Man hat den Eindruck, Sie sind erschrocken, dass wir hier die Debatte führen. Aber, meine Damen und Herren, das ist ja nichts Neues. Wir haben Wort gehalten.
Ich möchte aus der Protokollerklärung des Freistaates Sachsen zur Beschlussfassung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages zitieren: „Im Zuge der Neuordnung entstehende Mehreinnahmen müssen für eine Rückführung der Gebührenbelastung für Bürger und Unternehmen genutzt werden.“ Wenn ich mir den Entschließungsantrag des Landtages anschaue, so lese ich: „Die Mehreinnahmen sollen dazu verwendet werden, um Bürger und Unternehmen zu entlasten.“
Meine Damen und Herren! Sie waren schon damals dagegen, dass Mehreinnahmen zur Entlastung herangezogen werden. Wir halten Wort. Wir machen das, was wir versprochen haben. Wenn es Mehreinnahmen gibt, werden Bürger und Unternehmen entlastet.
Natürlich gibt es Zahlen für Mehrbelastungen. Die Umfrage der sächsischen Metall- und Elektroindustrie unter ihren Mitgliedsunternehmen hat ergeben, dass diese im gewichteten Durchschnitt eine um 169 % höhere Gebührenbelastung haben. Das ist eine Zahl, die durchaus spürbar ist. Ich sage „wenn es stimmt“, weil ich noch nicht weiß, ob die Unternehmen, die ungefähr 10 % des Gesamtaufkommens der Rundfunkgebühr tragen, fast zur Hälfte zu den jetzigen Mehreinnahmen beitragen. Meine Damen und Herren, dann sage ich auch ganz klar: Wir müssen Unternehmen, die über Gebühr belastet werden, auch entlasten. Das ist unser Versprechen.
Das war Kollege Herbst für die FDP-Fraktion. Wir gehen weiter in der Rednerreihenfolge. Das Wort könnte jetzt die Fraktion DIE LINKE ergreifen. – Ich sehe keinen Redebedarf. Die SPD? – Kein Redebedarf. GRÜNE? – Kein Redebedarf. NPD? – Auch nicht. Wir könnten eine dritte Runde eröffnen. Ich schaue zur einbringenden CDU-Fraktion. – Kein Redebedarf. Die FDP auch nicht. Hat überhaupt noch eine Fraktion in einer dritten Runde Redebedarf? – Das kann ich nicht feststellen. Damit erhält die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Beermann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gebietet die politische Höflichkeit, sich erst einmal schützend vor Frau Ministerpräsidentin Dreyer zu stellen.
Ich bitte im Rahmen der Political Correctness darum, wenn man das schon meint, nicht nur von Weihnachtsmännern, sondern auch von Weihnachtsfrauen zu reden; denn es war sie, die dem sächsischen Ministerpräsidenten beigesprungen ist, nachdem er deutlich gemacht hat, dass das Geld an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeht, und hat sie eine „range“ genannt.
Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, zu den Zahlen zu kommen. Ich hatte immer schon den Verdacht, dass rote Zahlen und schwarze Zahlen eine politische Dimension haben. Das hat sich heute wieder bestätigt. Zur Sache:
Herr Dr. Gerstenberg, wenn wir den Bericht der KEF gehabt hätten, der leider erst heute Nachmittag versandt wird, dann hätten wir ihn selbstverständlich dem Hohen Hause sofort zur Kenntnis gegeben. Das ist gar keine Frage. Wir haben ihn leider nicht. Ich werde mir erlauben, ihn an die Fraktionen zu verteilen, sobald ich ihn habe.
