Antrag der Regierungskoalition am 05.12., und am 09.12. legt dann sogar noch die Fraktion DIE GRÜNEN nach, welche die Komplexität des Themas leider noch immer nicht erfasst hat und lediglich auf Teile des Wolfsschutzes abzielt.
Der sächsische Umweltminister Thomas Schmidt stand am 30.11.2016 der „SZ“ der südlichen Oberlausitz Rede und Antwort zu diesem Thema, nachdem er dem erhebli
chen Druck der CDU-Mitglieder und der Landräte aus Bautzen und Görlitz nicht mehr standhalten konnte. Unter der Überschrift „Der Wolfsabschuss ist kein Tabu“ sagte er: „Der Schutz des Tieres muss Grenzen haben“.
Die Dresdner Resolution der umweltpolitischen Sprecher von CDU/CSU verschiedener Landtage ging der Sache noch voraus. Von diesen Aussagen, liebe CDU-Fraktion, ist in Ihrem Antrag wenig zu finden. Hier erkennt man die Handschrift des Koalitionspartners. Handlungsaufträge fehlen wieder einmal. Es ist ein Offenbarungseid, dass die CDU nicht mehr in der Lage ist, ihre eigenen Ansichten durchzusetzen. Herr Hippold hat es in seiner Rede heute etwas relativiert, aber im Antrag war es so nicht zu lesen.
Die von Ihnen im Punkt 1 geforderte Aufstellung wird keinesfalls vollständig sein, da viele dieser Risse durch LUPUS abgewiesen werden. Es besteht für die Geschädigten ein extrem hoher Mehraufwand, da LUPUS nur jeden zweiten Riss dem Wolf zuordnet. Der Rest wird meist als Riss durch Hunde abgewiesen, welche nicht entschädigt werden. Handelt es sich hierbei um Wolfshybriden, die nicht so einfach durch DNA-Analysen oder unzureichende DNA-Datenbanken erkannt werden können? Auch hier müssen Lösungen für die Nutztierhalter gefunden werden. Bis zum Jahr 2000 konnte kein hauptberuflicher Schäfer Risse durch wildernde Hunde benennen. Vielleicht können Sie auch erfassen, wie hoch der Schafsbestand damals war und wie er sich zu heute verändert hat.
Im Punkt 2 Ihres Antrages weisen Sie auf entsprechenden Schutz in den Präventionsmaßnahmen hin. Sie wissen aber doch bestimmt, dass alle bisher bekannten Schutzmaßnahmen keinen hundertprozentigen Schutz im Weidebetrieb bieten. Die Tiere müssen stabil eingepfercht oder abgeschafft werden, um sie effektiv zu schützen. Wo bleibt hier der Tierschutz? Was ist also hier Ihr Plan?
Die Punkte 3 und 4 kann man sich ausarbeiten lassen, um zu zeigen, was die Tierhalter für Möglichkeiten haben. Bürokratieabbau bei Fördermaßnahmen ist immer ein Punkt, der Berücksichtigung finden muss. Aber auch hier muss nachgebessert werden, zum Beispiel, wenn es sich um Risse durch Hybriden handelt. Auch wenn Sie in Ihrem Punkt 5 einen kleinen Lichtblick erkennen lassen, um Probleme anzupacken, sind Sie dort noch meilenweit von einem realistischen Ergebnis entfernt.
Die in Punkt 6 geforderte Studie ist wieder eine sehr langwierige Angelegenheit. Die Betroffenen erwarten aber unbedingt schnelle Maßnahmen, um der Situation in Ostsachsen Abhilfe zu schaffen. Wie Sie gestern alle in der Dresdner „Morgenpost“ lesen konnten, spazieren die Wölfe schon durch die Dörfer der nördlichen Oberlausitz, Frau Kagelmann, Sie kommen aus dem Nordkreis Görlitz und haben gesagt, schon seit Monaten war er nicht mehr zu sehen. Am 20.11. war er wieder in Rietschen unterwegs.
Und das Wolfsbüro sagte, die Situation sei für den Menschen bislang nicht sicherheitsrelevant. Aber wie lange ist das noch so? Mir selbst sind deutlich mehr Beispiele für ein solches Verhalten bekannt.
