Protocol of the Session on December 16, 2016

Ja, danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Rederunde wurde von der einbringenden Fraktion GRÜNE durch Herrn Kollegen Günther eröffnet. Weiter geht es mit CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und der Staatsregierung, wenn gewünscht. Die CDU wird jetzt vertreten durch Herrn Kollegen Heinz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag lesen wir: Die Koalitionspartner unterstützen ein bundesweit einheitlich geregeltes Anbauverbot gentechnikveränderter Pflanzen. Damit könnte ich meinen Redebeitrag beenden

es gibt keinen Handlungsbedarf. Von unserer Seite aus war es ein großes Zugeständnis an den kleineren Koalitionspartner, welches bis zum Ende der Koalition gilt.

Sie haben ja ein Thema aufgemacht, bei dem man sicher trefflich spekulieren kann. Zu der einen oder anderen Spekulation – gehe ich davon aus – wird Kollege GeorgLudwig von Breitenbuch noch etwas sagen. Wir bewegen uns hier auf dem Niveau: Das Wetter ist schlecht, weil so viele Satelliten im Himmel herumkreisen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Keiner weiß nichts Genaues und Sie versuchen wie immer, mit Angst als Mittel zur Massenerziehung um die Gunst der Wähler zu werben.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Ich für meinen Teil bin schon froh, dass Sie diesmal nicht auf dem Rücken der kleinen Landwirte versuchen, Mehrheiten zu finden, sondern andere Firmen benennen, die den medialen Druck wahrscheinlich eher aushalten können.

Ich möchte trotz alledem an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir nicht ganz glücklich darüber sind, dass wir beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen durchaus nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen sehen und dass man diese durchaus auch nutzen sollte. Wir meinen damit nicht die Landwirtschaft, wie sie derzeit in Amerika betrieben wird, also Resistenzen gegen Totalherbizide, die alles, was da so kreucht und fleucht, plattmachen. Aber in puncto Resistenzzüchtung gibt es durchaus schon interessante Sachen.

Die interessierten Fachleute wissen, dass es gegen Phytophthora resistente Kartoffelsorten gibt, eine Pflanzenkrankheit, Kraut- und Knollenfäule, und diese Resistenzen von den Wildformen sind leider auf herkömmlichem züchterischen Wege nicht mehr in die Kartoffeln hineinzubringen. Gentechnisch dürfen wir es nicht, also spritzt man, besonders im Ökolandbau, weiter Kupfer, was ja ansonsten auch ein Schwermetall ist, das wir auf unseren Böden eigentlich nicht haben wollen. – Das mal als kleiner Hinweis, was eine Chance von gentechnisch veränderten Pflanzen sein kann.

Unabhängig davon gibt es mittlerweile so vielgestaltige Zuchtmethoden, dass die Abgrenzung – ist es nun schon gentechnisch verändert oder nicht? – ganz, ganz schwierig wird, und auch aus diesem Grunde wird zu diesem Thema noch nicht das letzte Wort gesprochen sein.

An dieser Stelle möchte ich meine Ausführungen beenden und noch einmal darauf hinweisen, dass das Thema zwar beliebt sein mag, aber wir auch bisher immer mit Information und Ausweisung von gentechnisch veränderten Inhaltsstoffen von Produkten gescheitert sind. Das wurde von keiner Seite gewünscht, weil dann der Bevölkerung klar wird, wie weit gentechnisch veränderte Organismen unser tägliches Leben heute schon prägen. In diesem Sinne danke ich erst einmal und verweise auf die zweite Runde.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Thomas Schmidt)

Auf Herrn Kollegen Heinz folgt jetzt für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Kagelmann.

Recht vielen Dank, Herr Landtagspräsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben uns an dieser Stelle lange nicht mehr über grüne Gentechnik unterhalten, aber ich denke trotzdem, dass die insgesamt ablehnende Haltung der Linksfraktion zum Anbau grüner Gentechnik bekannt sein dürfte.

Herr Günther ist auf die Probleme, die mit der grünen Gentechnik zusammenhängen, eingegangen. Ich kann mir das an dieser Stelle sparen. Es geht also heute gar nicht darum, die Frage zu klären, wie hältst du es mit der grünen Gentechnik?, sondern es geht darum, dass wir uns einig sind in der Frage, dass wir vernünftige, praktikable Zulassungsverfahren brauchen, und das sowohl für den Ökobauern als auch für den konventionell wirtschaftenden Landwirt. Darüber sollte in diesem Haus Einigkeit herrschen.

