Protocol of the Session on September 27, 2017

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Mein zweiter Dank gilt dem Referat für Gleichstellung für den offenen und breiten Beteiligungsprozess, der in der parlamentarischen Arbeit seinesgleichen sucht und meiner Meinung nach Vorbildcharakter für alle anderen Ministerien haben sollte. Nicht zuletzt möchte ich der Ministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping, insbesondere für ihren langen Atem und ihre Hartnäckigkeit danken. Sie haben das Projekt mit wirklich viel Herzblut vorangetrieben.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Es gibt aber auch Menschen, denen ich nicht danken möchte. Mit dem Landesaktionsplan ist nach drei Jahren ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag erfüllt worden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die regierungstragenden Fraktionen nicht geschlossen hinter diesem Vorhaben stehen.

(Zuruf von der CDU)

Bereits im Jahr 2015 hat die CDU ihre Koalitionspartnerin SPD gehörig vor dem Kopf gestoßen, als zur Anhörung im Sozialausschuss als Sachverständige ausgerechnet die Parteifreundin Birgit Kelle als Expertin eingeladen wurde. Ich frage mich bis heute, was sie dazu qualifiziert hat. Es kann entweder nur der Stammtischbestseller „Gender-Gaga“ sein oder die Organisation von homo- und transfeindlichen Demos in Baden-Württemberg. Man hat den Eindruck, dass Gleichstellungspolitik für einige CDU-Abgeordnete vor allem mit Verhinderungspolitik gleichzusetzen ist.

Im April 2016 tagte der dazu einberufene Beirat. Das war eine sehr produktive Sitzung – leider auch die einzige. Danach geisterte der Landesaktionsplan durch die Ministerien. Es dauerte über ein Jahr bis zum Kabinettsbeschluss. Nun kann man sagen: Gut Ding will Weile haben oder was lange währt wird endlich gut. Nur leider ist der Aktionsplan während dieser Geisterfahrt nicht etwa verbessert, sondern eher verschlechtert worden. An vielen Stellen bleibt er hinter den Erwartungen zurück.

Ich möchte zwei wesentliche Punkte nennen. Das Erste ist die fehlende Datengrundlage. Das habe ich mir nicht ausgedacht, das steht sogar wörtlich im Aktionsplan drin. Dort heißt es: „Spezifische Studien zu Lebenslagen und Diskriminierungserfahrungen von LSBTTIQ in Sachsen liegen nicht vor.“ Da wäre es konsequent gewesen, so

eine Studie durchzuführen oder das zumindest als Maßnahme in den Aktionsplan hineinzuschreiben. Das ist leider nicht passiert. Aber ich kann Sie beruhigen, wir können Abhilfe schaffen. Die Fraktion DIE LINKE hat dazu einen Antrag im Geschäftsgang, der sich genau dafür einsetzt, und dem können Sie demnächst zustimmen.

Eine solche Datengrundlage ist absolut notwendig, um ein genaues Bild von der Situation in Sachsen zu haben, um die Maßnahmen konkret und zielgenau planen zu können.

Der zweite Kritikpunkt am Aktionsplan ist, dass er unverbindlich und schwammig ist, und zwar sowohl was die Maßnahmen als auch die Zeitleisten betrifft, und damit ist er nicht abrechenbar.

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir einen mutigeren Aktionsplan gewünscht, und Sachsen hätte einen mutigeren Aktionsplan nötig gehabt.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Nicht erst seit Sonntag steht doch die Frage im Raum: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Der Landesaktionsplan ist kein Sonderprogramm für Minderheiten. Die Frage, ob Vielfalt ausgehalten wird, ob sie selbstverständlich ist, ob alle angstfrei und mit gleichen Rechten nebeneinander leben können, ist eine Frage der Menschlichkeit, der Menschenwürde und der humanistischen Grundwerte.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Dafür ist der Landesaktionsplan ein erster Schritt. Er ist vor allem ein sehr wichtiges Zeichen nach außen. Er kann aber nur ein Anfang sein. Ich freue mich sehr, dass der Beirat, den wir als LINKE gefordert haben, nun im Landesaktionsplan festgeschrieben ist, damit er mit den Beteiligten evaluiert und fortgeschrieben werden kann. Spätestens bei den Haushaltsverhandlungen haben die Mehrheitsfraktionen dann die Chance, sich endgültig hinter ihren Aktionsplan zu stellen.

Es bleibt noch viel zu tun, um Sachsen vielfältiger, gewaltfreier und gerechter zu machen. Lassen Sie uns heute damit anfangen!

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die einbringende Fraktion DIE LINKE eröffnete Frau Kollegin Buddeberg die Diskussion, und für die CDU-Fraktion spricht jetzt Kollege Alexander Krauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vorausschicken: Jeder soll bei uns im Land so leben, wie er es möchte. Das ist sein gutes Recht, das kann er tun, das ist in Ordnung. Ich will als Zweites vorausschicken, dass Hass und Gewalt immer inakzeptabel sind, egal gegen welche Menschengruppe sie sich dabei richten.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den LINKEN, der SPD und der AfD)

Es gibt dabei auch keine Gruppen, die mehr Rechte haben, dass man gegen Gewalt vorgeht, sondern es ist ein grundsätzliches Menschenrecht, egal, um wen es sich dabei handelt. Hass und Gewalt werden von uns abgelehnt.

