Die Linksfraktion in unserem Nachbarland Brandenburg, die bekanntlich eine Landesregierung mitträgt, hat sich in der letzten Woche dem Vorschlag einer gesetzlichen Elementarschadenversicherung angeschlossen. Ich wünsche mir, dass sich auch die sächsischen Koalitionsfraktionen in der Frage bewegen.
Punkt 4: Ja, es mag einzelne Leute geben, denen ihre schöne Aussicht mehr wert ist als der Hochwasserschutz für die örtliche Gemeinschaft. Das ist ärgerlich. Ich warne allerdings davor, pauschal alle Kritiker konkreter Maßnahmen an den Pranger zu stellen. Erstens gibt es inzwischen schon Medienberichte über nachweislich zu Unrecht öffentlich Beschimpfte. Zweitens darf ich nicht in einem Rechtsstaat Leute anprangern, die Gesetze nutzen, die sie nicht selbst gemacht haben. Drittens – und das ist mir das Allerwichtigste: Der kritikwürdige Einzelfall darf nicht davon ablenken, dass im Freistaat Sachsen immer noch kein nachhaltiges Gesamtkonzept vorhanden ist.
Schon General von Kirchbach forderte vor zehn Jahren in seinem Bericht der unabhängigen Kommission der sächsischen Staatsregierung zur Flutkatastrophe 2002: Die Verantwortung für Deiche, Talsperren, Rückhaltebecken und Gewässerpflege im Hochwasserschutz muss in eine Hand gelegt werden. Genau das ist aber nicht geschehen.
Wir fordern heute erneut zu prüfen, inwieweit flussgebietsbezogene Wasserdirektionen eingerichtet werden können, die alle in einem Einzugsgebiet befindlichen Gewässer bei Hochwassermanagementplänen einbeziehen und notwendige Hochwasserschutzmaßnahmen gebündelt umsetzen.
Dazu passt dann Punkt 5. Zum Klein-Klein innerhalb des Landes gesellt sich leider die Kleinstaaterei bei der Hochwasserbekämpfung insgesamt. Im Rahmen der Föderalismusreform wurde der Bund aus dem Hochwasserschutz herausgedrängt, und nun hat die Elbe die ganz neue föderale Ordnung bei diesem Thema ad absurdum geführt, um nicht zu sagen hinweggeschwemmt. Hier gehört eine Korrektur sofort auf die Tagesordnung. Dass jedes Elbanrainerbundesland seine Deichhöhe selbst festlegt und dass das Wohl und Wehe der Bevölkerung am
Ende davon abhängig ist, ob im Landeshaushalt ausreichend Geld für Hochwasserschutz vorhanden ist, oder welcher Landesinnenminister für sie zuständig ist und ob er mit seinen Amtskollegen elbaufwärts rechtzeitig telefoniert – dieser Irrsinn muss vor der nächsten Flut beseitigt sein.
Das akut Allerwichtigste ist die Hilfe für die Betroffenen. Mit bis zu 8 Milliarden Euro wollen Bund und Länder helfen. Unsere Bundestagsfraktion hatte mindestens 10 Milliarden Euro für diesen Zweck verlangt. Sie sehen, wir sind für unsere Verhältnisse relativ nah beieinander. Gut, dass wir Bundestagswahljahr haben. Pech für die Betroffenen der Extremhochwässer von 2010, dass kein Wahljahr war. Das meine ich nicht zynisch, aber wir müssen langfristig Hilfs- und Vorsorgemodelle finden, deren Logik ausschließlich von Not und nicht von politischer Opportunität abhängen. Deshalb unterstützen wir die Idee einer nationalen Hochwasserkonferenz, wie der Ostkoordinator unserer Bundestagsfraktion das gestern vorgeschlagen hat.
Ich bitte darum, von Neuaufbau und nicht pauschal von Wiederaufbau zu sprechen. Ich habe vernommen, was der Ministerpräsident gerade erklärt hat. Städte wie Grimma und Meißen, um zwei stellvertretend zu nennen, haben historische Wurzeln, um derentwillen tatsächlich weitere Schutzmauern gebaut werden müssen. Dabei zeigt aber das Beispiel Meißen, dass selbst der bestmögliche Hochwasserschutz etwaige Schäden eindämmt, aber nicht vollständig verhindern kann. Hier ist eine Absenkung des Elbpegels durch mehr Überflutungsflächen die einzige Lösung. Dabei müssen wir uns bewusst werden, dass dies natürlich Entschädigungszahlungen vor allem für die Landwirte bedeutet.
