Die zweite Rederunde ist eröffnet. Es sprach Herr Kollege Schultze für seine Fraktion. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Schiemann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht in keinster Weise um Subventionen. Wer hier am Pult in diesem Hohen Haus davon spricht, dass die Werker in Bautzen oder in Görlitz bei Bombardier um Subventionen bettelten, der hat sich mit der Materie überhaupt nicht befasst.
Es geht darum, dass Arbeitsplätze abgebaut werden in Größenordnungen, die diese Region nicht aushalten kann. Es sind Industriearbeitsplätze, und jeder Industriearbeitsplatz in unserer Heimat zieht noch mindestens drei oder vier Arbeitsplätze nach sich, die verloren gehen. Das können wir nicht akzeptieren!
(Beifall bei der CDU – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Exakt! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Schiemann, darin muss ich Ihnen recht geben!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder verlorene Arbeitsplatz – und sei es einer, der in einer Firma verloren geht – ist für uns im Freistaat Sachsen einer zu viel. Es lohnt sich immer, für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Ich gehe einmal davon aus: Auch hier, bei den BombardierStandorten, ist es wichtig, um die Arbeitsplätze zu kämpfen, dass sie nicht verloren gehen; denn nicht die Arbeiter haben es verschuldet, dass sich die Strukturen in dem großen Konzern jetzt so darstellen, wie sie sich darstellen. Die Arbeiter können nichts dafür. Ich weiß aus Bautzen, dass sich die Produkte so darstellen, dass sie verkauft werden können, und nicht subventioniert werden müssen. – Erstens.
Zweiter Punkt: Es ist keine Strukturveränderung. Es ist eben dieser brutale Arbeitsplatzverlust. Damit ist auch ein Verlust an Know-how für diesen Industriestandort Freistaat Sachsen verbunden. Das müsste uns doch die Kraft geben, dass wir auch für diesen Standort, für diese Arbeitsplätze entsprechend kämpfen. Etwas anderes erwarten die Leute nicht. Sie erwarten, dass wir uns dafür einsetzen, dass wir Strategien entwickeln, wie der Freistaat helfen kann,
Ich weiß, dass Staatsminister Martin Dulig es zur Chefsache gemacht hat, so viel wie möglich an Arbeitsplätzen zu retten, aber auch Maßnahmen zu ergreifen, Angebote an den Konzern Bombardier zu machen, die nichts mit Subventionen zu tun haben, sondern die etwas damit zu tun haben, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industriestandorte auch in der Zukunft zu sichern. Das ist der Hintergrund. Das ist das Ziel, warum es sich lohnt, über diese zwei Standorte und über viele weitere Zulieferer zu sprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor vier Wochen gemeinsam mit Staatssekretär Brangs vor den Werktoren in Bautzen/Budyšin gestanden und in die Augen der Menschen geblickt habe, habe ich mich daran erinnert, vor welcher Situation das Werk Bautzen im Jahr 1992 gestanden hat. 1992 sollte das Werk geschlossen werden. Dann kam der rettende Anker, in Bautzen werden wieder Straßenbahnen gebaut – Straßenbahn aus Bautzen, ein Produkt, das mittlerweile in ganz Europa zu Hause ist, aber auch über die Grenzen Europas hinaus geht. Es sind alles gut bezahlte Straßenbahnen, die keine Subventionen erhalten haben.
Dass insbesondere die Städte, die Landeshauptstadt Dresden und Leipzig, in den ersten Bestellungsraten dazu beigetragen haben, dass der Standort Bautzen erhalten geblieben ist, das will ich hier ganz deutlich erwähnen. Diese beiden Städte haben in den Neunzigerjahren klare Signale gegeben zum Standortaufbau in Bautzen für dieses neue Produkt Straßenbahn, und diese Straßenbahnen fahren bis heute.
Herr Kollege Schiemann, sind Sie nicht auch der Meinung, dass die sächsischen Kommunen schon auch irgendwo eine moralische Verpflichtung
Sie wissen, dass wir eine Ausschreibung hatten. Ich persönlich hätte mir aber gewünscht und erwartet, Bautzen hätte die Ausschreibung in Leipzig gewonnen. Das wären mehr als 60 Millionen Euro und Arbeit gewesen.