Was an Zahlen genannt wurde, war die eine Zahl von Frau Dreyer, die gesagt hat, eine Entlastung von 50 Cent – in einem ersten Schritt – sei möglich. Die zweite Zahl war die des sächsischen Ministerpräsidenten, der gesagt hat, dass eine Entlastung bis zu einem Euro möglich sei. Das kann man im Rahmen der politischen Rhetorik verkürzen. Dann ist man in einer anderen Diskussion, die mit der Realität nichts zu tun hat; denn die Realität ist folgende:
Als wir im Jahr 2008/2009 die Diskussion über den aktuellen Rundfunkgebührenstaatsvertrag hatten, waren es die Sachsen, die immer wieder nachgefragt haben, was eigentlich das Ergebnis einer Gebührenumstellung ist. Das konnte niemand sagen. Daraufhin haben wir durchgesetzt, dass die AG Beitragsstabilität gegründet wurde, die sich damit beschäftigt hat. Um die Systematik des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu rechtfertigen, mussten wir uns einmal darüber unterhalten, dass zumindest nicht mehr Geld als die bisherigen 17,98 Euro im Monat bezahlt werden muss. Das sage ich in einem Hause, das zurzeit sehr viele Petitionen im Rahmen der Umstellung bearbeiten muss, die sich auch mit der Grundlegitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschäftigen.
Damals hat man schon gesagt, dass das überhaupt nicht machbar ist. Natürlich wissen wir, Herr Dr. Gerstenberg, dass uns die Verfassung nur dazu ermächtigt, einen Auftrag zu formulieren. Das versuchen wir in der AG Beitragsstabilität vorzubereiten. Selbstverständlich werden wir an dem Auftrag weiterarbeiten, den wir von der Ministerpräsidentenkonferenz erhalten haben, im nächsten Jahr ein Ergebnis vorzustellen.
Das, was in der letzten und vorletzten Woche passiert ist, ist eine politische Auseinandersetzung. Wenn mehr Geld da ist, dann versuchen natürlich diejenigen, die Zugriff auf diesen Honigtopf haben, sich diesen zu sichern. Es gab einige Intendanten, die gesagt haben, sie freuten sich, wenn der Beitrag gesenkt würde – das wurde schon gesagt. Andere haben gesagt, wir müssten einen Fonds bilden, um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein. Die Vertreter der Journalisten sagten: Lasst mehr Journalisten einstellen. Das Geld muss dort hinein. Die Produzentenallianz hat gesagt: Nein! Wir müssen mehr und aufwendigere Filme drehen.
Nur eines ist nicht bestritten worden: dass der öffentlichrechtliche Rundfunk das hohe Niveau, und dafür bin ich ihm dankbar, mit dem Geld, das er jetzt hat, weiter halten kann. Es geht schlicht und ergreifend darum, sich zu überlegen, wie wir mit dem umgehen, was an Mehreinnahmen hereinkommt.
Der sächsische Ministerpräsident hat dazu – wie vor drei Jahren – erneut einen Aufschlag gemacht und gesagt: Das Geld wird in erster Linie an diejenigen zurückgezahlt, die es betrifft, und zwar in zwei Schritten. Der erste Schritt – darin sind wir sehr nahe bei Frau Dreyer – besteht darin, eine signifikante Senkung des Rundfunkbeitrags zu organisieren. Ich finde, eine Senkung um 50 Cent ist signifikant – Pi mal Daumen. Die Zahlen kennen wir
Wir werden Mitte Januar als Rundfunkkommission mit der KEF sprechen. Wir werden Ende Januar eine Tagung der AG Beitragsstabilität hier in Sachsen haben. Dann werden wir schon sehr viel klarer sehen. Darauf kommt es in einem ersten Schritt aber nicht an; denn nach der Absenkung in dem ersten Schritt kommt es natürlich auf die Ergebnisse der Arbeit der AG Beitragsstabilität an.
