Viele Verbraucher sind sich über den Umfang der bereits stattfindenden Anwendung von gentechnisch veränderten Materialien und Stoffen überhaupt nicht bewusst. Auch die Agrogentechnik ist eine Hochtechnologie. Sie ist mit Risiken verbunden, aber auch mit Chancen. Ein blauäugiger Umgang mit der Agrogentechnik ist genauso falsch wie eine ideologische Dämonisierung, wie sie die grüne Partei betreibt.
Das war Herr Kollege Urban, AfD-Fraktion. Jetzt eröffnen wir eine weitere Runde. Sie wird eingeleitet durch die einbringende Fraktion. Das Wort ergreift natürlich erneut Herr Kollege Günther zu diesem, seinem Thema.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass die meisten Fraktionen hier grundsätzlich mit uns einer Meinung sind, dass wir zu einem wirksamen Verbot dieser gentechnisch veränderten Organismen auf unseren Äckern kommen müssen. Was ich allerdings zurückweise, ist, dass wir sinnlos Angst machen. Die Gründe, warum wir gegen Gentechnik sind, habe ich dargelegt. Die
Kollegen haben eigentlich auch alle zugestimmt. Ich sehe die Gefahr, dass das auf dem Rücken unserer Landwirte passiert, und das auch noch gegen den Willen der Verbraucher.
Wir sind es ihnen schuldig, dass wir dafür sorgen, dass das so nicht kommen wird. Gut, das können wir einmal so festhalten, wie Sie mit den Bürgerinnen und Bürgern umgehen.
Der Bundeslandwirtschaftsminister hat gesagt, er will und werde den kommerziellen Anbau grüner Gentechnik auf unseren Äckern rechtsstaatlich organisiert und rechtsstaatlich strukturiert unterbinden. Er will keinen kommerziellen Anbau. Das heißt aber ganz deutlich: Nach dem Entwurf, den sein Haus jetzt in Umlauf gebracht hat und der im Kabinett beschlossen wurde, ist das, was er sagt, das eine und das, was er tut, etwas ganz anderes. Deshalb müssen wir, wenn wir uns auf Landesseite einig sind, deutlich widersprechen.
Ich möchte daran erinnern, dass man zwischen dem Bund und den Ländern lange gerungen hat. Es gab mehrere Gespräche, um Kompromisse zu finden. Es gab auch einen eigenen Gesetzentwurf des Bundesrates, der Lösungen vorgeschlagen hat. Dem könnte man einfach folgen. Das Wesentlichste ist, dass man dieses Einvernehmen mit den anderen Bundesministerien in ein Benehmen umwandelt – das ist eigentlich gar nicht so kompliziert –, dass man in dieser ersten Phase die zwingenden Gründe, die innerhalb weniger Tage durch die Mehrheit der Bundesländer zusammengeschrieben werden müssten, herausnimmt, weil das die EU-Richtlinie überhaupt nicht verlangt. Das ist also überflüssig.
Man muss auch, wenn die Länder selbstständig Anbauverbote erlassen sollen, diese Voraussetzungen klar im Gesetz formulieren, weil alles andere eine Riesenrechtsunsicherheit bringt und das am Ende wieder kippen wird. Wir müssen auch für die Phase 2 zu stärkeren Vorschriften kommen, die der Bund erlassen muss, wenn die Länder etwas prüfen sollen. Hier nimmt sich der Bund völlig zurück, und wir wollen etwas bundesweit Einheitliches.
Ich möchte daran erinnern, dass das ein Thema ist, bei dem sich die Umweltverbände und alle Vertretungen der Landwirte, der Bauernverband und die anderen regionalen Verbände einig sind. Sie sagen, so kann das nicht funktionieren. Das sollten wir aufgreifen. Ich denke, wenn die Verbände der Landwirte das sagen, sind es nicht Verbraucherinnen und Verbraucher, die vielleicht keine Ahnung haben, wie ich das gerade gehört habe. Davon gehe ich im Übrigen auch nicht aus, dass man über 84 % der bundesdeutschen Bevölkerung erklären kann, dass sie nicht wissen, wovon sie reden.
Ich möchte noch ein paar Worte an Kollegen Urban richten. Erstens danke ich Ihnen für den Hinweis mit dem Populismus. Wir werden uns kundig machen, wie die AfD es so wunderbar hinbekommt, sachlich Politik zu betreiben. Wir GRÜNEN können sicherlich viel lernen.
