Protocol of the Session on July 11, 2013

Herr Bienst, Sie haben es angesprochen. Insofern war es sehr hilfreich, dass Sie mit den Schulleitungen, Lehrerverbänden, Eltern und Schülerinnen und Schülern gesprochen haben. Ja, eine eigenverantwortete Schule muss Aufgaben übernehmen, die bisher beim Kultusministerium oder bei der Kultusadministration gelegen haben. Das ist Sinn und Zweck der Sache.

Das heißt, wir brauchen einen funktionierenden Verwaltungsapparat einschließlich der Budgetbewirtschaftung. Das heißt, wir brauchen mindestens einen Verwaltungsmitarbeiter. Die eigenverantworteten Schulen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – das kann man schon bei den berufsbildenden Schulen sehen, aber auch bei den anderen – haben immer einen pädagogischen Leiter und

einen kaufmännischen Leiter. Sie brauchen mindestens so eine Kompetenz in der Schule, um die Schulleitung und die Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten und das Ganze zum Erfolg zu bringen. Das gebe ich Ihnen gleich mit auf den Weg. Nicht, dass Sie hinterher sagen, das Geld hätten wir nicht.

Ich höre sehr wohl – und ich bitte, dass das nicht nur heute gesagt, sondern auch umgesetzt wird –, dass die FDP nicht, wie es in anderen Bundesländern der Fall war, dazu übergeht, Personalmittel oder Sachkostenmittel in ein freies Budget der Schulen umzuwidmen. Das führt nämlich genau zu dem, was Sie gerade praktiziert haben: dass irgendwelches Personal befristet für ein Schuljahr in die Schulen hineinkommt und aus diesem Sachkostenbudget finanziert werden kann. Selbstverständlich sollen die Schulen über die Einstellung von Personal schulscharf entscheiden können. Das ist eine Erfahrung, die wir von Nordrhein-Westfalen lernen können. Sie haben dort damit gute Erfahrungen gemacht.

Herr Bienst, die Schulen können natürlich nicht – wie Sie es auch gesagt haben – Personalverantwortung übernehmen. Das funktioniert nicht nur bei solch einem demografischen Wandel nicht, wie wir ihn hier haben, sondern das funktioniert auch in den skandinavischen Ländern nicht. Man kann es sich anschauen: Dort liegt die Personalverantwortung bei den Kommunen. Darüber kann man sehr wohl nachdenken, aber nicht heute; denn wir sind heute noch viel zu weit davon entfernt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Änderungsantrag gestellt, zu dem ich nachher noch etwas sagen werde. Ich freue mich, dass Sie in der Wirklichkeit angekommen sind – 13 Jahre nach PISA, nachdem wir es ins Stammbuch geschrieben bekommen haben, dass wir stärkere, eigenverantwortete Schulen brauchen.

Wir können auf funktionierende Konzepte zurückgreifen. Probieren Sie nicht so viel aus, holen Sie sich die Experten her, holen Sie sich die Schulen, die bereit sind, genau diesen Weg zu gehen – mit den Gemeinschaftsschulen haben Sie die ersten Schulen, die das gemacht haben –, und dann sind wir auch bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abg. Giegengack. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bläsner, ich finde es schon eine ganz schöne Zumutung und ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Aufmerksamkeit schenken würden. Denn das, was hier in Bezug auf die Eigenständigkeit unserer Schulen abgezogen wurde, ist schon ein Trauerspiel für die politische Kultur in diesem Haus.

Im Koalitionsvertrag steht: Wir wollen ein „Modellprojekt Eigenständige Schule“ initiieren. Ich fragte im Februar 2010 nach, wann dieses Modellprojekt denn nun eingerichtet wird.

Ich bekomme mitgeteilt, dass man prüft, ob das Modellprojekt eingerichtet wird, und zwar bis Ende 2011. Wir schreiben einen Antrag – Ende 2011 –, in dem wir die Staatsregierung auffordern, zum Schuljahr 2011/12 doch dieses „Modellprojekt Selbstständige Schule“ in Sachsen zu installieren. Dieser Antrag wird angehört, und Herr Bläsner hat jetzt auch noch die Frechheit gehabt, in seinem Redebeitrag aus unserer Anhörung zu unserem Antrag für sich zu zitieren, als dort der Sachverständige unseren Antrag für gut befunden hat. – Ich lasse keine Zwischenfrage zu, wir haben Zeitdruck, Herr Bläsner, das wissen Sie.

Dann brauche ich die Frage nicht zu stellen.

(Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der CDU: Dann kann sie so wichtig nicht sein!)

In der Stellungnahme zu unserem Antrag wird uns mitgeteilt, dass in Sachsen die Schulen schon ganz selbstständig sind. Ist Ihnen das überhaupt aufgefallen, was das Ministerium hierzu mitgeteilt hat?

