Stellvertretend möchte ich aus einem Brief der Kreishandwerkerschaft Erzgebirge zitieren. Die ellenlange Liste fängt an bei A wie Abfallentsorgung, Beispiel gesetzgeberisches Chaos bei der Styroporentsorgung mit Preisexplosion, geht über Arbeitsstättenrichtlinie, Dokumentationspflichten, Offenlegungspflichten, Soll
Besteuerung, Vorfälligkeit der Krankenversicherung und endet bei Z wie Zusatzversicherungen. Gerade in den Bereichen Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsschutz sind die Belastungen überdurchschnittlich hoch.
Näher möchte ich noch einmal auf die Ungerechtigkeiten in unserem Ausbildungssystem eingehen. Während die gesamte akademische Berufsausbildung ganz selbstverständlich dem Steuerzahler in Rechnung gestellt wird, zahlen die Handwerker, die eine der Hauptsäulen unseres erfolgreichen dualen Ausbildungssystems sind, große Teile der Ausbildungskosten über Beiträge und Sonderbeiträge für die sogenannte ÜLU, die überbetriebliche Lehrunterweisung, aus eigener Tasche, um dann einen großen Teil der Fachkräfte an die Industrie zu verlieren, die aufgrund ihrer Gewinnspannen problemlos mit höheren Löhnen locken kann.
Um dieser Entwicklung endlich entgegenzuwirken, bedarf es dringend einer Erhöhung des Organisationsgrades der Handwerkerschaft. Dieser wirken Liberalisierungsbemühungen, wie sie mit der Abschaffung der Meisterpflicht für zahlreiche Gewerbe umgesetzt wurden, eindeutig entgegen. Dass wir für die Erhaltung der Meisterpflicht stehen, haben wir zuletzt mit unserem Antrag in der Drucksache 6/435 vom 08.12.2014 eindeutig bekannt. Sollte die Große Anfrage also diese Intention gehabt haben, war sie doppelt überflüssig und Sie sind wieder einmal nur auf einen fahrenden Zug aufgesprungen, und das, wie schon erwähnt, handwerklich denkbar schlecht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Interessen des Handwerks werden von der Sächsischen Staatsregierung bestens vertreten. Davon zeugt nicht zuletzt der persönliche Einsatz unseres Ministerpräsidenten im Bundesrat
beim Bemühen, die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge endlich rückgängig zu machen, auch wenn wir dabei leider keine Mehrheit fanden. Immerhin wurde der damit verbundene bürokratische Aufwand wenigstens reduziert.
Dann möchte ich noch mal eines sagen: Wir können sehr wohl über das Handwerk sprechen, aber im Gegensatz zu Ihnen sind Vertreter der Staatsregierung vor Ort, wie Frau Ministerin Stange und Herr Staatsminister Thomas Schmidt. Zum Beispiel beim Sächsischen Handwerkstag zuletzt hat der Ministerpräsident gesprochen. Ich möchte noch erwähnen, dass DIE LINKE mit drei Vertretern und Volkmar Zschocke von den GRÜNEN vor Ort waren.
Es ist mir scheißegal, ob Sie da waren oder nicht, aber irgendeinen Vertreter werden Sie doch hinschicken können. Sie können trefflich darüber referieren, aber am besten referiert man miteinander.
Wo waren Sie denn beim Sommerfest der Handwerkskammer Leipzig? Wo waren Sie denn beim Sommerfest der Handwerkskammer Dresden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es soll hier laut Titel angeblich um die Auswirkungen der Handwerksnovelle, die am 01.01.2004 in Kraft trat, gehen. Allerdings scheint sich im Abschnitt II in den Fragen mit ungerader Ordnungszahl Skepsis in Bezug auf die Einteilung der Handwerke in die Anlage A und B 1 auszudrücken, also die Einteilung in die Handwerksberufe, zu deren Zulassung ein Meisterabschluss benötigt wurde, und in die, für die das nicht notwendig war.
Eigentlich geht es den Anfragenden wohl um die Begründung und dabei zuerst um die Formulierung: „Durch die Reduzierung der Handwerke der Anlage A Handwerksordnung auf solche Handwerke, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können, wird für zahlreiche Gewerbe das Erfordernis der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung abgeschafft.“ Das Kriterium für die Unterteilung mag nicht recht überzeugend sein, gleichwohl ist die Begründung für die Handwerkernovelle etwas umfangreicher, und die steht im besagten Gesetzentwurf auch drin.