Nicht alles aber sollte wieder aufgebaut werden. Öltanks zum Beispiel haben im Keller von hochwassergefährdeten Häusern nichts zu suchen; da hat der Ministerpräsident dieselbe Position wie wir. Bis heute erteilen aber Städte und Gemeinden Baugenehmigungen in potenziellen Flutzonen. Hier muss das 2002 angemahnte Umdenken mancherorts noch nachgeholt werden.
Ich möchte mich persönlich bei Herrn Staatskanzleichef Beermann ausdrücklich für die kollegiale Information in den Tagen des Hochwassers bedanken. Das ist Ausdruck intakter politischer Kultur, die wir uns auch für die Zeit nach dem Hochwasser bewahren sollten.
Die Menschen haben mit selbstloser Solidarität unter Beweis gestellt, dass sie keine Ellenbogengesellschaft wollen. Diesem guten Beispiel der Bevölkerung sollten wir hier im Landtag folgen, der Öffentlichkeit den üblichen Schlagabtausch ersparen und gemeinsam sachlich nach Lösungen suchen, um das Land künftig noch wir
Herr Gebhardt sprach für die Fraktion DIE LINKE. Es folgt jetzt für die CDUFraktion Herr Kollege Flath.
Herr Landtagspräsident! Herr Ministerpräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Natur fragt uns nicht, ob es uns gerade recht ist. Wir hatten einen extremen Winter. Wir hatten ein Frühjahr weitgehend ohne Sonne. Es gibt noch ein paar Landwirte im Raum, die eine Regel kennen: Im Herbst braucht es einen Tropfen Wasser, um einen Eimer Schlamm zu erzeugen. Im Frühjahr brauche ich in der Regel einen Eimer Wasser, um einen Tropfen Schlamm zu erzeugen. So ist der Normalfall. Aber was ist, wenn die Sonne nicht scheint, die im Frühjahr eigentlich trocknet, und es dafür regnet und regnet und regnet?
Als Landwirt habe ich mir die Gewohnheit bewahrt, wenn ich im Lande umherfahre, auf die Felder zu schauen. Wenn dann auf den Feldern das Wasser steht und es regnet und regnet, dann ist es auch ziemlich belanglos, ob irgendwo im Lande etwas versiegelt ist oder nicht. Dann läuft alles, was vom Himmel herunterkommt, weg. Eine solche Situation hatten wir. So gab es dann am Wochenende vor zweieinhalb Wochen diese Wetterlage, die immerzu neues Wasser vom Mittelmeer herangetragen hat. Da erinnere ich mich immer an meine gute naturwissenschaftliche Allgemeinbildung, die ich in meiner Jugend erlangte. Deshalb weiß ich um die Besonderheit Sachsens, um die besondere topografische Situation unseres Landes, durch die sich die Wolken aufs Gebirge schieben und dann alles Wasser abgeben, das sie transportieren. So ist es, ob es uns gefällt oder nicht. Wir müssen damit zurechtkommen.
In Katastrophensituationen sind nicht zuerst die Parlamente gefragt – der Landtag ist heute dran –, sondern zuerst die Administration. Mein Kompliment geht deshalb an die Bürgermeister, die Landräte und an unsere Regierung. Es hat insgesamt funktioniert.
