Sehr geehrter Herr Kollege Zais, der Platz, den der Freistaat Sachsen belegt, ist sehr erfreulich. Wenn man sich die aktuelle Entwicklung – April 2013 – anschaut,
kann man feststellen, dass die Zahl der Aufstocker im Bundesland Sachsen-Anhalt 15 % beträgt, während sie in Sachsen 12 % beträgt. Die These vom Spitzenreiter ist damit also schon widerlegt, sehr geehrter Herr Kollege Zais.
Entscheidend ist doch aber für die Perspektive unseres Bundeslandes und für die Perspektive der Menschen im Freistaat Sachsen, wie die Entwicklung verläuft. Schaut man sich die Werte von April dieses Jahres im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2012 an, stellt man fest, dass die Abnahme in Sachsen-Anhalt 0,5 Prozentpunkte, in Brandenburg 0,6 Prozentpunkte, in Thüringen 0,7 Prozentpunkte und in Sachsen 0,9 Prozentpunkte betrug. Wir sind bezüglich des Rückgangs der Aufstocker in Mitteldeutschland der Spitzenreiter. Das ist die Wahrheit in dieser Diskussion.
Übrigens: In all diesen Bundesländern – weil die heutige Debatte von der SPD beantragt wurde – regiert die SPD mit.
Wenn man einmal in Richtung Westdeutschland, nach Nordrhein-Westfalen oder ins Saarland, wo Rot-Grün regieren, schaut, stellt man fest, dass es dort eine andere Situation gibt.
Schauen wir uns einmal die Entwicklung dort an, wo Sozialdemokraten Verantwortung tragen, wo sie nicht nur Sprüche klopfen, sondern an ihren Taten gemessen werden können.
In Nordrhein-Westfalen stagniert die Zahl der Aufstocker. In Sachsen geht sie um 0,9 % zurück. Das ist Arbeitsmarktpolitik à la SPD Nordrhein-Westfalen.
Im Saarland hat die Zahl der Aufstocker im April 2013 im Vergleich zum Jahresdurchschnitt von 2012 um 0,1 % zugenommen, in Sachsen um 0,9 % abgenommen. Hier sieht man die Unterschiede bei der Arbeitsmarktpolitik von Rot und Grün im Vergleich zu CDU und FDP im Freistaat Sachsen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen die Menschen befragen und das Verhalten der Menschen betrachten, denn dann sehen wir, wie die Menschen diese Entwicklung bewerten. Im Freistaat Sachsen gab es im letzten Jahr einen positiven Wanderungssaldo von über 11 000 Personen. Interessanterweise war er im Vergleich zu all unseren Nachbarländern – Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen – auch positiv. Das sind genau die Bundesländer, die eine schlechtere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hatten. Sie sehen, die Menschen stimmen auch hier mit den Füßen ab. Interessanterweise gibt es gerade in Bezug auf Nordrhein-Westfalen und das Saarland einen positiven Wanderungssaldo. Aus diesen Bundesländern kommen die Menschen in den Freistaat Sachsen.
Bestimmt wegen der Lohnhöhe, bestimmt wegen der guten Arbeitsbedingungen und weil sich der Arbeitsmarkt bei uns positiv entwickelt
bzw. bei Ihrer SPD-Verantwortung in NordrheinWestfalen negativ. Das ist die Wahrheit der Diskussion.
Es ist in der Debatte schon angesprochen worden: Die Lebenshaltungskosten in Deutschland sind unterschiedlich. Spitzenreiter ist die Stadt München mit 114 % des Bundesdurchschnitts. Am anderen Ende stehen die Landkreise Tirschenreuth und Regen mit ungefähr 84 % der Durchschnittskosten. Da ist eine Spreizung von über 25 %. Wenn es eine solche Spreizung bei den Lebenshaltungskosten gibt, dann muss natürlich auch der Lohn entsprechend differenziert sein. Das ist ganz klar die Aussage bzw. die These gegen einen von Ihnen geforderten bundeseinheitlichen, gesetzlichen und politisch festgelegten Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro; denn dieser Lohn wird den besonderen Bedingungen der verschiedenen Regionen in der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht, sehr geehrte Damen und Herren.
Herr Präsident! Herr Staatsminister, da Sie sich mit dem Zahlenapparat sehr intensiv auf die Aktuelle Debatte vorbereitet haben, können Sie mir vielleicht Auskunft darüber geben, in welche Branchen die 11 000 Äppelstückchen Zuwanderer nach Sachsen zugewandert sind. Sie haben festgestellt, dass die wegen der guten Lohnentwicklung nach Sachsen gekommen sind. Wo finden Sie denn die gute Lohnentwicklung, und wohin sind die zugewandert?
