Protocol of the Session on March 17, 2016

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Rede ist jetzt beendet – da können Sie nur noch eine Kurzintervention einlegen, wenn Sie sich äußern wollen.

Dann versuche ich, es als Kurzintervention zu formulieren.

Herr von Breitenbuch, ich denke schon, dass sowohl die Russland-Sanktionen als auch die momentanen Ölpreise keine Verschwörungstheorien sind, sondern dass das sehr wohl politisch gesteuerte Dinge sind, die auch Einfluss auf unsere Milchpreise haben.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Wollen Sie darauf reagieren, Herr von Breitenbuch?

Hier sind ganz andere Marktmächte am Werk, als dass sie gesteuert werden könnten; das betrifft auch den Milchpreis. Selbstverständlich tut das Herrn Putin weh. Auch wenn es die momentanen Sanktionen nicht gäbe, könnten die Russen keine Joghurts aus Deutschland kaufen. Das ist die Schwierigkeit. Das heißt, das Russland-Embargo ist sicher ein Punkt – Frau Dr. Pinka hatte dies soeben auch sehr klug angesprochen –, aber das kann letztendlich nicht allein schuld sein. Dass sich die ganze Welt gegen uns verschworen hat – ich glaube, mit diesem Weltbild kommen wir hier im Landtag nicht zurecht. – Danke.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Es gibt eine weitere Kurzintervention.

Herr von Breitenbuch, Sie geben mir recht, dass die Russland-Sanktionen schon ein Faktor sind, der eine Rolle spielt. Das ist ein Faktor, der die heutigen Krisen von den Milchkrisen unterscheidet, die wir bisher hatten. Auch die Ölpreise, die entfernt eine Rolle spielen, zielen natürlich nicht speziell auf Sachsen ab, aber sie sind politisch motiviert – das kann man auch in jeder Zeitung lesen.

(Sabine Friedel, SPD: Sie wiederholen sich hier unentwegt!)

Das war eine weitere Kurzintervention – zwei stehen den Fraktionen zu. Die Reaktion ist im Ermessen dessen, auf den sich die Kurzintervention bezogen hat, also immer auf den vorhergehenden Redebeitrag – wie in diesem Fall bei Herrn von Breitenbuch.

Gibt es jetzt weiteren Redebedarf in der zweiten Runde? – Dies ist nicht der Fall. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Schmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns alle darüber einig, dass die Lage ernst ist. In vielen Betrieben ist sie dramatisch und existenzbedrohend – ich glaube, das wird von niemandem infrage gestellt. Natürlich ist sie unterschiedlich in den Betrieben – abhängig davon, wie stark der einzelne Betrieb von der Milchwirtschaft abhängt. Dort, wo dies eine große Rolle spielt, ist die Lage wirklich schwierig und wird inzwischen auch durch Preisentwicklungen in anderen Bereichen verstärkt. Nicht nur bei Schweinefleisch, sondern auch beim Pflanzenbau sinken die Preise. Die Aussichten sind also nicht rosig.

Die Ursachen sind komplex – vieles ist schon angesprochen worden. Natürlich ist nicht jedes einzelne Mosaiksteinchen an der Krise schuld. Natürlich spielt das Russland-Embargo eine Rolle, aber nicht die alleinige. Auch in China ist es so – das ist angesprochen worden –, sodass große Bestände an Milchpulver aufgebaut worden sind, die jetzt abgebaut werden. Probleme bei bisherigen Export- bzw. Importländern sind auch angesprochen worden. Es gibt also mit Sicherheit keine einfache Lösung.

Sie haben auch bestätigt, dass wir in Sachsen bisher als Staatsregierung einiges unternommen haben. Bezüglich dieser Beiträge haben wir den Bund darum gebeten, die Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft anzuheben. Wir werden sehen, wie das weitergeht. Ob es so kommt, werden die zukünftigen Haushaltsverhandlungen zeigen. Das ist sicherlich auch keine Dauerlösung, aber zunächst einmal hat es geholfen. Das muss man dankend zur Kenntnis nehmen.

Ebenso haben wir uns für Hilfen aus Europa eingesetzt: Deutschland erhält aus Brüssel für seine Milchbauern und

die Schweinehaltungsbetriebe knapp 70 Millionen Euro. Dieses Geld erhalten die Betriebe als Zuschuss zu Liquiditätsdarlehen. Bei der Vielzahl der Betriebe ist das jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aufgrund der Begrenzung des Zuschusses auf 10 000 Euro ist das für größere Betriebe jedoch nicht die Lösung.

