Wir haben im Sächsischen Landtag einen Antrag vorgelegt, in dem wir den Landtag auffordern, in diese Debatte erstens mit einzusteigen und zweitens auch über den Bundesrat im Bund aktiv zu werden, um etwas wiederherzustellen, das verloren gegangen ist. Verloren gegangen ist die Frage von Steuergerechtigkeit in diesem Land, und wir, DIE LINKE, wollen Steuergerechtigkeit wiederherstellen.
Wie ist das gemeint? Ich weiß, die FDP schafft es im Moment gerade mal so, noch zu sagen: Solidaritätszuschlag abschaffen.
Das ist Ihr gesamtes steuerpolitisches Konzept. Vor vier oder fünf Jahren sind Sie noch durch die Lande gezogen und haben gesagt, Sie wollen gern die Steuern senken. Immerhin haben auch die FDP und die CDU begriffen, dass es mit den Senkungsorgien einfach nicht mehr weit her ist, weil wir das Geld im Staate brauchen, weil wir Aufgaben im Staate zu erledigen haben. Insofern beglückwünsche ich Sie erst einmal zu dieser Einsicht, dass Sie zumindest nicht mehr von Senkungen sprechen, sondern nur noch davon, dass Sie nicht erhöhen wollen.
Aber wir haben einen Zustand erreicht, in dem die Lasten im Staate nicht mehr gleich verteilt sind zwischen Unternehmen und Vermögenden auf der einen Seite und Arbeitnehmern über die Einkommensteuer, die Mehrwertsteuer und andere Verbrauchsteuern auf der anderen Seite, sondern wir haben eine Verschiebung der Lasten hin zu Arbeitnehmern und Verbrauch bekommen. Das ist ein ungesundes Verhältnis. Wir wollen wiederherstellen, dass die Lastenverteilung wieder gerechter wird, das heißt, dass sich der Leistungsfähige und das Unternehmen, Vermögende und reiche Erben wieder vernünftig an der Finanzierung des Staates beteiligen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Eine Zahl dazu – ich möchte nicht zu sehr mit Zahlen insistieren –: 1998 – die Steuerreformen, die
in den letzten 15 Jahren stattgefunden haben, machen ein jährliches Minus von 50 Milliarden Euro aus, die die öffentliche Hand, die Städte und Gemeinden, die Länder und der Bund gut gebrauchen könnten, um zum Beispiel notwendige Investitionen zu finanzieren.
Ich will Ihnen sagen, was wir wollen. Ja, wir wollen den Reichen ans Portemonnaie. Was soll das heißen? Wir wollen den Vermögenden in die Tasche greifen.
Wir wollen eine Vermögensabgabe; denn eines ist doch niemandem zu erklären: dass wir mit zwei-, vielleicht dreistelligen Milliardenbeträgen in die Euro-Krise gehen und sich diejenigen, die massiv von den Rettungspaketen profitieren, an dieser Finanzierung quasi nicht beteiligen müssen.
Wir wollen eine Vermögensabgabe, um die Profiteure der Rettungspakete ebenfalls zur Kasse zu bitten.
Wir wollen außerdem, dass die Vermögensteuer, die seit 1995 in Deutschland nicht mehr erhoben wird, wieder eingeführt wird. Unser Vorschlag dazu: 5 % für all jene, die über eine Million Euro Vermögen haben. Natürlich bleibt das kleine Häuschen ausgenommen. Diese sollen mit zur Kasse gebeten werden. Sie sollen sich an der Finanzierung des Staates beteiligen. Es sind gerade die CDU-geführten Länder im Süden, die bisher verhindern, dass die Vermögensteuer wieder in die Debatte kommt.
Leider, muss ich sagen, ist diese innere Einsicht der CDU nicht da, dass wir eine reformierte Vermögensteuer brauchen, damit sich auch die Reichen, die sehr stark von den Leistungen des Staates profitieren, wieder an der Finanzierung beteiligen.
