Protocol of the Session on March 13, 2013

Ich weiß, das ist nicht immer leicht. Wir als sächsische LINKE üben dieses regionale Selbstbewusstsein anhand der sächsischen Verfassungsdebatte derzeit innerhalb der eigenen Partei.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ein solcher Weg ist nicht einfach und nicht frei von gelegentlichen Rückschlägen. Wer wüsste das aktuell nicht besser als ich? – Aber, Herr Tillich, wenn Sie das innerhalb der CDU nicht hinbekommen, ist es im Interesse Sachsens wirklich besser, wenn Sie die nächste Landtagswahl von Ihren Dienstpflichten entbindet. Wer als Politiker für die Bevölkerung ein Leben in größtmöglicher Sicherheit, frei von Angst vor Verarmung oder Kriminalität, erreichen will, muss selbst etwas riskieren, nämlich die eingefahrenen Gleise eines bequemen Lobbyismus verlassen, der so lange Subventionen hin- und herschiebt, bis niemand mehr laut schreit. Dann aber bleiben alle diejenigen auf der Strecke, die keine PRAbteilung für sich arbeiten lassen können.

Der linke Wirtschafts- und Europaminister unseres Nachbarlandes Brandenburg, Ralf Christoffers, machte Ihnen, meine Damen und Herren der schwarz-gelben Koalition in Sachsen, vor, wie man produktiv mit der gegenwärtigen Situation umgehen kann. Auf seinen Vorschlag hin hat die Potsdamer Landesregierung die eigenen Prioritäten für die EU-Förderperiode 2014 bis 2020 festgelegt: Innovation, Bildung und Fachkräftesicherung, schonende und effizientere Ressourcennutzung, erneuerbare Energien.

Zugleich will man folgende landesspezifische Querschnittsaufgaben meistern: konstruktiver Umgang mit dem demografischen Wandel, stärkere Integration der Entwicklung von städtischen und ländlichen Räumen sowie Unterstützung von Menschen und Institutionen bei den voranschreitenden Internationalisierungsprozessen.

So sieht nachhaltige Politik aus, Herr Tillich. Sie aber sind sich treu geblieben und wollen gar nicht regieren, sondern nur verwalten. Dabei fühlen Sie sich sicher gut. Damit haben Sie unsere Erwartungen an diese Fachregierungserklärung erfüllt. Mehr haben wir auch nicht erwartet.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Ansatz für Europa lautet: Nicht das Geld oder der Markt, geschweige denn Finanzmärkte sind der Ausgangspunkt unseres politischen Handelns, sondern die Menschen in Sachsen und Europa. Wer sich primär als Gehilfe freier Märkte versteht, von hier aus die Prioritäten setzt und annimmt, dass der Markt das schon irgendwie richtet und sich Wohlstand für alle anschließt, dass sich Wohlstand mit einer gewissen Zwangsläufigkeit einstellen wird, wird immer geneigt sein, Negativfolgen auf der Seite der Menschen als hinzunehmende Kollateralschäden anzunehmen. Er arbeitet am Ende sogar gegen die europäische Idee, obwohl klar ist, dass Mitgliedsstaaten und Regionen

in der Globalisierung nur in einem starken Europa bestehen können.

Wir sind davon überzeugt, dass für Deutschland und auch für Sachsen genügend Ressourcen vorhanden sind, um allen Menschen ein lebenswürdiges Dasein zu ermöglichen. Dazu gehört ein Leben ohne tiefgreifende Angst vor sozialem Absturz und Verarmung und stattdessen funktionierende Daseinsvorsorge, soziale Sicherheit und Integration.

Ich nehme an, die meisten Bürgerinnen und Bürger in Sachsen sehen das auch so. Sollten die Sachsen also wieder einmal nicht nur verwaltet, sondern tatsächlich regiert werden wollen, wissen sie zumindest schon jetzt, wie es nicht geht, nämlich mit dieser Regierung. Das ist nicht schlimm, denn es gibt ja Alternativen. Das ist gut für Sachsen und für dieses Land.

