Im Übrigen denke ich schon, dass Frau Friedel die Studie nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hat, Herr Hartmann. Bei Ihnen bin ich mir da nicht so ganz sicher nach dem, was Sie hier ausgeführt haben.
Wenn es um die Studie geht, dann möchte ich schon zum Abschluss die Bitte äußern, dass uns vielleicht der Innenminister einmal mitteilt, warum die sächsischen Polizistinnen und Polizisten an dieser Studie nicht teilnehmen durften.
Ich möchte, dass das hier einmal ausgesprochen wird. Wir reden immer davon, dass wir eine Datenbasis brauchen, um hier im Parlament solche Fragen zu diskutieren, wie die Koalition sie jetzt aufgeworfen hat. Dann wird aber den Polizisten untersagt, sich an einer solchen Studie zu beteiligen. Ich denke, Sie haben die Möglichkeit, das hier noch einmal darzustellen. Darum möchte ich Sie jedenfalls herzlich bitten.
Nach der Fraktion DIE LINKE könnte jetzt die SPD das Wort ergreifen, und sie ergreift es. Bitte, Frau Friedel.
Herr Präsident, vielen Dank! Ich bin erst einmal überrascht, was ich hier alles mache: Beim letzten Mal habe ich schon regiert und Dinge beschlossen.
Herr Karabinski, die FDP hat mit der CDU zusammen noch einmal 800 Stellen draufgelegt. Das sollten Sie nicht verschweigen. Ein grundsätzlicher Stellenabbau war ein großes Thema, dem sich auch die SPD in ihrer Regierungszeit gestellt hat. Wir haben das mit Augenmaß getan. Sie haben, als Sie in die Regierung eingetreten sind, einfach mal 800 Stellen draufgelegt, als es wirklich schon nicht mehr ging. – Erstens.
Zweitens bin ich überrascht, dass ich auch in anderen Bundesländern Verantwortung trage. Herr Hartmann, ich bin hier in Sachsen innenpolitische Sprecherin der SPDFraktion.
Das verantworte ich, lassen Sie uns darüber miteinander sprechen. Andere Dinge, die sonst noch in der Welt geschehen, würde ich Ihnen genauso wenig anhängen, wie es sinnvoll ist, sie mir anzuhängen.
Drittens habe ich vorhin noch gesagt: Die letzten beiden Sätze möchte ich in Ruhe ausführen. Ich habe eine ganze Reihe von Punkten genannt und möchte mich bei Herrn Kollegen Dr. Hahn und Frau Jähnigen bedanken, dass sie mir zugehört haben. Bei den anderen Rednern hatte ich nicht den Eindruck, dass sie mir zugehört haben.
Ich habe eine ganze Reihe von Punkten genannt, die man in der Polizei unternehmen kann, um Gewalt gegen Polizeibeamte etwas einzudämmen. Das ist nicht alles, was man tun kann. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen – alkoholisierte Täter –, dass wir – erstens – ein Alkohol- und Drogenmissbrauchsproblem in der Gesellschaft haben, und wir müssen uns fragen: Woran liegt das und was tun wir dagegen? Sie streichen die Mittel für die Suchtberatung.
Zweitens. Wir müssen die gesellschaftliche Polarisierung eindämmen. Gewalt gegen Polizeibeamte hat sehr oft – das würden Sie wissen, wenn Sie die Studie gelesen hätten – das Motiv Hass gegen den Staat, wobei Polizeibeamte nur der Ausdruck des Staates sind. Woher kommt dieser Hass gegen den Staat? Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass in unserem Staat so viel Ungerechtigkeit herrscht. Wir wissen aus genügend Studien, dass, je ungleicher und polarisierter eine Gesellschaft ist, der soziale Unfrieden umso größer ist, und ohne Zweifel ist der soziale Unfrieden in den letzten 20 Jahren gestiegen. Auch das hat etwas damit zu tun, wie Menschen mit der Polizei umgehen.
Drittens. Wir müssen – dies sagte Frau Jähnigen ebenfalls bereits – das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Polizei, das Bild der Polizeibeamten verbessern. Nur frage ich mich dabei: Wie soll eine Gesellschaft Respekt vor Polizeibeamten haben, wenn sie gleichzeitig sieht, dass nicht einmal der Dienstherr Respekt vor seinen Polizeibeamten hat? Damit sind wir wieder bei dem Thema Arbeitsbedingungen und Bezahlung usw. Solange
vorgeführt wird, dass Polizeibeamte – Sie benennen sie selbst als Prügelknaben der Nation; das halte ich für falsch – als Sparschwein des Finanzministers dienen, so lange müssen wir uns über mangelnden Respekt vonseiten der Bevölkerung nicht aufregen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, besonders die von der FDP-Fraktion! Rechtspolitische Debatten scheinen bei Ihnen nicht mehr oft stattzufinden, aber ich will es noch einmal erklären: Es ging hier nicht darum zu behaupten, die Alkoholisierten müssten nicht wissen, dass man andere nicht angreift. Es ging um Ihr Versprechen, dass mit einer Erhöhung des Strafrahmens eine Abschreckungswirkung für Angriffe gegen Polizisten erreicht würde. Das wirkt vielleicht auf Leute, die Straftaten planen, aber nicht auf spontane Gewalttäter, die vielleicht erst ihre Familie und dann Polizisten verprügeln. Darum ging es, und genau damit müssen Sie sich auseinandersetzen. Dass das fehlt, ist Teil unseres Problems.