Langwierige teure Studien sollte man sich überlegen, denn spätestens seit der Anhörung der Experten im Juni 2015 vor dem Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss des Landtags liegen alle notwendigen wissenschaftlichen Ergebnisse vor. Da die sächsischen Wölfe ja bekanntermaßen nicht vom Himmel gefallen sind, handelt es sich in überwältigender Mehrheit um osteuropäische Wölfe, die den westpolnischen Subpopulationen angehören und untereinander in Verbindung stehen. Das wird durch die DNA-Analysen des Senckenberg-Instituts Frankfurt nachgewiesen. Wozu brauchen wir dafür jetzt noch neue Studien? Der Bestand dieser Wolfspopulation liegt bei weit über 10 000 Wölfen. Er wächst weiter und ist nicht gefährdet. Die tatsächliche Anzahl der vorhandenen Wölfe liegt weit darüber, da die MonitoringMethoden keine tatsächliche Wolfserfassung zulassen.
Deshalb: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, da dieser weitergehend ist und konkrete Forderungen enthält, um den sächsischen Nutztierhaltern und der sächsischen Bevölkerung wieder mehr Sicherheit zu geben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die undankbare Aufgabe, als Letzter zu reden. Ich möchte Sie nicht mit Wiederholungen langweilen, aber ich möchte mich einigen Ausführungen anschließen, die Kollege Hippold und auch Kollegin Kagelmann gemacht haben. Wir können mit gewissem Stolz auf das Erreichte zurückblicken. Wir haben in Sachsen tatsächlich einen Wolfsmanagementplan, der zu Recht vorbildlich ist. Das sollten wir uns auch in so einer Debatte immer wieder klarmachen.
Wir können mit Stolz darauf zurückblicken. Wir handhaben die meisten Probleme, die bereits angesprochen worden sind, schon ganz gut. Hierzu muss man auch feststellen, dass der Wolf nicht das Problem in Sachsen ist, sondern schlichtweg der Umgang mit ihm als Thema und vor allem explizit als Aufregerthema, so wie es meine Vorrednerin gerade gemacht hat. Da kommen solche Aussagen wie: Noch ist der Wolf kein Problem für den Menschen. Wie lange denn noch?
Dazu kann man sagen: Den Wolf hat es in Sachsen immer gegeben – durchgängig, im Übrigen auch in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten, nur ansässige Rudel
Man muss Folgendes sagen: Probleme entstehen immer, wenn sich ein großes Raubtier wie der Wolf wieder ansiedelt. Wenn er einmal da ist und sich etabliert hat, dann gewöhnen sich die Leute auch wieder daran. Die Probleme gehen wieder zurück. Das kann man statistisch sehen.
Ich komme zur Relation zwischen der Schafhaltung und den sich ansiedelnden Wolfsrudeln. In der Gesamtrelation gehen nämlich die Schäden zurück. Das liegt leider auch daran, dass die Schaf- und Weidehaltung zurückgeht. Die Frage wurde auch gestellt. Das ist aber ein sachsenweites Phänomen. Die Bestände haben sich in den letzten zehn bis 15 Jahren fast halbiert. Das ist ein Problem. Wir haben gehört, dass die Offenlandhaltung ganz wichtig ist, weil daran auch die Kulturräume hängen. Daran hängen auch ganz viele Arten im Offenland. Hierbei müssen wir viel tun. Der Wolf ist nicht das wichtigste Problem.
Es existiert auch die Vorstellung, dass der Wolf kommt und immer mehr wird. Er wird sich immer mehr vermehren. Man muss auch einmal ein paar Sachverhalte klarstellen. Alle Arten haben immer ein gewisses Habitat, also eine Maximalgröße, welches sie bewohnen. Bei dem Wolf ist es wie folgt: Wenn sie in Rudeln leben – das sind ungefähr zehn Tiere, nämlich die Elterntiere und die Würfe von diesem Jahr und vom Vorjahr –, dann bewohnen sie zwischen 15 und 35 Hektar. Mehr gibt es nicht hier in Europa. Wenn die Reviere dicht nebeneinander liegen – das ist in der Lausitz der Fall; sie überlappen sich leicht an den Rändern –, dann gibt es dort nicht mehr Wölfe. Das Maximum ist schon erreicht. Zusätzliche Wölfe müssen woanders hinziehen.
Nicht der Wolf ist das größte Problem für den Menschen, sondern umgekehrt. Ein Großteil der Wölfe kommt im Straßenverkehr um. Was auch nicht zu vergessen ist, sind die gelegentlichen Schwarzabschüsse. Diese Gefährdung ist viel höher.