Das bringt der Landesaktionsplan für diese Gruppe, über die wir gerade gesprochen haben, auch zum Ausdruck, und das ist gut so. Deswegen freue ich mich, dass schon kräftig gedankt worden ist. Ich will das aber gern auch für unsere Fraktion tun. Ein herzliches Dankeschön an Frau Staatsministerin Köpping, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums, an die beteiligten Verbände, aber auch an die Staatsregierung als Ganzes, die sich dort insgesamt eingebracht hat. Ich glaube, auch das kann man an dieser Stelle ruhig wiederholen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nun klatscht mal! – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Bei „Beifall“ müsst ihr einfach loslegen!)

Die Mittagszeit naht, vielleicht liegt es daran.

Jetzt gibt es vielleicht ein paar Punkte, bei denen Sie sagen, darüber, dass das so ist, bin ich nicht ganz so froh. Ich bin froh, dass Sie nicht froh sind, weil ich sonst nicht froh wäre.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Wir hätten da meines Erachtens etwas falsch gemacht, wenn Sie jetzt froh gewesen wären, denn eines ist ja auch klar: Die Erarbeitung eines solchen Programms ist kein „Wünsch-dir-was“. Natürlich bringt dann jeder seine Wünsche vor. Aber der Freistaat Sachsen ist nun nicht der Weihnachtsmann, der den Leuten jeden Wunsch erfüllt. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es wäre auch schlimm, wenn das anders wäre.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Damit sind wir bereits bei dem zentralen Punkt: Wie gesagt, dieser Aktionsplan hat seine Berechtigung, das ist in Ordnung. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir das machen. Meines Erachtens haben wir es auch in einer guten Form hinbekommen. Aber Politik muss aufpassen, dass sie sich nicht nur um Randgruppen kümmert. Politik muss auch die Mehrheitsgesellschaft im Blick behalten und darauf schauen, welche Bedürfnisse es dort gibt. Ich will dies an einem ganz klaren Beispiel verdeutlichen, wenn wir über dieses Thema reden. Ich wünschte mir, dass wir auch einmal einen Landesaktionsplan für die Stärkung von Familien machen. Das wäre einmal etwas Gutes.

(Beifall bei der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wer ist denn an der Regierung? – Weitere Zurufe der Abg. Sarah Buddeberg und Susanne Schaper, DIE LINKE)

Keine Frage, wir können das gern machen; das ist doch in Ordnung. Aber auch einmal das ins Blickfeld zu nehmen, was die Mehrheitsgesellschaft in diesem Land ist, das müssen wir auch hinbekommen; denn man kommt an den Punkt, an dem die Leute dann fragen, was das mit ihrer Lebenswirklichkeit zu tun hat. Auf diese Frage muss man eine Antwort geben. Deswegen ist es wirklich wichtig, dass man den Blick auf die Gesamtgesellschaft wirft.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Gehen Sie zum Bundestag!)

Dieser Blick auf die gesamte Gesellschaft ist uns als Volkspartei wichtig, die wir versuchen, wirklich alle Interessen zu bündeln, ob die von Alt und Jung, von Mann und Frau oder diejenigen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das muss der Blick sein, der von oben darauf geworfen wird.

Frau Kollegin Buddenberg, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht,

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Buddeberg, ohne „n“!)

dem Punkt der fehlenden Datengrundlage. Ich hätte mir auch gewünscht, dass man mehr Zahlen hat. Wir haben einmal zu erfassen versucht, um welche Gruppe es sich denn handelt. Wenn man die Zahlen einmal hat, dann wird man feststellen: Es geht um wirklich kleinste Minderheiten, über die wir in diesem Zusammenhang sprechen. Ich habe mich einmal gefragt: Wie viele Leute lassen sich denn umoperieren? Jeder soll sich umoperieren lassen können.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Wenn er der Ansicht ist, er ist ab morgen eine Frau, dann soll er das machen; das ist seine persönliche Entscheidung. Oder wenn eine Frau sagt, sie möchte ein Mann sein, gilt dies umgekehrt ebenso – jedem sein Himmelreich, keine Frage. Aber wenn man dann einmal in die Statistik schaut und sieht, dass es keine zehn Leute in diesem Land betrifft, die das machen lassen, dann muss man eben auch einmal sagen: Es sind keine zehn Leute, für die hier ein ungeheuer großer Aufwand betrieben wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dann kann man auch einmal nach Folgendem fragen. Man kann ja bei der Geburt nicht nur angeben, dass es ein Junge oder ein Mädchen geworden ist, sondern es ist ja zulässig, dass da steht, es ist irgendetwas anderes. Wenn man aber dann in der Statistik nachsieht oder beim Statistischen Landesamt nachfragt, wie diese Kinder eigentlich geboren werden, und feststellt, sie werden ganz überraschend als Jungen und Mädchen geboren, dann ist auch dies eine Wahrnehmung, die ich einfach weitergeben möchte.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das ist ja auch so! Das geht ja auch gar nicht anders!)

Deswegen kann ich mit der Diskussion, dass es dann 60 Geschlechter gibt oder sonst etwas, relativ wenig anfangen.

Insofern noch einmal mein Blickwinkel: Es ist in Ordnung, auf der einen Seite wirklich dafür zu sorgen, dass es weder zu Hass noch zu Diskriminierung kommt – das ist in unserer Gesellschaft insgesamt unangemessen –, aber auf der anderen Seite auch noch einmal zu sagen, was die wirklich wichtigen Themen in diesem Land und in diesem Leben sind.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Keine Ahnung! – Weiterer Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Ich glaube, dass wir diesen Blick auch immer wahren müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)