Protocol of the Session on December 18, 2014

Im Koalitionsvertrag ist die Förderung durch einen neuen Meisterbonus verankert. Über die Einzelheiten sind mit den Handwerkskammern noch Gespräche zu führen. Dem dualen System der Berufsausbildung verdanken wir in Deutschland die niedrige Jugendarbeitslosigkeit, um die uns andere europäische Länder beneiden. Die Meister sind Garanten dafür, dass bedarfsgerecht und in hoher Qualität ausgebildet wird. So kann im Handwerk langfristig und dauerhaft der Fachkräftebedarf gesichert werden.

Lassen Sie mich bitte noch auf zwei Mitdiskutantinnen/Mitdiskutanten eingehen. Liebe Frau NeuhausWartenberg, es geht jetzt nicht um eine Prioritätensetzung, was wichtiger ist und was nicht. Sie werden den Fachkräftemangel nicht mit einer einseitigen Maßnahme in den Griff bekommen. Sie werden die Frage der Unternehmensnachfolge nicht mit einem einzigen Instrument in den Griff bekommen. Es gehört alles zusammen. Genau aus dem Grund hat die Koalition in dem Antrag diese Verbindung zwischen dem Meister und der dualen Ausbildung geschaffen. Darauf möchte ich hinweisen.

Zu Ihrem Hinweis, dass wir wieder einmal mit dem Finger nach Brüssel zeigen: Das Problem in dem Fall ist,

dass es bei der Frage, welche Standards angewendet werden, leider nicht die hohen Standards aus Deutschland sind. Man hat sich im Rahmen der gesamten Liberalisierung der letzten Jahre immer an den anderen Standards orientiert. Diese Kritik, dass wir die höheren Standards wollen, teile ich gern. Die unterstütze ich durchaus.

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Lieber Kollege Lippold, nehmen wir einmal an, man braucht einen Antrag. Dann überlegt man sich manches, damit einmal ein Thema gesetzt ist. Das aber genau diesem Antrag zu unterstellen zeigt, dass Sie nicht ganz auf der Höhe der aktuellen Diskussion sind; denn es gibt durchaus einen sehr ernsthaften Anlass für die Debatte über den Erhalt des Meisterbriefes. Brüssel hat am 24. November 2014 die Diskussion auch nach Deutschland getragen, was zum Beispiel mit den Optikern und den Elektrotechnikern geschehen soll, inwieweit sie unter diese Sicherheitsklausel gehören, und aufgefordert, dass wir das überprüfen. Das heißt, es gibt ganz aktuell den konkreten Anlass, über den Erhalt des Meisterbriefes nachzudenken, weil eine weitere Aushöhlung geschehen soll. Von daher ist das kein dritter Aufguss, sondern leider aktueller, als wir denken.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Den Meisterbrief werden wir nicht erhalten, ob wir hier Beschlüsse fassen und wie stark man sich in Europa und im Bundesrat einsetzt. Das ist nicht nur eine Frage von Beschlüssen, von Postulaten. Es ist mehr zu tun. Das ist uns allen bewusst. Diese Diskussion müssen wir auch deshalb führen, weil wir parallel eine andere Debatte haben, nämlich über die Anerkennung von Berufsabschlüssen. Das gehört zusammen. Das heißt, es geht nicht nur darum, dass wir etwas erhalten, sondern dass wir das im Zusammenhang mit der Frage diskutieren, welche Berufsabschlüsse wir europaweit anerkennen sollten. Auch dort wird es wieder um Standards gehen. Hier sollte man durchaus differenzierter herangehen.

Damit es uns wirklich gelingt, mehr Berufsabschlüsse anzuerkennen, darf man nicht nur den höchsten Standard anschauen, sondern man muss sich die Qualifikationen anschauen. Das gehört in dieser Debatte auch mit dazu, damit wir eben nicht nur den Meister und die duale Ausbildung retten, sondern dass wir tatsächlich einen Mehrwert für die Fachkräfte in Europa haben, dass wir auch unser Handwerk durch diese neuen Zeiten bringen. Wir brauchen unser Handwerk, wir sind stolz auf unser Handwerk. Dazu gehört die duale Ausbildung genauso wie die Absicht, den Meisterbrief zu erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU und der AfD)

Ich rufe nun zum Schlusswort auf. Wer möchte das Schlusswort halten, oder ist das nicht mehr gewünscht? – Herr Abg. Pohle, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist das Schlusswort – ich werde mich kurz halten. Ich bedanke mich bei allen Rednerinnen und Rednern, die das Handwerk so gewürdigt haben. Das hat mich auch nicht gewundert. Die Redebeiträge waren sehr differenziert, sie waren inhaltlich von allen Beteiligten durchdacht. Ich möchte auf einige Redebeiträge trotzdem noch einmal kurz eingehen.

