Protocol of the Session on November 20, 2015

Danke, Herr Kirmes. Herr Minister, bitte.

Vielen Dank. In unserem Bemühen, insbesondere diesen Drogengrundstoff, das Chlorephedrin, auf die Liste zu bekommen, ist deutlich geworden, dass das Problem nicht in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, nicht einmal in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland in gleichem Maße ernst genommen wird. Es ist tatsächlich so, dass insbesondere die Bundesländer, die an die Tschechische Republik angrenzen, in ganz besonderem Maß von diesen Problemen bedroht sind. Das sieht man in Sachsen, das sieht man in Bayern, man sieht es auch zunehmend in Österreich, weil die Routen durch einen erhöhten Verfolgungsdruck zum Teil etwas verdrängt werden, sodass andere Länder unterdessen auch die Notwendigkeit sehen, gegen Grundstoffe, generell aber auch gegen den Handel vorzugehen.

In der Europäischen Union selbst ist das Problem nur partiell bekannt. Es gibt im skandinavischen Raum Länder, die bisher in ihren Statistiken die Problematik Crystal nicht isoliert herausgestellt haben. Das heißt, dort ist das Problem Crystal in anderen Stofflichkeiten versunken. Man war jahrelang der Auffassung, man habe kein Problem mit Methamphetamin. Als man jetzt näher hingeschaut hat, hat man gesehen, Crystal-Methamphetamin ist in Skandinavien schon lange angekommen.

In der Tschechischen Republik, wo die Herstellung zum großen Teil stattfindet, gibt es das Problem Pervitin. Dort wird Crystal noch unter diesem Namen verstanden bzw. man kennt es dort noch unter diesem alten Handelsnamen. In der Tschechischen Republik hat sich die Gesellschaft über Jahrzehnte in einer gewissen Art und Weise mit dem Problem arrangiert.

In der Schweiz gibt es einzelne Kantone, in denen das Problem Crystal extrem von Bedeutung ist, aber eben nicht flächendeckend.

Es ist absehbar, dass wir in Europa am Anfang einer Entwicklung stehen; denn das Problem Methamphetamin ist in den USA extrem verbreitet, ebenso in Asien. Auch in Australien ist es ein großes Problem. Wenn man sich die Entwicklung anderer Drogenwellen anschaut und an das Kokain denkt, das damals in den USA groß geworden ist, nach Europa kam und hier die Märkte überschwemmt

hat, dann ist es absehbar, dass Crystal in ganz Europa ein großes Problem werden wird. Wenn man schaut, wie einfach es herzustellen ist, welche Wirkung es schon in kleinen Dosen hat, wie günstig es ist, ist absehbar, dass wir wahrscheinlich die Ersten sind, die das Problem nah und am eigenen Leibe verspüren werden. Es ist mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit, bis es in andere Bundesländer überschwappt und letztlich ganz Europa in den Griff bekommt.

Deshalb müssen wir rechtzeitig gegensteuern und dürfen nicht müde werden, dieses Problem immer wieder anzusprechen.

Nun die Linksfraktion; Herr Schollbach, bitte.

Ich möchte folgende weitere Frage stellen: Welche Bemühungen unternimmt die Sächsische Staatsregierung, um ambulante sowie stationäre Betreuung im Rahmen der Erfüllung von Bewährungsauflagen zur Entgiftung bzw. zur Langzeittherapie realisieren zu können?

Vielen Dank für die Frage. Sie ist wirklich sehr speziell und sehr konkret. Ich wäre dankbar, wenn ich Ihnen im Nachgang dazu konkrete Informationen nachliefern dürfte.

Für die SPD Herr Baumann-Hasske.

Herr Staatsminister, auch noch eine Frage von mir zum Thema Crystal und Strafvollzug. Wie sieht es konkret im sächsischen Strafvollzug aus? Welche Maßnahmen werden gegen den Crystal-Konsum in den Vollzugsanstalten ergriffen? Sie hatten vorhin etwas zur Therapie gesagt. Die Frage ist: Wie wird versucht, Crystal-Konsum zu vermeiden?

Ich glaube, es ist ein offenes Geheimnis, dass in den Justizvollzugsanstalten auch Drogen auffindbar sind. Das ist im Prinzip wahrscheinlich selbst vom Konsumverhalten her ein Spiegelbild der Gesellschaft, natürlich in einem viel geringeren Umfang. Aber ganz deutlich ist, dass bei den Drogenfunden, die wir in den vergangenen Jahren im sächsischen Vollzug hatten, das Problem Crystal in den Vordergrund rückt. Es gab früher Funde von Kokain, Cannabis, LSD, Ecstasy, die im Prinzip unter dem Einfluss von Crystal komplett zurückgegangen sind. Es gab keinerlei Funde mehr von Kokain, keinerlei Funde Heroin, dafür aber ein Aufwachsen der Mengen an Crystal, fast ausschließlich nur noch dieser Stoff.