Wir wissen, dass damit auf verfassungsrechtliche Einwände gegen die Meisterpflicht reagiert wurde. Wir wissen, dass es volkswirtschaftliche Diskussionen zum Meisterzwang gibt, weil er eine höhere Hürde zum Markzugang darstellt. Wir wissen, dass es darüber hinaus um Verbraucherschutz und Qualitätssicherung geht. Wir wissen auch, dass rechtliche Maßnahmen wie die 5. Verordnung zur Änderung der EWG/RW-Handwerkerverordnung dem Gesetz vorausging und dass es dabei auch um die Umsetzung von Richtlinien der EU ging. Das Problem ist komplex und die Handwerksordnung nach wie vor in Teilen umstritten.
Dem kommt man aber nicht bei, indem man sich an einer Formulierung aufhält und aus eigentlich nur zwei Fragen 105 macht. Wahrscheinlich sollte das lustig sein, und da bin ich mit Kollegen Pohle einer Meinung, das hätte in eine Frage für alle Gewerke gepackt werden können, anstatt eine Kleine Anfrage zu einer Großen Anfrage aufzublasen. Hätte man doch wenigstens die Berufe alphabetisch abgefragt, dann hätte die Staatsregierung gewiss auch alphabetisch geantwortet, und die Anlage 1 wäre leichter lesbar gewesen. Man sucht sich lahm, wenn man in ihr nach einem Beruf sucht.
Es ist auch nicht ganz klar, worauf diese Große Anfrage zielt. Wenn es darum gehen soll, die Novelle der Handwerksordnung zu evaluieren, warum versteckt sich die Forderung danach im letzten Satz der Begründung? Für eine Evaluierung reichen die abgefragten Daten nach Betriebszahlen oder Berufsabschlüssen in den Punkten II und III bei Weitem nicht aus. Wir müssen zum Beispiel nach den Umsätzen bei Betriebsgrößen und der Lohnentwicklung fragen, damit das Bild rund wird. Auch muss man sich die Beschäftigtenzahlen und Beschäftigungsverhältnisse anschauen. Dann könnte sich ein weiteres Problem auftun.
Die Linksfraktion hat bereits 2012 einen Antrag mit dem Namen „Handwerksnovelle evaluieren – hohes Qualifikationsniveau sicherstellen“ in den Bundestag eingebracht. Darin ist zu lesen: „Im Fliesenlegerhandwerk beispielsweise fiel die Notwendigkeit einer Mindestqualifikation weg. Daraufhin ist die Zahl der eingetragenen Betriebe besonders stark gewachsen, von 25 545 Betriebe im Jahr 2005 auf 59 352 Betriebe 2009. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank im gleichen Zeitraum jedoch laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit von 24 220 auf 22 797. Die Industriegewerkschaft Bau, Agrar und Umwelt sieht darin ein starkes Indiz für Scheinselbstständigkeit.“
Ich erinnere an einen Knackpunkt der Diskussion um die Handwerksnovelle. Dabei handelt es sich um Qualitätssicherung der angebotenen Leistungen und Dienstleistungen. Es gibt laut einer Studie des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung e. V. überhaupt noch keine belastbaren Daten. Was zu den reinen Zahlen hinzukommen muss: Diese Zahlen müssen eingebettet werden in weitere gesellschaftliche und politische Entwicklungen, die die
Wirkung der Handwerksnovelle möglicherweise überlagern. Wir erinnern uns: 2004 erfolgte die EU-Osterweiterung, 2005 traten die Hartz-IV-Gesetze in Kraft, 2008 gab es eine Bankenkrise und seit 2015 gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn. Vergessen wir auch nicht die demografische Entwicklung. All das macht auch etwas mit dem Handwerk. Da muss komplexer und genauer hingeschaut werden. Dafür soll auch die Staatsregierung in die Pflicht genommen werden – und trotzdem entscheidet der Bund über die Handwerksordnung.