(Beifall bei den LINKEN)

Nach Herrn Kollegen Gebhardt, der gerade für die Fraktion DIE LINKE gesprochen hat, ergreift nun für die CDU-Fraktion Kollege Hähnel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 8. Februar haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel über den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 geeinigt. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Vor dem Hintergrund der noch nicht vollständig bewältigten Euro- und Schuldenkrise war dies genau das richtige Signal. Damit beweist die Europäische Union ihre Handlungsfähigkeit auch in diesen schwierigen Zeiten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Natürlich muss diese Einigung noch vom Europäischen Parlament beschlossen werden. Ich hoffe, dass dies zügig geschieht. Ein erneutes Aufschnüren des Finanzpakets könnte zu einem neuen Aufflammen der Eurokrise führen. Deshalb hoffe ich, dass alle Beteiligten, also der Rat, die Kommission und das Parlament, einen Weg finden, um den Mehrjährigen Finanzrahmen schnell in Kraft treten zu lassen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Dann erhält die Europäische Union Planungssicherheit über die zur Verfügung stehenden Finanzmittel in den Jahren 2014 bis 2020. Die Mitgliedsstaaten können langfristig Maßnahmen zum Beispiel im Energiebereich oder zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur planen.

Natürlich stellt diese Einigung einen Kompromiss dar. Alle Länder der Europäischen Union mussten Zugeständnisse machen, auch Deutschland. Dieser Kompromiss ist aber eine gute Grundlage, um in Europa mehr Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

In einer Vielzahl der EU-Mitgliedsstaaten laufen Konsolidierungsmaßnahmen, um die öffentliche Verschuldung in den Griff zu bekommen. Deshalb ist es richtig, dass der jetzt vom Europäischen Rat verabschiedete Haushalt keine Steigerung im Vergleich zum vorhergehenden Finanzrahmen in der Förderperiode von 2007 bis 2013 enthält. Deshalb war die Herangehensweise der Bundeskanzlerin richtig, klar und deutlich zu sagen, dass eine Erhöhung des EU-Haushalts mit Deutschland nicht zu machen sei.

Positiv ist zu vermerken, dass es trotz der Einsparungen gelungen ist, zusätzliche Mittel für Forschung und Bildung aufzubringen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die deutlich bessere Ausstattung der Transport- und Energienetze ist richtig. Gegenüber der laufenden Periode ist ein Aufwuchs von mehr als 50 % vereinbart worden. Aus meiner Sicht müssen wir in der kommenden Förderperiode die Schwerpunkte in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur, Forschung und Bildung unterstützen. Von dieser Herangehensweise wird auch der Freistaat profitieren.

Der Ministerpräsident hat bereits ausgeführt, welche Auswirkungen die Einigung auf den Freistaat Sachsen haben werden. Die Regionen Chemnitz und Dresden werden auch in der nächsten Förderperiode im Rahmen des sogenannten Sicherheitsnetzes Mittel in Höhe von deutlich mehr als 60 % der bisherigen Förderung erhalten.

Da sich die Region Leipzig stärker entwickelt hat, gibt es einen geringeren Fördersatz von der Europäischen Union. Künftig wird eine Sonderzahlung in Höhe von 200 Millionen Euro erfolgen. Der Kofinanzierungssatz wird von 75 % auf 80 % angehoben. Es ist besonders erfreulich, dass wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen eine positive Lösung für die Region Leipzig erreicht haben. Dies war anfangs nicht zu erwarten, da sich Leipzig in verschiedenen Bereichen hervorragend entwickelt hat.

(Miro Jennerjahn, GRÜNE: Genau!)

Damit hat nun auch Leipzig die Chance, noch bestehende strukturelle Probleme mit EU-Mitteln anzupacken. Diese Erfolge sind das Ergebnis monatelanger Bemühungen der Staatsregierung und vor allem unseres Ministerpräsidenten.

(Miro Jennerjahn, GRÜNE: Oh!)

Hierfür möchte ich mich im Namen der CDU-Fraktion herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In Anbetracht der Gesamtumstände ist ein äußerst positives Ergebnis erreicht worden. Für uns steht fest: Diese Erfolge wären ohne das Engagement und den Einsatz des Ministerpräsidenten auf Bundes- und europäischer Ebene nicht zu erreichen gewesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei den LINKEN)

Mein Dank gilt aber auch allen anderen, die uns unterstützt haben. Insbesondere sind die sächsische Europaabgeordneten zu nennen, die sich auf den jeweiligen Ebenen, sei es in den Parlamenten, in den Ministerien oder bei der Kommission intensiv für sächsische Belange eingesetzt haben. Dieses Ergebnis ist deshalb so wichtig, weil hierdurch eine angemessene Übergangsförderung bis zum Jahr 2020 gewährleistet ist.