Wir wollen eine Unmöglichkeit endlich aufheben. Es kann doch nicht sein, dass derjenige, der arbeiten geht, in diesem Land mehr Steuern zahlt als derjenige, der Zinsen und Dividenden bekommt. Eine Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz von 25 % ist doch niemandem zu erklären. Wenn jemand ein Einkommen aus Zinsen und Dividenden erzielt, dann hat er es gefälligst mit der Einkommensteuererklärung beim Finanzamt anzugeben, genauso wie der Arbeiter, der seinen Lohn und sein Gehalt angeben muss.
Natürlich sind die Geschenke an reiche Erben, für die großen Vermögen, die Jahr für Jahr in Deutschland
vererbt werden, die Geschenke, die in den letzten Jahren auch von CDU und FDP gemacht wurden, zurückzunehmen. Wir wollen, dass nicht selbst erarbeitete, zugefallene Erbschaften wieder ausreichend besteuert werden, sodass ein Beitrag für die öffentliche Hand entsteht.
Ich kann es nur noch einmal sagen: Wir wollen den Reichen ans Portmonee und, ja, wir stehen dazu. Man kann es nicht immer allen recht machen, meine Damen und Herren!
Das Institut der deutschen Wirtschaft – das ist kein linkes Institut – hat einmal berechnet, was die Einkommensteuervorstellungen der einzelnen Parteien bedeuten. Wenn man sich anschaut, wie sich die durchschnittlichen Steuersätze entwickeln, welche Belastung die Leute im Durchschnitt haben, dann stellt das Institut der deutschen Wirtschaft fest: Ja, die LINKEN sind wohl die Einzigen, die wirklich die Mitte entlasten.
Das habe ich fast erwartet. – Sie von CDU und FDP reden immer nur davon, die Mitte entlasten zu wollen. Sie tun aber nichts dafür. Sie haben noch nicht einmal Vorstellungen. Die LINKE hat zumindest eine Vorstellung entwickelt, wie eine solche Entlastung aussehen könnte. Den Spitzensteuersatz für die Reichen, die wirklich viel Geld verdienen, wollen wir wieder auf 53 %, also auf Helmut-Kohl-Niveau erhöhen. Die unteren und kleinen Einkommen wollen wir aber so weit entlasten, dass am Ende des Tages laut DIW Mindereinnahmen in Höhe von 17 Milliarden Euro herauskommen. Wir entlasten die berufstätige Mitte in Deutschland mit unserem Steuerkonzept, meine Damen und Herren!
Damit es vielleicht noch einmal klarer wird, auch für die schlichten Gemüter, die es nicht verstehen können, für diejenigen, die es nicht verstehen können: 69 000 Euro sind eine magische Grenze. Jeder von Ihnen kann sich fragen, ob er so viel verdient – als Einzelner; ich rede noch nicht von Verheirateten.
Wer unter dem Betrag von 69 000 Euro liegt, der wird entlastet, wer darüber liegt, der wird belastet. Das ist eine ganz einfache Ansage. Ich glaube, damit geschieht niemandem Unrecht, und es ist auch noch kein Kommunismus ausgebrochen. Ein Spitzensteuersatz von 53 % – das kann ich noch einmal sagen – ist geltendes Recht unter Helmut Kohl gewesen, und das war meines Erachtens kein Revolutionär in dieser Frage.
Wir wollen auch Unternehmen wieder stärker zur Finanzierung heranziehen. Auch dabei geht es um die Rücknahme von Kürzungen, die Sie über Steuerreformen Jahr für Jahr gemacht haben. Es geht zum Beispiel um die Frage, den Steuersatz der Körperschaftsteuer endlich wieder auf 25 % anzuheben. Es kann doch nicht sein, dass die Unternehmen die Infrastrukturleistungen, die schuli
schen Leistungen, die Ausbildung im dualen System, die ganzen Leistungen, die wir erbringen, hinnehmen, sich an der Finanzierung aber nicht mehr beteiligen wollen. Meine Damen und Herren, das ist ein Unding! Wir werden dagegen vorgehen und, wie gesagt: Wir entlasten die Mitte der Gesellschaft, meine Damen und Herren!