Die Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage von mir aus dem Januar 2012 schießt dann den Vogel ab, als uns mitgeteilt wird: Es ist überhaupt kein „Modellprojekt Selbstständige Schule“ in Sachsen notwendig. – Ich kann Ihnen mitteilen, was dort – damals noch von Prof. Wöller – unterschrieben worden ist: „Die Prüfung ergab, dass auf die Durchführung eines eigenen Modellprojekts zur Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen im Freistaat Sachsen verzichtet werden kann, da in anderen Bundesländern bereits vielfältige Erfahrungen mit Modellprojekten zur Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen gesammelt werden konnten.“ – Aber wir machen jetzt kein Modellprojekt. Jetzt holen wir uns noch ein Gutachten ein.

Minister Wöller hat damals des Weiteren mitgeteilt: „Stattdessen wurde die Universität Kassel mit einem Gutachten beauftragt, in welchem der derzeitige Stand der Eigenverantwortung von Schulen im Freistaat Sachsen unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Bundesländer untersucht wird.“ – Da frage ich mich, warum die Universität Kassel untersucht, wie selbstständig unsere Schulen im Freistaat Sachsen sind. Das müsste doch unser Ministerium am besten wissen.

(Heiterkeit bei den LINKEN – Zuruf von den LINKEN: Hört, hört!)

Weiter geht es mit dem Gutachten: Wir fragen nach und bekommen ein Jahr später mitgeteilt, dass das Gutachten im April 2012 eingegangen ist. Die Antwort auf die Frage nach den Vorschlägen, die dort unterbreitet worden sind, sind so knappe Stichpunkte, dass sie jeglicher Information entbehren. Dem kann man überhaupt nichts entnehmen.

Dementsprechend frage ich im Ausschuss nach, ob wir denn das Gutachten einmal einsehen dürfen. Dort wird mir mitgeteilt: Das Gutachten ist gerade – ein Jahr,

nachdem es erstellt worden ist – zufällig auf dem Weg ins Kabinett, und danach wurden wir im Ausschuss informiert. Einen Monat später bekomme ich schriftlich von der Ministerin mitgeteilt, dass wir nicht über das Gutachten informiert werden, dass es nicht ausgeteilt wird, weil es nämlich der Vorbereitung des Regierungshandelns dient, und das ist geheim, das dürfen wir gar nicht sehen. Deswegen hat es Frau Stange in ihren Antrag geschrieben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Einen Monat nach dieser Mitteilung kommt die CDU/FDP-Koalition und reicht einen Antrag ein: Wir wollen jetzt bitte mal ein „Modellprojekt Selbstständige Schule“. – Also das ist wirklich ein absoluter Witz.

(Zuruf von der SPD: Strafprozess!)

Ja. – Wir sind uns alle einig, dass unsere Schulen auf jeden Fall mehr Selbstständigkeit brauchen. Ich brauche Ihnen das nicht auszuführen. Da sind wir uns einig. Wir wissen auch, dass es auf bestimmte Punkte begrenzt sein muss, und genügend Studien weisen uns nach, dass es sich sogar förderlich auf die Lernleistungen auswirken wird. Ich freue mich, dass es nun doch kommt. Ich werde ihm auch gerne zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Giegengack. – Herr Bläsner. Sie sind nicht einverstanden?

Ich möchte eine Kurzintervention machen. Ob ich einverstanden bin, werden Sie danach schlussfolgern können. Ich möchte in Bezug auf die Anhörung im Schulausschuss feststellen, dass ich Anhörungen lausche, unabhängig davon, wer sie beantragt hat, und ich mir das Recht herausnehme, auch daraus zu zitieren, unabhängig davon, ob es ein Antrag der GRÜNEN ist. Wir haben da ein entsprechendes Demokratieverständnis. Wenn das bei den GRÜNEN nicht der Fall ist, dann können Sie es für sich selbst entscheiden. – Vielen Dank.

(Oh! bei den GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Zuhören, zuhören!)

Frau Giegengack.

Es wäre einfach nur ein ganz kleiner Hinweis notwendig gewesen zu erwähnen, dass unser Antrag zur selbstständigen Schule angehört worden ist.

Das haben alle gehört. – Meine Damen und Herren, in der Aussprache spricht jetzt Herr Abg. Löffler für die NPD-Fraktion. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Überschrift des vorliegenden Antrags ist die Rede davon, die eigenverantwortliche Schule zu

stärken. Das geht natürlich nur dann, wenn derartige Schulen bereits vorhanden sind. In der Begründung heißt es dann aber: „Deshalb ist es in einem ersten Schritt notwendig, eigenverantwortliche Schulen in einem Modellprojekt zu erproben und innovative Vorhaben in der Unterrichtsgestaltung zu erarbeiten.“ Ja, was denn nun?

Tatsache ist, dass es die eigenverantwortliche Schule im Gegensatz zu einer Reihe anderer Bundesländer im Freistaat Sachsen bislang nicht gibt. Ist dieser Antrag in letzter Minute schnell zusammengeschrieben und deshalb so unausgegoren in den Geschäftsgang gebracht worden, oder sägt da jemand am Stuhl des schulpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion und schickt seinen Kollegen deshalb mit derartigen Anträgen und nicht auf das Thema zugeschnittenen Redebeiträgen wie beim letzten Mal ins Plenum?

