Wir haben in der Aktuellen Debatte im Januar immerhin einiges erreicht. Wir haben erreicht, dass erstens überhaupt öffentlich debattiert worden ist und dass das Thema Feuerwehrrente nicht in einem stillen Schriftwechsel zwischen Staatsregierung und SSG beerdigt wurde. Zweitens haben wir erreicht, dass einige Kameradinnen und Kameraden gemerkt haben, welche Rolle ihnen die CDU eigentlich angedenkt: vor dem Wahlkampf Sympathieträger zu sein und nach dem Wahlkampf die Arbeit zu machen, ohne aufzumucken. Wir haben drittens erreicht, dass eine ganze Reihe von Feuerwehrleuten sagte, dass sie das nicht mehr mitmachen werden. Sie wollen sich stärker einsetzen. Sie drängen darauf, ernst genommen zu werden. Sie fordern eine stärkere Unterstützung ein. So haben sie Ihnen ein schlechtes Gewissen gemacht. Dass dies bei Ihnen angekommen ist und die CDU daraufhin einen solchen Antrag stellt, finde ich eine gute Sache. Wer ein schlechtes Gewissen hat, zeigt, dass er überhaupt ein Gewissen hat.
Sie haben das schlechte Gewissen, auch das kann ich Ihnen leider nicht ersparen, zu Recht nicht nur wegen der Feuerwehrrente. Man muss dazusagen, dass das Innenministerium, in dessen Verantwortungsbereich die Feuerwehren liegen, seit 20 Jahren von der CDU geführt wird. Wenn wir über Punkte wie die Feuerwehrverordnung, die Novellierung des BRKG oder die Landesfeuerwehrschule sprechen, handelt es sich um Themen, die das CDUgeführte Innenministerium berühren.
Es war das CDU-geführte Innenministerium, das die Feuerwehrverordnung am Montag unterschrieben hat, nachdem sie fünf Jahre liegen geblieben war. Es war das CDU-geführte Innenministerium, das bei einem Neubau der Landesfeuerwehrschule die Kapazität von 145 auf 125 Betten verringert hat. 15 % sind an Kapazität verloren gegangen. Es ist nach wie vor das CDU-geführte Innenministerium, welches Neueinstellungen von Ausbildungspersonal nicht vornimmt, obwohl wir an der Landesfeuerwehrschule einen Altersdurchschnitt von 55 Jahren haben. Es ist das CDU-geführte Innenministerium, das es bis heute nicht geschafft hat, landeseinheitliche Ausbildungsunterlagen herzustellen, sodass die Kameradinnen und Kameraden in ihrer ehrenamtlich verbrachten Zeit davon entlastet würden. Es ist das CDU-geführte Innen
ministerium, das das gerade eintretende organisatorische Chaos im Katastrophenschutz nicht bewältigt.
Sie haben also zu Recht ein schlechtes Gewissen. Es ist gut, dass dieses schlechte Gewissen Sie zum Handeln bewegt. Deswegen freuen wir uns ehrlich über Ihren uns vorliegenden Antrag.
Wir sehen an dem einen oder anderen Punkt Korrekturbedarf und werden dazu Änderungsanträge einbringen. Dazu kommen wir später.
Eines ist aber schon eine kleine Frechheit: In Punkt 1.6 des Antrages kommen Sie wieder mit dem Rentenmodell um die Ecke. Dieses Modell ist schon einmal gescheitert. Es ist das Modell: Wir sagen, es gibt eine Rente, und andere sollen sie bezahlen. Das Modell ist gescheitert. Sie schreiben es erneut in einen Antrag, obwohl Sie genau wissen, dass dieses Modell sowohl von den Feuerwehren als auch von den Kommunen abgelehnt wird. Das ist der Punkt, an dem ich mich frage: Haben Sie ein schlechtes oder gar kein Gewissen?
