Protocol of the Session on May 15, 2013

Kollege Mackenroth sprach für die CDU-Fraktion. – Es folgt nun für die Fraktion DIE LINKE Kollege Scheel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! In der Tat ist das ein aktueller Fall, aber, Herr Mackenroth, ich kann Ihnen nicht recht geben. Es ist ein altes Thema, mit dem wir uns beschäftigen, und nicht nur auf einem aktuellen Hintergrund basierend. Darauf hat nicht zuletzt

Sie haben kurz darauf hingewiesen – auch der Bundesrat am 3. Mai 2013 in seiner Entschließung mit der Nummer 338 hingewiesen; denn er stellt fest: Steuergerechtigkeit und faire Finanzierung des Gemeinwesens sind wesentliche Grundlagen eines soliden Staatswesens.

Es gab irgendwann einmal den Ausspruch, zwei Dinge im Leben seien sicher: der Tod und die Steuer.

(Antje Hermenau, GRÜNE:... und die Renten!)

Wenn der Eindruck entstehen sollte, dass in der zweiten Frage nicht mehr Sicherheit vorhanden ist, dann ist die Frage berechtigt, die sich jeder stellt: Bin ich der Dumme, wenn ich meine Steuern ehrlich zahle? Das ist das alte Thema, um das es sich hier dreht. Diesen Eindruck kann sich kein Staat leisten – weder Sachsen noch die Bundesrepublik –: dass Steuergerechtigkeit nur für diejenigen gilt, die abhängig beschäftigt sind, und alle, die es sich leisten können, suchen sich Auswege.

Insofern stellen wir fest – das ist, wie gesagt, ein altes Thema –, dass sich in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten, muss man sagen, ein System der Gier entwickelt hat, in dem Vermögende, Banken sowie einzelne Staaten einen Pakt geschlossen haben, gemeinsam Steuervermeidung oder Steuerflucht zu sanktionieren und für sich in Anspruch zu nehmen, nach ihrem Gutdünken Steuern zu zahlen. Und ja, ich denke, darin sind wir uns zumindest alle einig: Steuerflucht bzw. Steuervermeidung ist eine Straftat.

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Steuervermeidung nicht!)

Entschuldigung! Steuerbetrug – Sie haben recht – ist und bleibt eine Straftat, und natürlich würde sich – die Frage der Selbstanzeige ist gestellt – so mancher HartzIV-Betroffene und so mancher BAföG-Empfänger freuen, der vielleicht als reuiger Sünder ebenfalls gern dieses Luxusgut in Anspruch nehmen würde, wenn er diese Möglichkeit der Straffreiheit bei Selbstanzeige hätte. Zumindest hatte ein Kollege der Union im Bundestag diese Debatte gerade angestoßen. Insofern müssten Sie, wenn Sie schon davon sprechen, gleiches Recht für alle gelten lassen.

Aber das Problem, das bei diesem System der Gier entstanden ist, ist, dass es sich um einen ungleichen Kampf handelt. Sie sagen: Wir dürfen nicht den Rechtsbruch in anderen Staaten unterstützen. Aber was tun denn Staaten wie die Schweiz? Unterstützen sie nicht auch den Rechtsbruch in Deutschland durch ihre Politik, keine Auskunft zu geben, welcher deutsche Staatsbürger welche Mittel am Fiskus vorbei in die Schweizer Banken schafft? Ist das nicht die gleiche Form der Unterstützung krimineller Handlungen in anderen Staaten? Ich sage: Ja, das ist die gleiche Form. Insofern müssen wir in diesen ungleichen Kampf auch diese Debatte um die CDs, die hier gerade so herumwabern, aufnehmen. Es ist die gleiche Möglichkeit, jener habhaft zu werden, die sich dem Fiskus entziehen – außer, wir würden ausreichend Finanzbeamte zur Verfügung stellen – das ist die Verantwor

tung des Freistaates und der Finanzverwaltung –, um dem nachzukommen.

Allerdings befinden wir uns trotzdem weiterhin in diesem ungleichen Kampf, und ich weise darauf hin – auch hier Bezug nehmend auf die Bundesratsentscheidung –: Wir müssen dafür sorgen, dass das EU-Zinsgesetz, das in vielen europäischen Staaten gilt, endlich ausgeweitet wird. Es kann doch nicht sein, dass nur diejenigen, die als Privatpersonen fungieren und ihre Spareinlagen ins EUAusland geschafft haben, unter das EU-Zinsgesetz fallen, aber alles, was an Dividendenerträgen und Fondsausschüttungen stattfindet, wenn es über Körperschaften läuft, einfach überhaupt nicht erfasst wird.