Im Freistaat Sachsen haben wir als weiteres Instrument über die Sächsische Aufbaubank für in Not geratene Betriebe Umstrukturierungsdarlehen bzw. -beihilfen

vorgesehen. Das können bis zu 500 000 Euro pro Unternehmen sein, und damit können kurzfristige Engpässe überwunden werden. Aber auch die von Ihnen geforderten Umstrukturierungsmaßnahmen können hiervon finanziert werden.

Langfristig helfen mit Sicherheit auch Investitionen, um die Betriebe weiter wettbewerbsfähig zu machen. Dabei geht es nicht um Bestandserhöhung, sondern um Investitionen in Tierwohl und in wettbewerbsfähige Betriebe. So konnten im Jahr 2015 Investitionszuschüsse von

22,8 Millionen Euro bewilligt werden – in neue Ställe und in moderne Melksysteme. Davon gingen über 65 % in die Rinderhaltung.

Ganz entscheidend ist für mich – das haben Sie auch schon angesprochen – die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage. Das nützt zwar sofort nichts, aber wir diskutieren darüber nun schon viele Jahre. Jetzt hätte es wirklich geholfen. Wann, wenn nicht jetzt, sollte man darüber diskutieren, um dieses Instrument für spätere Zeiten zu etablieren?

Wir haben uns beim Bund bisher nicht durchsetzen können, aber ich denke, die Lage ist jetzt so deutlich, dass man sieht, wie wichtig dieses Instrument jetzt wäre. Ich werde morgen einen Entschließungsantrag in den Bundesrat einbringen, bei dem ich genau diese Forderung noch einmal aufmache. Darüber hinaus fordere ich vom Bund eine Liquiditätshilfe und ein Bürgschaftsprogramm mit zinsgünstigen und zinsfreien Krediten bei mittlerer bis langer Laufzeit; denn die bereits erwähnten knapp 70 Millionen Euro für ganz Deutschland reichen bei Weitem nicht aus.

Ich werde außerdem den Bund auffordern, die steuerermäßigte Mehrgefahrenversicherung um weitere Risiken, speziell die Dürre, zu erweitern und die begünstigten Besteuerungen für Gewinne, die in den Unternehmen verbleiben, auch auf landwirtschaftliche und gärtnerische Unternehmen anzuwenden. Das sind zwar Maßnahmen, die eher mittel- und langfristig wirken, aber, wie gesagt, sie erscheinen mir letztlich nachhaltiger als akute Markteingriffe, die schon nach kurzer Zeit auf die Marktteilnehmer zurückschlagen.

Auch beim EU-Agrarrat am Mittwoch dieser Woche wurde noch einmal klar herausgestellt, dass an der Marktorientierung der Gemeinsamen Agrarpolitik festgehalten wird. Wie sollen Mengenreduzierungen auch gemanagt werden? Das ist ja letztendlich die entscheidende Frage. Eine Kuh können Sie nicht einfach mal abstellen. Auch ein staatlich gestützter Milchpreis wäre letztendlich nur

ein Anreiz für die Unternehmen, die Produktion noch weiter zu erhöhen. Das wurde bereits angesprochen.

Mit Blick auf die stabilere Preisentwicklung von Biomilch ist natürlich die Umstellung auf die Bioproduktion eine Möglichkeit, diesen Weg zu gehen. Wie Sie wissen, prüfen wir derzeit, ob wir die Förderung für die ersten beiden Jahre, das heißt die Umstellungsphase, wieder erhöhen werden. Das wird in diesem Jahr noch als Antrag nach Brüssel gehen. Aber die Umstellungsprämie allein darf nicht die grundlegende Entscheidung sein, die Produktion umzustellen. Es gehört natürlich noch viel, viel mehr dazu; die Förderung allein darf es nicht sein.

Meine Damen und Herren! Leider gibt es derzeit keine kurzfristige Lösung, so gern ich eine solche hätte. Daran wird auch der Antrag der LINKEN nichts ändern; denn viele der darin genannten Forderungen sind nun einmal schon längst Realität. Der Freistaat fördert die Milchviehhaltung strukturell über die bereits erwähnte investive Förderung. Darüber hinaus besteht auch für diese Betriebe die Möglichkeit, Vorhaben auf Ackerland und Grünland nach der Richtlinie AUK 2015 durchzuführen. In benachteiligten Gebieten können diese Betriebe die Ausgleichszulage erhalten.