Wie gesagt, das Thema eigenverantwortliche Schule ist nicht ganz neu. So fand es Anfang Mai 2013 in die Jahrestagung der „Gesellschaft zur Förderung Pädagogischer Forschung“, die in Kassel-Fuldatal stattfand, Eingang. Das Treffen stand unter dem Motto „Qualitätsentwicklung in eigenverantwortlichen Schulen – Zwischen administrativen Steuerungserwartungen und professionellen Verantwortlichkeiten“. Im Zentrum der Betrachtung standen Widersprüche, die in diesem Zusammenhang zunehmend erkennbar geworden sind. So sollen Schulen in eigener Verantwortung vor Ort nach Lösungen der jeweils spezifischen Probleme suchen und eigene Profile entwickeln.

Sie sollen sich aber zugleich an zentralen Vorgaben orientieren, die in Bildungsstandards festgeschrieben und durch Vergleichsarbeiten überprüft werden. Zudem werden alle Schulen von der Schulinspektion besucht, beobachtet und begutachtet.

Im Ergebnis sei beim Lehrkörper zunehmend ein Überdruss spürbar: Man habe doch eigentlich andere Probleme. – Aus Sicht der NPD-Fraktion handelt es sich dabei beispielsweise bekanntermaßen um die Mängel in der Ausstattung mit Personal, Raumkapazitäten und Ausstattung der Schulen sowie eine zunehmende Anzahl problematischer Schüler – und leider auch Eltern –; hinzu kommen Experimente wie die Inklusion.

Während im Bildungssektor um jeden Euro schon fast verzweifelt gerungen werden muss, legte der Freistaat bisher über 1 Milliarde Euro – das sind 1 000 Millionen Euro, das sind 2 000 Millionen D-Mark – auf den Tisch der Spekulanten, um für deren Verluste mit dem Geld der sächsischen Steuerzahler geradezustehen. Wie viel Gutes hätte mit diesem Geld für die Bildung, die Zukunft, den Wirtschaftsstandort und die Attraktivität unserer Heimat Sachsen getan werden können, wenn nicht die falschen politischen Weichenstellungen für größenwahnsinnige Geschäftsmodelle bei der Sachsen LB durch längst von der Realität abgehobene sogenannte Volksvertreter, die ihre eigene katastrophale Politik auch noch für alternativlos halten, geschehen wären?

(Beifall bei der NPD)

Doch die Überladung mit neuen Aufgaben der – Zitat – „schwächsten Einheit der Einzelschule“ und ihrer Mitarbeiter wurde auch in Kassel unter anderem von Prof. Dr. Böttcher, Uni Münster, angeprangert.

Mehr Freiheit für sächsische Schulen ist ein hehres Ziel. Doch dafür müssen Schulleitung wie Lehrer erst einmal den Kopf freibekommen. Die NPD-Fraktion lehnt diesen Antrag ab.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Unser Sächsisches Schulgesetz setzt von Anbeginn auf die eigene Verantwortung von Schule. Wir müssen die eigenverantwortliche Schule deutlich von der selbstständige Schule unterschieden. Ich spreche von der eigenen Verantwortung von Schulen. Diese beginnt bereits beim Schulprogramm.

Ich möchte dazu ganz kurz einige Ausführungen machen. Darin werden aus Erziehungs- und Bildungsauftrag unserer Schulen ganz konkrete Wirklichkeiten vor Ort. Das Schulprogramm, die Schulprogrammarbeit trägt dazu bei, sich über die Qualitätsansprüche an der Schule zu verständigen, den eigenen Entwicklungsstand der Schule realistisch einzuschätzen und eigene Schritte für die künftige Entwicklung systematisch, transparent und ganz überprüfbar zu planen. Schulprogrammarbeit an unseren Schulen ist die demokratische Schulkultur in Eigenverantwortung.

Die Strukturierung des Schulalltags, dessen Inhalte und Abläufe – Stichwort: Rhythmisierung, Blockunterricht, Fächerverbindungen – bestimmen die Schulen bereits eigenverantwortlich. Ich denke da an wunderbare fächerübergreifende Wahlgrundkurse zum Beispiel an unseren Gymnasien – gelebte Eigenverantwortung.

Darüber hinaus sind in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen zu einer vernünftigen Stärkung schulischer Eigenverantwortung schrittweise initiiert und umgesetzt worden. Zum Beispiel besteht seit 2005 für unsere Schulen die Möglichkeit, ein Schulkonto zu führen. In einem Modellprojekt – ich verwende jetzt einmal diesen Begriff – könnte in Zusammenarbeit mit der Kommune als Schulträger eine praktikablere Lösung als bislang bei der Führung eines Schulkontos erprobt werden.

Eine weitere Maßnahme, die wir zur Stärkung der schulischen Eigenverantwortung bereits eingeführt haben, ist unser Programm Unterrichtsversorgung. Die Schulen können damit selbst und sehr kurzfristig auf drohenden