Nehmen Sie einfach die Diskussion um die Digitalkanäle. Bei den Digitalkanälen, Jugendkanal hin, Jugendkanal her, reden wir über ein Volumen in Höhe von annähernd 100 Millionen Euro im Jahr für maximal 1,5 % der Zuschauer. Die Diskussion ist nicht vorbei – bis zu einem Euro! Mehreinnahmen von 50 Millionen Euro entsprechen bei einem Beitragsaufkommen von etwa 7,5 Milliarden Euro umgerechnet etwa einer Abgabe von 12 Cent. Das bedeutet, bei 100 Millionen Euro sind wir schon bei 24 Cent.
In vielen Rundfunkräten wird über die Frage diskutiert, ob es so viele Sportrechte sein müssen. Wir reden auch über die kulturellen Einrichtungen, die noch von den Sendern betrieben werden. Wir sind ruck, zuck in einer Größenordnung, die tatsächlich an einen Euro heranreichen kann. Es darf nicht passieren, dass wir es bei einer ersten Senkung belassen. Zuerst wird demjenigen, der es verdient hat, das zurückgegeben, was notwendig ist. Das wird ein signifikanter Betrag sein.
Dann werden wir selbstverständlich die Protokollerklärung abarbeiten, die dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der die neue Gebühr begründet hat, beigeheftet ist. Wir werden genau prüfen, ob wir Unwuchten haben, wo man korrigieren muss. Auch dafür muss etwas Geld zurückgehalten werden.
In einem dritten Schritt wird das Ergebnis der AG Beitragsstabilität diskutiert werden und dort wird es, je nachdem wie sich die Länder verständigen, zu weiteren Absenkungen kommen. Das heißt: Das, was wir machen, ist eine seriöse und im wahrsten Sinne des Wortes runde Rundfunkpolitik. Der erste Aufschlag ist vom sächsischen Ministerpräsidenten gemacht worden. Damit ist klar, das Geld geht an diejenigen zurück, die es aufgebracht haben. Alles andere sehen wir später.
Staatsminister Beermann sprach für die Staatsregierung. – Jetzt sehe ich eine Wortmeldung. Sie wollen erneut das Wort ergreifen, Herr Kollege Neubert, innerhalb der Redezeit Ihrer Fraktion?
Aber vorher kommt natürlich die Kurzintervention. Sie bezieht sich auf den vorhergehenden Redebeitrag des Herrn Staatsminister Beermann. Wie ich Herrn Kollegen Gerstenberg kenne, wird er das ganz genau machen. Bitte.
Ich werde das gern machen. Ich kann es leider nicht in dem Umfang von drei Minuten tun, wozu ich Lust hätte. Ich glaube, über die Aufgaben und den Aufgabenumfang der öffentlichrechtlichen Sendeanstalten werden wir uns in anderen Debatten noch unterhalten müssen. Wir werden sicherlich darüber sprechen müssen, inwieweit Kultureinrichtungen, Ensembles, Orchester usw. dazugehören. Ich bin überzeugt davon – Sie sind es nicht. Diese Differenz wird aber später auszudiskutieren sein.
Mir geht es jetzt um die Frage, inwieweit potenzielle Mehreinnahmen genutzt werden können, um den Rundfunkbeitrag zu senken. Das ist ja der Titel der heutigen Debatte und das haben Sie angesprochen.
In der Protokollerklärung des Freistaats Sachsen kann man lesen, dass eventuell entstehende Mehreinnahmen zur Reduzierung der Belastung von Bürgern und Unternehmen genutzt werden sollen. Dagegen ist aus meiner Sicht nichts zu sagen. Das ist hier auch von mehreren Fraktionen angesprochen worden. Die Mehreinnahmen sollen genutzt werden, um Ungerechtigkeiten zu beseitigen, um Überbelastungen abzubauen, die durch die Umstellung entstanden sind, und um das System nach dem ersten Anlauf sicherer zu machen.
