinschaut, wo die Prüfaufträge liegen, stellt man fest: Es sind die CDU-Ministerien, wo geprüft werden soll.
Ein Stichwort – Frau Raether-Lordieck hat es gesagt –: Das Justizministerium soll prüfen, ob die Justizbehörden für LSBTIQ-Themen sensibilisiert werden sollen. Aber gerade mit Blick auf das Amtsgericht Leipzig stellen wir fest: Dort wird eine zumindest fragwürdige Praxis bei Personenstands- und Vornamensänderungen von Transpersonen angewandt, die über das Maß an richterlicher Unabhängigkeit hinauszugehen scheint. Auch ich sehe wirklich Handlungsbedarf – Frau Raether-Lordieck hat es gesagt –, hierfür die Richterinnen und Richter, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu sensibilisieren.