Protocol of the Session on December 18, 2014

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sie merken, es ist unser Herzensanliegen; deshalb ärgert es uns auch, wie Sie hier herangegangen sind.

Noch ein Wort zu Herrn Günther von den GRÜNEN. Wir freuen uns, wenn Tierhaltungsbetriebe hier im Lande investieren – in höchsten Standard, in höchstes Tierwohl. Wir haben im Lande einen Tierbesatz, der weit unter dem Durchschnitt in Deutschland liegt. Wir können deshalb jedem dankbar sein, der sein Wissen um Tiere hier einbringt – in Investitionen, in Arbeitsplätze. Insofern sind wir als CDU immer für das Miteinander, wir sind nicht für das Gegeneinander. Wir sind für das Miteinander auch in solchen Fragen, und da muss sich auch die Regierung finden. Der Großteil findet sich auch im Miteinander, und so wollen wir in Richtung Weihnachten gehen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Thomas Schmidt)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/451 seine Zustimmung geben möchte, der hebe jetzt bitte die Hand. – Vielen Dank. Gibt es noch jemanden, der dagegen ist? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache einstimmig beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat den Gesetzentwurf in

Tagesordnungspunkt 4

1. Lesung des Entwurfs

Gesetz über den Sächsischen Berufsschulentwicklungsplan – SächsBEPG

Drucksache 6/251, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

zurückgenommen und dieser Tagesordnungspunkt ist somit erledigt. Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 5

Meisterbrief erhalten

Drucksache 6/453, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Hierzu nehmen die Fraktionen wie folgt Stellung: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Fraktion CDU. Herr Abg. Pohle; bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als handwerkspolitischer Sprecher meiner Fraktion ist es mir eine Freude, dass der Sächsische Landtag schon in seiner dritten Sitzung dieser Legislaturperiode einen Antrag der regierungstragenden Fraktionen erörtert, der sich mit der Bedeutung des Handwerks für unser Land und die Gesellschaft befasst, der es stärken und schützen möchte. Die Freude ist freilich nicht ungetrübt, dazu aber später.

„Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst. Was ihnen hoch zu Lobe spricht, fiel reichlich euch zur Gunst.“ Das wohl bekannteste Meisterlob, das der große sächsische Meisterkomponist Richard Wagner seinem Hans Sachs in den Mund legte, dürfte eingedenk der Debatten, die wir zu diesem Thema hier im Hause schon führten, für die meisten hier im Saal Konsens sein.

Der Beitrag des Handwerks zu unserer deutschen Wirtschaftsleistung ist unschätzbar. Bezeichnet man Deutschland derzeit völlig berechtigt als Stabilitätsanker für Europa, so gilt dieser Satz gleichermaßen für das Handwerk innerhalb der deutschen Wirtschaft. Etwa eine Million meist inhabergeführte Betriebe beschäftigen fünf Millionen Mitarbeiter und 400 000 Auszubildende. Sie erzielen einen Umsatz von 500 Milliarden Euro.

Mit 22,2 % an der Gesamtzahl der Unternehmen, über 6 % mehr als im Bundesdurchschnitt, gilt das für Sachsen in besonderer Weise. 59 300 Handwerksbetriebe beschäftigen im Freistaat 20,3 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.

Handwerksbetriebe leisten aber nicht nur viel, sie leisten auch kontinuierlich. Das erwies sich gerade in den Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 und 2010. Woran liegt das? Es liegt zum einen sicherlich an der besonders starken Bindung von Unternehmen und Unternehmern. Inhabergeführte Firmen planen nicht von Dividende zu

Dividende, sondern mittel- und langfristig, oft von Generation zu Generation. Zum anderen aber liegt es an der besonders guten Ausbildung der Betriebsführer, an der Meisterausbildung.

Gemäß § 1 der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung besteht eine Meisterprüfung aus vier selbstständigen Prüfungsteilen: Teil 1 Fachpraxis, Teil 2 Fachtheorie, Teil 3 betriebswirtschaftliche, kaufmännische und rechtliche Prüfung, Teil 4 berufs- und arbeitspädagogische Prüfung. Sie zählt damit zu den umfassendsten Prüfungen im deutschen Bildungswesen. Wer diese Prüfung besteht, ist nicht nur Meister seines Faches, er ist auch Betriebswirt und Ausbilder.

