Kommen wir zu den Planungsverfahren. Auch dort ist es natürlich so, dass es Vergleiche in Sachsen gibt. Natürlich ist es so, dass wir etwas realisieren konnten. Ich habe gestern Abend zum Parlamentarischen Abend der Wohnungswirtschaft mit dem Vertreter von Flöha am Tisch gesessen. Er hat verglichen, was 2002 war und was jetzt, im Jahr 2013, passiert ist. In Flöha hat sich das bewährt, aber es gibt auch Städte – Grimma wird immer wieder genannt, auch von Grimma selbst –, in denen es eben noch nicht funktioniert, und ich glaube schon, dass man daraus die Schlussfolgerung ziehen kann, ob wir nicht manches etwas schneller hinbekommen könnten; denn ich finde, unser Rechtsstaat ist dafür da, dass er die Rechte des Einzelnen schützt, und das achten wir in der Fraktion. Das Recht jedes Einzelnen, jeder Interessengruppe achten wir. Aber das muss doch nicht heißen, dass wir deshalb Entscheidungen in der Demokratie zehn, 15, 20, 25 Jahre – inzwischen bei manchen Planungsverfahren – hinausschieben. Das ist eher schädlich für die Demokratie.
Deshalb hat die Regierung die Unterstützung meiner Fraktion, wenn es darum geht, dass wir sinnvolle Maßnahmen, auch Gesetzesänderungen, die zur Vereinfachung und Beschleunigung beitragen, unterstützen, wenn wir es im Landtag brauchen oder wenn es die Regierung auch im Bundesrat vorantreibt. Das ist, denke ich, nützlich, auch im Sinne der Mehrheit in Sachsen.
Die Versicherungsfrage haben wir 2002 diskutiert, und wir werden sie auch heute diskutieren. Dabei sind wir offen für ganz verschiedene Argumente. Wir müssen es diskutieren, vor allem mit der Versicherungswirtschaft, und auch dort mit den Interessengruppen. Eine Interessengruppe sind für uns die Eigentümer, die Hausbesitzer, Eigentümergenossenschaften und -gesellschaften. Das müssen wir tun, denn wir müssen ein ausgewogenes Verhältnis von Versicherung und Eigenvorsorge des Eigentümers bzw. des Bürgers in die richtige Balance bringen.
Dass dies nicht unmöglich ist, zeigt uns gerade dieses Hochwasserereignis. Es gibt unzählige Geschichten – nur wenige finden in die Medien –, in denen die Menschen umsichtig gehandelt und ihre Keller oder die erste Etage beräumt haben, bevor das Wasser dort hineingeflossen ist, und damit die Schäden wesentlich minimiert haben, und wenn sie dann noch eine Versicherung haben, die das ersetzt... Dort, wo es nicht möglich ist, müssen wir diskutieren, ob wir zu besseren Lösungen kommen. Ob also wirklich die Pflichtversicherung das Patentrezept ist oder ob es noch andere Möglichkeiten gibt, ist heute noch nicht zu beantworten, aber dieser Diskussion stellen wir uns.
Herr Dulig, Sie schlugen vor, eine Ab- oder Umsiedlung vorzunehmen. Auch damit haben wir eine gewisse Erfahrung. Ich kann mich an die Diskussion um Röderau-Süd gut erinnern. Auch dort steht man als verantwortlicher Politiker, wenn es darauf ankommt, meistens allein, diese Sachen auszufechten, und gelegentlich empfehle ich uns immer wieder mal einen Blick auf die Landkarte, wie viele Gewässer es in Sachsen gibt. Sachsen ist ein Land, das hochwassergefährdet ist, und zwar durchgehend.
Ich muss mir einmal anschauen, wie groß ein Fonds sein müsste, wenn ich alles durchführe, was vielleicht zweckmäßig ist – zum Beispiel die Menschen zu einer Umsiedlung bewegen –, und dann muss ich mich fragen, wer in diesen Fonds einzahlt. Sollen das jene sein, die zuletzt vielleicht im Winter vom Tornado getroffen worden sind und sagen: Die ganze Wohnbebauung auf dem Berg schützt mich im Extremfall bei Sturm eben gerade nicht? Ich will nur damit andeuten: Wir müssen diese Probleme diskutieren, aber ein Patentrezept wird es nicht geben.