Eine völlig andere Situation ist es aber, wenn Ministerpräsident Tillich verkündet, der Rundfunkbeitrag könne um 1 Euro gesenkt werden. Sie haben sich jetzt ein bisschen schützend vor ihn gestellt. Diese Botschaft des Ministerpräsidenten, der Rundfunkbeitrag könne um 1 Euro gesenkt werden, ist aber von den viel zitierten Medien, von den Zeitungen transportiert worden. Das ist übersetzt worden: Der neue Rundfunkbeitrag wird bei 16,98 Euro liegen. Wenn wir alles andere tun wollen, die Belastungen abbauen wollen, dann ist das aber falsch. Deswegen nenne ich diese Aussage, die Senkung des Rundfunkbeitrags um 1 Euro, populistisch und verantwortungslos gegenüber den Menschen in diesem Lande.
Das war die Kurzintervention des Kollegen Gerstenberg. – Darauf könnte Herr Staatsminister Beermann regieren – und er tut dies auch.
Ja, wenn ich das kurz darf. – Ich scheine mich missverständlich ausgedrückt zu haben, Herr Abg. Gerstenberg. Die größte Ungerechtigkeit besteht darin, wenn alle zu viel bezahlen. Das ist signifikant der Fall. Deshalb wird in einem ersten Schritt erst einmal allen etwas zurückgegeben. Das wird ein erheblicher Beitrag sein.
(Andreas Storr, NPD: Ein erheblicher Beitrag! 12 Euro sind doch nicht erheblich! Das ist doch zynisch!)
Der zweite Schritt – wir vermuten, dass dafür noch Reserven da sind – besteht darin, was Sie beschreiben und
vorher Herr Abg. Neubert gesagt hat, zur Protokollerklärung. Das Potenzial des weitaus geringeren Teils einer mutmaßlichen Senkung reicht dafür aus.
Das, worum es geht, hat der sächsische Ministerpräsident gesagt. Das ist nicht verantwortungslos, sondern höchst verantwortungsvoll. Er hat gesagt, damit ist die Arbeit der AG Beitragsstabilität nicht erledigt, sondern wir unterhalten uns weiter über den Aufgabenumfang. Dann wird es zu weiteren Senkungen kommen können. Das ist sächsische Politik. Sie mag Ihnen gefallen oder nicht. Das ist Politik für die Menschen.
Jetzt ergreift Herr Kollege Neubert erneut das Wort für die Fraktion DIE LINKE; das wird voll auf die Redezeit angerechnet. Es ist aber, denke ich, noch ausreichend Redezeit vorhanden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Herrn Gerstenberg sehr dankbar für die Unterscheidung. Ich erachte es für wichtig und habe es vorhin auch dargestellt, dass wir natürlich an den Stellschrauben drehen müssen, um die erheblichen Mehrbelastungen an den betroffenen Stellen zurückzudrehen. Das ist aber etwas anderes, als den Beitrag für alles um einen Euro zu senken.
Herr Herbst, Sie haben mir ein bisschen unterstellt – ich hatte schon überlegt, ob ich eine Kurzintervention dazu mache –, dass wir die Mehreinnahmen negieren und sagen: Augen zu und durch! Ich habe nie Mehreinnahmen negiert. Ich habe nur eine andere Zielrichtung ausgegeben, was man mit solchen Mehreinnahmen machen kann. Das ist der Unterschied.
Sehr geehrter Herr Clemen, wenn Sie hier aus den Zeitungen zitieren, dann ändert das nichts daran, dass es keine offiziellen Zahlen gibt. Vielleicht gehen Sie einmal auf die Seite der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Die aktuellste Pressemitteilung bezieht sich auf die Schätzung von den Mehreinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro. Die Überschrift der Pressemitteilung lautet: „Veröffentlichte Zahlen zu den neuen Rundfunkbeiträgen sind falsch und falsch interpretiert.“
Lieber Herr Neubert, wollen wir wetten, dass entweder heute im Laufe des Tages oder morgen erhebliche Mehreinnahmen verkündet werden, die deutlich in dem Bereich liegen werden, den wir hier angesprochen haben, oder wollen Sie sich auf diese Wette nicht einlassen?