Ein Beispiel – vielleicht kennen Sie es auch – ist das Flüchtlingslager Domiz im kurdischen Teil in Nordirak. Dieses Flüchtlingslager beherbergt etwa 600 000, größtenteils syrische, Flüchtlinge – hören Sie genau zu! –, die schnellstmöglich wieder nach Hause, nach Syrien wollen, sobald sie dort nicht mehr bedroht werden.
Ich bin noch nicht fertig, die Schlussfolgerung kommt jetzt: Das UN-Flüchtlingshilfswerk – vielleicht wissen Sie das auch – zahlte bisher monatlich 31 US-Dollar je Flüchtling. Infolge der gestiegenen Flüchtlingszahlen musste das UN-Flüchtlingshilfswerk diese Zahlung je Flüchtling und Monat auf 9 US-Dollar reduzieren. Was passiert, meine Damen und Herren? Die Folge ist, dass diese Flüchtlinge, die eigentlich wieder nach Hause wollten, nunmehr überlegen, nach Europa weiterzureisen, weil ihnen ein Überleben in diesem Flüchtlingslager
zukünftig als unmöglich erscheint. Rund 158 Millionen US-Dollar würde es kosten, diesen Differenzbeitrag aufzubringen. Diesen könnte die Europäische Gemeinschaft aus Sicht meiner Fraktion problemlos leisten.
Zum Vergleich: Die Bundesrepublik hat mehrere EURettungsprojekte mit mehreren Milliarden Euro Kapital ausgestattet.
Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist Entwicklungshilfe als Hilfe zur Selbsthilfe, also dort, wo sie gebraucht wird, nämlich zur Bekämpfung von Fluchtursachen und als finanzielle Hilfe für Auffanglager in den sicheren Nachbarländern der Flüchtlinge.
(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Der Irak ist ein sicheres Land, oder?! – Zuruf der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)
Es geht weiter, hören Sie weiter zu. Schauen wir jetzt nach Deutschland. Eine weitere BAMF-Außenstelle soll am 02.11.2015 in Leipzig eröffnet werden. Eine Außenstelle in Dresden soll es nach derzeitigem Kenntnisstand erst im Jahr 2016 geben. Müssen so lange die Asylbewerber nach Chemnitz gefahren werden und unseren sächsischen Staatshaushalt weiter belasten?
Die Entscheidung, die Flüchtlinge aus Ungarn unkontrolliert und teilweise unregistriert ins Land zu lassen, ist eine beispiellose politische Fehlleistung der Bundesregierung, die verheerende Spätfolgen haben kann. Zunächst lädt unsere Bundeskanzlerin alle Flüchtlinge dieser Welt nach Deutschland ein, indem sie erklärt, dass Grundrecht auf Asyl kenne keine Obergrenze.
Das gelte für alle Flüchtlinge, die vor einem Bürgerkrieg fliehen. Das ist eine Einladung an sämtliche Bürgerkriegsflüchtlinge der Welt,
nach Deutschland zu kommen, und vor dem Hintergrund von 60 Millionen Flüchtlingen weltweit ist das schlicht und einfach unverantwortlich.
Mittlerweile scheint jedoch der Bundesregierung aufgegangen zu sein, dass die Lage langsam außer Kontrolle gerät. Weiteres dann in der nächsten Rederunde.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Barth, wer mit Nazis und Rechtsextremen zusammen marschiert, wie Sie zum Beispiel in Freital, und gegen die weitere Eröffnung einer Erstaufnahmeeinrichtung protestiert, der ist hier völlig fehl am Platz, wenn wir in diesem Landtag darüber diskutieren und gemeinsam nach konstruktiven Lösungen bezüglich Asyl und europäischer Migration suchen.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, was ist unter dieser nationalen Aufgabe Asyl tatsächlich zu verstehen? In den letzten Wochen und Monaten haben wir in diesem Landtag darüber aus sächsischer Perspektive des Öfteren diskutiert, was auch dringend nötig gewesen ist.
Kollege Hartmann, wir kennen die Zahlen, die Sie heute erneut vorgetragen haben. Wir kennen die Problemlagen, das haben Sie mehrfach erläutert. Wir GRÜNE sagen: Nicht länger reden, sondern machen, machen!
Kollege Pallas, auch zu Ihnen eine Bemerkung: Wir haben keine Atempause, um das desolate System der Erstaufnahme, der Unterbringung, in Sachsen in Ordnung zu bringen. Wir schieben die Probleme seit Wochen und Monaten wie eine unendliche Bugwelle vor uns her.