Hier muss eine Ausweitung her, und ich bin sehr froh, dass auf europäischer Ebene Bewegung in dem Geschäft ist. Ich bin sehr froh, dass es sogar zur Chefsache gemacht wird, dass diese Frage endlich einmal gelöst wird, dass sich Staaten untereinander gegenseitig die Informationen darüber geben, wo welches Geld hinläuft, damit diesen kriminellen Handlungen endlich Einhalt geboten wird und nicht einzelne Staaten für sich in Kauf nehmen zu sagen: Wir haben eine etwas andere Sichtweise auf die Welt. Wir sagen, unser Bankgeheimnis ist uns heilig; und das ist die einzige große Monstranz, die sie vor sich hertragen. Wir sagen: Nein, das darf nicht sein, weil am Ende anderen Staaten dadurch die Möglichkeit der Finanzierung des Staatswesens teilweise genommen wird.

Deshalb unterstütze ich die Bundesratsentscheidung, die gerade gefallen ist, und zwar in allen Punkten: erstens, was die Abschaffung der Straffreiheit betrifft. Es ist bereits ein Entschluss des Bundesrats, die Straffreiheit abzuschaffen, da der Bundesrat festgestellt hat – wenn Sie es vollständig gelesen haben, Herr Mackenroth –, dass sich dieses Mittel, das 2011 eingeführt wurde, nicht als sinnvoll erwiesen hat.

Zweitens sagten Sie, wir müssen die Verjährungsfristen für diese Fälle endlich ausweiten; denn im Moment läuft uns die Zeit davon. Mit jedem Tag, an dem wir nicht zu Einigkeit kommen, verjähren mehr kriminelle Handlungen und Steuerverbrechen. Nun können Sie nicht kommen und sagen, mit dem Schweizer Abkommen hätte man alles gelöst; denn es gibt viele Ungerechtigkeiten mit diesem Fall.

Wir müssen zu einer Einigung kommen, dass es Informationsaustausch mit der Schweiz gibt, und zwar mit Personen: Ross und Reiter nennen und nicht einfach nur irgendeine pauschale Abgeltung herstellen; und es muss auch wieder Schwarze Listen geben. Das war ein gutes Mittel. Wir sollten diese Schwarzen Listen wieder einführen und die Länder ebenfalls mit Ross und Reiter benennen, die sich der Beihilfe zur Steuerflucht schuldig gemacht haben.

Eine Regelung, auf die der Bundesrat hingewiesen hat, finde ich sogar sehr vernünftig: dass wir endlich Regeln finden müssen, dass die Beihilfe von Banken beim Steuerbetrug auch strafbewehrt wird, dass wir Sanktionen gegen diese Banken finden – bis hin zur Aufhebung der

Banklizenz. Ich finde, das ist eine sehr gute und richtige Entscheidung, die der Bundesrat gefasst hat. Insofern kann ich nur hoffen, dass dieses alte Thema auch mit der Dynamik der jetzt stattfindenden europäischen Debatte endlich eine Lösung erfährt und wir zu einem guten und regen Informationsaustausch kommen, der dann auch der Steuerfahndung die Arbeit mehr als nur erleichtert und mit dem wir endlich wieder Gleichheit in der Auseinandersetzung Steuerfahndung gegen Steuerbetrüger hergestellt haben. Wir werden dem Antrag zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Schimmer, eine Kurzintervention? – Bitte schön.

Ja, besten Dank, Frau Präsidentin. – Ich wollte zu der Auffassung des Kollegen Scheel Stellung nehmen, dass man Steueroasen eigentlich nur bekämpfen könne, indem man CDs mit Daten ankauft. Unseres Erachtens ist es weit wirkungsvoller, wenn man die heilige Kuh Kapitalverkehrsfreiheit angeht und den Kapitalverkehr mit Steueroasen kontrolliert, Banküberweisungen an Steueroasen besteuert und den gesamten Kreditkartenverkehr mit Steueroasen kontrolliert, sodass dann der Diebstahl öffentlichen Eigentums in sogenannten Offshore-Finanzplätzen weit wirkungsvoller bekämpft werden kann als über den punktuellen Ankauf von DatenCDs, die ohnehin nur Zufallstreffer ermöglichen.

Deshalb ist unsere Auffassung, dass man den Ruin der Steuerbasis in Deutschland relativ leicht verhindern kann, wenn man wieder auf nationale Lösungen zurückgreift und die Kapitalverkehrsfreiheit mit Steueroasen einschränkt. – Besten Dank.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDP Herr Biesok, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag spricht mir aus dem Herzen, wenn er feststellt, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die in einem Rechtsstaat verfolgt werden muss, und ich stimme mit Ihnen vollkommen überein, dass ein handlungsfähiger Staat seine Finanzierung zwingend über Steuern erheben muss und sich keiner vor der Zahlung der Steuern drücken darf.

Die Berichtspunkte Ihres Antrages decken sich zum Teil mit einer Kleinen Anfrage, die bereits beantwortet ist, und einer weiteren, die ich gestellt habe. Das ist für mich auch der richtige Umgang mit dem Informationsbedürfnis. Einen eigenständigen Antrag brauchen wir hierfür nicht.

