Protocol of the Session on December 16, 2016

Herr Wendt, Danke für diese Frage, denn genau darauf zielt der Aktionsplan ab. Es soll allen Menschen im Freistaat Sachsen – allen, ganz gleich, mit welcher Behinderung oder nicht Behinderung – die gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Auf diesem Weg befinden wir uns, aber wir sind noch nicht am Ziel. Ich denke, da sind wir uns auch einig.

Im Freistaat Sachsen gibt es – auch darauf können wir stolz sein – schon viele Einrichtungen, die es ermöglichen, dass Menschen mit unterschiedlichster Behinderung Zugang bekommen. Als Beispiel nenne ich das Hygiene Museum in Dresden. Dort bekommen sehbehinderte Menschen, die in dieses Museum kommen, auf eine ganz wunderbare Art den Inhalt dieses Museums vermittelt. Es gibt viele kleine und große Einrichtungen im Freistaat Sachsen, die sich bereits heute auf diesem Weg befinden.

Das reicht natürlich bei Weitem noch nicht aus. Auf diesem Weg müssen wir sensibiliseren. Wir als Staatsregierung müssen mit gutem Beispiel vorangehen, und die anderen müssen alle nachziehen. Dazu ist unser Projekt Lieblingsplätze, das wir seit Jahren haben, aus meiner Sicht ein sehr gutes Projekt. Jährlich stehen 2,3 Millionen Euro im Landeshaushalt zur Verfügung. Damit unterstützen wir die unterschiedlichsten Ebenen.

Erst kürzlich war ich in einer Gemeinde, die in ihrem Stuhlmuseum – es ist traumhaft, und ich kann es jedem nur empfehlen – einen Aufzug bauen konnte, damit Menschen mit Behinderungen der Zugang zu diesem Museum ermöglicht wird.

Es gibt viele wunderbare Beispiele im Freistaat Sachsen, die aber nicht ausreichen.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN, Herr Zschocke.

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, der Aktionsplan ist weder Start noch Ziel. In der Tat ist er in einigen Bereichen noch recht unkonkret. Deshalb ist im Aktionsplan angekündigt, dass noch

Studien beauftragt werden, die im Jahr 2016 – also in diesem Jahr – durchgeführt werden sollen. Wir haben eine Studie auf dem Weg zur inklusiven Hochschule erhalten. Weiterhin angekündigt sind aber auch Untersuchungen zu Angeboten der Tagesstruktur für ältere und behinderte Menschen, eine Evaluation von Bedarfen für barrierefreie ambulante Arzt- und Zahnarztpraxen, eine Bedarfsanalyse an barrierefreien Wohnungen in Sachsen und noch einmal eine Analyse der Angebote der Beratung zum barrierefreien Bauen. Wann und wo werden diese Evaluationen und Studien veröffentlicht? Wie werden sie dem Landtag zugänglich gemacht? Liegt das überhaupt schon vor oder sind die Dinge noch gar nicht abgeschlossen?

Es wurden einzelne Studien aus den unterschiedlichsten Häusern von Ihnen angesprochen. Ich greife eine Studie heraus, mit der wir gegenwärtig die Arztpraxen untersuchen: Welche Arztpraxen sind barrierefrei? Wo muss noch nachgearbeitet werden? Die Studie ist noch in Arbeit, sie ist noch nicht fertig und wird 2017 vorliegen. Sie wird letztlich die Grundlage bilden, darauf aufbauend abzuleiten, welche Instrumente ergriffen werden müssen, welche finanziellen Mittel zur Verfügung stehen müssen, um das Ziel, dass auch die Arztpraxen behindertengerecht zugängig sind, umsetzen zu können. Die anderen Studien liegen in den anderen Häusern. Sie sind dort abrufbar, einsehbar, genauso wie das bei der Arztpraxen-Studie sein wird. Im Jahr 2017 wird sie dann vorliegen.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. In der nächsten Runde, meine Damen und Herren, können Fragen zu beiden Themenkomplexen gestellt werden. Wir beginnen mit der AfD-Fraktion. Herr Wendt.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Ich nehme in meiner ersten Frage Bezug auf die Manipulation in Leipzig und frage: Was möchte die Staatsregierung unternehmen, damit die Organspende wieder attraktiv gestaltet werden kann? 19 % der Personen, die die Organspende ablehnen, sagen, dass sie Angst vor Manipulationen haben. Hat die Staatsregierung Strategien, die in Zukunft in Sachsen etabliert werden können? – Vielen Dank.