Auf den Antrag meiner Fraktion im Bundestag verwies ich schon. Ich kann versprechen: Wir als LINKE bleiben dran und gehen auch auf die Sommerfeste und Sommerempfänge der Handwerkskammer. Es ist ärgerlich, dass die Große Anfrage, die die Grundlage unserer heutigen Debatte ist, so klein und so dürftig ist. Gleiches gilt im Übrigen auch für Ihren Entschließungsantrag. Auch das Handwerk zählt offenbar nicht zu den Kompetenzen der Fraktion auf der rechten Parlamentsseite. Das verwundert nicht; denn laut Volltextsuche taucht das Wort Handwerk nicht ein einziges Mal in Ihrem Bundestagswahlprogramm auf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Beger, Sie haben am Anfang Ihres Redebeitrags den Agenda-Prozess des Bundeskanzlers Gerhard Schröder kritisiert. Ich erinnere Sie daran, dass wir damals vom „kranken Mann Europa“ gesprochen haben. Mit den Agenda-Reformen des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, mit dem sich meine Partei nach wie vor schwertut, haben wir unser Land fit gemacht. Wir haben Entscheidungen getroffen, von denen wir heute noch profitieren.
Nun zurück zu Ihrer Großen Anfrage. Sie haben versucht, mit 100 Fragen zu formulieren, was mit drei Kernfragen ausgedrückt werden kann: Es geht einmal um das Thema Unfallhäufigkeit seit 2004, es geht um die Frage, wie sich Handwerksbetriebe entwickelt haben, und es geht um die duale Ausbildung im Handwerk.
Ich sage Ihnen: Ihre Analyse, die Novelle des Handwerks von 2004 zum Generalschuldigen zu erklären für die Herausforderungen, die wir in Zukunft im Handwerk haben, greift aus meiner und unserer Sicht zu kurz. Als redlicher Handwerker, lieber Kollege Beger, wissen Sie es selbst: Es ist ein kompliziertes System. In meinem Redebeitrag möchte ich auf einige aus meiner Sicht wichtige Aspekte eingehen. Es ist eben nicht so, dass nur die Handwerksrolle die Herausforderungen beschreibt,
Das Handwerk, auch das haben Sie richtigerweise gesagt, bildet das Rückgrat unseres Mittelstands im Freistaat.
Gerade die duale Ausbildung ist ein Exportschlager; viele Länder beneiden uns um die duale Ausbildung. Das ist ein großer Erfolg, den wir auch hier im Sächsischen Landtag nicht kleinreden sollten. Die duale Ausbildung ist Grundlage des sächsischen Handwerks und Grundlage für eine gute Berufsausbildung auch im Freistaat Sachsen.
Zur Meisterausbildung, dem sogenannten Großen Befähigungsnachweis: Wir erleben es auf den Feiern, die wir heute schon angesprochen haben, immer wieder, dass junge Meisterinnen und Meister vom Wirtschaftsminister prämiert werden. Wir reichen Meister-BAföG aus oder gewähren Stipendien. Die jungen Frauen und Männer stehen vor einer wichtigen Entscheidung: Sie können sich einerseits dafür entscheiden, mit dem Meisterabschluss selbstständig zu werden, Unternehmer zu werden, Arbeitsplätze zu schaffen, Verantwortung zu übernehmen. Oder sie gehen mit dem Meisterabschluss in die Industrie und nehmen einen gut bezahlten Job an mit einer gesicherten Arbeitszeit von nicht mehr als achtdreiviertel Stunden am Tag, sodass man Familie und Beruf gut miteinander verbinden kann.
Wer sich für die Herausforderung der Selbstständigkeit entscheidet, weiß, dass der normale Arbeitstag 14 Stunden dauert und dass man sieben Tage pro Woche für das Unternehmen Verantwortung zeigen muss. Wir erleben im Moment, dass sich viele junge Menschen für die sichere Karriere entscheiden und wenige junge Menschen die Herausforderung annehmen, Unternehmer zu werden. Das hat aber erst einmal nichts mit dem Meisterbonus zu tun.
Wir haben es in der letzten Debatte im Landtag besprochen: Es geht auch um die Herausforderung der sozialen Absicherung. Das hat Herr Pohle noch nicht angesprochen, deswegen möchte ich es ergänzen. Bei Selbstständigen, bei Handwerkern stehen wir vor der Herausforderung, wie es mit der sozialen Absicherung aussieht: Habe ich eine sichere Rente? Reicht mein Betriebsvermögen, bis ich 65 Jahre alt bin? Wie sieht es mit der Krankenversicherung aus? Hier haben wir Herausforderungen vor uns, die wir lösen müssen. Auch sie haben aber nichts mit der Novellierung der Handwerksordnung zu tun.