Vincent Kokert, Generalsekretär der CDU und Fraktionsvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern, brachte es einmal auf den Punkt: „Ein guter Meister ist folglich besser als ein schlechter Bachelor.“

Genau dort sind wir an der Stelle, die meine Freude trügt. Es ist schade, dass wir unsere Energie darauf verwenden müssen, ein Erfolgsmodell zu verteidigen. Sie wissen, dass aufgrund der Initiative der Europäischen Kommission zum Abbau von Wettbewerbshindernissen der sogenannte Meisterzwang in das Kreuzfeuer Brüsseler Reformeifers geraten ist. „Deutschland könnte prüfen, ob sich die gleichen, im öffentlichen Interesse liegenden Ziele nicht durch eine weniger strikte Reglementierung erreichen ließen“, heißt es in einer Empfehlung an den Europäischen Rat.

Dieser Empfehlung vermag ich nicht zu folgen. Es kann doch kaum im Interesse der Bürger der Europäischen Union sein, bewährte Qualität ohne erkennbaren Grund zu opfern.

(Beifall bei der CDU)

Das System der dualen Berufsausbildung, heute gern als Exportschlager Deutschlands und Grund für die vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit in unserem Land bezeichnet, beruht zu einem erheblichen Teil auf der in unserem Land üblichen Organisation des Handwerks. Jeder vierte Berufsausbildungsabsolvent in Sachsen schloss 2013 seine Lehre in einem Handwerksbetrieb ab.

Darunter befand sich übrigens wiederum ein Viertel Frauen.

Wenn unsere europäischen Partner dieses Erfolgsmodell nicht übernehmen möchten, so ist das schade, aber deren Sache. Es sollte jedoch das große europäische Motto „In Vielfalt geeint“ seine Geltung behalten. Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Hermann Winkler schrieb in diesem Zusammenhang an den seinerzeitigen EU-Wettbewerbskommissar Barnier: „Für mich gehört zu einem solchen Europa aber auch, dass die EU-Kommission Initiativen unterlässt, die langfristig zur Aushöhlung wichtiger traditionell gewachsener Wirtschaftszweige führen könnten. Dazu muss ich leider eine Deiner Initiativen aus dem Herbst 2013 zählen, mit denen Du die Liberalisierung reglementierter Berufe vorantreiben

möchtest. Ich denke, wir sind uns einig, dass gerade das deutsche System der dualen Ausbildung, wie wir es beispielsweise im Handwerk kennen, praxisnah qualifiziert und damit einen sicheren Übergang in den Arbeitsmarkt bietet und somit einen großen Gewinn für die Wettbewerbsfähigkeit aller Länder darstellt, die dieses System kennen und nutzen. Ich bin der Meinung, wir sollten dieses System den anderen Mitgliedsstaaten näherbringen, anstatt es in Gefahr zu bringen.“

(Beifall bei der CDU)

„Die Diskussion um die Zukunft des dualen Bildungssystems und um den Meisterbrief gehen für mich Hand in Hand.“

Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon Erfahrungen mit solchen wohlgemeinten Liberalisierungen. Bekanntlich wurde 2003 unter der Regierung Schröder die Handwerksordnung schon einmal „modernisiert“. In 53 Berufsgruppen wurde die Meisterpflicht abgeschafft. Die Zahl der Unternehmensgründungen schoss, wie zu erwarten, in die Höhe. Die Zahl der Beschäftigten in den betroffenen Gewerken stieg, wie ebenfalls zu erwarten, natürlich nicht. Unter dem schönen Titel „Ich-AG“ entstand eine Vielzahl prekärer, auf Selbstausbeutung beruhender Arbeitsverhältnisse. Über die Folgen für die Sozialversicherungssysteme müssen wir nicht spekulieren, ebenso wenig über die Qualitätsarbeit vieler dieser neuen Unternehmungen.

Die Handwerkskammer Dresden verweist auf eine vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes 2011 in Auftrag gegebene Expertenumfrage im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk sowie im Estrichhandwerk, die zu folgendem katastrophalem Ergebnis kommt: Betroffenen Bauherren und Endkunden entstand nach Angaben der Sachverständigen ein durchschnittlicher Schaden von 9 000 Euro Die Mehrheit der Sachverständigen kommt zu dem Ergebnis, dass bei Meistern und Gesellen die Qualität in der Ausführung unverändert hoch, manchmal sogar gestiegen ist.

