Frau Kurth, Sie sind hier als Kultusministerin angetreten, um das Chaos, das in der Zeit des Herrn Wöller im Kultusministerium und an den sächsischen Schulen aufgebaut worden ist, abzubauen, das Chaos zu beseiti
gen. Der Rücktritt von Herrn Prof. Wöller und auch der Rücktritt von Herrn Colditz haben deutlich gezeigt, dass das Chaos an den sächsischen Schulen, wenn es im Bildungsbereich nicht sehr schnell und zügig eine ernsthafte Wende geben wird, noch größer werden wird. Gerade jetzt am Ende des Schuljahres! Ich bitte Sie, werte Kollegen, es sind noch vier Wochen bis zum Ende dieses Schuljahres, und das nächste Schuljahr, Herr Bienst, muss am Ende dieses Schuljahres vorbereitet werden und nicht zu Beginn des nächsten Schuljahres. Ich komme in meinem Redebeitrag noch dazu, weitere Erklärungen zu machen.
Sie vermitteln in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass weder die Staatsregierung noch das Kultusministerium, noch die Regionalstellen wirklich wissen, was zurzeit benötigt wird und welche Lehrer wirklich zur Verfügung gestellt werden. Meine Kollegen haben es schon gesagt und ich will es noch einmal wiederholen; denn Herr Bienst hat jetzt noch eine neue Zahl ins Spiel gebracht: Sind es nun 1 000 neue Einstellungen, sind es 775 neue Einstellungen, sind es vielleicht sogar 1 305 neue Einstellungen, wie es Herr Bélafi aus der Sächsischen Bildungsagentur benannt hat? Oder ist es vielleicht die neue Zahl? Herr Bienst, ich will Ihnen das zugute halten, Sie waren vielleicht aufgeregt und hatten einen Versprecher. Sind es vielleicht doch nur 755 Einstellungen? Mit diesen Zahlen, die Sie derzeit in die Öffentlichkeit werfen – vielleicht ist es ja doch ein Staatsgeheimnis –, verwirren Sie die Bevölkerung im Freistaat Sachsen extrem. Das ist nicht hinzunehmen!
Ein Stellenwirrwarr in die Öffentlichkeit zu bringen, ist der falsche Weg. Wir brauchen eine ruhige, solide, langfristige Vorbereitung eines Schuljahres. Natürlich müssen eine Lehrerin und ein Lehrer am Ende des Schuljahres schon wissen, welche Klasse sie im nächsten Schuljahr als Klassenlehrer führen. Natürlich müssen eine Lehrerin und ein Lehrer schon am Ende dieses Schuljahres wissen, welche Lehrauftragsverteilung, also welche Unterrichtsstunden und welche Klassen dieser Lehrer im nächsten Schuljahr unterrichten soll, weil sich ein Lehrer vorbereitet. Ein Lehrer kümmert sich um die Arbeit, die er zu leisten hat, da er mit Schülerinnen und Schülern zu tun hat.
Ich hatte ein Gespräch mit einer Lehrerin von der Grundschule in Frankenhain. Sie hat zu mir gesagt: „Ich habe die Nase voll, Frau Falken.“
Ja. – „Ich arbeite für die Kinder, nicht zum Wohle der Staatsregierung. Wenn die Lehrerinnen und Lehrer nicht so intensiv arbeiten würden, würde dieses System schon total zusammenbrechen.“
Für die einbringende Fraktion DIE LINKE sprach Frau Falken. Nun ergreift für die CDU-Fraktion Kollege Schreiber das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vor knapp einem Monat meinen Redebeitrag zum Thema Lehrerneueinstellung für das kommende Schuljahr mit dem Satz beendet: „Wie allerdings mit 50 Stellen plus 4 000 Schüler plus unterrichtet werden sollen – diese Frage bleibt noch zu beantworten.“
Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist jetzt knapp einen Monat später, und ich sage es ganz deutlich: Die Frage für das kommende Schuljahr hat die Staatsregierung beantwortet.
Um noch einmal zu rekapitulieren: Wir haben im nächsten Schuljahr 4 456 Schüler im Freistaat Sachsen mehr zu unterrichten. Wenn man den Zugang zu den freien Schulen abrechnet, gehen wir vielleicht von 4 000 aus. Ich bleibe aber bei 4 400. Das rechnet sich einfacher, und ich gehe einmal auf den Klassenteiler von 25 – nicht 28, sondern 25, wie der Klassenrichtwert eigentlich ist. Wenn man es rein mathematisch sieht – wie das Finanzpolitiker gern machen –, benötigte man 176 Lehrer mehr.