Bis 2014 gab es, was Zulassungsverfahren betrifft, ein ziemliches Chaos in der Europäischen Union. Wir kennen alle die schwierige Debatte um die Zulassung der Genmaissorte MON 810, die in der EU zugelassen ist, aber in Deutschland verboten wurde. 2014 hatte die EU endlich eingesehen, dass das Trauerspiel beendet werden muss. Wer allerdings dachte, nachdem die EU die Verantwortung in die Länderhoheiten gegeben hatte, dass wir jetzt zu einer klaren bundesweiten Regelung kommen würden, der sah sich getäuscht, denn zunächst ging die Bundesregierung auf Tauchstation und spielte toter Mann: Erst mal gar nichts machen, da kann man nichts falsch machen. Sie flüchtete damit unter anderem vor den Agrar-Lobbyisten von Bayer und Co.

Das ließen sich die Bundesländer glücklicherweise nicht gefallen und schlugen im September 2015 mit einem eigenen Gesetzentwurf auf. Da wurde auch das Bundeslandwirtschaftsministerium wieder wach und blockierte diesen Gesetzentwurf. Der dritte Akt in diesem Trauerspiel: Das Bundeslandwirtschaftsministerium überrascht mit einem eigenen Gesetzentwurf. Der Kabinettsbeschluss datiert vom 2. November. Nun könnte man sagen, endlich haben sie es geschnallt, aber dieser Gesetzentwurf ist das große Problem, denn mit dem Gesetzentwurf wird gerade ein bundesdeutsches flächendeckendes Verbot von Gentechnik eher verhindert. Ein Flickenteppich entsteht.

Jetzt sind wir wieder in dieser Endlosschleife der Diskussion, die wir schon immer geführt haben, dass wir nämlich die Koexistenzfrage, die von Anfang an steht, nicht lösen werden, weil wegen Pollenflugs die Ländergrenzen problemlos überwunden werden, weil über Handelswege und Transport die Gentechnik von Bundesland A problemlos in Bundesland B hereinkommen würde.

Es heißt also für uns heute, wir müssen uns starkmachen, und zwar jetzt, denn im Januar wird sich der Bundesrat erneut damit beschäftigen. Jetzt müssen die Bundesländer mit einheitlicher Stimme sprechen und sagen, so geht es nicht, unabhängig davon, was der einzelne Bauer von grüner Gentechnik hält. So kann es nicht funktionieren. Wir müssen grüne Gentechnik ablehnen. Im Übrigen erinnere ich daran, dass sich die Haltung der Verbraucher, egal welche Debatten hier geführt werden, nicht geändert hat. Bis zum heutigen Tag steigt die Zahl derer in der Europäischen Union und in Deutschland, die grüne Gentechnik weder auf ihrem Teller noch im Futtertrog ihrer Tiere haben will. 80 % ist eine Zahl, die wir nicht vernachlässigen können. Ich weiß, Herr Heinz, ich gehe Ihnen damit ein bisschen auf die Nerven, aber wat mutt, dat mutt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist gut so!)

Ich mahne an dieser Stelle immer eine ethische Debatte darum an, welche Landwirtschaft wir in Zukunft haben wollen: Wie viel Artenvielfalt wollen wir auf unseren Äckern, in Feld und Flur? Dieser Debatte müssen wir uns stellen jenseits von Renditevorstellungen von Monsanto oder Bayer, heutzutage Syngenta oder Pioneer.

Die Redezeit.

Das sind die Fragen, die die Menschheit sich stellen muss. DIE LINKE hat sich positioniert und ich bitte, dass auch Sachsen im Bundesrat mit klarer Stimme spricht.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE und jetzt Herr Kollege Winkler für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Günther hat in seiner unverwechselbaren und frischen Art in die Problematik eingeführt und ist auch ins Detail gegangen, warum wir grüne Gentechnik insgesamt ablehnen sollten. Ich setze noch einen drauf, Frau Kagelmann: In Deutschland sind es 84 % der Bürgerinnen und Bürger, die grüne Gentechnik ablehnen. In weiten Teilen der EU stimmen die Zahlen, die Sie genannt haben.