Frau Neuhaus-Wartenberg, das ist jetzt keine Kritik oder Gegenkritik. Ich habe in meinem Redebeitrag auch ausgeführt, welche Bereiche wir noch beachten müssen. Da ich ja Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer zu Leipzig bin, werde ich diesen Prozess weiter begleiten.

Ich habe in einer Arbeitsgruppe am Koalitionsvertrag mitgearbeitet. Es ist nicht verborgen geblieben, dass die Handwerkskammern in Sachsen eine gemeinsame Pressekonferenz abgehalten haben, in der sie diesen Koalitionsvertrag aus Sicht des Handwerks besonders gelobt haben, weil im sächsischen Koalitionsvertrag zum ersten Mal das Handwerk nicht nur erwähnt, sondern auch inhaltlich bedacht wurde. Das ist auch ein Verdienst derer, die auf beiden Seiten in den Arbeitsgruppen am Koalitionsvertrag mitgearbeitet haben. Ich denke, da haben wir für das Handwerk zunächst viel erreicht.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Zumindest auf dem Papier!)

Herr Dr. Lippold, ich sehe es Ihnen ein bisschen nach. Sie sind neu bei uns im Hohen Haus. Es kann sein, dass dieses Thema Sie über die lange Zeit der Legislaturperiode begleiten wird. Bestandspflege gehört auch zu unseren Aufgaben. Das bedeutet aber nicht, dass jeder zu allem alles gesagt haben muss. Das sind Prozesse, die über viele Jahre dieses Hohe Haus begleiten. Wir haben in der letzten Legislatur einen anderen Partner gehabt. Es gab bestimmte Bereiche, die wir kontrovers diskutiert haben. Ich denke, es wird unsere Aufgabe sein, bei anderen Initiativen, die sehr kontrovers von der Opposition betrachtet worden sind, auch von meinem jetzigen Koalitionspartner, zum Beispiel bei der Novellierung des Vergabegesetzes, zu sehen, was wir für das Handwerk leisten können.

Insofern freue ich mich über die avisierte Zustimmung zum Antrag und hoffe, dass diese auch umgesetzt wird. Ich bedanke mich für Ihren Beitrag und die Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle die soeben behandelte Drucksache zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist der Antrag beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Drohende Totalüberwachung des Verkehrs auf Straßen

und Autobahnen in Sachsen durch geplante Pkw-Maut

des Bundesverkehrsministeriums rechtzeitig abwenden

Drucksache 6/272, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Gesetzliche Berichtspflicht des Innenministers über

anlassbezogene mobile automatisierte Kennzeichenerfassung

gegenüber dem Landtag rechtzeitig und vollständig erfüllen

Drucksache 6/227, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion DIE LINKE. Danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt dem Abg. Stange das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte diese Rede beginnen mit: „Es war einmal.“

(Christian Piwarz, CDU: Ein Märchen oder was?)

Die CSU hat zur Erringung der Lufthoheit über den bayerischen Stammtischen eine Idee geboren, die Maut für Ausländer, und diese mit ins Bundestagswahlprogramm gebracht. Obwohl diese Idee von Anfang an einer scharfen Kritik in Deutschland, aber auch in der EU ausgesetzt gewesen ist, hat die CSU diese Idee in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition hineinverhandelt und nach langem Hin und Her zum Gesetzentwurf gerinnen lassen: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen.

Um es eingangs klarzustellen: DIE LINKE will sehr wohl die Einnahmenbasis für die Verkehrsinfrastruktur stärken, sowohl für Schiene als auch für die Straße. Dennoch reihen wir uns in den mittlerweile vielstimmigen Chor von Datenschutzbeauftragten, Politikerinnen und Politikern aus CDU, SPD, LINKEN, GRÜNEN und der EUKommissarin Violeta Bulc ein, die die verschiedenen Facetten dieses Gesetzentwurfs scharf kritisieren.

Mit unserem heutigen Antrag wenden wir uns nicht dem Aspekt der offensichtlichen Diskriminierung ausländischer Kfz-Halterinnen und Kfz-Halter zu. Diese Diskriminierung moniert die EU-Kommissarin zu Recht; denn deutsche Autofahrer können sich die Ausgaben über die Kfz-Steuer zurückholen. Aus Österreich kommt die Ansage, dass man, falls dies durchgesetzt würde, gegen die Diskriminierung auf dem Klagewege vorzugehen beabsichtige.