Was ist als Nächstes zu tun, meine Damen und Herren? Die finanzielle Solidarität muss organisiert werden. Dort ist die Regierung dran. Dort ist auch unser Ministerpräsident dran. Ich finde es auch richtig, dass Du heute hier die Priorität gesetzt hast, aber ich will einflechten – weil Sie, Herr Gebhardt, die Diskussion genutzt haben, gleich mal auf die Beamten und die Übernahme des Tarifergebnisses zu sprechen zu kommen –: Wenn Sie Solidarität organisieren, dann ist ein Argument natürlich auch: Wie gehen andere Länder, von denen wir jetzt Hilfe haben wollen,
damit um? Es gibt auch ein Bundesland, in dem Sie mitregieren, und es gibt Länder, in denen die SPD oder die GRÜNEN mitregieren, und es ist ein Argument: Wenn dort das Tarifergebnis der Angestellten nicht eins zu eins – nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich – umgesetzt wird, dann müssen wir auch dort maßvoll damit umgehen. Damit bitte ich Sie um Verständnis, aber natürlich auch die betroffene Berufsgruppe.
Also: Solidarität organisieren, Wiederaufbau gestalten. Auch dort hat unsere Fraktion großes Vertrauen in Herrn Dr. Jaeckel, der dies nun gemeinsam mit den Kommunen mit viel Erfahrung managen wird, und wir wollen nicht vergessen, für Sachsen zu werben. Sachsen ist ein Industrieland, ein Wirtschaftsland, aber eben auch ein Ferienland, und diese stehen unmittelbar bevor. Kommen Sie nach Sachsen! Sachsen ist ein schönes Land mit sehr tüchtigen Menschen, die sich gerade eben bewährt haben, die es jetzt aber auch verdienen, dass Pensionen und Hotels wieder belegt und Gaststätten wieder besucht werden.
Abschließend möchte ich sagen: Die Natur fragt uns nicht. Wir Menschen, wir Sachsen sollten die Natur fragen. So geht sächsisch.
(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Arne Schimmer, NPD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Das war der Abg. Flath. Er sprach für die CDU-Fraktion. Nun spricht für die SPDFraktion – – Ich sehe an Mikrofon 7 eine Kurzintervention. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte gern vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen, einfach deshalb, weil im Redebeitrag des Kollegen Flath soeben wieder erstaunlich wenig zu konkreten Fragen zu vernehmen war.
Was ist denn nun eigentlich mit der Hilfe aus dem EUSolidaritätsfonds? Wir hatten in den letzten zwei Wochen einen unschönen Streit zwischen dem EU-Kommissar für Regionalplanung, Johannes Hahn, und dem EU
Kommissar für finanzielle Planung, Janusz Lewandowski, mitbekommen. Herr Lewandowski hat gesagt: Es gibt überhaupt keine Gelder aus diesem EU-Fonds.
Wir als NPD sagen natürlich: Solidarität darf keine Einbahnstraße sein. Wir hätten gern gewusst, wie sich diese ganze Geschichte weiterentwickelt hat. Wie sieht es denn jetzt aus mit dem Fluthilfefonds?
Gestern läuft über den Ticker, dass die Finanzierung dieses Fluthilfefonds weiterhin ungesichert ist, dass sich also die Länder und der Bund streiten.
Die Länder wollen nachvollziehbarerweise die Finanzierung über den Fonds Deutsche Einheit und die aufgelaufenen Zinseinnahmen für die Fluthilfeschädenbeseitigung mit nutzen. Der Bund blockt bislang ab. Allerdings hat der Bund anscheinend genügend Mittel, sodass Bundesfinanzminister Schäuble Anfang Juni noch einmal
Wir sagen: Das kann einfach nicht sein, das ist wirklich unsolidarisches Verhalten. Solidarität darf keine Einbahnstraße sein. Wir müssen uns jetzt darauf verlassen können, dass EU-Gelder endlich einmal auch nach Deutschland zurückfließen.
So, wie Sie inhaltlich herangehen, ist es falsch. Aber es ist auch in der Tonlage falsch. Denn wir befinden uns in Sachsen nach diesem schweren Hochwasser in einer besonderen Situation.
Wir halten es immer so: Es mag vieles an der Europäischen Union zu kritisieren geben, auch an anderen Bundesländern – und das tun wir gelegentlich auch –, aber doch nicht in dieser Situation.