Noch eins: Wir haben vor, die Städte und Gemeinden wirklich zu stärken, indem endlich ein Grundproblem angegangen wird, die Werthaltigkeit der Gewerbesteuer zu revitalisieren, der Gewerbesteuer endlich mehr Kraft zu geben. Das heißt, dass sich endlich auch wieder diejenigen, die dort als Wirtschaft tätig sind, selbständig Tätige, Ingenieure, Notare und Ärzte, an der Finanzierung der Gemeinde, an der Finanzierung vor Ort beteiligen. Wir wollen aus der Gewerbesteuer eine Gemeindewirtschaftsteuer machen und die Städte und Kommunen in unserem Land wieder besserstellen.
Wir wollen das Kasino drosseln. Sie haben auch heute wieder die Möglichkeit, ein Signal nach Berlin zu senden. Die Frage nach der Tobin-Steuer oder nach der Finanztransaktionsteuer steht auf der Agenda. Das ist uns allen klar. Kein Mensch kommt mehr daran vorbei. Deshalb ist es umso wichtiger, dieses Signal auch nach Berlin zu senden. Auch wenn in Europa nicht überall Einigkeit besteht, brauchen wir in Berlin, in Deutschland diese Finanztransaktionsteuer, um die Spekulationen mit Aktien und Devisen zu minimieren, um das System zu drosseln, damit das Finanzkasino nicht weiter seine Runden dreht und uns weiter in Probleme bringt. Wir wissen, woraus die Finanzkrise entstanden ist. Insofern kann ich nur um Ihre Zustimmung werben.
Schließlich ein Letztes: Wir wollen Deutschland stärken. – Es wird auch wieder einen Aufschrei geben.
Die Nazis können jetzt einmal den Mund halten. Sie können jetzt einmal den Mund halten. – Wir haben hier vor wenigen Wochen über die Frage einer Verfassungsänderung und über ein Nettokreditverbot gesprochen. Wir haben schon damals gesagt, wer darüber spricht, der öffentlichen Hand die Möglichkeit zu nehmen, Kredite aufzunehmen, um Investitionen zu finanzieren, der muss die Frage beantworten, wie die Investitionen in Zukunft finanziert werden sollen. Diese Antwort steht noch aus.
Das DIW sagt, wir hätten es in Deutschland mit einer bröckelnden Substanz zu tun. Sie werfen uns ja gern einmal den Substanzverzehr vor und dass man dadurch so viele Probleme hätte. Ja, wenn man das über Jahre schleifen lässt, dann kommen viele Probleme auf einen zu. Um das zu umgehen, bin ich mir sicher, dass auch bei Ihnen, auch bei CDU und FDP, genug kluge Leute dabei sind,
die verstehen, dass wir mehr Einnahmen in der staatlichen Kasse brauchen, um auch in Zukunft ein starkes Deutschland über Investitionen finanzieren zu können, damit die Schuldenbremse nicht zu einer Investitionsbremse und damit zu einer Zukunftsbremse für Deutschland wird. Daher brauchen wir ein Umsteuern in Deutschland. Mit diesem Antrag haben Sie die Gelegenheit dazu.
Ich finde durchaus vieles von dem sinnvoll, was die LINKE in ihrem Steuerprogramm fordert. Ich halte aber die Aussage für vollkommen falsch, dass die Mitte entlastet würde. Ich bitte Sie, Herr Kollege Scheel, sich die Tabelle in der „Wirtschaftswoche“ anzuschauen, die dazu zuletzt abgedruckt wurde, gerade was die Familienbesteuerung betrifft. Eine Familie, verheiratet, zwei Kinder, mit einer alleinverdienenden Frau oder mit einem alleinverdienenden Mann, wird von den LINKEN selbst bei einem Jahreseinkommen von 20 000 Euro, wenn das Steuerkonzept der LINKEN so umgesetzt wird, einen Betrag von 1 300 Euro im Jahr abgezogen bekommen. Das ist ein unglaublicher Wert – also selbst eine Familie, die nach Ihren Maßstäben in den Armutsbereich fällt. Ein solches Steuerkonzept kann von uns nicht als sozial betrachtet werden, weil Sie auf die individuelle Besteuerung umstellen wollen und weil Sie das Ehegattensplitting abschaffen wollen. Insofern ist das, was Sie fordern, keine Entlastung der Mitte.