Sehr geehrter Kollege Stange, die amtliche Statistik bietet die Zahlen nicht auf Branchen abgebildet, deshalb sind sie in der amtlichen Statistik nicht vorhanden, und deswegen kann man das hier auch nicht entsprechend vortragen.
In den Gesprächen mit den Unternehmen, die ich führe, wird mir jedoch berichtet, dass sie den Freistaat Sachsen aufgrund einer schwierigen Arbeitsmarktsituation verlassen haben und wieder zurückkommen. Ich möchte einige Beispiele dafür nennen, dann wird auch deutlich, welche Branchen das betrifft.
Ein Beispiel wäre die Automobilbranche. Es war die Firma Porsche, die darüber berichtete, dass es erhebliche Rückkehrerzahlen in den Freistaat Sachsen gibt. Ich habe aber auch von einer hier ansässigen Papierfabrik – also eine ganz andere Branche – erfahren, dass es Rückwanderer gibt, die in den Freistaat Sachsen zurückkehren. Wir hatten die Präsentation der Wanderungssalden beim Unternehmen Globalfoundries vorgenommen. Auch die
haben von entsprechenden Effekten berichtet. Sicherlich gehört Globalfoundries nicht zu denen, die einen Mindestlohn bezahlen, sondern da sind die Vergütungen ganz anders. Auch das macht deutlich, wie falsch die Debatte ist, die Sie in diesem Zusammenhang führen.
Andere Erkenntnisse als die aus den Gesprächen mit Globalfoundries erbringen Journalisten, die Familien gefragt haben, was das Hauptargument für die Entscheidung gewesen ist, in den Freistaat Sachsen zurückzukehren.
Da hat der Ehemann spontan geantwortet: Wir wollten auf jeden Fall, dass unser Kind in Sachsen eingeschult wird.
Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten Sie sich einmal bei der Debatte, die wir im Freistaat Sachsen über das Bildungssystem führen, überlegen.
Lassen Sie mich in meinem Redebeitrag fortfahren. In Frankreich – das ist schon angesprochen worden – gibt es einen Mindestlohn, der deutlich über 9 Euro liegt. In Polen jedoch gibt es einen Mindestlohn in Höhe von 2,10 Euro und in Tschechien einen in Höhe von 1,96 Euro. Es ist selbstverständlich, dass das insbesondere im grenznahen Bereich einen Einfluss auf Arbeitsplätze haben würde, wenn wir im Freistaat Sachsen – wie von Ihnen politisch gefordert – 8,50 Euro festlegen würden. Die Arbeitsplätze würden in das benachbarte Ausland abwandern. Das kann doch nicht das Interesse der Politik im Freistaat Sachsen sein: dass wir politisch im Parlament einen Mindestlohn festlegen und die Menschen im Freistaat Sachsen die Arbeit verlieren, weil die Arbeitsplätze nach Polen und Tschechien abwandern. Wir wollen, dass die Menschen im Freistaat Sachsen Arbeit haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn Sie sich einmal die Lohnentwicklung der tatsächlichen Ist-Vergütungen im verarbeitenden Gewerbe und in der Industrie in Deutschland anschauen, dann stellen Sie fest, dass der Freistaat Sachsen in den letzten Jahren immer und immer wieder Spitzenreiter gewesen ist. Das heißt, bei uns gibt es die größten Anstiege in der Lohnentwicklung. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Auch das ist ein Grund, warum die Menschen nach Sachsen kommen: weil die Entwicklung in Sachsen positiv ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben von Kollegen Brangs gehört, dass solche Aktuellen Debatten einen gewissen Effekt haben sollen bzw. haben können, weil durch beständiges Wiederholen ein Erkenntnisgewinn eintritt. Manchmal haben wir solche Effekte. Ich bin sehr zufrieden damit, dass der Kollege Kind in seinem Wortbeitrag bestätigt hat, dass wir in Sachsen eine erfolgreiche Koalition haben. Man sieht: Durch ständiges Wiederholen wird auch den LINKEN deutlich, wie gut CDU und FDP hier im Freistaat Sachsen arbeiten.
Herr Kollege Brangs, Sie haben in der Debatte angeführt, dass Ihre SPD in Sachsen die Ersten waren, die mit den Plakaten für den Mindestlohn nach außen gegangen sind. Wenn Sie mit dieser Forderung ein wichtiges Thema ergriffen hätten, das die Menschen im Freistaat Sachsen bewegt,
dann hätten doch die Menschen im Freistaat Sachsen, weil Sie die Ersten gewesen sind, die sächsische SPD mit dem besten Wahlergebnis aller Landesverbände in Deutschland belohnen müssen.