Frau Staatsministerin.

Sie nehmen das Thema Lungentransplantation in Leipzig zum Anlass, um das Thema Organspende ein Stück in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken. Ich denke, es ist nach wie vor immer wieder wichtig, das Thema Organspende öffentlich zu thematisieren. Wir haben im Freistaat Sachsen 500 Menschen, die auf eine Transplantation eines Organes warten. Es könnten viele Menschen ein besseres Leben führen oder sogar gerettet werden, wenn sich mehr Menschen bewusst für oder gegen den Organspendeausweis entschieden. Ich

stelle eine Frage in die Runde, die jeder für sich beantworten kann: Habe ich einen Organspendeausweis? Habe ich mich damit auseinandergesetzt und wie stehe ich dazu? Ich denke, das ist auch einmal eine Frage in Richtung Abgeordnete wert.

(Henning Homann, SPD: Ja, selbstverständlich!)

Was macht der Freistaat Sachsen? Zum einen unterstützen wir finanziell kleinere Selbsthilfegruppen, die sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen. Im sächsischen Haushalt ist wieder ein Budget dafür vorgesehen. Wir beteiligen uns an Aktionen, die zur Aufklärung der Bevölkerung dienen, denn das Thema Nummer 1 ist wirklich die Aufklärung.

Wir arbeiten in den Gremien der Landesärztekammer mit oder bei der Stiftung Organtransplantation Region Ost. Wenn Sie sich erinnern: Jedes Jahr wird ein Krankenhaus geehrt, das im Rahmen der Organtransplantation besonders gut arbeitet. Dort arbeiten die Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen zusammen. In diesem Jahr fand die Auszeichnung des Klinikums Chemnitz in Erfurt statt. Nächstes Jahr wird in Sachsen-Anhalt die Ausrichterstadt sein. Ich denke, das ist ein besonders wichtiger Termin, bei dem man das Thema Organtransplantation, Organspende mit all dem Für und Wider oder mit all der Aufklärung, die notwendig ist, in die Öffentlichkeit bringt.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Die CDU-Fraktion, Herr Krasselt.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich möchte noch einmal zur Behindertenpolitik zurückkommen. Wir haben das Bundesteilhabegesetz – ich meine, es muss noch durch den Bundesrat, aber ich denke, dass das passiert – und wir haben den Landesaktionsplan. Planen wir jetzt als sächsische Landesregierung ein Inklusions- und Teilhabegesetz? Wann ist damit zu rechnen, und wie würde die Beteiligung aussehen, ähnlich wie beim Landesaktionsplan?

Frau Staatsministerin Klepsch.

Dazu haben sich die Koalitionäre im Koalitionsvertrag schon klar geäußert, und ich habe in meinem Eingangsstatement bereits darauf reflektiert.

Unsere Aufgabe ist es, aus dem Sächsischen Integrationsgesetz eine Weiterentwicklung zu einem Inklusions-, Teilhabe- und Gleichstellungsgesetz zu bringen. Das wird ab kommendem Jahr erfolgen. Wir werden uns dazu ab kommendem Jahr zusammensetzen, um die Inhalte, die ich schon angesprochen habe, herauszuarbeiten. Es soll die Stärkung der Position des Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen geregelt werden. Wir wollen die Verankerung der kommunalen Behindertenbeauftragten prüfen und die gesetzlichen Verankerungen des Landesbehindertenbeirates mit ins Auge fassen.