Außerdem schreiben Sie in Punkt 1.3 etwas zu den Jubiläumsprämien. Ich bitte darum, dass Sie ein klares Bekenntnis dazu abgeben, wer das finanzieren soll. Im Antrag findet sich dazu nichts. Wenn es kein klares Bekenntnis des Freistaates gibt, diese Jubiläumsprämien zu finanzieren – über die Höhe kann man ganz unterschiedlicher Auffassung sein –, wird das die nächste „Gurke“ nach der Feuerwehrrente. Arbeiten Sie also bitte gewissenhaft.
Prämien und Renten hin oder her – wir sind bei dem Thema Gewissen. Heinrich von Kleist hat den schönen Spruch geprägt: „Kein Gold besticht ein empörtes Gewissen.“
So ist das eben: Solange Sie so kurz springen wie mit diesem Antrag, so lange wird die Empörung der Kameradinnen und Kameraden Sie auch noch weiter begleiten, die Empörung über die Ausbildungssituation, die Empörung über die mangelnde Unterstützung der Kommunen bei der Bewältigung der Aufgabe Feuerwehr, die Empörung über den niedrigen Stellenwert, den die Feuerwehren im SMI haben, was man auch an der dortigen Referatsstruktur ablesen kann, und nicht zuletzt die Empörung über gebrochene Wahlversprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen vor allem von der CDU! Ich habe die Hoffnung, dass wir heute mit dem Antrag den ersten Schritt gehen, um nicht nur in diesem Jahr, dem „Jahr der Feuerwehr“, sondern auch in den nächsten Jahren wirklich Förderung und Stärkung der Freiwilligen Feuerwehren zu betreiben. Ich bitte Sie: Nehmen Sie das Thema ähnlich ernst, wie Sie es in den vergangenen Wochen wegen Ihres schlechten Gewissens nehmen mussten.
Vielen Dank, Frau Friedel. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Jähnigen. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freiwilligen Feuerwehren sind wichtig für Sachsen und hätten Besseres verdient als dieses symbolische Hilfspaket.
Es sieht groß aus. Wenn man aber die Verpackung entfernt und das Füllmaterial beiseite gelegt hat, bleibt wenig übrig, und das Wenige ist größtenteils auch noch unbrauchbar. Das fängt bei Punkt 1 des Beschlussvorschlags an. Der Innenminister soll die Feuerwehrverordnung – ich zitiere – „entsprechend ändern“. Ja, wozu soll er die gerade erlassene Verordnung ändern? Sie haben sie vorhin begrüßt. Was meinen Sie? Hat sich der Antrag erledigt? Keine Ahnung.
Nachwuchs: Entweder ab acht oder ab sechs Jahre, entscheiden Sie sich doch bitte. Es geht doch nicht, dass die Regierung etwas umsetzen will, wenn sich die Koalition selbst nicht einig ist, wo es hingehen soll.
So geht es weiter. Die Förderung soll erhöht werden. Sie nennen Summen. Im Antrag stehen sie nicht drin. Dann kommt so ganz nebenbei noch ein heißes Thema: die Privatisierung der Hilfsdienste im Katastrophenschutz.
Meine Damen und Herren! Das ist kein Antrag auf dem Niveau guter Feuerwehrarbeit, und es ist auch kein gutes Hilfspaket.
Ein weiteres Beispiel ist natürlich auch der Feuerwehrführerschein. Anfang November habe ich von der Staatsregierung auf eine Anfrage erfahren, dass die Staatsregierung noch nicht weiß, wie sie ihn umsetzt – aber „zügig“. Anfang Januar will sie ihn immer noch „zügig“ umsetzen.
Sie fordern jetzt eine zeitnahe Konzeption. Viel Erfolg weiterhin beim Umsetzen! Zeitnah und zügig bedeutet offensichtlich Schneckentempo, nicht Feuerwehrtempo. Das ist traurig. Es wird mit einem so unausgegorenen Antrag auch nicht verbessert. Schlechtes Gewissen hin oder her, von „wir haben darüber geredet“ wird es nicht besser.