Was wäre, wenn wir unsere Feuerwehren im Lande nicht hätten? Es ist wohl wahr, dass ihre Ausrüstung gelegentlich auch Geld kostet. Aber dieser ehrenamtliche Einsatz bewährt sich in solchen Stunden für jedes kleine Dorf, auch durch die örtliche Kenntnis der Kameraden. Deshalb kann ich mich nur dem Dank des Ministerpräsidenten und auch des Herrn Gebhardt anschließen. Das war eine große Leistung, die in Sachsen bei den Feuerwehren, den Rettungsdiensten, THW und der Bundeswehr vollbracht
Hinzugekommen ist, wie ich beobachten konnte, dass sich viele Jugendliche, als man sie irgendwann später in der Neustadt getroffen hat, davon erzählten, wie sie Hilfe selbst organisiert haben. Auch das sollte uns Mut machen, bei allen Problemen, die so eine Selbstorganisation manchmal verursachen kann. Aber dass Leute ohne Aufforderung sagen, dass sie mittun wollen, ist eine große Hoffnung aus dieser Hochwassersituation für unser Land. Dafür ein herzliches Dankeschön!
Auch in der Zeit, während die Katastrophe gemanagt werden musste, funktionierte die Regierung wie ein Uhrwerk.
Herr Landtagspräsident, Sie mussten manches außer Betrieb nehmen hier im Hause, das so nah an der Elbe steht und bei dem vieles nicht so alt wie die Staatskanzlei, sondern neugebaut ist – ich hoffe, der Architekt macht sich gelegentlich darüber Gedanken, ob er hier alles richtig gemacht hat.
Herr Landtagspräsident, insgesamt hat auch die Organisation hier im Haus, die Mithilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Abgeordneten großartig funktioniert. Die Flut hatte aber trotzdem zur Folge, dass wir zwei, drei Tage mehr oder weniger ohne Empfang waren. Dann kam das Ganze geballt von der Regierung. Das meine ich damit, wenn ich sagte, dass es wie ein Uhrwerk funktioniert hat.
Es hat sich auch ausgezahlt, dass wir viele kompetente Leute in der Verwaltung haben, die auf ihren Erfahrungsschatz zurückgreifen konnten. Das hat selbst die Thüringer veranlasst, manches von uns zu übernehmen. Das ist richtig.
Ich möchte dem Herrn Ministerpräsidenten und allen Ministern stellvertretend für die gesamte Landesverwaltung ein herzliches Dankeschön und unsere Anerkennung aussprechen.
Jedes Ressort verdient Anerkennung. Aber als ehemaliger Umweltminister habe ich besonders Frank Kupfer beobachtet und verfolgt.
Mein Kompliment dafür, wie du im Land unterwegs warst, wie deine Fachleute im Haus gearbeitet haben. Dabei ist es ganz gleich, ob sie die Hochwasserprognosen erstellten, hinter denen viel Erfahrung steckt, oder ob sie in der Landestalsperrenverwaltung arbeiten – wir sind ja ein sehr talsperrenreiches Land.
Ich wollte auf die Leute zu sprechen kommen, die wirklich Erfahrung haben. Wir haben in Sachsen in der Verwaltung, zum Beispiel in der Landestalsperrenverwaltung, bis hin zu den Universitäten weltweit anerkannte Spezialisten. Da wurde nicht, wie gelegentlich unterstellt wird, Herr Lichdi, ideologisch herangegangen. Nein, unsere Herangehensweise ist, dass wir dem fachlichen Rat folgen und dann natürlich als Politiker vor Ort die Diskussion führen.
2002 hat in Dresden die größte Zerstörung nicht die Elbe angerichtet. Das war damals die Weißeritz. Wir haben daraufhin das Management der Talsperre Malter geändert. Wir haben ein großes Regenrückhaltebecken errichtet. Auch für die Weißeritz wurde viel Geld verbaut. Manchmal hatten wir schon die Diskussion, ob dort nicht zu viel Geld in Beton gesteckt wird. Aber ich möchte sagen, es hat sich für die Menschen entlang der Weißeritz gelohnt.