Die Handwerkskammer Leipzig erfasste die Lehrlingszahl in jenen Gewerken, in denen die Meisterpflicht besteht, zu

finden in der Anlage A der Handwerksordnung, und in denjenigen Gewerken, die von der Meisterpflicht befreit wurden. In den Meisterbetrieben sank die Anzahl der Auszubildenden aufgrund des demografischen Wandels zwischen 2004 und 2013 um knapp 40 %, in jenen ohne Meister jedoch um 50 %.

Ganz schlimm wird es, wenn man bestimmte Gewerke betrachtet. Fliesenleger wurden 2003 in Leipzig 20 ausgebildet, im Jahr 2013 noch ganze drei. Den Meistertitel erwarben 2003 17 Gesellen, 2013 noch stolze zwei. Warum auch? Anstrengung und Qualifikation sind ja nicht mehr gefragt. Die Zahl der Unternehmen stieg dagegen von 176 auf 696. Dabei nicht berücksichtigt sind die 60 % der Neugründungen, die sich nach Erkenntnissen der Handwerkskammer Dresden keine fünf Jahre im Wettbewerb halten konnten. Trösten können sich unzufriedene Kunden damit, dass dem Schilder- und Lichtreklameherstellerhandwerk und dem Raumausstatterhandwerk

ähnliche Entwicklungen widerfahren sind.

Angesichts dieser verheerenden Bilanz bin ich froh, dass sich sowohl der Koalitionsvertrag im Bund vom vergangenen Jahr als auch unser eben erst in Sachsen ausgehandelter Koalitionsvertrag unmissverständlich zum Erhalt des bewährten Prinzips bekennen.

Friedrich Schiller, bekanntermaßen kein Sachse, aber wenigstens zwei Jahre in Leipzig wohnhaft und somit vom sächsischen Lifestyle beeinflusst, schrieb in seinem „Lied von der Glocke“: „Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß, soll das Werk den Meister loben, doch Segen kommt von oben. Zum Werke, das wir einst bereiten, geziemt sich wohl ein ernstes Wort. Wenn gute Reden sie begleiten, dann fließt die Arbeit munter fort.“

Sehr geehrte Damen und Herren, gute Worte haben wir gefunden. Die Politik kennt die Bedeutung des Handwerks. Lassen Sie uns nun den Schweiß vergießen, um für Handwerk und Gewerbe die Existenzbedingungen in unserem Land zu verbessern. Baustellen gibt es genug. Ich erinnere an Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge, Mittelstandsbauch, Entbürokratisierungen, kalte Progression oder – seit dem vorgestrigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder aktuell – die Firmenübergabe. Die Zustimmung zu unserem Antrag ist ein erster Schritt bei dieser Arbeit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Pohle. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abg. Vieweg. Bitte schön, Herr Vieweg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Pohle, ich freue mich ganz außerordentlich, dass sich unser erster gemeinsamer Antrag in dieser Legislaturperiode zum Thema Wirtschaft mit dem Thema Handwerk befasst. Das zeigt aus meiner Sicht, welchen Stellenwert bei uns in der Sozialdemokratie, in der SPD

Landtagsfraktion zukünftig das Handwerk einnehmen möchte.

Ich freue mich auch, liebe Dagmar Neukirch, dass ich zukünftig als handwerkspolitischer Sprecher ein bisschen zusätzlichen Druck machen darf.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Heidan freut sich!)

Vieles ist schon von Herrn Pohle gesagt worden. Ich möchte noch einige Aspekte hinzufügen. Neben dem Größenwachstum der Unternehmen und dem damit eng verbundenen Ausbau der Forschungs- und Investitionstätigkeit sowie der Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe haben wir im sächsischen Handwerk – und jetzt möchte ich noch ein paar Zahlen hinzufügen; Herr Pohle hat vorhin auf die Bundesebene abgehoben und ich möchte versuchen, das für uns in Sachsen zu tun – etwa 59 000 Betriebe mit über 400 000 Arbeitsplätzen und fast 12 800 Auszubildende.