Im Sächsischen Landtag haben wir uns in den letzten Monaten, im letzten Jahr intensiv mit dem Schulgesetz auseinandergesetzt. Wir haben gesagt, wir müssen die Oberschule weiter voranbringen, weil wir die duale Ausbildung stärken wollen, weil wir mehr junge Leute ins Handwerk bringen wollen. Auch die Frage des Schulsystems hat nichts mit der Novellierung unserer sächsischen Handwerksordnung zu tun.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, 2004 hatten wir 2 153 junge Frauen und Männer, die die Herausforderung der Meisterprüfung angenommen haben. Im Rahmen der Finanzkrise 2009 waren es 660 Meisterabschlüsse im Freistaat. Wir erholen uns jetzt langsam wieder, die Kurve geht nach oben: 2014 gab es 800 Meisterabschlüsse. Insoweit möchte ich hier das sächsische Wirtschaftsministerium noch einmal ausdrücklich erwähnen.
Wir haben zu Beginn der Legislaturperiode – eine der allerersten Entscheidungen, die wir 2014 hier getroffen haben – ein ganz klares Bekenntnis zum sächsischen Handwerk abgelegt. Das haben wir einstimmig beschlossen. Wir haben den Meisterbonus eingeführt und infolgedessen gesagt, wir müssen alle Förderprogramme öffnen. Das heißt, die gesamte Mittelstandsförderung im Freistaat Sachsen ist offen für das sächsische Handwerk.
Wir haben gesagt, das sächsische Handwerk muss auch in der Fachkräfteallianz eine Rolle spielen. Es ist in der Fachkräfteallianz von Wirtschaftsminister Dulig fest integriert. Auch das gehört zur Wahrheit: Es greift zu kurz, sich nur mit der Handwerksordnung zu beschäftigen.
Es ist Kärrnerarbeit, sich jedes einzelne handwerkliche Berufsfeld anzuschauen, egal ob es Rolle A oder B anbelangt, und zu sehen, wo die Herausforderungen liegen. Genau dieser Kärrnerarbeit auch im Handwerk stellt sich die Koalition. Unser Leitmotiv muss sein, das Handwerk im Freistaat langfristig nach vorne zu bringen.
Ihr Antrag beschreibt diese große Herausforderung aus unserer Sicht nur sehr holzschnittartig. Wir sagen: Es geht darüber hinaus; wir müssen uns mit diesem Thema intensiver auseinandersetzen. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch die Reduzierung der Handwerke in Anlage A der Handwerksordnung auf solche Handwerke, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können, wurde 2004 für zahlreiche Handwerke das Erfordernis der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung abgeschafft.
Neben dem Ziel, Existenzgründungen zu erleichtern, gab es die Zielsetzung, den weiteren Bestand des Großen Befähigungsnachweises europarechtlich und verfassungsrechtlich abzusichern. Dass eine solche Intention keinesfalls aus der Luft gegriffen war, wird dadurch belegt, dass wir uns auch hier im Sächsischen Landtag in der Zwischenzeit mehrfach mit dem Erhalt des Meisterbriefs, der zuletzt durch das EU-Dienstleistungspaket gefährdet gesehen wurde, auseinandergesetzt haben.
Der Meisterbrief im Handwerk ist nach wie vor ein Qualitätssiegel. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Berufe mit Meisterbrief nach wie vor die begehrtesten Berufe sind. Würde die Meisterqualifikation in noch mehr Berufsgruppen abgeschafft, dann würde dies auch die duale Ausbildung in Deutschland schwächen, die durchaus ein Erfolgsmodell ist. Deshalb werden auch wir
GRÜNE die Meisterberufe nicht infrage stellen und werden uns einer weiteren Aufweichung entgegenstellen.
Doch zunächst ein paar Worte zur Art Ihrer Großen Anfrage, meine Damen und Herren von der AfD. Ich hoffe, es macht in diesem Haus keine Schule, parlamentarische Arbeitsnachweise per Textgenerator zu erstellen.