Uns geht es um den massiven Grundrechteeingriff, der mit der automatisierten Kennzeichenerfassung verbunden ist. Statt der klassischen Bezahlmautstellen oder der Vignettenlösung soll es eine automatisierte Kennzei

chenerfassung aller Kfz und den Abgleich mit den Daten aus dem Abgabenregister geben. Das wäre ein flächendeckendes Überwachungssystem, das wir keinesfalls wollen. Es geht um sensible Daten von 40 Millionen deutschen Autofahrerinnen und Autofahrern.

Es steht zu befürchten, dass mit wachsender Datenmenge im System des Kraftfahrtbundesamtes und zuvor auf den Servern der Betreiber der Erfassungssysteme die Begehrlichkeiten staatlicher Stellen und privater Unternehmen wachsen, zumal die Erfassung durch ein privates Unternehmen durchgeführt werden soll. Die geplanten Datenberge haben schon jetzt die Begehrlichkeiten des Bundeskriminalamtes und anderer Stellen geweckt. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Zweckbindung der Mautdaten durch Gesetzesänderung aufgeweicht wird. Schon 2005 forderte der damalige Innenminister Schäuble, die Mautdaten auch zur Strafverfolgung nutzen zu dürfen. Sachsens Innenminister Markus Ulbig befürwortet laut „Die Welt“-online vom 07.11.2013 die Datennutzung zur Verbrechensbekämpfung.

Vor wenigen Tagen hat Bundesverkehrsminister Dobrindt der massiven Kritik an der 13-monatigen Speicherung der Bewegungsdaten mit den Fotos aller Nutzer von Jahresvignetten stattgegeben. Ziel dieser Vorratsdatenspeicherung war der Anspruch, sich den Mautbeitrag erstatten zu lassen, wenn man mit dem eigenen Auto ein ganzes Jahr lang nicht auf Bundesfernstraßen unterwegs gewesen ist. Im jüngsten Referentenentwurf findet sich diese Sperrfrist nicht wieder.

Nichtsdestotrotz bleiben wir bei unserer Kritik und unserem Antrag. Lassen Sie mich als authentischen Kronzeugen der Interessen der Bürgerinnen und Bürger und ihrer persönlichen Daten den Sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig zitieren: „Ich lehne diese gigantische und unerhörte Massensammlung personenbezogener Daten vehement ab. Eine Vignettenlösung erreicht dasselbe Ziel, die Erhebung einer Infrastrukturabgabe, ohne Ressourcen und Haushaltsmittel für eine Überwachungsinfrastruktur zu verpulvern und massiv in Grundrechte einzugreifen.“

Noch ein Gedanke sei gestattet, meine Damen und Herren. Der Bundesverkehrsminister erwartet für die Pkw

Maut jährliche Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro. Dennoch sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einmalig 276 Millionen Euro zur Errichtung und jährlich regelmäßig knapp 195 Millionen Euro zur Betreibung an den privaten Betreiber zahlen. Das ist ein tolles Geschäft! Eine Vignettenlösung wäre datenschutzrechtlich wirklich sicherer, für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger verträglicher und mit Sicherheit wesentlich preisgünstiger. Aber wer weiß, welches Vögelchen der in den Startlöchern stehenden Unternehmen Toll Collect, Siemens und Allianz dem Minister diese liebliche Melodei der privaten Betreibung ins Ohr gesungen oder gar den Gesetzentwurf direkt in die Computertastatur gehämmert haben mag. Der Preis, den die Autofahrerinnen und Autofahrer zahlen müssten, ist – unabhängig von allen behaupteten und vermuteten Vorzügen – für uns viel zu hoch.

Deshalb bitten wir Sie heute, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Bedenken des Datenschutzbeauftragten Sachsens und aller Datenschutzbeauftragten der Länder ernst zu nehmen und unserem Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Rohwer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE zur vermeintlichen Totalüberwachung auf Sachsens Straßen durch die Einführung einer bundesweiten Pkw-Maut, wie vom Bundesverkehrsminister Dobrindt geplant, ist in seiner Gänze bestandslos und leicht zu durchschauen. Denn hinter dem vollkommen überspitzten Terminus der Totalüberwachung des Verkehrs und der Massenhaltung von personenbezogenen Daten, wie sie im Begründungstext des Antrages auftauchen, stecken dann doch andere Ziele, welche durch die Vorblendung solcher sehr einfachen und in der Bevölkerung Ängste schürenden Einwände verdeckt werden sollen.

Zum einen verfolgt Ihr Antrag das Ziel, einmal mehr die bereits praxisbewährte automatisierte Kennzeichenerfassung zu torpedieren, und – das ist nichts Neues – in Bayern wird diese erfolgreich zur Verbrechensbekämpfung genutzt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, das ist lächerlich!)

Die Rechtmäßigkeit des Einsatzes wurde zuletzt durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in dritter Instanz entschieden.