Protocol of the Session on June 22, 2017

Die erste Säule, die Bankenaufsicht durch die EZB, war eine Beruhigungspille, meine Damen und Herren, die uns verabreicht wurde – durch Stresstests –, um uns bei Haftungsfragen für marode Banken in Südeuropa zu benebeln. Diese Beruhigungspille hat bei mir und meiner Fraktion, meine Damen und Herren, nicht gewirkt. Denn: Die Europäische Zentralbank macht bereits seit dem Jahr 2008 genau das Gegenteil von dem, was eine Bankenaufsicht machen müsste. Die EZB rettet nämlich faktisch insolvente Banken in der Eurozone und versorgt sie großzügig mit Liquidität. Diese Zombiebanken hätte sie aber als oberste Bankenaufsicht schon lange schließen müssen.

Ein Beispiel, meine Damen und Herren: Die griechische Notenbank hat im ersten Halbjahr 2015 die griechischen Banken, die durch Kapitalabflüsse faktisch insolvent waren, weiter mit Notkrediten versorgt. Die Höhe der Notkredite erreichte 89 Milliarden Euro, also fast den Rettungsbetrag von 2012 für die spanischen Banken. Dies war ein eindeutiger Fall von Insolvenzverschleppung. Obwohl die EZB davon wusste, schritt sie monatelang – monatelang! – nicht ein. Damit hat sie aber ihre Aufgabe als Bankenaufsicht nicht, und zwar vorsätzlich nicht, wahrgenommen.

Zur weiteren Säule der Bankenunion, den Regelungen zur Abwicklung nicht mehr lebensfähiger Banken oder, wie man es abgekürzt bezeichnen könnte, zur Bankenrettung. Nach diesem Regelwerk sind zunächst das Eigen- und das Fremdkapital der Banken zur Finanzierung der Rettungsmaßnahmen heranzuziehen. Dazu gehören auch Giro- und Sparguthaben der Bürger über 100 000 Euro. Mit unserem Antrag im Monat März dieses Jahres hatten wir Ihnen bereits unsere Ablehnung dieser Regelung bekannt gegeben.

Wenn das Geld der Sparer aber zur Rettung nicht mehr ausreicht, sieht die Richtlinie der EU-Kommission den Rückgriff auf den Europäischen Bankenrettungsfonds – auch Abwicklungsfonds genannt – vor. Die Bildung eines solchen Rettungsfonds lehnt meine Fraktion ab. In diesen zahlen nämlich die deutschen Banken Gelder ein, um für hohe Risiken in den Bilanzen der ausländischen Banken einzustehen. Dafür sind aber die Gelder deutschen Banken und ihrer Kunden nicht gedacht. Sie sollten den deutschen Kreditinstituten zur Verfügung stehen, falls trotz aller Vorsicht eine Bankenschieflage entstehen sollte. Wie die Vergangenheit und auch die aktuelle Schieflage der Bremer Landesbank – siehe den heutigen Artikel in der „FAZ“ – zeigen, kann dies in Einzelfällen ausnahmsweise der Fall sein, aber eben gerade nicht flächendeckend wie in Südeuropa.

Die Regierungskoalition in Berlin hat mit dem „Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie“ eine zweckwidrige Verwendung von Geldern angeordnet. Im Interesse aller Bankkunden können wir dieser gesetzlich verordneten Veruntreuung von Kundengeldern nur entschieden widersprechen.

Ich danke Ihnen zunächst für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion, Herr Abg. Rohwer. Bitte sehr, Herr Rohwer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich die landespolitische Kompe

tenz für das Thema nicht so richtig zu erkennen vermag, bitte ich Sie, unsere Argumente zur Ablehnung dieses Antrags im Protokoll nachzulesen. Ich gebe meine Rede zu Protokoll und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Rohwer. Damit rufe ich auf die Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Brünler, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Bevor ich, um meine – wie Sie sicher hören – angeschlagene Stimme zu schonen, meine Rede ebenfalls zu Protokoll gebe, möchte ich für unsere Fraktion nur erklären, dass wir diesen Antrag ablehnen. Wenn dieser Antrag angenommen werden würde, würden wir aus kurzfristigem nationalen Egoismus heraus im Krisenfall eine Finanzkrise eher verschärfen als verhindern.