Wir reagieren im sächsischen Vollzug präventiv dadurch, dass wir Drogenspürhunde einsetzen. Insgesamt gibt es sechs Drogenspürhunde im sächsischen Justizvollzug. Diese Drogenspürhunde werden regelmäßig eingesetzt, um Haftraumkontrollen durchzuführen, zu schauen, wo es möglicherweise Stoffmengen von Drogen gibt. Das ist der präventive Ansatz, den wir an diesen Stellen haben. Es

gibt dann repressive Möglichkeiten, Sicherungsmaßnahmen, gegen etwaige Konsumenten zum Beispiel auch Besuchsverbote zu verhängen, wenn deutlich wird, dass gerade diese Möglichkeit der Kontaktaufnahme genutzt wird, Drogen in den Vollzug einzubringen, sodass wir hier ein ganz ausgefeiltes System entwickelt haben.

Die Drogenfunde sind in den vergangenen Jahren im Großen und Ganzen auch rückläufig, trotzdem nach wie vor ein Problem – das muss man ganz offen ansprechen.

Wir setzen natürlich – das hatte ich vorhin schon ausgeführt – auf die Drogentherapie im Vollzug selbst, insbesondere in Zeithain. Wir sind sehr überzeugt von diesem Konzept. Vieles ist sehr erfolgreich gewesen. Wir sind der Auffassung, dass wir diese Angebote ausbauen müssen, denn es gibt mittlerweile hohe Prozentsätze an Gefangenen, die mit langjährigen Drogenkarrieren in den Justizvollzug kommen, insbesondere auch von Karrieren im Bereich Crystal-Missbrauch.

Für die AfD bitte Frau Dr. Muster.

Herr Staatsminister, auch aggressive Bürger betreten unsere Gerichte. Welche Schutzmaßnahmen für die Bediensteten werden getroffen?

Wir haben vor einigen Jahren den schlimmen Mord an Marwa El-Sherbini in einem sächsischen Gericht gehabt. Das war der Punkt, an dem gesagt worden ist: Wir müssen für mehr Sicherheit an den Gerichten sorgen. Es gibt dementsprechend Einrichtungen für die Kontrolle im Eingangsbereich der Gerichtsstandorte. Die werden unterstützt durch Justizwachtmeister, die dort mit kontrollieren, aber auch durch externe Sicherheitsdienste, die diese Kontrollen mit vornehmen. Es ist beim Einsatz von privaten Sicherheitsdienstfirmen sehr schwierig, den Umfang weiter auszubauen, weil gerade bei Eingriffen in den Persönlichkeitsbereich von Besuchern ein Beamter bei dieser staatlichen Aufgabe dabei sein muss. Deshalb benötigen wir in diesem Bereich an den Standorten, wo wir das momentan mit dem vorhandenen Personal nicht komplett absichern können, perspektivisch mehr Personal. Das kann ich an der Stelle deutlich sagen.

Ich bin aber davon überzeugt, dass wir auch unter Anspannung aller Kräfte nie den Zustand erreichen werden, in dem alle Vorfälle ausgeschlossen sind. Aber es geht darum, dieses Risiko weitestgehend zu reduzieren und auch an den Gerichten eine Atmosphäre der Sicherheit aufrecht zu erhalten. Das ist momentan gewährleistet.

Ich habe an einigen Gerichtsstandorten Gespräche mit Personen gehabt, die vor Jahren selbst in solche schwierigen Situationen gekommen sind. Die sagen: Ich bin unheimlich dankbar, dass an den Türen unten eine Kontrolle ist und ich weiß, dass ich hier oben ruhig arbeiten kann.

Ich möchte in dem Zusammenhang ein weiteres Problem ansprechen, das sich an den Gerichten in zunehmendem

Maße stellt. Das ist das Auftreten von sogenannten Reichsbürgern, die mit sehr kruden Schreiben Justizbedienstete unter Druck setzen, sie auch in den Verhandlungen unter Druck setzen, und zwar durch die Anwesenheit größerer Mengen, durch Aufzeichnungen, durch Mitschnitte von Gerichtsverhandlungen. Wir reagieren darauf, indem wir die Bediensteten mit einer zentralen Anlaufstelle unterstützen, bei der sie sich über bestimmte Fallkonstellationen darüber informieren können, wie sie sich verhalten sollen, ohne dass sie gleich selbst gezwungen sind, Rechtsrat einzuholen, der natürlich Geld kostet. Das wäre für viele auch nicht nachvollziehbar, zumal diese Bedrohung aus der dienstlichen Veranlassung heraus entstanden ist.

Wir haben jetzt begonnen, diese Plattform freizuschalten. Eine erste große Fallgruppe, die dort eine Rolle spielt, sind unberechtigte Forderungen gegen einzelne Bedienstete in der sächsischen Justiz, die in ein Register in Washington eingetragen und dann über eine Limited in Malta beigetrieben werden. Damit beginnt eine krude Kette, mit der die Bediensteten unter Druck und in Nöte gesetzt werden. Mit unserem Angebot reagieren wir auf diese Anfeindungen, denen leider in zunehmendem Maße Bedienstete in der sächsischen Justiz ausgesetzt sind, wobei ich davon ausgehe, dass das auch über Sachsen hinaus der Fall ist.