Im Übrigen, Herr Karabinski: Wir haben eine unabhängige Justiz, und Ihre Richterschelte war peinlich.
Das war für die Fraktion GRÜNE Frau Kollegin Jähnigen. Für die NPD ergreift erneut Herr Storr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal einen Gedanken meiner ersten Rede aufgreifen. Ich habe der Staatsregierung in Person des Innenministers den Vorwurf einer gewissen Ankündigungsrhetorik gemacht und möchte diesen Vorwurf nun etwas konkretisieren.
Das Problem der Staatsregierung scheint mir zu sein, dass es doch eine sehr starke Diskrepanz zwischen Ankündigung und Wirklichkeit gibt. Ich will versuchen, dies etwas deutlicher zu machen. Ich greife noch einmal auf die Aktuelle Debatte vom 20. Januar 2010 zurück, in der Staatsminister Ulbig unter anderem sagte – ich zitiere –: „Gegen Gewalt werden wir mit entschiedener Härte vorgehen. Es ist angesprochen worden, dass die Deeskalationsstrategien nicht immer ein geeignetes Mittel sind, wenn Demonstranten erklärt gewalttätig werden. Hier gilt das Prinzip ‚Gewalttäter können von uns null Toleranz erwarten.‘“ – Das hat Herr Ulbig gesagt, bevor der Trauermarsch im Februar 2010 in Dresden stattgefunden hat.
Ich selbst war Teilnehmer des nationalen Trauermarsches in den Jahren 2010 und 2011, und was dort für jemanden, der vor Ort war, sichtbar wurde, war genau das Gegenteil
dessen, Herr Ulbig, was Sie hier kraftmeierisch angekündigt, aber letztendlich durch die Polizeikräfte nicht haben umsetzen – nicht können, sondern wollen. Warum dies so ist, warum Sie das, was Sie hier kraftvoll ankündigen, dann nicht durchsetzen, zu diesem Problemkreis werde ich ebenfalls gleich etwas sagen.
Ich möchte, bevor ich zum Kern komme, noch einen anderen Aspekt anführen, auch im Zusammenhang mit den Trauermärschen in Dresden und dem Umgang damit. Ich möchte an dieser Stelle ein Zitat des ehemaligen Bundestagspräsidenten Thierse aus dem Jahr 2011 in Erinnerung rufen, das auch durch die Presse ging. Herr Thierse reagierte mit folgender Bemerkung auf den polizeilichen Einsatz – ich zitiere –: „Die Polizei ist vollauf beschäftigt, die Neonazis zu schützen. Das ist so. Das ist sächsische Demokratie.“
Sie sagen „Sehr richtig!“. Herr Ulbig hat immerhin den Mumm gehabt, dem zu widersprechen – aus gutem Grund. Nur, Herr Ulbig, auch das ist wieder nur Rhetorik; denn das, was Herr Thierse behauptet hat, entsprach natürlich genauso wenig den Tatsachen wie das, was Sie hier angekündigt haben.
Tatsache ist – Herr Karabinski hat es zumindest nochmals deutlich gemacht –, dass Blockaden rechtswidrige Akte sind, die letztendlich darauf abzielen, das Versammlungsrecht faktisch auszuhebeln und unmöglich zu machen, und das ist mein konkreter Vorwurf, nicht an die Polizeibeamten, aber an die politische Führung, die den Polizeieinsatz und die Strategie letztendlich bestimmt: dass man diesen Akt der Rechtsverletzung zulässt, eine ordentliche, friedliche Demonstration, wie sie die nationalen Deutschen in Form des Trauermarsches veranstalten, zu blockieren, und damit gesetzeswidrige Akte zulässt.
Das ganze Problem entsteht doch dadurch, dass – das ist eine Sache, die wir uns immer wieder vor Augen führen müssen, gerade als Legislative – diese ganzen Streitigkeiten um den 13. Februar von einer merkwürdigen Auseinandersetzung gekennzeichnet sind: von dem Streit um Legalität und Legitimität.
Das ist erst einmal ein sehr staatsrechtlicher Fachterminus und ich will versuchen zu übersetzen, was damit eigentlich gemeint ist. Man sagt – DIE LINKE sagt es zum Beispiel –: Gesetze sind zweitrangig. Entscheidend ist, dass wir etwas gegen die vermeintlichen Nazis tun; und wenn wir ein Zeichen gegen vermeintliche Nazis setzen, dann müssen wir uns nicht an die Gesetze halten und können diese sogar brechen. Eine Polizei, die das zulässt, macht sich letztendlich auch zum Mittäter dieses Gesetzesbruches.