Erlauben Sie mir noch den kleinen Hinweis: Ich möchte fachlich nicht erklären, was grüne Gentechnik bedeutet. Es ist ein Unterschied zu den Punkten, die Sie vorhin vorgetragen haben, an welcher Stelle die Gentechnik eingesetzt wird. Sie sollten sich damit einfach einmal auseinandersetzen. Das sind nämlich völlig verschiedene Paar Schuhe.
Das war Herr Kollege Günther für die einbringende Fraktion GRÜNE. Jetzt kommt Herr Kollege Breitenbuch an das Rednerpult. Er spricht für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Günther, in Ihrer liebenswürdigen Art sind Sie natürlich bundespolitisch unterwegs. Sie versuchen, hier noch einmal ein Thema am Ende eines für die Landwirtschaft nicht einfachen Jahres zu platzieren. Auf den Höfen gab es große Sorgen mit der Milch und den Preisen für Getreide, die den Aufwand nicht ausgeglichen haben. Jetzt versuchen Sie, hier noch einmal, weil die konventionelle Art auf die ökologische trifft, dieses Thema zu platzieren. Insofern passt mir das Thema vor Weihnachten nicht. Trotzdem stellen wir uns natürlich der Debatte.
Dass Sie einen neuen Begriff einführen, nämlich den Begriff der „Agrotechnik“ anstatt „grüner Gentechnik“, lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Für uns gibt es grüne, rote und weiße Gentechnik. Wir als innovatives Land müssen uns damit selbstverständlich auseinandersetzen.
Es gibt eine moralische Diskussion, die hinter dieser Debatte steckt. Es gibt eine technologische Diskussion. Weiterhin gibt es eine Angstdiskussion. Wir alle sollten versuchen, dass die Angstdiskussion hinter der Sachdiskussion steht.
Wir stehen vor der Situation, dass es in Sachsen und auch in Deutschland überhaupt keinen gentechnischen Anbau gibt. Die Rechtslage ist so, dass das nicht möglich ist. Ich selbst bin ebenfalls Landwirt. Wenn ich als Landwirt dies möchte, dann ist das Risiko, welches ich eingehe, wenn etwas schiefgeht, sehr hoch. Die Haftung, die ich gegenüber meinen Nachbarn habe, ist so gigantisch, dass ich das als Bauer nicht machen kann.
Die Haftungsrisiken sind so groß, dass niemand in Deutschland auf die Idee käme, die Gentechnik anzuwenden. So ist die Lage. So sieht die Situation aus. Vor diesem Hintergrund läuft die Angstdebatte, die von einem Fragezeichen begleitet wird. Letztendlich haben wir uns dafür eingesetzt, dass eine Kennzeichnung bei allen Produkten, in denen Gentechnik enthalten ist, vorliegen muss. Somit werden wir alle schlauer, was wir kaufen, welche Kleidung wir tragen oder was wir an uns heranlassen. Wir wissen, was mit Gentechnik zu tun hat, und zwar heutzutage schon.
Selbstverständlich gibt es auch Abhängigkeiten mit der Welt. Wenn wir hierzu eigene deutsche Positionen formulieren, dann müssen wir natürlich auch im Auge haben, welchen Wettbewerbsnachteil unsere Landwirte haben, wenn diese Technologien teilweise nicht eingesetzt werden können. Das müssen wir laut und deutlich sagen.
Ich möchte noch einmal auf das Thema Züchtung zu sprechen kommen. Gregor Mendel – wir alle haben ihn im Biologieunterricht behandelt – hat damals versucht, grüne und gelbe Erbsen mit anderen Eigenschaften zu kreuzen und eine Systematik aufzubauen. Seitdem hat sich die Züchtung enorm entwickelt. Es gibt in Deutschland eine mittelständische Züchtung von vielen Züchterhäusern, also gerade keine großen Konzerne, die selbstverständlich auch aktiv sind. Gerade die mittelständischen Züchter sind weiterhin wettbewerbsfähig unterwegs. Mit Hybridzüchtungen, mit Anbau auf der Nord- und Südhalbkugel, um Jahreszeiten zu überbrücken.