Das waren etwas weitere Ausführungen, als sie vielleicht Ihre Frage erfordert hätte, aber ich glaube, das gehört auch zum Thema Sicherheit. Es ist auch eine Frage des Sicherheitsempfindens der Menschen, die an diesen Standorten arbeiten.

Vielen Dank.

Für die Fraktion DIE GRÜNEN Frau Meier, bitte.

Danke schön. Ich habe noch eine Nachfrage zu den Amtsanwälten. Ich finde es sehr positiv, dass Sie sagen, dass es keine Auswirkungen auf die Staatsanwälte hat. Aber meine zweite Frage, nämlich aus welchem Pool die Amtsanwälte kommen sollen, haben Sie mir nicht beantwortet.

Wenn ich mir die Rechtspflegerzahlen anschaue, dann gehen sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr jeweils 14 Personen in Pension, und nur 12 Personen werden neu eingestellt. Die Amtsanwälte wurden aber neu geschaffen, um die Staatsanwaltschaften zu entlasten, was zu begrüßen ist. Die Frage ist: Wo sollen diese Personen herkommen?

Es gibt beim Einstellungskorridor eine positive Entwicklung. Nichtsdestotrotz gibt es auch Rechtspfleger, die jetzt schon wegen der Asylfälle usw. ausgelagert wurden.

Wie kann da eine Entlastung stattfinden, und wie soll der Einstellungskorridor konkret aussehen?

Bis jetzt sind noch keine Amtsanwälte ausgelagert worden. Bis jetzt sind sie noch gar nicht zugewiesen.

(Katja Meier, GRÜNE: Rechtspfleger sind ausgelagert worden!)

Rechtspfleger.

Der Pool, den Sie beschreiben, sind natürlich die Rechtspfleger selbst. Aus dem Pool der Rechtspfleger werden diese Amtsanwälte entstehen. Ich bin der Auffassung, dass wir, wenn an diesen Stellen Rechtspfleger in Amtsanwälte umgewandelt werden und dann möglicherweise nach Arbeitskraftanteilen nicht mehr dem originären Bereich der Rechtspfleger angehören, dann einen Ausgleich herbeiführen müssen. Das ist ganz klar.

Das wird in den nächsten Jahren, wenn Jahr für Jahr die Amtsanwälte ausgewiesen werden, sicherlich auch im

Haushalt abgedeckt werden müssen. Die konkrete Zahl, wann in welchem Jahr Rechtspfleger zu Amtsanwälten werden, würde ich Ihnen nachreichen. Es sind insgesamt momentan etwas über 20 beabsichtigt, und das über einen etwas größeren Zeitraum. Es sind also nicht die riesigen Größenordnungen, mit denen wir hier rechnen. Aber selbst, wenn es pro Jahr nur zwei sein sollten, muss man für einen entsprechenden Ausgleich sorgen.

Meine Damen und Herren! Die Zeit für die Befragung des Staatsministers ist abgelaufen. Ich bedanke mich, Herr Staatsminister, für die Beantwortung der Fragen und schließe den Tagesordnungspunkt.

(Beifall bei allen Fraktionen und der Staatsregierung)

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 3

Mutige Schritte wagen – wirkliche

Verbesserungen des Asylverfahrens in Gang setzen

Drucksache 6/3218, Prioritätenantrag der Fraktion AfD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion, die AfD. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt Frau Abg. Dr. Petry das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal sieht sich die AfD genötigt, in diesen Landtag einen Antrag zum Asyl einzubringen, weil wir das Gefühl haben, dass bei einem derart dringenden Thema die Fortschritte nur sehr zögerlich erreicht werden.

Wir haben dies bereits in der Vergangenheit getan, und zwar unter den Drucksachen-Nummern 6/454 und 6/1065. Wir sehen aber, dass die Diskussion dazu auch außerhalb des Sächsischen Landtags in den Reihen anderer Fraktionen, unter anderem der CDU, zunehmen. Selbst in der Bundesregierung verstärkt sich die Meinung, dass wir nicht tatenlos bleiben dürfen.

So kommt am 20.10., also vor wenigen Wochen, das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz im Bund zustande, das zum Teil auf die Forderungen eingeht, die die Alternative für Deutschland schon vor Monaten und immer wieder erhoben hat. Dabei geht es um die Entlastung der Länder bei der Aufnahme von bereits angenommenen Asylbewerbern. Es geht um die Vermeidung von Fehlanreizen, die Neudefinition für sichere Herkunftsstaaten, Integrationskurse, Beschäftigung und eine unbürokratische Errichtung von Unterkünften.