Aber eine Frechheit ist das Vorgehen bei der Feuerwehrrente. Sie wollen heute, Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mit dem Antrag das Ehrenamt würdigen; gerade heute. Dann sagen Sie ganz deutlich: Der Freistaat kann es nicht bezahlen, die Kommunen, die es vielleicht bezahlen können, die dürfen es gern machen.
Wo sind Sie denn? Mitten in der Finanzkrise, mitten in der Krise der Kommunalfinanzen, die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit ausgelöst wurde. Da wird fast nichts passieren. Sie sollten hier eingestehen, dass Sie das Versprechen gebrochen haben, das Sie vor der Wahl gegeben haben, und das gerade heute, da Tausende draußen demonstrieren, dass freiwilliges Engagement nicht ausgetrocknet werden soll. Wieder ein gebrochenes Versprechen, das noch einmal symbolisch bekräftigt wird.
Daran werden wir uns nicht beteiligen. Wir werden uns zu diesem leider nur symbolischen, nicht wirkungsvollen Hilfspaket enthalten. Da helfen letzten Endes auch die guten Verbesserungen der SPD, denen man zustimmen kann, nicht. Die Feuerwehr braucht – weiß Gott! – einen anderen Stil. Ein solcher Bericht wird nicht viel bringen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr! Es ist in diesem Haus unstrittig, welche großen Verdienste die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren für das Allgemeinwohl haben. Die Kameraden schützen jeden Tag Eigentum, bergen Verletzte und retten Menschenleben. Für den Dienst an der Volksgemeinschaft gebührt ihnen unser aller Dank.
Damit das auch in Zukunft so bleibt, sind dringend Maßnahmen der Landespolitik notwendig. Schon heute wird oft die Sollstärke der Einsatzkräfte nicht mehr erreicht. Die demografische Katastrophe, die die Blockparteien zu verantworten haben, wird auch im Bereich der Freiwilligen Feuerwehren in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erheblichen Problemen führen.
Ich will an dieser Stelle nicht all die Fakten wiederholen, die Vorredner bereits genannt haben, sondern ich möchte die Aktivitäten hinterfragen, die CDU und FDP einfordern.
Manches ist gut und richtig, was im vorliegenden Antrag der Koalition gefordert wird. Aber reicht es aus? Wohl kaum, lautet das Fazit der NPD-Fraktion. Insbesondere werden die Kommunen wieder im Stich gelassen, deren Aufgabe in erster Linie die Bereitstellung der Infrastruktur ist. Es wird inzwischen von niemandem mehr bestritten, dass die Finanzlage in den Kommunen extrem schwierig ist. Viele von ihnen werden kaum in der Lage sein, genehmigungsfähige Haushalte vorzulegen.
In dieser Situation bietet die Koalition den Kommunen als Anreiz für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr an, eine Feuerwehrrente auf der Basis einer riesterfähigen Versicherungslösung einzuführen. Die Vorgänge um die Feuerwehrrente zeigen wieder einmal die ganze Verlogenheit der heute Regierenden auf.
Es war die CDU in Sachsen, die mit der Forderung nach einer Feuerwehrrente letztes Jahr auf Stimmenfang ging. Heute will man davon nichts mehr wissen. Spitzfindig erklärt die Union, Ministerpräsident Tillich habe vor der Wahl zwar versprochen, sich für eine Feuerwehrrente einzusetzen, aber nicht, dass diese aus Landesmitteln finanziert werden soll. Woraus denn dann? – Aus den Kommunen natürlich, denn die seien ja schließlich für die Feuerwehr zuständig. Dreister geht es kaum noch.
Ähnlich verhält es sich mit der Erhöhung der Aufwandsentschädigung. Natürlich soll diese erhöht werden. Aber
Im Oktober 2008 war die FDP in ihrem Entschließungsantrag zu ihrer Großen Anfrage zur Situation der Feuerwehren in Sachsen noch deutlicher. Man forderte die Unterstützung bei der Erhöhung von Aufwandsentschädigungen für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren. Heute ist von einer Unterstützung der Kommunen keine Rede mehr. – So viel zum Thema Glaubwürdigkeit der FDP.