Im letzten Jahr beschloss die EU Regelungen. Somit dürfen jetzt die Mitgliedsstaaten offiziell den Anbau genveränderter Pflanzen auf ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet verbieten. Das ist nationales Recht. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt vor. Ich kürze das ab. Der Bundestag behandelt diesen Gesetzentwurf. Einige wesentliche Regelungen sind höchst umstritten und geben nicht nur der Fraktion GRÜNE, sondern uns im Landtag Anlass zur Sorge und zu dieser Aktuellen Debatte, obwohl es meiner Meinung nach zu dieser Sorge keinen Anlass geben dürfte, denn in unserem Koalitionsvertrag ist eindeutig geregelt – das hat Kollege Heinz schon gesagt –, wie wir damit umgehen.

Ich zitiere noch einmal: „Die Koalitionspartner unterstützen ein bundeseinheitlich geregeltes Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen. An der Nulltoleranzgrenze gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest ebenso wie an der Saatgutreinheit.“ Ich glaube nicht, dass es während der Verhandlung des Koalitionsvertrages dazu große Diskussionen gab, denn selbst die Landwirtschaftsminister der Länder sind sich in diesem Fall in der Vergangenheit immer einig gewesen. Selbst Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt erklärte immer wieder, er wolle keinen Flickenteppich von Regionen mit und ohne Gentechnik, und forderte ein flächendeckendes Verbot. Also kein Anlass zur Sorge.

Und nicht nur das. Ich habe es schon kurz angeschnitten: Die Bundesländer haben bereits im vergangenen Jahr beschlossen, dass Gentechnikanbauverbote einheitlich vom Bund ausgesprochen werden sollen und selbst der Aufwand, Verantwortung usw. nicht auf die Länder abgewälzt werden dürfen. Das sind deutliche Worte.

Zuletzt haben zehn Bundesländer in einem offenen Brief Bundesminister Schmidt an den von Bund und Ländern vereinbarten Kompromiss und an die Agrarministerkonferenz aus dem Frühjahr erinnert, auf der das Thema war. Der Bundesrat hat sogar eine Eigeninitiative eingebracht, die zur Diskussion steht und die durchaus die Kritikpunkte nennt, die wir heute ansprechen.

Kollege Günther hat seine Befürchtungen und die möglichen Folgen der Regelung des Entwurfs und des länderbestimmten Anbauverbotes dargelegt. Ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Ich möchte nur deutlich machen, dass meine Fraktion und auch ich einige Befürchtungen teilen, und in diesem Zusammenhang auf vier Kritikpunkte aus der SPD-Bundestagsfraktion, auf die Schwerpunkte für die Umsetzung des nationalen Rechts verweisen. Ich zitiere. Sie fordert unter Punkt 1: „Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium sollen allein über Anbauverbote entscheiden können, ohne vier weitere Ministerien zu beteiligen.“ Punkt 2: „Der Bund soll sich stärker an der Begründung der Anbauverbote beteiligen, statt die Länder damit alleinzulassen.“ Punkt 3: „Nicht nur für den Ausstieg aus, auch für den Wiedereinstieg in den kommerziellen Anbau von genveränderten Organismen muss eine Mehrheit der Länder stimmen.“ Punkt 4: „Neue Gentechnologien sollen im Sinne des Vorsorgeprinzips reguliert werden.“

Das schließt – das muss man deutlich sagen – den Einsatz von Gentechnik in der Zukunft nicht aus. Wenn die Bundesländer insgesamt einverstanden sind und diese Technologie als zukunftsträchtig und nicht störend – ich drücke es einmal so aus – wirkt, ist das durchaus möglich.

Meine Damen und Herren! Ziel muss es grundsätzlich sein, den Anbau von genveränderten Organismen in Deutschland rechtssicher und flächendeckend zu untersagen. Die Kritik unserer Bundestagsfraktion, der Opposition, der Agrarminister der Länder und der Verbände richtet sich vor allem – das wurde von Kollegen Günther auch

schon gesagt – gegen das komplizierte Verfahren für das Verbot.

Die Redezeit!

Das ist auch unsere Meinung. Kommt ein bundeseinheitliches Verbot – herzlichen Dank für den Hinweis, Herr Präsident – nicht zustande, können die Bundesländer nach dem jetzigen Entwurf Einzelverbote für ihr Territorium erlassen. Es wurde gesagt, dass sich der Samen verbreitet und wir Gefahr laufen, diese Flächen – –

Ich muss vielleicht noch einmal in die zweite Runde, bevor Sie mich unterbrechen.