Schauen wir uns den Antrag einmal etwas näher an. Sie schreiben in der Überschrift etwas von sozialer Gerechtigkeit. Tatsächlich geht es Ihnen nicht um die soziale Gerechtigkeit, die Steuergerechtigkeit bedingt. In Ihrem

Antrag fordern Sie – entgegen der Überschrift – kein faires und einfaches Steuerrecht. Ihnen geht es darum, Steuermehreinnahmen für den Staat zu generieren. Die Beschlüsse der SPD und der GRÜNEN in Bezug auf das Wahlprogramm haben es deutlich gezeigt. Wir haben es heute Morgen entsprechend erörtert.

Der Fall des Uli Hoeneß hat Ihnen dafür eine Steilvorlage geliefert. Wenn dessen Steuerhinterziehung zum schlimmsten möglichen Kapitalverbrechen hochgeredet wird, blenden Sie aus, dass die heutigen Rekordsteuereinnahmen immer noch nicht ausreichen, um die Geldgier des Staates vollständig zu befriedigen. Steuerhinterziehung wird zu Recht hart bestraft. Die Steuerverschwendung bleibt aber komplett sanktionslos.

Neue Steuereinnahmen sollen nach Ihrem Politikverständnis dazu dienen, neue Ausgaben zu finanzieren, anstatt Schulden abzubauen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege Biesok, mich würde Folgendes interessieren: An welcher Stelle unseres Antrages lesen Sie etwas von Steuermehreinnahmen? Wie kommen Sie darauf, dass die dem Staat zustehenden Steuern, die er festgesetzt hat, etwas mit Steuermehreinnahmen im Sinne von Steuererhöhungen – abgesehen davon, dass dieses Wort im Antrag auch nicht vorkommt – zu tun haben?

Das ist eine Gesamtdiskussion, die Sie führen. Sie nehmen ein aktuelles Beispiel, um die Reichen wieder nach vorne zu schieben und zu sagen, dass sie die Bösen sind, weil sie Steuern hinterziehen. Ich möchte nicht legitimieren, was große Steuerhinterzieher getan haben. Das ist strafbar und muss entsprechend verfolgt werden. Sie nutzen es aber aus, um es in Ihre politische Diskussion einzubetten und zu sagen, dass wir eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes benötigen, um Großverdiener entsprechend abzocken zu können.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Bürgerrechte sterben in kleinen Schritten. Das ist meist dann der Fall, wenn Moralisten das Gewissen ansprechen. Herr Kollege Pecher hat das in seinem Beitrag ganz genauso gemacht. Er sagte, dass es das Gerechtigkeitsempfinden gebietet, diese CDs anzukaufen.

(Mario Pecher, SPD: Ja!)

Wir halten im Sächsischen Landtag im Zusammenhang mit innen- und rechtspolitischen Themen den Datenschutz und das Rechtsstaatsprinzip sehr hoch. Wenn es darum geht, Steuersünder zu jagen, schmeißt die SPD diese Rechtsstaats- und Datenschutzprinzipien komplett über Bord.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Die SPD ist sogar bereit, mit kriminellen Datenhändlern zu kooperieren.

Ich möchte einmal folgendes Beispiel nennen: Ich möchte nicht wissen, was passieren würde, wenn Innenminister Ulbig Daten-CDs mit Namen von Mitgliedern von „Sturm 34“, „Skinheads Sächsische Schweiz“ oder NPD, aus Steuermitteln gekauft, von einem V-Mann hätte, um damit die Nazis effektiver bekämpfen zu können. Was meinen Sie, was im Landtag los wäre? Das wäre nicht in Ordnung gewesen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Herr Brangs, bitte.

Lieber Kollege Biesok, wie bewerten Sie das rechtsstaatliche Verhalten des Freistaates in der Vergangenheit, als er sich am Ankauf von CDs beteiligt hat?

Ich persönlich lehne einen Ankauf von CDs ab, weil es sich um den Erwerb von rechtswidrig erlangten Daten handelt.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Stefan Brangs, SPD: Oh, das ist aber interessant!)

Meine Damen und Herren! Wir im Parlament sollen beschließen, dass bei superreichen Steuerpflichtigen illegale Daten angekauft werden. Das ist mit meinem Rechtsstaatsempfinden nicht zu vereinbaren. Für Sie ist es ein geeignetes und legitimes Mittel, um Steuerkriminalität aufzuklären und schlicht Hehlerei zu betreiben.

Gemäß § 259 des Strafgesetzbuchs macht sich der Hehlerei strafbar, wer eine Sache, die ein anderer durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Handlung erlangt hat, ankauft, um sich oder Dritte zu bereichern. Nichts anderes ist der Ankauf von Steuer-CDs. Die Daten wurden von Mitarbeitern der Banken rechtswidrig erlangt. Damit ist dieser Straftatbestand erfüllt. Die SPD fordert nichts anderes, als dass sich die Staatsregierung strafbar macht.