Jetzt muss ich eines sagen – das hat auch Herr Zschocke dankenswerterweise schon zitiert, darum muss ich es nicht wiederholen –:
Diese Geschichte mit dieser Legitimation zum Sex, die Sie hier aufgeschrieben haben – wissen Sie, ein kleines bisschen Lebenswirklichkeit sollten Sie da walten lassen. Es ist schon in meiner Jugend so gewesen –
und Herr Zschocke, ich gehöre zu den konservativen Frauen, die immer selbstbestimmt gelebt haben, und davon gibt es sehr viele –;
Gerne. –, dass es auch im jugendlichen Alter deutsche Jugendliche gibt, die selbstbestimmt mit 16 oder 17 oder 18 vielleicht noch nicht den Wunsch zu einer Ehe haben, aber in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenleben. Sie haben in Ihren Redebeiträgen auch diese jungen Leute mit dieser Behauptung Legitimation zum Sex einfach beleidigt. Was Sie getan haben, jetzt eben, als Sie – –
Ich glaube, dass es eine ganz besondere Art und Weise ist, dass Sie den jungen Leuten aus dem Ausland – das haben Sie gerade jetzt hier gesagt – unterstellen, dass sie noch keine geistige Reife haben. Das ist einfach nur daneben.
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist richtig, ja! – Beifall bei den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und ganz vereinzelt bei der CDU)
Wir sollten unseren jungen Leuten, die hier leben – egal aus welchem Land sie kommen –, zugestehen, dass sie mit 16 Jahren wissen, was sie tun.
Das war Frau Kollegin Springer für die CDU-Fraktion. Jetzt kommt Herr Kollege Bartl für die Fraktion DIE LINKE zu Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Petry, nach diesen zwei Reden sage ich Ihnen einfach: Sie, Ihre Fraktion, Ihre Partei sind eine gnadenlos populistische Truppe!
(Dr. Frauke Petry, AfD: Gott sei Dank! – Zuruf von der AfD: Das sagt der Richtige! Dass dieses Thema hochsensibel und umstritten ist, darüber besteht in diesem Hause völlige Einigkeit. Die Frauenorganisationen, der Kinderschutzbund, UNICEF – alle fordern, wie es auch Kollege Zschocke deutlich gemacht hat, dass über diese Frage der Missbrauchsfähig- keit von Minderjährigen bei der Eheschließung viel intensiver nachgedacht und im internationalen Recht etwas bewegt wird. Aber es geht auch nur im internationa- len Recht. (Beifall bei den LINKEN)
Wissen Sie, warum? Pro Tag werden – das können Sie sogar auf Wikipedia nachlesen – 40 000 Ehen Minderjähriger geschlossen.
Auf der Welt sind es derzeit 700 Millionen – davon trifft es etwa tausend Ehen in Deutschland, die mit Minderjährigen bestehen, davon 23 in Sachsen. Das haben Sie vorhin verschwiegen. Das war nachzulesen in der Antwort der Staatsregierung auf Ihre eigene Frage. Unter den 23 Ehen, die hier aufgeführt sind, sind auch zwei deutsche Ehen, eine aus Moldawien.
Das hat vordergründig überhaupt nichts mit dem Islam zu tun, aber Sie tun so, als ob uns das Problem ereilt, weil es die Flüchtlingswelle gab. Das ist unlauter! Sie setzen sich einfach auf ein Thema drauf. Dann hätten Sie Neunzehnhundertnochetwas anfangen müssen, das zu klären. Das BGB – 1900 in Kraft getreten – sah als Ehefähigkeitsalter 16 Jahre vor und die Möglichkeit der Gerichte, darunter – unter diesem Alter von 16 Jahren – Einwilligungen zu erteilen, dass Frauen heiraten können. Das haben die Nazis durch das Ehegesetz ersetzt, das hat der Kontrollrat wieder aufgehoben, und das Kontrollratsgesetz galt bis 1998. Erst 1998 ist in der BRD wieder der § 1303 BGB in Kraft getreten. Im Kontrollratsgesetz war genauso festgelegt: Das Ehealter lag für Männer damals bei 21 Jahren und für Frauen bei 16 Jahren.
Das ist doch das Problem! Es ist geändert worden, sodass jetzt nach der Gesetzeslage im § 1303 BGB steht: Das Ehealter der Frau soll – soll! – 18 Jahre sein. Das ist keine Befehlsvorschrift und das Gericht kann davon Ausnahmen zulassen.
Nein, aber Sie können es nicht als Islamproblem darstellen; dieses Problem müssen wir ganz anders angehen. Alle Gerichte, die mit diesem Verfahren befasst sind – auch das Oberlandesgericht in Bamberg, vorher Aschaffenburg –, haben mit der internationalen Rechtslage umzugehen. Das ist ausgeregelt im EGBGB, im internationalen Privatrecht, es gibt bindende völkerrechtliche Bestimmungen. Man muss dort wirklich mit Sensibilität hineingehen, wie der einzelne Fall beurteilt wird.
In diesem konkreten Fall haben die Richter ganz präzise geprüft. Die junge Frau ist in Obhut genommen worden, sie kam in eine Schutzeinrichtung für unbegleitete min
derjährige weibliche Flüchtlinge und der Mann wurde woanders angesiedelt. Dann wurde es geprüft, die junge Frau hat sich der Integration verweigert, weil sie zum Mann wollte, und dann wurde geprüft, ob es eine Zwangsehe gab. Das haben die Gerichte verneint und gesagt, der ordre public lässt sich nicht anwenden. Das muss man doch auch wirklich im konkreten Fall bewerten – nicht darüber herfallen und als Mittel zum Zweck nehmen, um ein ganz anderes Geschäft zu bezwecken als das, was Sie hier vorgeben.
Der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Deutschland muss die internationale Konstellation bedenken, darüber müssen wir reden. Sachsen hat dabei auch seinen Part, und wenn es diese Bund-Länder-Arbeitsgruppe gibt, ist es auch gut, dass der Herr Staatsminister bereits erklärt hat, dass wir uns in diese Bund-Länder-Arbeitsgruppe einbringen; das ist keine Frage. Aber es ist ein Thema, das mit Sicherheit nicht im Vorbeigehen zu klären ist wegen der international-privatrechtlichen Implikation.
Zum anderen ist nach unserer Auffassung momentan der Grundsatz geltend: Wenn eine Ehe geschlossen wurde – im Inland oder im Ausland –, gilt sie zunächst für die deutschen Gerichte als geschlossen.
Für die Fraktion DIE LINKE war das Herr Kollege Bartl. Jetzt kommt für die SPD-Fraktion nochmals Kollege Baumann-Hasske nach vorn.
(André Barth, AfD: Herr Panter, haben Sie Angst vor uns? – Dirk Panter, SPD: Vor Ihnen? Ängste habe ich, aber ich habe keine Angst vor Ihnen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben endlich – wenigstens ein bisschen – herausgehört, was passieren soll; das ist ja erst in der zweiten Runde deutlich geworden. Die AfD möchte gern das internationale Privatrecht so verändern,
Dazu muss ich sagen: Wir haben in unserem Grundgesetz den Schutz von Ehe und Familie kodifiziert. Dieser gilt auch für ausländische Ehen. Dann müssten wir ja wohl die Verfassung ändern. Ich glaube, gerade in diesem Bereich ist unsere Verfassung veränderungsfest. Also: Das, was Sie machen wollen, ist schlicht verfassungswidrig.
Zweiter Punkt. Sie scheinen mir die Gewaltenteilung in unserem Staat nicht recht verstanden zu haben.