Wir wollen die Prüfung einer Regelung zur Bildung oder zur Wahl von Behindertenbeiräten in den kreisfreien Städten und Landkreisen prüfen. Es sind alles einzelne Baustellen, die wir uns mit dem Ziel ansehen müssen, im nächsten Jahr beginnend, das Inklusions-, Teilhabe- und Gleichstellungsgesetz zu erarbeiten und dem Hohen Haus zur Beschlussfassung vorlegen zu können.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Für die Fraktion DIE LINKE Frau Schaper.

Danke, Herr Präsident! Ich möchte auch noch einmal auf den Aktionsplan zurückkommen. Welche Aktivitäten wird die Staatsregierung unternehmen, um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auch in allen über ihre Geschäftsbereiche hinausgehenden staatlichen und nicht staatlichen Bereichen der Bildung, Arbeit, Mobilität, Familie, Gesundheit, Reha, Pflege, Wohnen, Partizipation, Information, Kommunikation, Kultur, Sport, Freizeit und Tourismus zu unterstützen bzw. zu erreichen?

Frau Staatsministerin.

Nun könnte ich es mir einfach machen, indem ich zuerst sage: Unsere Sensibilisierungskampagne muss wirken, da wir dort zunächst alle aufschließen wollen. Das ist der erste Weg.

Ich denke, es ist wichtig, die Barrieren in den Köpfen abzubauen. Wenn es – und das ist unser Ziel – einfach zur Selbstverständlichkeit wird, dann brauchen wir als Staatsregierung nicht jedem vorzugeben, was er zu tun und zu lassen hat, dann ist es das ursächlich Eigenständige. Soll ich Ihnen einmal etwas sagen, was mich hierbei schon enttäuscht? Vielleicht liegt es sogar an mir, dass an meiner Seite nicht die Gebärdensprachdolmetscher stehen.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ja, das liegt an Ihnen! – Susanne Schaper, DIE LINKE: Ja!)

Nein.

Man muss sich selbst hinterfragen, warum heute niemand hier ist, denn bei allen Themen gehören sie dazu. Wir müssen sensibilisieren, es muss bei jedem zur Selbstverständlichkeit werden.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und der AfD)

Zum Bundesteilhabegesetz zurückgesprungen: Ja, das Bundesteilhabegesetz wird heute den Bundesrat passieren, davon gehen wir aus, vielleicht ist es schon, es gibt noch keine Rückmeldung. Wir müssen als Nächstes die Aufgabe angehen.

Wir haben am Dienstag festgestellt, dass es nicht nur sportlich und ambitioniert ist, sondern mehr als eine

Herausforderung sein wird, innerhalb eines Jahres die vor uns liegenden Aufgaben, abgeleitet vom Bundesteilhabegesetz, in die Praxis umzusetzen. Damit beginnen wir im Januar. Die einzelnen Aufgaben habe ich näher beschrieben.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Die SPD-Fraktion, Frau Abg. PfeilZabel.

Vielen Dank. Ich möchte noch einmal zu Leipzig und zum Herzzentrum nachfragen, ob aus Ihrer Sicht das bestehende System ausreicht, um solche Manipulationen verhindern zu können? Können Sie an der Stelle noch etwas ausführen, inwieweit die Öffentlichkeit über die Verstöße unterrichtet wurde?

Zum Thema Leipzig und Verstöße bei den Lungentransplantationen: Verantwortlich für Transplantationszentren ist die Prüfungs- und Überwachungskommission der Bundesärztekammer. Sie hat die Aufgabe der Überprüfung nach dem Transplantationsgesetz. Dieser Aufgabe wird die Prüfungs- und Überwachungskommission gerecht. Sie hat 2015 deutschlandweit Transplantationszentren geprüft.

In unserem Transplantationszentrum Leipzig besteht zwischen dem Uniklinikum und dem Herzzentrum eine Kooperation zu Lungentransplantationen. Man hat im Juni 2015 mit der Prüfung begonnen. Mein Haus war beim Prüfungstermin vor Ort. In dem Zeitraum 2010 bis 2012, der geprüft wurde, sind 69 Lungen transplantiert worden. Von den 69 Lungen hat man 56 Prüfungen vorgenommen. Dabei sind 29 Mängel festgestellt worden. Diese Feststellung hat die Prüfungs- und Überwachungskommission in einem Bericht zusammengefasst. Der Bericht ist sehr detailliert und geht sehr in die Tiefe. Ich denke aber, das führt jetzt zu weit, aus diesem Bericht noch nähere Informationen oder Angaben vorzubringen.