Frau Falken, ich habe gesagt, ich mache es ganz einfach, damit Sie es verstehen. Wir stellen zum 01.08.2014 aber nicht 176 Lehrer mehr ein, als die, die im jetzigen Schuljahr da sind, sondern wir stellen 235 Lehrer mehr ein.
Ganz einfach, Frau Dr. Stange, Sie brauchen doch nur einmal zu rechnen. Wenn wir beim letzten Mal 50 Lehrer plus hatten – – Vielleicht stellen Sie eine Zwischenfrage, dann kann ich Ihnen das beantworten, sonst geht es von meiner Redezeit ab. Das ist unfair. Ich erkläre es Ihnen, wenn Sie mir die Zwischenfrage stellen. Es ist ganz einfach.
Selbst die „DNN“ und die „LVZ“ titelten gestern in dem Artikel „Chaos zum Schuljahresbeginn beseitigt“. Damit beginnt dieser Artikel, und ich frage ganz ehrlich, liebe Opposition, vor allen Dingen liebe LINKE: Ihr Titel der Aktuellen Debatte heißt: „Chaos zum Schuljahresbeginn abwenden“. Dieses Chaos wird es nicht geben. Dieses Chaos ist abgewendet.
Allerdings, Herr Gebhardt, Sie hätten bei den Redebeiträgen Ihrer bildungspolitischen Sprecherin den Vorrang lassen sollen; denn ich frage mich ganz ehrlich, welches Verständnis Sie von Schule haben, wenn Sie der Meinung sind, dass man dann weniger Lehrer braucht, wenn man bis Klasse 9 gemeinsam länger lernt. Die Logik erschließt sich mir nicht.
Doch, Sie haben gesagt, der Finanzminister könnte sogar sparen, wenn wir endlich das längere gemeinsame Lernen zulassen würden. Das ist völliger Nonsens, weil die Schüleranzahl trotzdem gleich bleibt, die durch Lehrer unterrichtet werden muss.
Frau Dr. Stange! Seien Sie doch einmal ehrlich! Das geht an Ihren momentan nicht anwesenden Fraktionsvorsitzenden, der sich in der Pressemitteilung von dieser Woche daran ergötzt, dass Herr Tillich unverschämt wäre und die Menschen betrügt und belügt. Allerdings scheint Herr Dulig auch ein Problem mit dem Lesen zu haben, wenn er behauptet, Herr Tillich habe gesagt, es würden in diesem Jahr nur 1 000 neue Lehrer eingestellt werden. Schon allein zum 01.08.2014 werden 1 305 Lehrer neu eingestellt. Herr Tillich hat in dem Interview gesagt: „jährlich mindestens 1 000 neue Lehrer“. Selbstverständlich, wenn in einem Schuljahr 1 600 Lehrer in den Ruhestand gehen und die Schülerzahlen weiter anwachsen, brauchen wir logischerweise für das dann folgende Schuljahr auch mehr als 1 600 neue Lehrer. Daran, dass wir das auch in diesem Schuljahr hinbekommen haben, können Sie uns messen. Sie können sicher sein, dass wir das auch im nächsten Schuljahr hinbekommen.
Allerdings, Frau Dr. Stange, sich hier hinzustellen und eine Phantomdiskussion aufzumachen über die Frage von befristet und unbefristet, sich als Anwalt von Eltern hierher zu stellen – jetzt frage ich Sie einmal ganz ehrlich: Welchen Elternteil zu Hause interessiert es, ob vor der Klasse ein befristeter Lehrer steht oder ein unbefristeter?
Natürlich interessiert es die Lehrkraft selbst. Das ist gar keine Frage. Jeder möchte gern einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Aber wenn Sie einmal in die Realität schauen, werden Sie feststellen – das verleugnen Sie hier immer –, dass die Mehrheit derer, die einen befristeten Arbeitsvertrag hatten, zumindest in den letzten zwei, drei Jahren im Anschluss definitiv unbefristete Verträge bekommen hat; es sei denn, sie haben sich nicht für den Lehrerberuf bewährt.
Da ich nur noch elf Sekunden Zeit habe und Frau Dr. Stange nicht gewillt ist, mir die Frage zu stellen, kann ich ihr auch nicht erklären, wie diese 235 zustandekommen. Frau Dr. Stange, Sie sind Mathe-Lehrerin. Nehmen Sie sich einfach die Zahlen vor und rechnen Sie aus.