In der grünen Gentechnik gab es insgesamt ebenfalls Fortschritte, selbstverständlich teilweise auch Schwierigkeiten. Letztendlich führte das immer zu einer Beschleunigung. Durch die Änderung der Eigenschaften der Pflanzen konnte der Einsatz verbessert werden. Gesündere Pflanzen wurden entwickelt, um mit Blick auf den Klimawandel für Afrika und andere Regionen einen Fortschritt zu erzielen. Das verhindern wir, wenn wir uns diesem Thema völlig verschließen.
Wir hatten – darauf möchte ich hinweisen, um einen Lerneffekt ins Plenum zu bringen – im Jahr 2011 eine junge Wissenschaftlerin aus Frankreich zu Besuch. Sie können sie einmal googeln. Sie heißt Emmanuelle Charpentier. Sie ist heute Professorin an der HumboldtUniversität in Berlin. Sie hat Fortschritte bei einer Technologie erzielt, bei der gezielt die Editierung und das Schneiden von DNA möglich wird. Das ist ein hochinteressanter Prozess. Seit nunmehr fünf Jahren wird darüber diskutiert, ob es sich dabei überhaupt um Gentechnik handelt. Es könnte ebenso eine gezielte Züchtungsform
sein. Die Diskussion läuft. Dieses Schwarz-Weiß-Bild, Herr Günther, welches Sie in Ihrer Rede darzustellen versuchen, ist vielleicht überholt. Wir sollten aktueller diskutieren.
Mein Fazit lautet wie folgt: Dies ist eine sehr aktuelle Diskussion, ohne Zweifel, der wir uns auch als Bundesland stellen. Wir als Koalition haben uns diesem Thema auch im Koalitionsvertrag gestellt. Trotzdem sollten wir darauf achten, dass wir die Veränderungen der Welt auch aufnehmen.
Das war Herr von Breitenbuch für die CDU. Herr Kollege Günther, nun tragen Sie eine Kurzintervention vor.
Richtig. Sehr geehrter Herr Kollege von Breitenbuch! Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Sie sagten erstens, dass wir ein Thema angesprochen haben und hier debattieren, welches auf die Bundesebene gehört. Das wird im Bundesrat besprochen. Es ist ein Thema, bei dem die Länder genau jetzt am Zug sind mitzureden. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns hier im Landtag darauf verständigen, wie unsere sächsische Position aussieht.
Ich komme zu Ihrem zweiten Vorwurf. Sie sagten, dass wir Debatten eröffnen würden, die den Landwirten, nachdem sie ein schweres Jahr hatten, das Leben noch schwerer machen. Das ist genau ein Problem. Ich hatte es vorhin ausführlich beschrieben. Sie sitzen am Ende auf ihren Produkten, wenn sie nicht mehr zuverlässig sagen können, ob die Produkte gentechnikfrei produziert wurden. Wenn es einmal in der Umwelt ist, dann ist es ihr Problem. Deswegen ist es ein Hilfsansatz, dass sie nicht noch ein Problem hinzubekommen. Wir bezwecken genau das Gegenteil dessen, was Sie vorgetragen hatten.
Das war eine Kurzintervention von Kollegen Günther. Sie bezog sich auf den Redebeitrag von Herrn von Breitenbuch. Dieser reagiert jetzt prompt.
Wir haben hochkompetente Unternehmer in den Landwirtschaftsbetrieben, die sich täglich Gedanken machen, wie sie bestehen und ihren Betrieb in die nächste Generation überführen können. Das Thema ist hochaktuell. Manche Diskussionen in der Politik, das kann ich aus meiner eigenen Praxis sagen, werden als Belastungen und als störend empfunden. – Danke.
Wir fahren in dieser Rednerrunde fort. Das Wort hat erneut Frau Kollegin Kagelmann. Sie steht an Mikrofon 1.
Recht vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte nur kurz auf Herrn von Breitenbuch reagieren. Sie haben das Stichwort Genomschneiderei angesprochen.
Entschuldigung, es gibt nun zwei Varianten. Entweder Sie reden normal in der Rednerrunde. Ihre Fraktion hat noch Redezeit. Die zweite Variante ist, dass Sie eine Kurzintervention vornehmen.
Das war ein Beitrag in der Rededebatte. Wenn ich diesen von vorn halten soll, dann komme ich gern nach vorn.