Sie schütteln gerade mit dem Kopf. Als letzter Redner hat man es schwer. Ich möchte jetzt über die Herdenschutzmaßnahmen reden. Wo könnte denn eine Gefährdung für den Menschen herkommen? Das weiß man. Kranke Wölfe können abgeschossen werden. Das ist bereits jetzt der Fall. Welche Krankheiten könnten die Wölfe haben? Sie könnten vielleicht die Tollwut haben. Dies haben wir seit mehreren Jahren in Deutschland und Sachsen aber nicht mehr. Die Orte, an denen es noch Tollwut gibt, befinden sich weit weg von uns. Es ist klar, dass es hierher kein Tier schaffen würde.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass man den Wolf bedrängt und ihn in eine Ecke drängt. So verrückt muss man erst einmal sein. Das passiert also auch nicht aus Versehen.
Die Problemwölfe, von denen wir hören, gehen auf menschliches Fehlverhalten zurück. In der Niederlausitz werden Wölfe gefüttert. Solche Fälle gab es ebenso in
Niedersachsen. Somit muss man sich nicht wundern, wenn die Tiere durch den Ort laufen. Das heißt aber noch nicht, dass sie gefährlich werden.
Wölfe, das weiß man auch, werden in ihrer Jugend geprägt. Wenn sie klein sind, dann wird ihnen beigebracht, was man jagen kann und was nicht. Der Mensch kommt schlichtweg nicht vor. Deswegen interessieren sie sich nicht für uns. Sie gehen durch ein Dorf und interessieren sich nicht für den Menschen. Es besteht also keine Gefahr. Es ist auch unser Auftrag als Politik, wenn wir uns mit dem Thema beschäftigen, die Menschen aufzuklären und immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Gefahren nicht vorhanden sind. Auf reale Gefahren zum Beispiel für die Weidehaltung – die Weidehaltung ist ein Grenzertragswirtschaftsbereich, der sich nicht mehr rechnet – müssen wir antworten und Hilfen zur Verfügung stellen. Das machen wir derzeit auch. Es hilft uns teilweise die Sielmann-Stiftung, die die Hilfen aufstockt.
Das ist das Plädoyer von uns GRÜNEN: Wenn wir als Staat möchten, dass der Wolf sich wieder ansiedelt, dann müssen wir auch für 100 % der Schäden eintreten. Seit dem Jahr 2002, seitdem der Schaden bezahlt wird, bewegt sich die Schadensregulierung im fünfstelligen Eurobereich. Angesichts der Beträge, die wir in den nächsten zwei Tagen in diesem Haus bewegen werden, ist uns vielleicht klar, dass dies statistisch betrachtet keine nennenswerte Größe ist.
Herr Kollege Günther beschloss die erste Rednerrunde. Wir eröffnen eine weitere. Für die einbringende CDU-Fraktion ergreift Kollege Heinz das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem einen oder anderen Redebeitrag fällt mir Folgendes ein: Je weiter weg man vom Problem ist, umso größer ist auch die Toleranz.
Gestatten Sie mir zuerst, auf meine Vorredner einzugehen. Frau Kagelmann, Ihr Beitrag war sehr philosophisch. Natürlich möchte man alle Schutzmaßnahmen ausreizen. Es wird einem sicherlich immer noch etwas einfallen können, wie man den Weidetierhaltern nachweisen kann, dass sie nicht vorsichtig genug gehandelt haben. Das Gleiche wäre der Fall, wenn wir außerhalb von Schutzbunkern mit einer ABC-Ausrüstung herumlaufen müssten, weil irgendwann einmal ein Atomkraftwerk hochgeht oder ein etwas durchgeknallter Regierungschef am Atomkoffer herumspielt. Wir brauchen andere Lösungen. Ich kann an dieser Stelle nur darum bitten, Prozesse bis zum Ende zu denken.
Sie hatten drei Fragen gestellt: Für wen bringt es Vorteile? Für wen bringt es Nachteile? Ist die Population stabil? Für den Wald bringt der Wolf Vorteile. Das ist völlig richtig.
Er frisst die Tiere, die die kleinen Bäume fressen. Es gibt aber Nachteile für die Weidetierhalter. Die Lösung ist also ganz einfach: In dem Moment, in dem der Wolf den Kopf aus dem Wald steckt, müsste es krachen. Das hätte ebenfalls einen gewissen Vergrämungseffekt zur Folge, sodass der Wolf gar nicht mehr auf die Idee käme, durch Dörfer zu laufen.