Weiterhin unterstützt der Freistaat Sachsen die Milchbauern auch mit Absatzmaßnahmen bzw. regionalen Initiativen wie „Tag der Milch“, Grüne Woche, Bauernmärkten oder der Mitteldeutschen Warenbörse. Auch bei unseren Auslandsaktivitäten spielt die Absatzförderung eine ganz wichtige Rolle. Insofern begrüße ich die angekündigten Initiativen der Kommission zur Erschließung neuer Absatzmärkte, aber auch die Entscheidung des EUAgrarmarkts zur Stärkung der privaten Lagerhaltung, zur Anhebung der Interventionsmengen von Butter und Magermilchpulver, zu beihilferechtlichen Vergünstigungen und die Entscheidung, dass Erzeuger und Molkereien befristet die Möglichkeit erhalten sollen, Vereinbarungen zur freiwilligen Begrenzung der Milchmenge treffen zu können, aber, wie gesagt, freiwillig.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Es sprach gerade Herr Staatsminister Schmidt. Eine weitere Kurzintervention wurde angemeldet. Es spricht Frau Abg. Dr. Pinka für die Fraktion DIE LINKE.

Ich möchte dem Minister widersprechen; denn er hat im Prinzip in seinem Redebeitrag festgestellt, dass viele Dinge, die wir LINKEN in unserem Antrag genannt haben – steuerfreie Rücklagen, Versicherungsleistungen –, richtige Forderungen sind, die Sie sogar bereit sind, in einem Entschließungsantrag in den Bundesrat einzubringen. Sie haben festgestellt, dass Sie sich vielleicht in Brüssel für eine Umstellungsprämie

starkmachen wollen, also subsidiär im Sinne des Freistaates Sachsen handeln wollen.

Sie haben vielleicht auch festgestellt, dass in dieser Legislaturperiode DIE LINKE das erste Mal in eine öffentliche Debatte zur Problematik der Milchpreisbildung geht. Wir haben im nicht öffentlichen Teil der Umweltausschussberatungen schon einmal darüber

gesprochen. Aber die CDU, die sich eigentlich immer als Vermittler und Lobbyist der Bauern und des ländlichen Raumes versteht, hat sich in den letzten Monaten nicht darum bemüht. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir hier öffentlich über die Milchpreise gesprochen hätten.

Daher kann ich nicht verstehen, dass Sie der Koalition anheimstellen, diesen Antrag abzulehnen. Denn ich glaube, Sie hätten sich in einigen Punkten durchaus unserem Antrag anschließen können.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Herr Minister, möchten Sie reagieren?

Es müsste eigentlich die Fraktion reagieren; es war ja mehr ein Angriff.

Aber ich möchte an dieser Stelle sagen, dass es nicht so ist, dass die Fraktion oder die Koalition diese Gespräche nicht führen würde. Es sind erst in der vergangenen Woche in der Fraktion Gespräche mit Vertretern der Milchwirtschaft zu diesem Thema geführt worden. Diese Dialoge finden permanent statt. Es ist also nicht so, wie Sie unterstellen: „Die CDU war es früher, jetzt machen wir es.“ Wir selbst als Ministerium sind auch im permanenten Kontakt mit den berufsständischen Vertretungen. Insofern, meine ich, ist die Kritik etwas verfehlt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich rufe jetzt zum Schlusswort auf. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Das Schlusswort: Ja, es ist wahr, wir unterstellen Ihnen nicht, Herr Staatsminister, dass Sie keine Gespräche führen. Aber die Volksvertretung ist die Volksvertretung, und es hat einen anderen Stellenwert, ob sich ein Fachausschuss bzw. das Plenum des Landtags zu einem Problem äußert oder ob die CDU-Fraktion einmal mit den Erzeugern bzw. den Molkereien spricht.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Diesen Unterschied wollten wir mit unserem Antrag deutlich machen. Das hätte den Staatsminister bei seinen Verhandlungen in der Agrarministerkonferenz und auf Bundesebene unterstützt.

Nichtsdestotrotz bedanke ich mich bei den Fraktionen außer ganz rechts. Ihr Beitrag war etwas neben der Spur.