Die NPD-Fraktion wird trotz der unzureichenden Unterstützung der Koalition für die Freiwilligen Feuerwehren dem Antrag zustimmen, da wenig in diesem Fall besser als nichts ist.
Meine Damen und Herren, die erste Runde in der Aussprache zum Antrag der Fraktionen CDU und FDP „Förderung und Stärkung der Freiwilligen Feuerwehren“ ist abgeschlossen. Gibt es weiteren Redebedarf seitens der Abgeordneten? – Herr Hartmann, bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Landtagsabgeordneten! Eine hoch interessante Diskussion, angefangen von Herrn Gebhardt über Frau Friedel zu Frau Jähnigen! Trefflich hat der Landtag dieses Thema diskutiert. Leider ist es gelungen, die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr mit dieser Diskussion zu instrumentalisieren.
Da höre ich von Herrn Gebhardt, dass er mit vielen Kameraden gesprochen hat. Im gleichen Atemzug wird uns das abgesprochen, als ob wir nicht mit den Feuerwehren im Gespräch wären. Er formuliert eine Erwartungshaltung.
Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, ich bin acht Jahre im Dresdner Stadtrat mit dem Thema Feuerwehren beschäftigt gewesen, mit der Entwicklung einer Feuerwehrstruktur, einer Berufsfeuerwehr und freiwilligen Wehren, wo Investitionen auch mit Unterstützung des Freistaates Sachsen realisiert wurden. Zur Wahrheit gehört, dass es das CDU-geführte Innenministerium und die CDU waren, die in den letzten Jahren die Investitionsmittel für die Feuerwehren von 10 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro erhöht haben.
Da sind wir schon beim Wesen. Feuerwehr ist als Erstes und originär eine Aufgabe der Kommunen. Es ist eine Entscheidung der Kommunen, für die der Freistaat Sachsen seine Unterstützung gibt. Das befreit die Kommunen nicht von ihrer Verantwortung. Vor allen Dingen gibt es den Kommunen das Recht, ihren Brandschutz in eigener Zuständigkeit mit ihren Regeln frei und selbst zu entwickeln. Der Freistaat unterstützt. Das tun wir auch mit dem
vorliegenden Antrag, mit der Anpassung der Feuerwehrverordnung und der Anhebung der Mittel für die Kameraden in den Funktionen. Die Kommunen haben die Möglichkeit, diese Regelung zu nutzen, zum Beispiel in der Landeshauptstadt Dresden.
Sie kritisieren immer wieder – da kommt mir der Filmtitel „Und täglich grüßt das Murmeltier“ in Erinnerung –, wir hätten eine Feuerwehrrente versprochen und wir hätten dieses Versprechen gebrochen. Meine Damen und Herren, wir haben gesagt: Wir unterstützen die Kommunen bei der Einführung einer Feuerwehrrente auf der Basis einer Versicherungslösung. – So können Sie es auch im Koalitionsvertrag nachlesen. Das tun wir auch entsprechend, weil es eben eine Aufgabe der Kommunen ist, ihre Feuerwehren selbst zu organisieren. Wir unterstützen.
Meine Damen und Herren! In vielen Diskussionen, die ich in der Feuerwehr geführt habe, ist mir nicht aufgefallen, dass Kameraden gesagt hätten: Wir gehen in die Feuerwehr, weil wir da eine Rentenlösung erwarten, weil wir erwarten, dass wir nach 20, 30 Jahren, wenn wir das Thüringer Modell übernehmen, irgendwann einmal 8, 16 oder 30 Euro zusätzliche Rentenzahlung bekommen. Ich erlebe auch keinen Kameraden, der sagt: In der Erwartung, dass ich mal in 30 Jahren eine Leistung oder eine Prämie in Höhe von 3 000 Euro oder 4 000 Euro bekomme, mache ich diesen Dienst. – Die Kameradinnen und Kameraden verrichten diesen Dienst, weil sie eine Verantwortung für ihre Kommune, für die Daseinsvorsorge und für die Sicherheit in ihren Gemeinden empfinden.