Die Mappe nehmen Sie bitte wieder mit. Ich nehme nur den Text.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN, der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion, Herr Abg. Baumann-Hasske.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich den Vorrednern an. Für die SPD-Fraktion kann ich sagen, dass wir hier die landespolitische Kompetenz auch nicht zu erkennen vermögen. Wir wollen Ihre Geduld nicht überstrapazieren. Auch ich gebe meinen Beitrag zu Protokoll.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Auch wenn Ihre Stimme nicht angeschlagen ist, Herr Baumann-Hasske, wir nehmen die Rede zu Protokoll. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Schubert. Bitte sehr, Frau Schubert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe meine Rede nicht zu Protokoll; denn ich möchte dazu etwas sagen. Die Bankenunion ist eine wichtige Konsequenz aus der Finanzmarktkrise von 2008, und ihr Ziel ist es, zu verhindern, dass Banken, die in Schieflage geraten sind, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gerettet werden müssen. Mit Einführung der Bankenunion wurde der bisherige Automatismus zwischen der Schieflage einer Bank und deren Rettung mit Steuergeldern endlich durchbrochen. Wenn eine Bank so hohe Verluste macht, dass sie die vorgeschriebenen Eigenkapitalquoten unterschreitet oder über nicht mehr genug Geld oder Liquidität verfügt, um Sparern ihre Guthaben auszuzahlen, kann sie jetzt abgewickelt werden. Aber dafür kommen nicht mehr die Steuerzahlenden auf,

sondern die Banken selbst sowie deren Eigentümer und Gläubiger, das sogenannte Bail-in.

Der AfD-Antrag kommt aber wieder einmal wie der einäugige Rächer mit dem Verschwörungspfeil einher und holt wie das tapfere Schneiderlein zum Generalstreich aus. Aber das erlegte eben auch nur Fliegen.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Aber sieben auf einen Streich!)

Der erste Pfeil wird an den ersten Pfeiler der Bankenunion geschossen, und das ist der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus, der die Großbanken der Eurozone seit November 2014 unter die gemeinsame Aufsicht der EZB stellt. Das findet die AfD doof. Die Bankenaufseher bei der EZB überwachen im Rahmen der Bankenunion die 125 größten Kreditinstitute in Europa. Die AfD will mit ihrem Antrag „die Beendigung der Bankenaufsicht durch die EZB und die Rückübertragung dieser auf die nationalen Aufsichtsbehörden“.

Sie schreibt in ihrer Begründung – das können Sie nachlesen –, warum sie das nicht mehr will, und verweist auf einen vermeintlichen Interessenkonflikt. Das ist krude; denn die Bankenunion wurde 2012 aufgrund der Erfahrungen aus der Finanz- und Euro-Schuldenkrise ins Leben gerufen, nämlich als nationale Bankenpleiten grenzüberschreitend Schaden anrichteten. Nationale Probleme haben in die Finanzkrise geführt, und eine europäische Aufsicht war und ist daher für diese Aufgabe grundsätzlich geeigneter, um die Risiken in den Banken zu überblicken, Handlungsbedarfe rechtzeitig zu erkennen und zielstrebig einzugreifen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem wurde mit der Bankenunion sichergestellt, dass nationale Aufsichten landeseigene Banken eben nicht schonen. Es ist die nationale Lösung, die befangen ist, nicht die europäische. Die AfD liegt also mit dieser Aussage falsch.

Der zweite Pfeiler ist der einheitliche Bankenabwicklungsmechanismus zur Abwicklung und Restrukturierung notleidender Großbanken durch eine zentrale Abwicklungsbehörde. Hier schießt die AfD direkt einmal nach Südeuropa. Aber schauen wir uns doch einmal an, welche Länder von der Krise 2008 durch Pleitebanken besonders betroffen waren. Da gibt es eine Liste: Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Island, die USA, Dänemark oder die IKB-Mittelstandsbank Deutschland.

Ich fordere Sie also dringend auf, Ihren Finanzrassismus an dieser Stelle zu unterlassen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die AfD behauptet in ihrem Antrag weiterhin, dass Bankenpleiten in Europa eine länderinterne Angelegenheit sind. Das ist sicher dem grundsätzlichen AfDBedürfnis geschuldet, Dinge und Sachverhalte so zu vereinfachen, dass sie inhaltlich dann zwar falsch sind, sich dafür aber gut zur Stimmungsmache eignen. Das

widerspricht dem Ansatz, den wir GRÜNEN verfolgen. Uns GRÜNEN ist es wichtig, dass die Banken für ihre Entscheidungen finanziell verantwortlich sind und nicht die Steuerzahlenden. Der AfD ist das offensichtlich nicht wichtig. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Herr Abg. Barth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nun leider auf CDU, SPD und DIE LINKE schlecht erwidern, da die Reden zu Protokoll gegeben wurden.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Die können Sie sich durchlesen!)