Ich habe jetzt nicht einmal mehr vier Sekunden. Ich muss Ihnen noch unbedingt mitteilen, Bombardier hat sich in Bautzen unwahrscheinlich engagiert. Bombardier hat Bautzen zu einem der wichtigsten europäischen Standorte ausgebaut, neben dem Standort Görlitz, der für uns als Partner immer wichtig ist. Es ist ein Kompetenzzentrum entstanden, und ich kann nur appellieren, das Bombardier dieses wichtige europäische Kompetenzzentrum in Sachsen nicht verlieren darf. Deshalb fordere ich:
Drittens. Es darf nicht zur Trennung von Entwicklung und Fertigung kommen! Entwicklung und Fertigung gehören zusammen. Damit werden finale Produkte erreicht.
Viertens. Bombardier soll in Bautzen das Werk als Kompetenzzentrum Schiene erhalten, und das im Verbund mit Görlitz. Das müsste unser Ziel als Abgeordnete im Sächsischen Landtag sein.
Ich hoffe, dass die Kraft vorhanden ist, mit Bombardier zu sprechen, und denke, dass die Sache bei unserem Wirtschaftsminister als Chefsache gut aufgehoben ist.
Meine verehrten Damen und Herren! Die Mitarbeiter in den Werken, die Finalproduzenten, aber auch – –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, was in dieser Debatte fraktionsübergreifend herauskommt, ist ein Signal an die Kolleginnen und Kollegen von Bombardier. Wir, die Fraktionen im Sächsischen Landtag, erklären uns solidarisch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das ist erst einmal eine wichtige Botschaft an die Kolleginnen und Kollegen in der Region.
Wir sagen damit auch: Wir nehmen das absolut ernst. Die geplante Streichung von über 900 Arbeitsplätzen in einer Region ist ein schwerer Schlag für die Beschäftigten im Unternehmen selbst, für die Beschäftigten der umliegenden Wirtschaftsstruktur, im Grunde genommen auch für eine Region, von der wir alle wissen, dass sie es ohne Frage auch sonst nicht leicht hat. Ich persönlich finde den politischen Stil von Wirtschaftsminister Martin Dulig an dieser Stelle angebracht. Er fährt eben zu den Kolleginnen und Kollegen ans Werktor. Er spricht mit ihnen auf Augenhöhe über ihre Ängste und die Perspektiven, auch wenn sie schwierig sind. Er redet nicht nur mit der Arbeitgeberseite, sondern auch mit der Gewerkschaftsseite und macht keine Versprechen, die er nicht halten kann. Das ist eine neue Form von Ehrlichkeit, dass man sagt: Es ist eine schwierige Situation und wir können nicht sicher sein, ob wir es wirklich schaffen, alle Arbeitsplätze zu erhalten. Das, finde ich, ist ein guter und sachlicher Politikstil des Ministers, den wir hier in diesem Hause auch nicht infrage stellen sollten.
Ich finde, wir sollten an dieser Stelle eben nicht in Symbolpolitik verfallen. Sehr geehrter Kollege Schultze, habe ich Sie eigentlich richtig verstanden, dass Sie die Meinung vertreten, dass sich die IG Metall weniger intensiv für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter einsetzt als für die normalen Kolleginnen und Kollegen? Ich hoffe für Sie, dass ich Sie da falsch verstanden habe. Das würde ich nämlich für eine ziemlich unverschämte Unterstellung halten.
Ich will auch noch einmal klarstellen: Die Verwaltungsgremien der Verkehrsverbünde, die bekannterweise aus den Landkreisen zusammengesetzt sind, machen die Ausschreibungen der Strecken. Hieraus einen so pauschalen Vorwurf an die Staatsregierung zu machen – das möchte ich noch einmal aufgreifen. Sie wollen etwas
kritisieren können. Das ist an dieser Stelle der Hintergrund Ihrer Debatte. Ich finde den Weg des Ministers besser, nämlich ein konstruktives und ernsthaftes Angebot zu entwickeln, mit dem man die Standorte in der Region erhalten und die Fachkräfte in der Region halten kann, indem man eine Perspektive für die Arbeitsplätze in dieser Region schafft. Das halte ich nicht nur für den seriöseren, sondern auch für den ehrlicheren Weg gegenüber den betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Deshalb, Herr Minister, kann ich Sie nur darum bitten, diesen Weg fortzusetzen.
Wird von der AfDFraktion das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die GRÜNEN. – Auch nicht. Dann frage ich noch die Linksfraktion. Bitte schön.