Zur Erinnerung: Seit dem Jahr 1991 sind erhebliche Fördermittel nach Sachsen geflossen. Die hiervon finanzierten Investitionen und Maßnahmen haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der Strukturwandel an vielen Stellen im Freistaat erfolgreich eingeleitet bzw. durchgeführt wurde. Arbeitsplätze konnten geschaffen oder gesichert werden. Investitionen in Forschung, Bildung und Wissenschaft wurden gefördert und hierdurch Wachstumsimpulse gesetzt.

Es war abzusehen, dass aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der sächsischen Regionen eine Kürzung der EU-Fördermittel in der nächsten Förderperiode erfolgen wird. Wir sehen hierin eine Bestätigung unserer erfolgreichen Arbeit in den letzten Jahren. Diese hat dazu geführt, dass das Bruttoinlandsprodukt in Sachsen gestiegen ist und daher die Fördermittel der EU abgesenkt wurden. Um den erfolgreichen wirtschaftlichen Aufholprozess fortzusetzen, brauchen wir auch in der nächsten Förderperiode diese EU-Mittel. Wir werden Sie in der neuen Förderperiode gezielt so einsetzen, dass die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft gestärkt wird.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Umsetzung der Einigung in die konkreten Vorschriften sollten wir allerdings darauf achten, dass sächsische Interessen gewahrt werden. Die Förderverfahren müssen vereinfacht und kundenfreundlicher werden. Es kann nicht sein, dass man aufgrund des Umfangs der beizubringenden Unterlagen Antragsteller abschreckt. Die Förderung muss flexibel und auf die Bedürfnisse vor Ort zugeschnitten sein. Soweit möglich dürfen keine zusätzlichen, über die Anforderungen der Europäischen Union hinausgehenden Bedingungen oder Voraussetzungen für die Gewährung von Fördermitteln im Freistaat Sachsen geschaffen werden.

Wichtig ist für uns in der nächsten Förderperiode aber auch die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit unseren polnischen und tschechischen Partnern. Bereits jetzt findet eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen sächsischen, tschechischen und polnischen Institutionen, Firmen und Verbänden und nicht zuletzt zwischen Bürgerinnen und Bürgern statt. Dies ist gelebtes Europa.

(Beifall bei der CDU)

Die Förderverfahren für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit müssen wir einfacher gestalten. Dadurch werden wir eine große Anzahl potenzieller Ansprechpartner erreichen, die bereit sind, grenzüberschreitende Projekte durchzuführen. Deshalb sollten Maßnahmen zur Vereinfachung bei der Antragstellung getroffen, die Abrechnungsmodalitäten auf die nötigsten Schritte beschränkt und eine weitgehende Harmonisierung der Fördervorschriften erreicht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Miro Jennerjahn, GRÜNE: Ja!)

Die Einigung des Europäischen Rates am 8. Februar in Brüssel schafft die Voraussetzungen für eine berechenbare und nachhaltige Haushaltspolitik der Europäischen Union. Ich gehe davon aus, dass das Europäische Parlament dieser Einigung zustimmen wird. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Chancen werden wir für den Freistaat Sachsen nutzen und damit unseren Wachstumskurs für mehr Beschäftigung und Wohlstand auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auf den Kollegen Hähnel von der CDU-Fraktion folgt jetzt für die SPDFraktion Herr Kollege Jurk.

(Arne Schimmer, NPD, tritt ans Mikrofon.)

Moment. Ich muss mich entschuldigen. Am Mikrofon 7 steht Herr Schimmer. Sie möchten eine Kurzintervention vorbringen?

Ja, genau so ist es. Ich würde gern kurzintervenieren und auf den Kollegen Hähnel eingehen. Der Kollege Hähnel hat eben angemerkt, dass mit den Geldern der EU angeblich der Strukturwandel in Sachsen eingeleitet worden sei, dass massiv Forschung, Entwicklung und Technik gefördert worden seien. Das klingt immer so, als ob die Europäische Union Sachsen beschenken würde. Das kam auch in dem Redebeitrag des Ministerpräsidenten Tillich zum Ausdruck: wir würden großzügig beschenkt. Das genaue Gegenteil ist in Wirklichkeit der Fall: Seit dem Jahr 1991, seit der Wiedervereinigung, hat Deutschland die unfassbare Summe von 146 Milliarden Euro an Nettozahlungen an die EU geleistet.

(Widerspruch bei der CDU – Christian Piwarz, CDU: Das müssen Sie auseinanderhalten!)

Das heißt, Deutschland wird nicht von der Europäischen Union beschenkt. Deutschland wird fast regelrecht ausgeplündert.