(Beifall bei der SPD)

Das will ich nicht, keinesfalls. Vielen Dank, Herr Kollege Winkler. Das war die SPD-Fraktion. Jetzt spricht Herr Kollege Urban für die AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Agrogentechnik und die Gentechnik überhaupt sind hochumstritten. Die AfD ist für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Gentechnik. Eine Komplettablehnung, wie sie von manchen Parteien vorgetragen wird, halten wir nicht für zukunftszugewandt und fortschrittsfreundlich. Mit der Gentechnik sind viele Hoffnungen auf die Heilung von Krankheiten verbunden, sogar auf die Heilung von Erbkrankheiten, auf die Produktion von Biotreibstoffen, auf die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln oder auch auf höhere Erträge bei einer wachsenden Weltbevölkerung.

Es gibt aber auch seriöse Bedenken, welche Folgen gentechnische Veränderungen auf Organismen insgesamt, auf den Menschen, auf Tiere, auf Pflanzen, haben. Was sind die langfristigen Auswirkungen genveränderter Organismen auf komplexe Ökosysteme? Das ist schwer vorhersehbar. Die häufigsten Argumente von Verbrauchern, Frau Kagelmann, sind erstens die Sorge vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch einen langfristigen Verzehr von Nahrungsmitteln mit genveränderten Bestandteilen. Aber es gibt heute kaum belastbare Studien, die derartige Wirkungen konkret nachweisen. Es sind Vermutungen.

Es ist zweitens die Sorge vor einem flächendeckenden Einsatz hochgiftiger Pflanzenschutzmittel. Auch dort sieht die Realität etwas anders aus. Ja, Glyphosat wird als Allroundpflanzenschutzmittel intensiv eingesetzt. Aber es ersetzt doch oft Pflanzenschutzmittel, die wesentlich giftiger, auch gesundheitsschädlicher waren als das Glyphosat. Wir haben bei einzelnen Pflanzenarten, zum Beispiel bei der genveränderten Baumwolle, Einsparungen von Pflanzenschutzmitteln bis zu 80 %. Auch dort gibt es wieder zwei Seiten dieser Medaille.

Was bleibt, ist eher die Angst aufgrund von Ungewissheit oder Unwissen. Genau mit dieser Ungewissheit spielen Sie, liebe GRÜNE-Kollegen. Sie lieben Kampfbegriffe.

Beim CO2 ist es der Klimakiller. Das CO2 ist die Grundlage des Lebens auf der Erde überhaupt, für Sie ein Klimakiller. Jetzt bei der Gentechnik lesen wir auf Flugblättern und Transparenten auf Demonstrationen von „Gendreck“ und „genverseucht“. Das ist billiger Populismus und der Komplexität des Themas in keiner Weise angemessen.

(Beifall bei der AfD)

Schon heute gibt es vielfältige Produkte in unserem Alltag, die mithilfe von Gentechnik hergestellt wurden und die wir zum Teil nicht missen möchten. Im Lebensmittelbereich sind es mikrobielle Kulturen für die Joghurt- und Käsezubereitung. Brothefen oder auch Bierhefen sind oftmals schon genverändert produziert. Es gibt den goldenen Reis, einen Reis mit sehr viel Vitamin-AAnteil. Er soll gerade in Ländern der Dritten Welt helfen, den Tod vieler Kinder wegen Vitamin-A-Mangels zu vermeiden. Es gibt biologisch abbaubare Waschsubstanzen, die gentechnisch produziert wurden. Auch darüber werden wir nicht böse sein.

In Leuna entsteht gerade eine Demonstrationsanlage für Biobenzin. Gentechnisch veränderte Organismen produzieren dort aus organischen Abfällen hochwertiges Benzin. Wir haben auch viele Medikamente. Über 50 Medikamente sind bereits zugelassen, die von genveränderten Organismen produziert werden. Sie produzieren Insulin. Sie produzieren künstliche Impfstoffe gegen Kinderlähmung, und sie produzieren Interferon zur Behandlung der multiplen Sklerose.

Viele Verbraucher sind sich über den Umfang der bereits stattfindenden Anwendung von gentechnisch veränderten Materialien und Stoffen überhaupt nicht bewusst. Auch die Agrogentechnik ist eine Hochtechnologie. Sie ist mit Risiken verbunden, aber auch mit Chancen. Ein blauäugiger Umgang mit der Agrogentechnik ist genauso falsch wie eine ideologische Dämonisierung, wie sie die grüne Partei betreibt.