Aus grüner Sicht möchte ich hier ein paar Punkte benennen, bei denen wir dringenden Handlungsbedarf sehen. Das sagen wir hier auch nicht zum ersten Mal. Die Erstaufnahme- und Unterbringungskapazitäten sind nach wie vor unzureichend. Hierzu muss mehr kommen und es muss schneller gehandelt werden. Es geht um die Versorgung der Flüchtlinge. Damit meine ich nicht nur, dass sie etwas zu essen und zu trinken bekommen, sondern es geht auch um die gesundheitliche Versorgung.
Hierbei ein großes Lob an Frau Klepsch, die dafür gesorgt hat, dass zumindest in Dresden die erste Arztpraxis eröffnet wurde, die mit der Untersuchung von Geflüchteten begonnen hat. Wir wünschen uns ein zügiges Nachgehen in Leipzig und in Chemnitz.
Wenn wir das Thema Asyl als nationale Aufgabe diskutieren, ist es wichtig zu klären, wie und in welchem Umfang die Länder und die Kommunen finanziell entlastet werden. Die Stadt Chemnitz wird nächste Woche erneut ein finanzielles Paket auflegen müssen. Für die Unterbringung der Geflüchteten wird zusätzlich 1 Million Euro hinzukommen. Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten, und auch hier sagen wir GRÜNE: Machen und nicht reden!
Wir brauchen eine Verstärkung der Integration. Darauf habe ich in der Sondersitzung des Landtages bereits hingewiesen. Wir müssen dafür sorgen, dass das System nicht nur gefüllt wird, sondern dass wir auch Luft bekommen und anerkannte Geflüchtete aus dem System wieder herauskommen. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage der Arbeitsmigration. Auch hier wird nach wie vor zu viel geredet. Es gibt zu wenig konkrete Ergebnisse.
Weiterhin müssen wir die Fluchtursachen bekämpfen. Auch hierbei bekleckert sich Sachsen – das muss man einmal so sagen – nicht gerade mit Ruhm, wenn ich nur an den sächsischen Beitrag für das „URA-Programm“ im Westbalkan denke, an diese minimale kleine fünfstellige Summe, die im Doppelhaushalt eingestellt wurde. Dazu kann ich nur sagen: beschämend!
Was brauchen wir weiter? Wir haben das akute Problem der Altfälle, das wir stärker in den Mittelpunkt der Debatten im Landtag stellen müssen. Wenn wir bundesweit davon ausgehen, dass es allein 280 000 unbearbeitete Asylanträge gibt, dann sage ich: Einstellen von ausreichenden Personen beim BAMF und in den zentralen Ausländerbehörden! – Nicht nur reden, sondern machen!
Mittlerweise erreichen mich – das wird vielen Kolleginnen und Kollegen ähnlich gehen – täglich Fälle von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Ländern, von denen wir wissen, dass es eine sichere Bleiberechtsperspektive gibt. Trotzdem warten diese oft über ein Jahr, und es tut sich nichts. Deswegen sagen wir GRÜNE: Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf.
Genauso, wie immer wieder gefordert wird, schnell abzuschieben, sagen wir, dass eine Entbürokratisierung des Verfahrens notwendig ist, insbesondere für die Gruppe von Geflüchteten, bei denen klar ist, dass sie eine Bleiberechtsperspektive haben. Ich möchte hierzu nur Syrien, den Iran oder Afghanistan nennen.
Frau Zais, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es sich in Freital um eine AfD-Demonstration anlässlich des Besuches des Innenministers gehandelt hat. Ich war der Anmelder, was ich bereits erklärt hatte. Es waren mehrere Landtagsabgeordnete dabei. Anschließend hat sich ungeplant und unangemeldet eine Bürgerbewegung aus Freital dazugesellt. Ich verwahre mich gegen Ihren Ausdruck, dass ich gemeinsam mit Neonazis demonstriert hätte. – Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Aufgabe viel zu groß ist, als dass man sich in ideologischen Scharmützeln die Zeit stehlen muss. Ich glaube, dass viele in unserem Land noch nicht begriffen haben, wie schwer diese nationale Aufgabe ist. Diese hat keinen Raum für ideologische Auseinandersetzungen, die von den Rändern im linken und rechten Spektrum beeinflusst werden.
(Beifall bei der CDU und der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Vor allen Dingen von der CDU muss das jemand sagen! – Zuruf von der AfD: Hervorragend!)
In unserem Land helfen viele Menschen den Flüchtlingen. Wenn man Menschen helfen will, ist das unabhängig davon, ob sie Christen, Nichtchristen oder Juden sind.