Herr Ulbig, wenn man politisch so agiert... Sie sprechen ja auch von Deeskalationsstrategie. Was heißt das denn? Deeskalationsstrategie heißt im Grunde genommen, dass
Ich will das zum Schluss noch mal kurz sagen. Das mag unpopulär sein. Aber Gewalt kann man nur mit Gegengewalt erwidern, und eine Polizei, die nicht zupackt, bekämpft keine Gewalt, sondern fördert letztendlich die Gewalt, weil sie Freiräume schafft, die wir nicht zulassen dürfen.
Herr Storr sprach für die NPD-Fraktion. Wir sind am Ende der zweiten Rednerrunde angekommen und könnten in eine dritte Runde eintreten, so die einbringenden Fraktionen oder andere dies möchten. Möchte die CDU-Fraktion noch einmal das Wort ergreifen? – Ich sehe dies nicht. Die FDP? – Gibt es sonst noch Redebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Damit erhält die Staatsregierung das Wort. Es ergreift Herr Staatsminister Ulbig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Obwohl es in der zweiten Runde durchaus etwas lebendiger und in gewisser Weise kontroverser zuging, bin ich trotz alledem froh und dankbar, dass es diese Debatte hier und heute gegeben hat. Denn zumindest in der ersten Runde bin ich persönlich zu der Überzeugung gelangt, dass dieses Thema bei den allermeisten Fraktionen eine wichtige Rolle spielt und es vernünftig ist, sich dem Thema „Gewalt gegen Polizeibeamte“ auch in diesem Sächsischen Landtag wieder einmal zu stellen. Es ist zitiert worden, dass wir über dieses Thema bereits im Jahr 2010 einmal gesprochen haben. Wir haben aber über andere Themen auch in sehr kürzerer Zeitabfolge gesprochen. Ob die dann diese Bedeutung hatten, wage ich zu bezweifeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewalt gegen Polizisten ist immer auch Gewalt gegen den Staat, und nicht nur das. Ich will in dieser Aktuellen Debatte den Bogen ein Stück weiter spannen, denn zunehmend werden auch Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter Opfer von Gewalt. Ich habe erst jetzt wieder bei einem Besuch im Landkreis Mittelsachsen erfahren, dass Rettungssanitäter – die ja weiß Gott weit weg von Polizei und manchen Randthemen, die hier angesprochen worden sind, liegen – angegriffen werden. Das zeigt mir eines ganz deutlich: Wir haben ein Problem in unserer Gesellschaft, denn es gibt Menschen, denen es an Respekt und Wertschätzung fehlt. Deswegen ist es richtig und notwendig, dass wir uns mit diesem Thema in unserer Gesellschaft auseinandersetzen und auf dieses Thema aufmerksam machen.
Ich möchte auch deutlich machen, dass es offenkundig Menschen gibt, die den Staat ablehnen und dann, wenn Menschen kommen, die diesen Staat verkörpern und in dessen Dienst stehen, als Vertreter dieses Systems abgelehnt werden und sich solchen Angriffen ausgesetzt sehen müssen. Das kann nicht akzeptiert werden. Diejenigen, die solche Straftaten begehen, werden angemessen bestraft. Deswegen ist das, was wir mit in einer Bundesratsinitiative mit dem § 113 des Strafgesetzbuches gemacht haben, nicht wirkungslos.
Wenn man sich das einmal von der Systematik her anschaut, dann stellt man fest: Damals betrug das Höchststrafmaß zwei Jahre. Das war das gleiche Strafmaß wie bei Fischereidiebstahl. In der Debatte hatten wir seinerzeit darauf aufmerksam gemacht, dass es diesbezüglich schon einen Unterschied gibt und dass man vom Strafrahmen her deutlicher zulangen können muss, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auf der anderen Seite geht es darum, wie wir in unserer Gesellschaft damit umgehen. Da können solche Dinge wie Beleidigung/Abwertung mit der Bezeichnung „Bulle“ für Polizist nicht unwidersprochen hingenommen werden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist für mich ein Unding.
Ich will ein paar Dinge aufgreifen, die in der Aktuellen Debatte eine Rolle gespielt haben und bei denen der Eindruck erweckt worden ist, dass von der Staatsregierung besonders bei der Ausstattung, Schutzausrüstung nicht das Notwendige getan wird. Wenn sie sich diese Position im laufenden Doppelhaushalt anschauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann werden Sie feststellen, dass wir ausdrücklich auf die Ausstattung/die Schutzausrüstung der Kolleginnen und Kollegen besonderen Wert gelegt haben und in der Lage sind, auch die notwendige Beschaffung bzw. Erneuerung in diesem Bereich durchzuführen.
Wenn gesagt wird, dass es im Bereich der Fachhochschule in Rothenburg, wo für den gehobenen Dienst unsere Führungskräfte der Polizei ausgebildet werden, problematisch wäre, weil die entsprechenden Mittel fehlen, dann muss man sich das anschauen. Wir haben im Polizeikonzept 2020 ganz klar zum Standort Position bezogen und diesen Standort jetzt so ertüchtigt, dass von den Rahmenbedingungen her bis hin zur Mensa alles erfüllt ist. Es gibt somit dort gute Studienbedingungen und es können auch gute Studienergebnisse vorgelegt werden.