In einer Situation, in der ein Land wie Sachsen in einer Notlage ist, hat sich die Europäische Union immer – und so auch dieses Mal – außerordentlich korrekt und solidarisch gezeigt. Der Bund hat noch während der Katastrophe signalisiert, dass er uns unterstützt. Die anderen Bundesländer – auch das sei gesagt – verwehren sich doch nicht der Solidarität. Was jetzt im Augenblick besprochen und worüber gestritten wird, ist, dass man eine richtige und faire Lösung dafür findet.
Ich will noch einmal zusammenfassen: Sowohl inhaltlich als auch in der Tonlage ist Ihre Reaktion völlig falsch.
(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok – Jürgen Gansel, NPD: Ja nicht die EU in die Pflicht nehmen, Herr Flath! Zahlen, nicht fordern!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Bürgerbüro liegt in der Meißner Altstadt. Wir sind, nachdem die Nachricht
gekommen ist, dass das Hochwasser langsam die Straße hochkommt, der Aufforderung gefolgt und haben ausgeräumt. Man wusste eben nicht, wie es am nächsten Morgen aussehen wird. Das Wasser stand genau bis zu meiner Tür und ist nicht hineingekommen.
Ich sage Ihnen: Selbst wenn mein Bürgerbüro abgesoffen wäre, scheißegal! Scheißegal! Wenn ich sehe, was meine Nachbarn erlebt haben, dann sage ich Ihnen: Bei denen ging es um Existenzen. An dem Tag, an dem wir angefangen haben auszuräumen, hat der Laden rechts neben mir ausgeräumt, einen Zettel angebracht, sich bei seiner Kundschaft bedankt und den Laden für immer geschlossen. Er hat in dem Moment aufgegeben.
Die Frau vom Laden links neben mir hat unter Tränen ausgeräumt, weil sie immer noch unter dem Eindruck von 2002 stand. Sie hatte das noch nicht verkraftet, weder emotional noch finanziell. Es war eine Einzelhändlerin, die sich wie so oft nur knapp über dem Existenzminimum am Leben hielt.
Die Zahnärztin in Pirna hatte zwei Wochen vorher die Praxis eröffnet und mit hohen Krediten die Ausstattung finanziert. Innerhalb von zwei Wochen steht sie vor dem Nichts.
Es ist zwar alles regulierbar, aber was ist mit den Menschen? Wir müssen bei der Debatte aufpassen. Wir sollten nicht so tun, als würde es in Sachsen nur die Elbe und die Mulde geben. Genauso ist in vielen Ländern und Orten durch die sogenannten Gewässer II. Ordnung massiver Schaden entstanden.
In Hainichen habe ich eine Familie kennengelernt, wo die ach so Kleine Striegis im Erdgeschoss durch das eine Fenster hindurch ist, das gesamte Erdgeschoss ausgeräumt hat und durch das andere Fenster hinaus ist. Das Haus ist unbewohnbar. Die Familie wohnt trotzdem drin, das Haus ist ihr Eigentum. Sie sind sozusagen obdachlos im eigenen Haus. Klar haben sie noch das Dach über dem Kopf, aber sie haben trotzdem erst einmal alles verloren.
Das, was ich in diesen Momenten immer wieder gehört habe, war: Was sollen wir jetzt machen? Egal, ob das die Aussagen waren vor der Flut, weil man eben nicht wusste, was passiert, oder wenn man mit den Schäden konfrontiert war. Was sollen wir jetzt tun?
Wenn man mit solchen Schicksalen konfrontiert ist, dann weiß man, dass man Prioritäten anders setzen muss. Der Frage, was zu tun ist, hat sich die Regierung auch gestellt. Ja, es ist die Stunde der Exekutive. Es ist nicht die Stunde, in der man in Koalition und Opposition einteilen und gar politisches Kapital schlagen kann aufgrund der Hochwassersituation.
Zu dem, was in den Behörden und Verwaltungen getan wird, sage ich: Ich habe sehr engagierte Bürgermeister kennengelernt, die sehr professionell gearbeitet haben. An dieser Stelle sei gesagt: Sie haben einen ordentlichen Job gemacht, sie haben das gut gemacht. Das sage ich Ihnen hier sehr deutlich: Bei allen Fehlern, die auch passiert sind, haben sie einen guten Job gemacht.
Trotzdem kann es nicht eine politikfreie Zeit sein. Politik muss zum Tragen kommen. Politik muss in dieser Zeit Handlungsfähigkeit zeigen.