Das war letztlich die Grundlage, mit der die Prüfungs- und Überwachungskommission im Dezember dieses Jahres auf einer Pressekonferenz der Bundesärztekammer damit an die Öffentlichkeit gegangen ist. Dort ist die Öffentlichkeit deutschlandweit über die Ergebnisse der Prüfungs- und Überwachungskommission informiert worden.

Nun fragen Sie, ob die derzeitigen Maßnahmen ausreichen. Hat das Transplantationsgesetz explizit die Prüfungs- und Überwachungskommission gesetzlich festgehalten? Die Prüfungs- und Überwachungskommission arbeitet deutschlandweit seit den Jahren 2012/2013 intensiv an den Prüfungen. Nachdem die ersten Mängel in Leipzig herausgearbeitet worden waren, haben sich das Uniklinikum und das Herzzentrum zusammengesetzt, und man hat umgehend die Feststellungen analysiert. Man hat hausinterne Maßnahmen ergriffen, diese wurden letztlich an die Kommission weitergeleitet. Ebenso wurden diese ergriffenen Maßnahmen an unser Haus und meines

Wissens auch an das SMWK – das ist die Rechtsaufsicht für das Uniklinikum – weitergeleitet.

Unsere Aufgabe ist es, zu prüfen: Sind die Maßnahmen, die ergriffen worden sind, darüber hinaus ausreichend? Müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden? Das muss dann klar kontrolliert werden. Letztlich hat die Bundesärztekammer, die Prüfungs- und Überwachungskommission, den Bericht mit all den Feststellungen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Alle weiteren Ergebnisse der Staatsanwaltschaft sind ohnehin über die Staatsanwaltschaft zu erarbeiten und weiterzuverfolgen.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Zschocke.

Sehr geehrte Frau Klepsch! Ich gehe noch einmal zum Aktionsplan UNBRK zurück. Sie haben in Ihren einleitenden Worten sehr stark auf die geplante Evaluation abgestellt, die prozessbegleitend stattfindet. In Punkt 13 heißt es, dass in jeder Legislaturperiode die im Aktionsplan verankerten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden sollen. Weiter unten heißt es, dass die erste Evaluation im Zusammenhang mit dem Siebenten Bericht zur Lage von Menschen mit Behinderungen erfolgen soll. Nun wissen wir ja, dass dieser Bericht immer am Ende der Legislatur kommt. Das heißt, dass wir mit der ersten Evaluation und Fortschreibung frühestens im Jahr 2024 rechnen können. Dazu möchte ich Sie fragen, da wir ja in Sachsen immer sehr viel Geduld mit diesen Prozessen haben müssen: Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Evaluation und Fortschreibung schon am Beginn der nächsten Wahlperiode durchzuführen und mit dem Landtag zu beraten?

Frau Staatsministerin.

Das Jahr 2024 ist etwas weit hin. Wir haben im Fünften Bericht der Lage der Menschen mit Behinderungen Ansätze für spezielle Indikatoren. Für die Evaluation werden spezielle Indikatoren notwendig sein. Die Indikatoren werden im Sechsten Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen enthalten sein, und aufbauend auf den Sechsten Bericht wird die Evaluation durchgeführt. Es wird nicht das Jahr 2024, es wird früher sein. Es werden erst die speziellen Indikatoren notwendig, um eine zielführende Evaluation durchführen zu können.

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Die AfD-Fraktion hat noch einmal die Möglichkeit, eine Frage stellen. Herr Wendt.

Vielen Dank, Herr Präsident! Eine letzte Frage an Frau Staatsministerin. Es geht noch einmal um die Zahl der Organspenden, die in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Können Sie mir sagen, ob sich die Staatsregierung schon einmal Gedanken über das sogenannte Widerspruchsrecht gemacht hat?

Frau Staatsministerin.