Ich komme zum Ausreichen von Schutzmaßnahmen. Am Ende werden die Weidetierhalter mit den Füßen darüber abstimmen und keine Weidetiere mehr halten, wenn der Arbeitsaufwand zu groß und der Erfolg der Arbeit durch nicht zu beeinflussende Maßnahmen gefährdet ist. Das können wir nicht wollen. Am Ende reden wir nicht nur über die Tiere auf der Weide. Wir reden ebenso über die Pflege von Hochwasserschutzdämmen, das Offenhalten von Landschaften usw.
Ich komme zur dritten Frage: Ist die Population stabil? Natürlich ist die Population stabil. Dazu fand eine Anhörung statt, in der eine Wildbiologin auch auf meine Nachfrage hin, ob die zentraleuropäische Population als isoliert betrachtet werden kann oder muss, Folgendes antwortete – ich zitiere –: „Eindeutig nicht. Das hatte ich in meinem Vortrag auch so festgestellt, dass es Immigrationen gibt, keine sehr hohen. Größtenteils bildet sich die Population aus sich selbst heraus. Wir haben Immigrationen und mit Sicherheit keine isolierte Population.“
Damit sind wir bei einer der Kernfragen angekommen, die wir mit Blick auf das gegenwärtige Naturschutzrecht zu diskutieren haben: Wann ist die Population stabil, sodass der Schutzstatus verändert werden kann? Wenn man Westpolen und Deutschland isoliert betrachtet, dann braucht man 1 000 geschlechtsreife Wölfe. Davon sind wir noch ein Stück weit entfernt. Ansonsten sagt das EURecht Folgendes: Wenn die Populationen im genetischen Austausch stehen, dann sind wir bei 250 geschlechtsreifen Tieren. Der Austausch der Populationen wurde uns in der Anhörung bescheinigt. Wir sind von der Zahl, ab der man einen veränderten Schutzstatus beantragen kann, nicht mehr weit entfernt.
Ansonsten kann ich nur dafür werben, Prozesse bis zu Ende zu denken. Im Moment wächst die Population jährlich um ein Drittel. Alle drei Jahre verdoppelt sich somit der Bestand. Wir müssen uns entscheiden, ob wir weiterhin die Weidewirtschaft oder den Wolf haben möchten. Auf Dauer wird es nicht möglich sein, eine ungebremste Populationsentwicklung beim Wolf mit verstärkten Schutzmaßnahmen zu kompensieren. Das werden die Weidetierhalter nicht mitmachen.
Aus diesem Grund möchten wir mit unserem Antrag die entsprechenden Grundlagen schaffen, um hoffentlich die Einsicht zu finden, dass der Bund gegenüber der EU aktiv wird. Bis dahin gibt es sicherlich noch Optimierungsbedarf zwischen den Landkreisen und dem Freistaat, wann ein Wolf verhaltensauffällig ist und wie schnell er entnommen werden kann. Der eine oder andere in diesem Haus wird auch feststellen, dass die Realität manchmal
Wenn der erste Dackel aus dem Gebüsch des Erzgebirgskammweges nicht wiederkommt, weil er von einem Wolf gerissen wurde, dann wird das Auswirkungen auf den Tourismus im Erzgebirge haben. Das wollen wir sicherlich nicht.
Herr Günther, Sie haben unseren Wolfsmanagementplan gelobt. Dazu habe ich eine Frage: Ist er nur wegen oder trotz der CDU so gut? Ich gehe davon aus, dass wir ihn weiterhin entsprechend der Bestandsentwicklung des Wolfes anpassen werden.
Herr Günther, Sie möchten sicherlich eine Zwischenfrage stellen, die ich Ihnen auch gestatten würde, wenn der Vorsitzende mich fragt.
Ich habe eine kurze Frage zu dem Beispiel mit dem Dackel und dem Erzgebirgskamm. Wenn man einen Hund korrekt durch den Wald führt, dann hat man diesen am Erzgebirgskammweg an der Leine. Es dürfte relativ unwahrscheinlich sein, dass er weggeschnappt wird. Ansonsten hätte man ihn frei herumlaufen lassen. Somit hätte man sich im Wald falsch verhalten. Würden Sie trotzdem Ihre Aussage aufrechterhalten, dass es ein Problem geben könnte?