Aber zu Frau Schubert will ich einige Worte sagen. Frau Schubert, der Europaausschuss hatte eine zweitägige Sitzung in Brüssel im Ausschuss der Regionen. Dort wurde uns von dem Lobbyvertreter des Deutschen Sparkassenverbundes eindeutig erklärt, dass die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank mit dem deutschen Bankensystem als solches, dass es Privatbanken und dass es flächendeckend Genossenschaftsbanken und Sparkassen gibt, von der Aufsicht her nicht einverstanden ist, dass es von der Europäischen Union Tendenzen gibt, dass wir unser Sparkassensystem reformieren müssten. Das alles ist nicht im Interesse der Versorgung von Bankkunden im ländlichen Raum, und deshalb muss die Bankenaufsicht als solche noch einmal grundsätzlich überprüft werden.

Letztendlich wird mit der Bankenaufsicht der Bock zum Gärtner gemacht; denn die EZB ist selber Gläubigerin der Zentralbanken. Eine Gläubigerin, die zugleich die finanziellen Bilanzen des Schuldners überwacht – das ist ein Interessenkonflikt. Natürlich sind die Abteilungen in der EZB getrennt. Die einen sind für die Überwachung zuständig, die anderen für die Kreditgewährung. Aber letztendlich werden alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung im EZB-Rat getroffen. Da besteht gleichwohl ein Interessenkonflikt. – So viel zu Ihnen.

Es gibt aber noch eine dritte Säule, über die ich nicht gesprochen habe, die Einlagensicherung. Die von der EUKommission vorgestellten Pläne zur gemeinsamen Einlagesicherung in Europa sind nunmehr ein Generalangriff Brüssels auf unsere deutschen Spareinlagen. Die halbherzige Zurückweisung dieser Pläne durch die Bundesregierung und den Bundesrat werden in Brüssel als Zustimmung unter Bedingungen verstanden. Um aber die EUKommission von deutscher Seite endgültig zu stoppen, müssen offenbar deutlichere und unmissverständlichere Signale ausgesendet werden.

Zur Stabilisierung der unsoliden Banken in Südeuropa auf Mittel zurückzugreifen, die für die Sicherung deutscher Sparer gebildet wurden, ist keine Lösung, meine Damen und Herren. Ich habe es bereits in der März-Debatte gesagt. In den drei Fonds des deutschen Einlagensiche

rungsfonds liegen insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro. Diese Gelder – das hatte ich auch ausgeführt – werden nicht reichen, um deutsche Bankkunden im Insolvenzfall einer mittelgroßen Bank auch nur ansatzweise zu befriedigen.

Die Risiken im italienischen Banksektor mit 360 Milliarden Euro überfordern jedes europäische Einlagensystem. Ab 2024, wenn 55 Milliarden Euro in einem gemeinsamen europäischen Einlagensicherungssystem sein sollen, wird dieses Geld auch nicht reichen – Stand jetzt –, die faulen Kreditrisiken in Italien abzufedern.

Dazu kommt hohe Arbeitslosigkeit in Italien von mehr als 12 % sowie teilweise aufgrund fehlender Abwertungsmöglichkeiten – ich erinnere daran, dass wir alle eine gemeinsame Währung haben – die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Staaten. Das wird natürlich auch nicht förderlich sein, die Kreditforderungen der Banken Südeuropas bei ihren Kunden einzubringen. Da liegt aber in Wahrheit der Verdacht nahe, dass die EU eben gern auf leistungsfähige Kreditinstitute zurückgreifen will, um bei den Sparern in Deutschland das angeschlagene Vertrauen in den südeuropäischen Bankensektor zu erhöhen. Wollen Sie das, meine Damen und Herren? – Wir jedenfalls lehnen diese Vorgehensweise ab.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Schubert, bitte.

Ich würde gern eine Kurzintervention machen.

Wenn Sie das gern machen möchten, dann machen Sie das.

(Vereinzelt Lachen)

Herr Kollege Barth, Sie haben über die europäische Einlagensicherung gesprochen. Diese ist doch aber noch gar nicht da. Ich weiß also gar nicht, wieso wir die hier so gigantisch aufblasen und dadurch eine Angstblase erzeugen. Es ist doch eine ganz klare Ansage der jetzigen Bundesregierung vorhanden: Solange Schäuble im Spiel ist, wird es keinen Kurswechsel geben. Da brauchen wir also gar keine Panik zu machen.

Zu dem, was Sie in Bezug auf eine direkte Bankenkapitalisierung angesprochen haben: Sofern ich richtig informiert bin, ist das immer noch möglich, jedoch unter sehr strengen Auflagen, und das ist auch richtig so. Wenn also die Banken direkt rekapitalisieren wollen, dann können Sie das tun – das ist eine Möglichkeit. Niemand sagt ihnen, dass das nicht mehr möglich ist.