Noch einen letzten Satz: 500 zusätzliche Lehrer, Frau Dr. Stange, die die SPD-Fraktion sozusagen über den Durst hinaus fordert, kosten 33 Millionen Euro. Wenn ich die 113 Millionen Euro nehme, die Frau Klepsch gern für Kitas zusätzlich ausgeben würde,–
Ich beende den Satz. – komme ich auf sage und schreibe jährlich 146 Millionen Euro. Die 900 Millionen Euro Rücklage sind ganz schnell alle.
Das war Kollege Schreiber für die CDU-Fraktion. Jetzt hätte die SPDFraktion erneut das Wort. Wird das Wort ergriffen? – Frau Dr. Stange ergreift jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Schreiber! Natürlich konnte ich mir das ausrechnen. Sie haben 185 und 50 zusammengerechnet und damit eine neue Zahl kreiert. Sie haben nur leider vergessen, dass die 185, die Sie mit hineingerechnet haben, allein aus den Haushaltsmitteln des Kultusministeriums kommen, befristete Stellen sind, nur auf dem derzeitigen Haushalt beruhen und nicht auf einem nachträglichen Haushalt, der im Herbst beschlossen werden soll, damit also nicht nur befristete Stellen, sondern auch eine sehr unsichere Finanzierung für das nächste Schuljahr bevorsteht. So viel können wir selbst ausrechnen.
Herr Bläsner, ich bin sehr erstaunt über die Ankündigung der FDP-Fraktion. Ich habe das schon in der Presse zur Kenntnis genommen, und ich spüre Ihre Gratwanderung zwischen Regierungsfraktion und gegebenenfalls zukünftiger Opposition. Denn das, was Sie jetzt als Erkenntnis darstellen, dass Sie 200 bis 400 zusätzliche Lehrkräfte einstellen müssten – diese Erkenntnis versuchen wir Ihnen seit drei Jahren nahezubringen, seitdem wir wissen, dass die Schülerzahlen in der dramatischen Art und Weise ansteigen.
Bisher ist das immer unter den Tisch gekehrt worden. Es ist immer wieder gesagt worden: Das brauchen wir nicht, das kriegen wir schon in den Griff. – Eine späte Erkenntnis, aber sie bestätigt zumindest das, was wir Ihnen seit drei, vier Jahren immer wieder nahegelegt haben, schon bevor Herr Wöller zurückgetreten ist. Ich habe vorhin noch einmal in den Unterlagen nachgeschaut. Herr Wöller hatte im März 2012 seiner eigenen Fraktion gesagt, dass zusätzliche Lehrkräfte zum Altersabgang eingestellt werden müssen. Auch das ist ungehört geblieben.
Auch die 5 %, die man immer wieder wie eine Monstranz vor sich herträgt und die man als Qualitätszugabe zur Verfügung stellen will, sind bis heute nicht untersetzt worden. Wir nähern uns von Jahr zu Jahr dem ungünsti
gen Lehrer-Schüler-Verhältnis in einigen Flächenbundesländern, zum Beispiel in Schleswig-Holstein, wo in den letzten Jahren die Lehrer-Schüler-Relation deutlich gesenkt wurde. Bis heute kann uns weder das Kultusministerium noch das Finanzministerium sagen, was das für den künftigen Haushalt an Lehrerstellen bedeutet.
Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition: Sie haben fünf Jahre Zeit gehabt zu planen, eine Personalentwicklungsplanung vorzulegen. Die erste Befragung, die wir gemacht haben, war Ende 2009. Daraufhin ist die CDU-Fraktion nach Bayern gefahren, hat sich sachkundig gemacht und festgestellt, dass man Personalentwicklungsplanung im Schulbereich machen kann. Sie hat dann eine eigene Anfrage gestellt. Spätestens seit 2010 haben wir alle Zahlen auf dem Tisch gehabt, sodass Sie hätten planen können. Sie haben es nicht getan.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese 1 305 Lehrerstellen, die angeblich am 1. August neu eingestellt werden, sind eine reine Mogelpackung, so wie wir in den letzten Jahren immer wieder an der Nase herumgeführt worden sind. Da stecken 150 Einstellungen drin, die bereits zum 1. Februar des laufenden Schuljahres erfolgten; da stecken 360 Entfristungen von Lehrkräften drin, die bereits im Schuldienst tätig sind, weil sie in diesem Schuljahr gebraucht worden sind. Das heißt, diese Stellen – und das sind 510 – sind nicht zusätzlich zum 1. August, sondern sie müssen schon vorhanden sein, um den derzeitigen Bedarf abzudecken.
Nein! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass die Eltern, die Lehrer und die Schülerinnen und Schüler selbst das Spiel durchschauen und die Nase von Ihrer Politik voll haben. Sie werden das zu den Landtagswahlen als Quittung bekommen.