Das Wasser hat diesmal hineingepasst. Auch der Streit hat sich immer wieder gelohnt. Es wirkt immer nach, wenn man Minister war. Immer wieder habe ich auch den Unmut mancher Datschenbesitzer an der Malter gespürt, die sich zu einem wunderschönen Naherholungszentrum auch für Dresden entwickelt hat, als wir damals den Wasserspiegel um, ich glaube 6 Meter abgesenkt haben. Aber es hat dazu gedient, dass Vorwarnzeiten verlängert werden konnten und das Wasser zurückgehalten werden konnte. Deshalb möchte ich anraten: Wir müssen diese Hochwasserschutzkonzepte, die nie auf den Sächsischen Landtag, auf die Semperoper, auf Cossebaude oder Laubegast ausgerichtet waren, nie auf ein einzelnes Gebäude oder einen einzelnen Ort ausrichten, sondern es sind Hochwasserschutzkonzepte. Dabei spielt rein physikalisch eine Rolle – hierzu kann ich ebenfalls wieder auf die naturwissenschaftliche Allgemeinbildung verweisen –: Wenn es gelingt, dass das Wasser nicht in die Innenstadt läuft, dann läuft es irgendwo anders hin.
Das ist das Natürlichste von der Welt, und deshalb muss ich darüber diskutieren und muss – was in den Hochwasserschutzkonzepten angelegt ist – Menschen dafür gewinnen, und in einer Demokratie ist es so, dass ich zunächst einmal Menschen nicht zwingen kann, sondern ich muss sie sehr mühsam gewinnen. Aber es hat sich bewährt, und ich wäre nicht dafür, dass wir all diese Hochwasserschutzkonzepte jetzt erst einmal auf Eis legen. Nein, wie unser Ministerpräsident es gesagt hat, sollten wir dort so weiter verfahren. Ich will auch anführen: Wir haben es seit 2002 bei den Haushaltsplänen, bei allen Diskussionen durchgehalten und wir wissen – daran sei erinnert –: Auch
Aber wir haben es durchgehalten, dass der Hochwasserschutz eine Priorität besitzt, und es wird auch nach diesem Ereignis so bleiben, und ich bin sehr dafür – wie ich der Vereinbarung entnommen habe –, dass die Umweltminister vereinbart haben, dass wir die Hochwasserkonzepte entlang der Elbe, die diesmal eine sehr große Rolle spielte, einmal daraufhin überprüfen, wo sie überall funktioniert haben. Dann werden wir feststellen: Weit überwiegend haben sie funktioniert. Jedes Hochwasser hat wieder eine völlig neue Situation. Das müssen wir einbeziehen. Dabei sind wir als Fraktion sehr offen für eine Diskussion, die stattfinden wird und bei der ich niemanden schroff zurückweisen will. Damit will ich wieder auf Sie, Herr Gebhardt, zurückkommen: Natürlich spielt es in der Extremsituation keine Rolle, wie viel wir in Sachsen versiegelt haben. Aber bevor es zur Extremsituation kommt, spielt es schon eine Rolle, ob wir uns damit abfinden. Wir haben es selbst als Fraktion auch in der Koalition immer wieder thematisiert: Es ist kein vernünftiger Weg, bei einer zurückgehenden Bevölkerungszahl immer mehr Flächen in Anspruch zu nehmen, und wenn wir sie schon in Anspruch nehmen, dann auch noch zu versiegeln. Das ist nicht vernünftig, darin sind wir uns durchaus einig.
Kommen wir zu den Planungsverfahren. Auch dort ist es natürlich so, dass es Vergleiche in Sachsen gibt. Natürlich ist es so, dass wir etwas realisieren konnten. Ich habe gestern Abend zum Parlamentarischen Abend der Wohnungswirtschaft mit dem Vertreter von Flöha am Tisch gesessen. Er hat verglichen, was 2002 war und was jetzt, im Jahr 2013, passiert ist. In Flöha hat sich das bewährt, aber es gibt auch Städte – Grimma wird immer wieder genannt, auch von Grimma selbst –, in denen es eben noch nicht funktioniert, und ich glaube schon, dass man daraus die Schlussfolgerung ziehen kann, ob wir nicht manches etwas schneller hinbekommen könnten; denn ich finde, unser Rechtsstaat ist dafür da, dass er die Rechte des Einzelnen schützt, und das achten wir in der Fraktion. Das Recht jedes Einzelnen, jeder Interessengruppe achten wir. Aber das muss doch nicht heißen, dass wir deshalb Entscheidungen in der Demokratie zehn, 15, 20, 25 Jahre – inzwischen bei manchen Planungsverfahren – hinausschieben. Das ist eher schädlich für die Demokratie.